Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



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sie trug, sehr ähnlich sah.

      „Die Olympier sollten ihn jedoch nicht zu Gesicht bekommen, wenn du deine Herkunft geheim halten möchtest.“

      Die nordische Halbgöttin nickte, zögerte einen Moment, dann griff sie nach dem Ring. Es war ein schlichtes bronzen schimmerndes Schmuckstück mit kleinen Gravuren, statt eines Steins war ein Siegel am Ring befestigt. Sie sah fragend auf.

      „Das Siegel von Asgard.“

      „Und die Zeichen?“

      „Es sind Runen. Dein Name und der deines Vater sind eingraviert, sowie deine persönliche Rune.“

      „Mein Name?“

      „Dein nordischer Name, den wir dir gegeben haben.“

      Sie sah ihren Großvater überrascht an. „Ihr habt mir einen Namen gegeben?“

      Odin nickte amüsiert. „Ich war für Ragna, eine Kämpferin der Götter, besser noch Solveig, eine Kämpferin des Hauses. Oder zumindest Asdis, eine Göttin der Asen…“ Er seufzte. „Aber Thor wollte davon nichts hören, vielleicht ahnte er, dass du deine Herkunft verleugnen willst. Er entschied sich für Runa. Es steht im Norden für geheimes Wissen. Du sollst wohl dein Schicksal selbst schreiben.“

      Mirabella betrachtete den Ring. „Runa“, wiederholte sie nachdenklich und packte den Ring zur Feder von Palatina in ihre Handy-Tasche.

      „Ich muss jetzt zu Ragnar, seinen Ring zurückbringen.“

      Odin nickte gnädig und sie verließ den Saal. Im Gang lungerte Loki herum und maß sie abschätzend. Erhobenen Hauptes stolzierte sie an ihm vorbei, auch wenn ihr innerlich die Knie weich wurden.

      Über die Bifröst rutschte sie in die Zwischenwelt, lief über die Zwischenweltgrenze in den Süden und rief Palatina zu sich. Diese flog sie zum Portal und Mirabella erklärte ihr, dass sie ihr Alibi für heute Nacht war. Palatina stimmte ohne Nachfrage zu und Mirabella streichelte sie liebevoll zum Abschied. In einer Blase flog sie zurück zur schwedischen Hütte, von den Jungs war jedoch keine Spur zu sehen. Müde setzte sie sich auf ihr Bett, nachdem die Anspannung der letzten Nacht langsam von ihr abfiel, schrieb eine Nachricht an Lorenzo, dass sie in der Hütte wäre und sich ein wenig hinlegen würde. Traurig starrte sie eine Weile auf das leere Bett von Nikolaos. Wann würde sie ihn wiedersehen? Auf welches Spiel mit Juno hatte er sich eingelassen? Sie glaubte ihm, dass er sie als Mirabella im Moment liebte, aber erwartete er nicht absolute Loyalität gegenüber den Olympiern? Was würde passieren, wenn der Süden sie verstieß? Würde er noch zu ihr stehen? Was würde er dazu sagen, wenn Runa sich für die Nordische Seite entscheiden würde? Er war schließlich der Sohn des Jupiters und einer, auf den Jupiter offensichtlich voll und ganz zählte. Sie lächelte plötzlich traurig über das alte Problem, als sie noch dachte, die olympische Verwandtschaft zwischen ihnen wäre das größte Hindernis für eine Beziehung zwischen ihnen. Sie legte sich oben auf ihr Stockbett und starrte an die weiße Decke. Wenn sie wieder wacher war, musste sie sich Gedanken über ihren wahnwitzigen Deal mit Odin machen, die zweite Statue für den Norden zu klauen. Was war nur in sie gefahren, sie anzubieten? Innerlich erschauderte sie über ihren eigenen Wagemut, der die Grenze zur Dummheit bei genauerer Betrachtung weit überschritten hatte. Aber was hätte sie sonst anbieten können, um ihre Identität geheim zu halten? Sollte sie sich Vesta anvertrauen? Oder ebenfalls Juno? Sie könnte ihr helfen, die Statue im Vesta-Tempel zu stehlen, aber würde Juno dies für Jupiter tun? Wenn es stimmte, was Odin sagte, würde der Verlust beider Statuen wahrscheinlich den Ruin des Olymps bedeuten. Mirabella nahm sich vor, Vesta erneut über die Natur der Statuen zu befragen. Glaubte Vesta wirklich an die Herstellung des Friedens durch die Vereinigung der Statuen?

      Über diesen und sehr verworrenen Gedanken schlief sie schließlich erschöpft ein.

      3 - Konsequenzen

      „Hi“, Mirabella sah in Lorenzos lächelndes Gesicht und überlegte einen Augenblick, ob sie die gesamte Nacht, die Rettung von Nikolaos, seine Küsse und das Gespräch mit Odin alles nur geträumt hatte.

      „Hi“, antwortete sie verschlafen. Ragnar und Lorenzo standen beide in Skianzügen vor ihr und sahen sie erwartungsvoll an. Sie richtete sich langsam auf, war sie tatsächlich eingeschlafen?

      Lorenzo hob sie vom Stockbett hinunter und umarmte sie fest. „Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist!“

      „Was ist mit Nick?“, fragte nun Ragnar neugierig.

      Ihre Miene wurde ernst und sie wandte sich aus der Umarmung.

      „Ihr wisst von nichts, bitte. Speziell du, Ragnar, darfst niemandem sagen, wo ich heute Nacht war. Es ist für dich und für Nick besser. Loki hat es auf ihn abgesehen, er muss jetzt wohl eine Weile untertauchen, ich darf keinen Kontakt zu ihm haben, niemand.“

      „Aber wieso, was hatte Nick in Asgard zu suchen?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Ich darf darüber nichts sagen, bitte.“

      Ragnars Augenbrauen gingen nach oben. „Geht es um die blöden Statuen?“

      Mirabella lächelte kurz. „Ich hab dir schon mal gesagt, dass sie nicht blöd sind! Und…ja.“

      Der rothaarige Halbgott verdrehte die Augen. „Na, toll, wir versuchen hier einen auf Freundschaft zwischen Nord und Süd und dein Bruder will im Auftrag des Südens die Statue klauen! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dir meinen Ring nicht geliehen.“

      Mirabella zog seinen Ring vom Finger und gab ihn zurück. „Er handelt im Auftrag von Jupiter, sie gehören schließlich dem Süden. Loki hat die Statue geklaut.“

      „Loki?“

      Sie nickte. „Odin hat sie auch nicht.“

      Ragnars Gesicht erhellte sich plötzlich, aber Lorenzo formulierte es schneller. „Daher der Deal zwischen Loki und Odin?“

      „Schaut so aus“, stimmte sie zu.

      „Und was machen wir jetzt?“

      „So weiter wie bevor“, sagte das Mädchen bestimmt, „sollen die Alten doch rumspinnen, wir bleiben Freunde, oder?“

      Sie blickte Ragnar an und sah ihn plötzlich mit ganz anderen Augen. Er war ihr Zwillingsbruder, nicht halb, sondern ganz und gar. Ragnar zögerte kurz, dann nickte er gutmütig und reichte ihr die Hand. Sie schlug ein. „Mein nordischer Bruder!“

      Er lachte. „Na gut, ich habe übrigens einen Bärenhunger, kochen wir etwas zusammen?“

      Als sie mit den beiden Jungs zusammen Essen vorbereitete, fiel ihr plötzlich auf, dass sie Lorenzo heute Nacht betrogen hatte. Es tat ihr so leid, dass ihr kurzzeitig etwas übel wurde, sie wollte ihm nicht wehtun, sie hatte ihn wirklich gern, aber sie würde mit ihm reden müssen. Mit ihm zusammen zu sein, ihn wieder zu küssen, konnte sie sich beim besten Willen nicht mehr vorstellen, es würde sich anfühlen, als ob sie Nikolaos betrügen würde, auch wenn sie nichts Verbindliches vereinbart hatten. Wie auch? Sie wusste nicht einmal, ob sie ihn je wiedersehen würde…

      In Konsequenz musste sie aber die Beziehung mit Lorenzo beenden. Oh Gott, wie machte man auf nette Weise Schluss? Mirabella sah immer wieder leicht nervös zu ihrem Noch-Freund, während sie den Salat zupfte und die Tomaten schnitt. Dieser alberte gerade mit Ragnar herum und schien sich ihrer Aufmerksamkeit gar nicht bewusst zu sein.

      „Autsch“, jetzt hatte sie sich auch noch in den Finger geschnitten. Schnell steckte sie ihn in den Mund, nuschelte zu den fragend schauenden Jungs, „nicht schlimm“, und hechtete ins Bad. Dort wusch sie den Finger ab, band etwas Toilettenpapier herum, als ihr die Salbe von Lorenzo in den Sinn kam. Rasch lief sie zu ihrem Rucksack im Schlafzimmer, kramte nach dem Döschen und schmierte die Salbe auf den Finger. Fasziniert konnte sie zusehen, wie sich die Wunde schloss und nach wenigen Augenblicken die Haut unversehrt aussah. „Wow!“, sagte sie zu sich selbst, als sie Lorenzo in der Tür stehen sah. Er lächelte sie an. „Ist super, oder?“

      „Ja,