Dark World I. Tillmann Wagenhofer

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Название Dark World I
Автор произведения Tillmann Wagenhofer
Жанр Языкознание
Серия Dark World
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750225602



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He...und lass' dir nichts anderes einfallen. Ich würde es merken. Wir treffen uns hinter dem Lager, unterhalb der Mauer." Er gab ihr noch einen Kuss, ehe er davoneilte.

      Giant war höchstens zehn weitere Minuten später am Treffpunkt. Wortlos umarmten sie sich, bevor Giant Maddy ein Schwert und einen Dolch reichte. "Wie...bist du da rangekommen?", fragte sie erstaunt, aber der Junge winkte ab. "Spielt keine Rolle. Nimm' noch das hier. Essen, es ist Brot und Käse, außerdem zwei Äpfel und hier...die Wasserflasche. Es dürfte für drei, vier Tage reichen, bis dahin solltest du einen Bach oder einen See gefunden haben." Er sprach es nicht aus. Sie sagte es ebenfalls nicht. Die Ödlande alleine, zu Fuß, ohne Erfahrung und ohne jede Hilfe zu überleben, das war schlicht nicht möglich. Maddy wusste es, aber dennoch war sie es, die lächelte und Giant das letzte Mal küsste. "Danke...und sag' Goethe, ich sei es gewesen, die seine Äpfel gestohlen hat, OK?" "Woher...?" "Hab' ihm schon mal welche gemopst." Ihre Miene verriet, dass sie erst jetzt begriff, dass sie alles und jeden, der ihr lieb und teuer war, niemals wiedersehen würde. Oder höchstens, um anschließend verbrannt zu werden. Sie schluckte, blinzelte die Tränen weg. "Du musst bis Tagesanbruch schnell sein, es sind kaum mehr als vier Stunden bis dahin. Der Wind draußen ist zum Glück stark, er wird den Leuten des Lords zu schaffen machen." "Gi'...?" "Ja?" "Ich schwöre es", sagte sie rau, dann schlich sie los. Giant wartete einige Momente, ehe er in das Dämmerlicht der Fackeln trat, die vom Wehrgang aus einen Teil des Hofes erleuchteten. Kaum gesehen, rannte er ins Dunkel, so schnell er konnte. Die Wachen, da nur zu zweit, nahmen die Verfolgung auf. "Halt...stehenbleiben...!" Maddy huschte über den Wehrgang und ließ sich an den Armen ein Stück die Mauer hinunter, dann sprang sie. Schon nach wenigen Dutzend Schritten hatte die Finsternis sie verschlungen.

      Kapitel 3 - Auf der Flucht

      Das war vor nicht einmal einem Tag gewesen.

      Maddy richtete sich mühsam auf, fiel aber mit einem Aufschrei zurück auf...ja, auf was eigentlich? In dem Augenblick kam ihr wieder eiskalt zu Bewusstsein, was geschehen war. die Ecar Lupus...Ödland-Wölfe...! Sie hatte sie getötet. Einen nach dem anderen. Den ersten hatte sie sauber geköpft, als das Tier an ihr vorbeigesprungen war. Dass sie es noch bei zwei weiteren der großen Raubtiere geschafft hatte, durfte man getrost als Wunder bezeichnen. Ab dem Punkt war der Kampf zu einem schmerzhaften, verworrenen Blutbad geworden. Maddy wurde gebissen, Krallen rissen ihr einen Schenkel auf, einer der Ecar Lupus schnappte ihren linken Unterarm - den sie mit einem sauberen Stich ins Maul des Tieres retten konnte. Irgendwann, vermutlich nur einen Moment später, lag sie auf dem Boden, über sich die geifernde, wütende Bestie. Der letzte Stich, bevor ihr das Biest das Gesicht mit einem grausamen Biss zerfleischt hätte. Warum bin ich nicht tot? Das war zwar eine wichtige, aber nicht die entscheidende Frage. Denn zunächst einmal zählte, dass sie noch am Leben war. Und dass sie hier wegkam. Am besten schnell. Die Kadaver der Ödland-Wölfe um sie herum, die allmählich zu riechen begannen, deren Blut in der Hitze des Tages rasch gammlig werden würde, musste ganz zwangsläufig Aasfresser anlocken - oder auch andere Raubtiere auf der Suche nach einfachem Futter. Blöderweise gehörte Maddy, so lange sie schwach und fast wehrlos mittendrin lag, genauso zur Speisekarte wie die toten Bestien um sie herum. Es kostete sie all ihre Kraft, den Schmerz der Bisse und Kratzer so weit von sich zu schieben, dass sie sich, mühsam und ächzend, in sitzende Position bringen konnte.

      In diesem Augenblick hörte sie das Trommeln von Klauenhufen.

      Nein...das darf nicht sein...! dachte sie mit hochkochender, bitterer Wut. Ich habe diese Nacht überlebt, um von meinen Häschern eingeholt zu werden? Um doch noch zu sterben? Sie stieß einen frustrierten Schrei aus, der Grimm gab ihr neue Kraft, Maddy ignorierte den brennenden, stechenden Schmerz und kam auf die Füße, wenn auch breitbeinig, wandte sich mühsam um. Und erstarrte. Denn anstatt den Leuten des Lords, die sie erwartet hatte, kam da nur ein einzelner Reiter. Dieser trug keine Rüstung - genau genommen hatte er nur einen Lendenschurz an, allerdings erkannte Maddy einige verschiedene Waffen an dem primitiven Sattel und auf dem Rücken des Fremden. Jung war er, seine für einen Mann langen Haare trug er offen. Maddy benötigte einige Momente, ehe ihr klar wurde, mit was für einer Art von Mann sie es hier zu tun hatte: Einem Tribal! Ein schmutziger, ungläubiger Barbar! Naja, dachte sie, schmutzig ist er nicht, auf den ersten Blick. Doch alleine die Tätowierungen wirkten fremdartig, und sie erinnerte sich an die blutigen Geschichten über die Grausamkeit der Stämme.

      Roter Speer zügelte seinen Ecar. Der Anblick, der sich dem jungen Krieger bot, war geboren aus uralten Schauergeschichten über Wesen, die ihre Gestalt verändern konnten, um ihre Beute anzulocken und sie dann abzuschlachten. Inmitten mehrerer riesigen Kadaver von Ödland-Wölfen, deren Blut und Innereien meterweit umhergespritzt waren, erhob sich eine junge Frau. Über und über mit Blut besudelt, das ihre Haare verkleben ließ, dazwischen strahlend blaue Augen, die ihn feindselig musterten. Das ebenfalls rot gefärbte Schwert, das sie mit beiden Händen hielt, stellte eine im Gegensatz zu dem Rätsel ihrer Person eindeutige Drohung dar. Der junge Tribal nahm einen der leichten Wurfspieße und ritt langsam näher. Notfalls konnte er diese Frau - falls es eine war - mit Speeren töten. Die erkannte seine Absicht, doch anstatt Angst verzog sie das Gesicht zu einem verächtlichen Grinsen. "Na, los, dreckiger Barbar...komm' schon!", schrie sie mit einem Mal. Trotz der puren Kampfeswut in ihrer Stimme und dem Inhalt dessen, WAS sie sagte, machte sie diese Reaktion von einem potentiellen Blut-Wesen zu einem Menschen. Roter Speer senkte langsam den Spieß. "Was...wer bist du?", verbesserte er sich. Er hatte aus dem starken Akzent der Fremden den Eisenmenschen herausgehört - genauer gesagt, diese Frau musste aus einer der Städte stammen, das hätte jeder Stammeskrieger auf der Stelle herausgehört.

      Maddy starrte den Tribal verdutzt an. Eben noch schien er drauf und dran gewesen zu sein, sie einfach auf sichere Entfernung zu töten - wie sie es nicht anders von ihm erwartet hatte, wenn sie ehrlich war. Nun jedoch erstaunte sie dieser komische Stammeskrieger, denn er sprach sie an! Von ihren Lehrern beim Orden hatte sie gelernt, dass die Tribals nur selten redeten, da sie aufgrund ihrer Abstammung von den Tieren der Dunkelheit kaum sprechen konnten und immer wieder Laute von eben jenen Tieren von sich gaben. Maddy, der die Beine langsam weich wurden, hatte zumindest dieser ersten Worte sehr gut verstanden. "Wer ich bin, geht dich nichts an", fauchte sie erbost. "Mach', dass du wegkommst." Roter Speer, der mit mehreren Schwestern aufgewachsen und dem weiblicher Stolz daher nicht fremd war, legte den Kopf schräg. Die Fremde hatte nun ihren Schrecken wegen all des Blutes für ihn verloren. An ihren Bewegungen erkannte er, dass sie es verstand, zu kämpfen (wofür ein Rudel tote Ecar Lupus ebenfalls deutlich sprach) - aber auch, dass die Fremde sich nur mit äußerster Mühe auf den Beinen hielt. Sie war erschöpft und verwundet, das war unübersehbar.

      "Und wenn nicht?", fragte er daher prüfend. Die junge Frau schien darauf zuerst mal keine Antwort zu finden, bis sie die naheliegende Frage stellte. "Wieso...was willst du von mir?" Roter Speer machte den Mund auf, schloss ihn wieder. Eine gute Frage. In dem Augenblick schien sie selbst zu einer Antwort auf diese Frage zu gelangen - nur leider zu einer gänzlich falschen. Ihr müdes Lächeln hatte etwas Endgültiges. "Das kannst du vergessen, schmutziger Barbar. Kannst es mit meiner Leiche machen, wenn du willst", erklärte sie so kalt, dass es Roter Speer ebenso eisig den Nacken hinunterlief. Dann richtete sie die Spitze des Schwertes gegen sich selbst. Roter Speer schrie auf. "Nein! Hör' mir zu, dummes Eisenmädchen...ich will nichts von dir. Ich will dich nicht schänden, dich nicht foltern. Höchstens töten, wenn du mich töten willst." Da war etwas in der Stimme des Tribals, in seiner Geste, die echten Schrecken ausdrückte. Maddy zögerte nur aus diesem Grund - denn offenbar wollte dieser Kerl ihren Tod wirklich nicht. War es die vage Hoffnung, die ihr dies einredet oder ein Augenblick der Klarheit - sie fand nie eine Antwort darauf. Die junge Kriegerin ließ langsam das Schwert sinken. Kaum ein Augenzwinkern später knickten ihr die Beine ein. Maddy spürte, wie das Schwert in ihrer Hand mit einem Mal unendlich schwer zu werden schien. Ihr Kopf wurde von etwas Weichem, Matschigem abgefangen. Ihr Verstand bekam die Erkenntnis, dass es einer der Kadaver der Ödland-Wölfe war, nicht mehr zusammen, als ihr auch schon die Augen zufielen.

      Was liegt hinter den Eismassen im Westen? Tatsache ist, dass diese Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. Natürlich gibt es eine Menge Gerüchte, welche von Händlern, die mit den großen Südkarawanen ziehen, stammen. Da diese Berichte jedoch oftmals durch