Dark World I. Tillmann Wagenhofer

Читать онлайн.
Название Dark World I
Автор произведения Tillmann Wagenhofer
Жанр Языкознание
Серия Dark World
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750225602



Скачать книгу

oder wie schlau. Trinken musste jeder, und nicht umsonst lauerten dort die Raubtiere. Dies dort waren indes mit Sicherheit Menschen. Oder, im schlechtesten Fall "Gestrafte". "Verdammte" gab es hier, so weit im Osten nicht, so nahe am Beginn der dichter bewohnten Gebiete. Er winkte herrisch einer der Wachen. "Herr...beunruhigt Euch etwas?" Der Slaver verzog das Gesicht. "Hol' Blutschwert und Klauenpranke. Gleich", fuhr er seinen Mann an. Obgleich er sie nicht hörte, wusste Will, dass die beiden Tribals da waren, nachdem er nur wenige Atemzüge getan hatte. "Seht ihr den Feuerschein dort? Ist nur sehr schwach, man muss die Augen zusammenkneifen." "Wir sehen es, Herr", sagten die beiden gleichzeitig. Das kam oft vor, denn die beiden Tribals stammten aus demselben Stamm und waren Brüder - Zwillingsbrüder. Will hatte die beiden vor vielen Jahren gekauft, sie aber gut behandelt. Wohl wissend um den Wert der Stammeskrieger als Jäger hatte er es geschafft, dass sie ihm schließlich Treue schworen. Gute Männer, erfahren und kaltblütig - mit der Skrupellosigkeit der von ihnen früher verachteten Eisenmenschen. "Nehmt fünf Mann mit, aber ihr habt das Sagen", ordnete Will laut genug an, dass die anderen Wachen - zwölf Mann insgesamt - es mitbekamen. Die Sklaven und Sklavinnen, die, nach Geschlechtern getrennt, auf der Erde schliefen, würden keinen Ärger machen. Dafür sorgten Ketten, Würgeeisen und grausame Strafen beim geringsten Vergehen.

      Will grinste erwartungsvoll. Seine Erfahrung, die nun schon Jahrzehnte zurückreichte, würde ihm heute wieder Profit bescheren. Das konnte er förmlich riechen.

      Militärische Niederschrift zur Vermeidung zukünftiger Fehler, Ordensrat Eternal Flame, Hochmeister Lance Joffrey

      Verehrte Ratsmitglieder, Ältere und Jüngere unter den Hochmeistern

      Wie inzwischen allgemein bekannt sein dürfte, verlief der Kreuzzug gegen die Stämme im Südwesten, welcher in den letzten Monaten durchgeführt wurde, keineswegs zur Zufriedenheit der Kirche und des Ersten Konzils – entgegen den gegenüber dem Fürstenrat gemachten Angaben. Grund hierfür ist eine zu beobachtende Veränderung in der langjährig gleich gebliebenen Taktik der Stammeskrieger gegen unsere zahlen- wie waffenmäßig klar überlegenen Kräfte. Konnte man in früheren Zeiten den Versuch einzelner Stämme, sich gegen uns mit Ausweichmanövern und gelegentlichen Überfällen ihrer leichteren, schnelleren Reiter, zu erwehren, beobachten, so änderte sich dies bei unserem Feldzug auf eine Weise, die eine gewisse Besorgnis hervorrufen könnte, sollten die Stämme jemals den Zugang zu größeren Mengen an Eisenwaffen, vor allem Pfeilspitzen aus Eisen, erlangen. So kam es in diesem Jahr zu einer kurzfristigen Vereinigung von mehreren Stämmen, was bislang, aufgrund der teilweise sehr alten Feindschaften unter diesen kriegerischen Völkern, als undenkbar gegolten hat. Die daraus erwachsende, vereinte Masse von Kriegern schuf – wenn unseren Truppen dennoch weit unterlegen – besonders für kleinere Verbände zu Ecar und für Tross-Einheiten eine erhebliche Gefahr. Ich will an diesem Punkt zu bedenken geben, dass unsere Truppen zu mehr als vier Fünfteln aus Fußsoldaten bestehen, welche für Stammeskrieger, welche über entsprechende Eisenpfeilspitzen verfügten, auf den offenen Hügellandschaften im Südwesten leichte Ziele wären. Ich behaupte nicht, dass es diesen Barbaren möglich wäre, einen Sieg zu erringen, doch müsste ohne Zweifel mit empfindlichen Verlusten gerechnet werden.

      Dazu kommt, dass reine Fußtruppen keine Möglichkeit hätten, die berittenen und selbst unserer schweren Reiterei oftmals leicht entweichenden Stammeskrieger zu einem Nahkampf zu zwingen. Ich gebe aus diesem Grund die Empfehlung, den Krieg gegen die ungläubigen Barbaren mit Nachdruck voranzutreiben. Eine vollständige Vernichtung alleine, womit ich auch eine Ausmerzung ihrer Weibchen und ihres Nachwuchses deutlich anspreche, brächte uns und damit der Ewigen Flamme den Sieg.

      (Eternal Flame, vorgelegt an den Ordensrat, 1202 nach dem Großen Feuer)

      Der Mann sprang von seinem Ecar, denn in der Dämmerung wurde es schwerer, den Spuren zu folgen. Der Wind hatte ein wenig aufgefrischt, das Gebiet war teilweise mit steinigem Untergrund überzogen, so dass sich auch Ecar-Spuren in der dünnen Sandschicht nicht lange hielten. Ja, da waren sie wieder, die Abdrücke. Der Jäger nickte zufrieden, wollte gerade wieder in den Sattel steigen, als sein Reittier freudig schnaubte - eines der wenigen Überbleibsel aus der Zeit, als die Ecars noch Pferde gewesen waren. Überrascht hob der Mann die Augen, als ein Reiter herangeprescht kam, den er nur zu gut kannte. "Wo warst du?", fragte der Jäger unumwunden. "Und warum siehst du so Scheiße aus?" "Wir sehen immer Scheiße aus", meinte der Neuankömmling mit einem Achselzucken, ehe er ebenfalls grinste. "Das wirst du nicht glauben", sagte er geheimnisvoll. Der Jäger verschränkte die Arme. "Werden sehen", erwiderte er, wobei er seine Neugierde perfekt verbarg.

      Einige Minuten später war es damit vorbei. "Du hast Recht...ich glaub' dir kein Wort!"

      "Nein, die Städte im Osten sind nicht alle gleich", beharrte Maddy ungehalten auf ihrer Meinung. "Es gibt riesengroße Unterschiede, aber jede der Städte ist ein Wunder von Ordnung und Sicherheit für sich. Selbst die Sklaven dort fühlen sich sicher und geborgen..." "Unsinn. Sklave zu sein ist nichts, was etwas mit Sicherheit oder Gerechtigkeit zu tun hat. Maddy, denkst du, eine Frau in deinem Alter würde dort nur die Böden schrubben oder dem Herrn des Hauses das Essen kochen und auftragen? Du bist als Sklavin oder Sklave nur ein…Ding. Ein Ding, das lebt und atmet, das sogar sprechen kann, mehr aber auch nicht. Als Gegenstand hast du so viel Rechte, dich gegen den Willen von Herrn oder Herrin zu stellen wie...sagen wir, dieser Topf, in dem unser Essen köchelt. Keine Rechte, sich zu weigern, wenn sie von dir verlangen, dich ihnen hinzugeben, kein Recht darauf, weiterzuleben, wenn sie deinen Tod wollen, kein Recht, wenn sie dir böses wollen, dich einfach aus Lust und Laune verstümmeln oder weiterverkaufen. Was hat man dir denn bei deinem Orden erzählt über die Sklaverei? Dass sie gut sei? Nicht so schlimm? Notwendig?" Maddy schluckte, als sie die leidenschaftliche Weise sah, mit der ihr Gegenüber sprach. Etwas...lag unausgesprochen in diesen Worten. Und da fiel ihr – komischerweise erst jetzt – wieder der Gestrafte ein, dem sie geholfen hatte. Mit ihm die grausige Geschichte, die er ihr über seine Familie erzählt hatte. Warum verteidige ich eine Stadt, vor deren Mauern man Frauen und Kinder…gleich welcher Rasse…elend zugrunde gehen lässt? fragte sie sich mit einem Mal.

      Nach dem langen Ritt hatten sie eine von allen Seiten nicht einsehbare Senke gefunden, die Roter Speer ausreichend für ein Nachtlager erklärt hatte. Wie sie auf das Thema Sklaverei gekommen waren? Maddy hatte damit begonnen, dem Stammeskrieger die Vorzüge und Wunder der Zivilisation darzulegen - wie man es ihr hundertmal eingetrichtert hatte. Begonnen bei Magnus Adams bis zu der Gründung der fünf Städte des Ostens binnen eines Jahrhunderts, dazu die Bildung der Kirche, des Ordens und des Obersten und Ersten Kirchenkonzils, das im fernen, aber heiligen Eternal Flame, der Stadt des Ewigen Feuers, Gerechtigkeit und Ordnung für alle Menschen ausübte.

      Dummerweise waren Roter Speers einfache, aber harte Worte – und der Tod der Familie des Gestraften - nicht wirkungslos geblieben. Der Orden besaß wenige Sklaven, die meisten waren Freiwillige, die sich dort eine feste Unterkunft und eine warme Mahlzeit am Tag versprachen - mehr, als viele der Armen ihr Eigen nennen konnten. Die Diener, wie man sie nannte, mussten die Ackerarbeit und andere niedere und schwere Dienste verrichten, jedoch konnte man nicht sagen, dass sie schlecht behandelt wurden. Nur wenige Gedanken hatte sich Maddy bislang über andere Sklaven gemacht, mit denen sie ganz einfach keine Berührungspunkte in ihrem bisherigen Leben gehabt hatte. Zu ihrem langsam aufkeimenden Schrecken begriff sie, dass sie Roter Speer nur das vorplapperte, was man ihr so oft gesagt - was sie aber nie, niemals selbst gesehen oder erlebt hatte.

      Der Tribal warf ein wenig Sand auf das Feuer, um es nicht zu groß werden zu lassen. „An was glaubt ihr…äh, Stammesleute eigentlich?“, fragte Maddy unvermittelt. Roter Speer warf ihr einen erstaunten Blick zu. „Wofür willst du das wissen, Ordensfrau?“, fragte er zurück. „Ich dachte, ihr Feueranbeter verachtet alle, die nicht dasselbe glauben wie ihr. Wenn ich es recht überlege, verfolgt und tötet ihr sogar solche, die nicht mit euch übereinstimmen, oder habe ich Unrecht?“ Maddys Miene verdüsterte sich. „Das Feuer ist Licht und Ordnung. Was war denn die Welt vor der Kirche? Dunkelheit, Chaos…Leid. Es mag nicht jeder Sklave oder jede Sklavin gut behandelt werden, sicher gibt es Ungerechtigkeiten, immerhin regieren die Fürsten in den Städten weitestgehend eigenständig. Aber der Schrecken, der zuvor herrschte, war viel, sehr viel schlimmer…“ „Sage das einem Mädchen, das in einer der Städte als Sklavin gehalten wird. Wie Vieh werden