Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



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Er hatte eine Brandnarbe in seinem schönen Gesicht, die einer von Mirabellas Blitzen in der Nacht verursacht hatte. Triumphierend unterdrückte sie ein Schmunzeln und ging auf die überraschte Troika des Nordens zu.

      „Mirabella, was verschafft uns die Ehre?“, fragte Odin, sein Auge maß sie abschätzend. Loki musterte sie feindselig, während sie Odin zunickte, dann seinem Sohn. Ihr Blick blieb kurz an Thor hängen, Wut kam beim Anblick seiner roten Haare hoch, die sie nur mühsam unterdrückte. Schließlich grüßte sie Loki und tat überrascht, als sie die Wunden sah. Er maß sie einen Moment.

      „Wessen Ring ist das?“, fragte er dann argwöhnisch.

      „Ragnars“, erklärte Mirabella und ärgerte sich, dass sie ihn nicht in die Tasche gesteckt hatte. „Er hat ihn mir kurz ausgeliehen, weil ich eine Frage habe.“ Sie wandte sich an Thor. „Bist du mein… Erzeuger?“

      Stille. Man hätte eine Stecknadel fallen hören.

      Thor sah fast hilflos zu seinem Vater, der anfing zu lächeln.

      „Wie kommst du denn darauf, Mirabella?“

      „Ich wusste schon lange, dass ich keine Olympierin bin, aber dein Interesse an mir sowie Thors und Ragnars rote Haare legen diesen Schluss nahe.“

      „Kluges Kind, das hast du nicht von deinem Vater.“

      „Vielleicht von meinem Opa?“, fragte sie schnippisch.

      Odin lachte tatsächlich. „Gut, hören wir mit dem Katz-und Maus-Spiel auf. Mich interessiert nur, wieso du gerade jetzt herkommst?“

      „Ich dachte, es wäre an der Zeit“, sie sah zu Loki, „bevor vielleicht jemand die Wahrheit ausplaudert.“

      Odin nickte. „Ich möchte dich nachher noch sprechen, nun kannst du erst einmal deinen… Erzeuger kennenlernen.“ Er deutete Thor an aufzustehen.

      „Nein, danke!“, sagte Mirabella schnell. „Er hat sich bisher nicht um mich gekümmert, so soll es auch bleiben.“

      Sie sah aus dem Augenwinkel, dass Thor ihr einen gekränkten Blick zuwarf.

      „Das darfst du ihm nicht vorwerfen“, beschwichtigte Odin nun, „ich habe ihm den Kontakt verboten, wir wollten warten, bis du reif für diese Information bist.“

      „Was ist das für ein Vater, der sich vorschreiben lässt, ob er zu seinem Kind stehen darf oder nicht?“, fragte sie aggressiv.

      „Vielleicht ist das im Süden anders, aber hier hören die Kinder auf ihre Väter, insbesondere auf mich!“, sprach Odin nun gefährlich ruhig.

      Mirabella tat unbeeindruckt. „Ich möchte dir einen Deal vorschlagen, Großvater. Ich besorge euch die zweite Statue, dafür bleibe ich offiziell Jupiters Tochter.“

      Loki lachte zufrieden. „Na, was ein Zufall, den Handel wollten wir dir auch vorschlagen.“

      Sie ignorierte ihn. „Ich spreche mit Odin.“

      „So machst du dir keine Freunde hier, mein Kind“, gab Odin vorsichtig zu Bedenken.

      Das Mädchen sah Odin finster an. „Ich habe genug Freunde, ich möchte auch nicht mit jedem befreundet sein.“

      Sie spürte Lokis zornigen Blick. „Wenn du falschspielst und uns versuchst auszutricksen, dann bringe ich dich persönlich um!“

      Nun stand Thor auf und baute sich drohend vor Loki auf. „Das wirst du nicht wagen, Loki! Sie ist immerhin meine Tochter!“

      Mirabella sah gebannt zwischen den beiden Göttern hin und her und war heilfroh, dass zumindest nicht Loki ihr Vater war.

      Der Gott der Zwietracht schnaubte wütend und verließ den Saal. Aufstehend ergriff Odin wieder das Wort und reichte Mirabella die Hand. „Lass uns die Abmachung besiegeln.“

      Sie schlug ein und Odin verließ ebenfalls den Saal.

      Nun stand Mirabella ihrem Vater gegenüber, seine roten Haare wurden durch die einfallende Sonne beleuchtet und strahlten wie ein goldroter Kranz um sein Haupt. Sein kurzer Vollbart bedeckte große Teile des männlichen Gesichtes, das eher von rauher Schönheit war, am Anziehendsten waren seine tief blauen Augen, die sie nun freundlich, fast schüchtern musterten. Mirabella verschränkte ihre Arme und sah ihn immer noch zornig an. Insgeheim musste sie sich eingestehen, dass er keinen unsympathischen Eindruck auf sie machte, aber sie musste sich nur vor Augen halten, wie er Jupiter betrogen hatte, um ihre Wut aufs Neue zu nähren.

      „Ragnar hat schon viel von dir erzählt. Es freut mich, dass ihr beide euch versteht“, versuchte nun der Gott, ein Gespräch zu beginnen.

      „Er weiß nicht, dass ich seine Schwester bin?“

      Thor schüttelte sein Haupt. „Nein, das wissen nur wir drei, die hier eben anwesend waren.“

      „Ich kann nicht begreifen, dass ihr mit so jemandem wie Loki verbündet seid. Er wollte mich umbringen.“

      „Zu seiner Entschuldigung muss man fairerweise sagen, dass er dachte, du wärst Jupiters Tochter.“

      „Und was ist mit Baldur und Nanna?“

      „Mirabella, es war nicht meine Entscheidung, Loki wieder in unsere Mitte aufzunehmen. Wir waren einst gute Freunde, er half mir einmal Mjöllnir, meinen Hammer, von den Riesen zurückzugewinnen, aber er half einmal und enttäuschte hundertfach. Ich werde ihm nie mehr trauen können. Ich muss mich jedoch dem Willen Odins beugen.“

      „Weil nur Loki weiß, wo die geklaute Statue ist?“

      Thor sah leicht überrascht auf. „Du scheinst gut informiert zu sein.“

      „Ich bin Vestalin und kann drei und drei zusammenzählen. Ich frage mich nur, ob er sie euch je geben wird.“

      „Er wird versuchen, beide in seinen Besitz zu bekommen, so wie ich ihn kenne. Ich bin mir aber sicher, dass auch Odin dies bewusst ist.“

      Sie nickte unwillig. „Ich werde jetzt zu ihm gehen.“

      Ihr Vater machte eine kleine hilflose Geste. „Mirabella, es tut mir leid, dass die Umstände für das erste Kennenlernen nicht besser sind.“

      „Mir auch“, erwiderte sie kühl.

      „Habe ich nicht wenigstens eine Chance verdient? Ob du es willst oder nicht, ich bin dein Vater.“

      „Nein, das bist du nicht!“, fauchte ihn Mirabella an. „Jupiter ist mein Vater. Er hat sich um mich gekümmert, er hat mich ausgebildet und er liebt mich. So wie er meine Mutter geliebt hat. Und du hast ihn hintergangen, das werde ich dir nie verzeihen!“

      Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen und rannte zur Tür hinaus.

      2 - Der Pakt

      Als sie Walhall verlassen hatte, holte sie einmal tief Luft und überlegte, wo Odin sich aufhalten könnte. Zielstrebig ging sie zu seinem Thronsaal, wo sie ihn mit seinen beiden Raben sitzend fand.

      „Du weißt, dass ich von hier oben alles überblicken kann, was sich in Asgard zuträgt?“, fragte er Mirabella, als sie vor ihm stand.

      „Ich habe so etwas gelesen. Und?“

      „Thor ist als Menschenfreund und liebender Vater bekannt, gib ihm eine Chance!“

      „Wozu? Ich brauche keine drei Väter“, erwiderte sie trotzig.

      Odins Stirn legte sich kurz in Falten. „Ach, du meinst deinen menschlichen Adoptivvater? Der wird dir wohl bleiben, aber was meinst du, wird passieren, wenn Jupiter erfährt, dass du nicht seine Tochter bist? Er wird dich fallen lassen, vielleicht sogar deinen Tod anordnen, um Thor zu strafen und die Schande zu tilgen.“

      „Ich bin mir nicht sicher, ob er noch in so altmodischen Bahnen denkt. Interessanter ist: wie willst du verhindern, dass Loki die Wahrheit ausplaudert, nachdem ich die Statue besorgt habe? Ich bin nur solange