Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

Читать онлайн.
Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



Скачать книгу

von Vaterschaftstest oder nicht?“

      „Gewiss, aber da gibt es Mittel und Wege. Eine Probe deines vermeintlichen Bruders Nikolaos könnte durchaus helfen.“

      „Und wie sollte man an die herankommen?“

      „Kommst du nicht in seinem Auftrag?“

      Mirabella sah Odin verwundert an. „In seinem Auftrag? Er weiß nicht, dass ich hier bin.“

      Odin fixierte hinter ihr einen Punkt. Als sie sich umdrehte, erkannte sie Loki, der an der hinteren Wand lehnte, und ihr nun zunickte.

      „Was soll das?“, fragte sie Odin verärgert.

      „Sie sagt die Wahrheit“, rief nun Loki dazwischen.

      Odin nickte und schickte ihn mit einer Handbewegung raus.

      Mirabella schnaubte wenig besänftigt.

      „Nikolaos weiß also nichts von deiner Anwesenheit, von deinem Deal?“

      Wahrheitsgemäß schüttelte sie den Kopf.

      „Weiß er, dass Thor dein Vater ist?“

      „Nein“, das war auch nicht richtig gelogen, er vermutete es bisher nur.

      „Wo warst du letzte Nacht?“

      Mirabella warf Odin einen gespielt überraschten Blick zu. „Ist das hier ein Verhör? Ich war in Nordschweden mit den Jungs in einer Hütte.“

      „Die ganze Nacht?“

      „Nein, ich war kurz im Vesta-Tempel und in unserer Zwischenwelt, ich bin bei den Amazonen, wie du weißt, und hatte als solche einen kleinen Einsatz bei den Pterripus.“ Sie machte sich eine Notiz im Kopf, nachher bei Palatina, ihrer Flügelpferd-Freundin, vorbeizuschauen.

      „Und dabei kam dir, du müsstest nun mit mir reden?“ Odins Stimme klang spöttisch.

      „Nein, eine Bemerkung von Uller gestern Abend machte mich stutzig. Er behauptete, Loki hätte das Gerücht verbreitet, Ragnar und ich wären ein Liebespaar, würde es jetzt jedoch vehement abstreiten. Wieso das? Weil er inzwischen erfahren hatte, dass wir Zwillinge sind!“

      Odin betrachtete sie einen langen Moment kritisch. „Also gut, ich werde dir fürs erste glauben, aber ich warne dich, Mirabella. Treib kein doppeltes Spiel mit uns, Verräter werden hart bestraft. Und als Nicht-Olympier und Asen-Verräter gibt es niemanden mehr, der dir helfen wird.“

      Sie lächelte bitter. „Ja, eigentlich kann ich nur verlieren. Nochmals danke an deinen Sohn!“

      „Oh, der Dank gebührt eher mir, es war meine Idee, mein Geschenk an Thor für die perfekte Rache. Nur ich wusste, wieviel deine Mutter Jupiter bedeutet hat.“

      „Wieso hast du dann Thor vorgeschickt?“

      „Es sollte seine Rache sein, außerdem würde ich mich nie mit Menschen abgeben.“

      „Kam dir mal der Gedanke, dass du deinem eigenen Sohn damit auch geschadet haben könntest?“

      Tatsächlich seufzte Odin leicht. „Eben gerade“, gab er zu.

      Mirabella sah mit Genugtuung seine leichte Zerknirschtheit.

      „Willst du mir den Gefallen tun, deine Wut an mir und nicht an ihm auszulassen?“, fragte er schließlich.

      „Ich kann nichts versprechen“, gab Mirabella mit blitzenden Augen zu.

      Odin lächelte plötzlich. „Du erinnerst mich sehr an den jungen, immer wütenden Thor, er stellte mich mehr in Frage als jeder andere Sohn. Ich weiß auch, dass er mein neues Bündnis mit Loki verurteilt.“

      „Zu Recht“, erwiderte sie trotzig.

      „Ich weiß, was ich tue, Mirabella, ich bin kein Narr. Weißt du, was du tust?“

      Sie sah ihn fragend an.

      „Hast du einen Plan für den Raub der zweiten Statue?“

      „Noch nicht, die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm. Nachdem die erste gestohlen wurde, ist der Aufbewahrungsort praktisch uneinnehmbar gemacht worden, aber ich werde einen Weg finden. Ich bin schließlich die Hüterin der Statue.“

      „Gut, wir haben Zeit, solange die andere Statue nicht an die andere Seite fällt.“

      Mirabella nickte, dann sah sie Odin fragend an. „Was versprecht ihr euch von den Statuen eigentlich?“

      „Haben dir die Olympier erzählt, dass sie nur zur Herstellung des Friedens dienen, sie daher wiedervereinigt werden müssen?“

      Das Mädchen nickte unsicher. „Und das ist nur die halbe Wahrheit?“

      Odin lachte trocken. „Sie sind der Schlüssel zur Macht, mein Kind! Warum sind die Statuen von Griechenland nach Rom gewandert? Was passierte mit dem griechischen Reich und seinen Göttern?“ Der einäugige Gott fixierte seine Enkelin abwartend.

      „Es wurde vom Römischen Reich und seinen Göttern abgelöst.“

      „Genau, und was passierte nach der Trennung der Statuen vor über 1500 Jahren?“

      Mirabella sah auf. „Das Römische Reich zerfiel, niemand glaubte mehr an die antiken Götter.“

      Odin sah sie triumphierend an. „Die römische Götterdämmerung und die unsrige.“

      „Der Glaube an euch ging damals auch verloren?“

      „Nicht sofort, wir waren auch zu unser Blütezeit nur mehr lokale Gottheiten, aber nach und nach glaubte niemand mehr an uns. Im Mittelalter, als das Christentum in ganz Europa an die Macht gekommen war, wurde das wichtigste Werk über uns verfasst, sozusagen posthum.“

      „Die Christen hatten aber nie die Statuen, oder?“ Sie verstand nicht so ganz, was Odin sagen wollte.

      Er schüttelte den Kopf. „Aber das Erstarken war möglich durch die Trennung der Statuen. Wer immer sie heute wieder zusammenführen könnte, hat die Macht, eine neue europäische Religion zu stiften und anzuführen.“

      „Die Menschen sind heute aufgeklärt, ich glaube nicht, dass eine Religion für alle Erfolg hat“, widersprach sie skeptisch.

      „Religion im Sinne einer Ideologie würde durchaus funktionieren, Kind. Nimm zum Beispiel den allerorts erstarkenden Populismus und Nationalismus!“

      „Nationalismus?“, Mirabella sah leicht entsetzt zu Odin. „Ihr wollt aber keine Nazis unterstützen?“

      „Nein“, wehrte er ab, „die haben uns schon einmal missbraucht, an dieser Kooperation sind wir nicht interessiert.“

      „Ist das Zusammenführen unbedingt notwendig“, fragte sie nun leicht verwirrt. „Ihr lebt doch alle heutzutage nicht schlecht, oder?“

      Odin seufzte. „Götter wollen verehrt werden!“

      „Werdet ihr ja, man muss nur die entsprechenden Rollen finden. Jupiter und Thor haben sich doch super angepasst. Baldur hat mir erzählt, wie erfolgreich Thor ist.“

      „Es ist löblich, dass du deinen Vater verteidigst“, sagte Odin mit einem hinterhältigen Lächeln und Mirabella warf ihm einen bösen Blick zu, „aber sein Gemenschel wäre für mich nichts.“

      „Du willst also die Verehrung von Wesen, die du verachtest?“, fragte sie provozierend.

      „Ich verachte die Menschen nicht, aber ich biedere mich nicht an. Wir sind höher entwickelte Wesen, die von den niederen Wesen angesehen und verehrt gehören.“

      „Snob“, fiel Mirabella dazu nur ein und hätte immer geleugnet, dass sie Jupiter dies auch einmal vorgeworfen hatte.

      Odin sah sie erst leicht verärgert an, bis er plötzlich lachte. „Du ähnelst deinem Vater mehr, als du willst!“

      Sie warf ihrem Großvater einen trotzigen Blick zu. „Kann ich nun gehen?“

      Er