Von der Entstehung des Christentums. Beate Braumann

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Название Von der Entstehung des Christentums
Автор произведения Beate Braumann
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783844244649



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      Beate Braumann

      Von der

      Entstehung des

      Christentums

      Sachbuch

      Impressum

      Von der Entstehung des Christentums

      Beate Braumann

      published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

      Copyright: © 2013 Beate Braumann

      ISBN 978-3-8442-4464-9

      Edict zum Urheberrecht

      Aus letzthin gegebenem Anlass erkläre ich: Der vorliegende Text ist kein Roman, die Autorin keine Poetin. Er war als Habilitationsschrift gedacht und ich wollte ihn an einer philosophischen Fakultät einreichen, um eine Lehrstelle im Mittelbau zu bekommen. Die Abhandlung arbeitet mit der narrativen Methode, die ich bereits in meiner Dissertation analysiert und angewandt habe. Diese Methode der andragogischen Philosophie blickt auf eine lange Tradition zurück und ihre Verwendung kann beträchtliche Erfolge vorweisen. Sie wurde in ihrer brachyologischen Variante nach Prof. Dr. Goetz eingesetzt, einem renommierten Mikrobiologen und herausragenden Didaktiker. Weil sich aber die Anfertigung bis zu meinem Ruhestand hinzog, ist nur noch eine bürgerliche Publikation sinnvoll. Der wissenschaftliche Apparat für die Zitate und Anmerkungen kann dabei entfallen. Außerhalb des akademischen Beritts ist seine Erstellung Privileg der Josephusfans, die ich bei dieser Gelegenheit herzlich grüßen möchte. Eure Arbeiten waren mir eine unschätzbare Hilfe, wie die unserer Toten, deren Schriften nicht vergessen sind.

      Die Verfasserin

      Einführung

      Mit Fragen zur Entstehung des Christentums habe ich mich schon seit meiner katholischen Jugend abgeplagt. Ich fand vieles fragwürdig, und noch als Studentin habe ich mir Fragen gestellt wie

      - Welches sind die echten Herrenworte?

      oder auch

      - War Josef von Arimathea bereits aufgebahrt, als die Erben sein trauerfestlich hergerichtetes Grab für eine Nacht zum Preis von 30 Silberdenar an einen gewissen Judas vermieteten, der im Auftrag seines Herrn den Hohen Priester auf perfide Weise um die benötigte stattliche Summe erleichtert hatte?,

      die ich erst später, im Nachhinein, als geradezu absurd und abwegig erkannte. Anfang der 70er Jahre entdeckte ich Deschner, was sich zu einer Art Urknall auswuchs. Dieser erste Lehrer führte mich zu weiteren kritischen Geistern, nicht zuletzt zum großen Bauer von Rixdorf. Später kamen andere wie Ranke-Heinemann und Lüdemann hinzu. Es bildete sich das Grundproblem heraus: Wenn das, was in den Evangelien stand, nicht weiterhalf, wie war das Christentum tatsächlich entstanden? Ein »Sprung in den Glauben« (S. 123), wie mir im Kierkegaardseminar vom Dänen nahegelegt wurde, war jedenfalls nicht mehr möglich.

      Die Basistheorie, die im Buch vorgestellt wird, besagt recht schlicht und einfach: Es gab in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts im östlichen, vornehmlich griechisch geprägten/besiedelten Reich eine breite, gesellschaftliche Suchbewegung (vielleicht auch der Jugend), die zu einem erheblichen Anteil von jüdischen Gemeinden als Kondensationskerne angezogen wurde. Das herausgearbeitet zu haben, ist das Verdienst französischer Theologen. Diesen »Metuentes«-Anteil der allgemeinen Bewegung hat der rein literarische Markustext (S. 305) ab ca. 70 parasitär infiltriert, und im Folgenden den Wirtskörper erfolgreich durchdrungen. Ein Vorgang, der im übrigen historisch gesehen nicht außergewöhnlich oder unwahrscheinlich genannt werden muss. Das Szenario nun, das im Buch auf der Grundlage dieser Theorie entworfen wird, ruht bei den wesentlichen, tragenden Teilen auf gesichertem Grund, obwohl es in der konkreten Ausgestaltung naturgemäß hochspekulativ ist und in seiner Anlage zum Verfilmen animieren soll.

      Um ein Grundverständnis für das Handeln des Protagonisten zu gewinnen, wird im ersten Kapitel auf eine der beiden für Josephus bedeutsamen Literaturen, die Weisheitsbücher, Bezug genommen (die anderen sind bestimmte Propheten), die gleich auf S. 26 benannt werden. Der »ground zero« der philosophischen Haltung dieser Bücher, die zu Josefs Zeiten auch weitergeschrieben und fleißig gelesen wurden, wird durch die Versgruppe markiert: Das Beste, nie geboren zu sein, und das Zweitbeste, auf der Stelle zu sterben. Entsprechend wird das Verhalten des Menschen angesichts seiner ungeheuerlichen, chaotischen und sinnfreien Wirklichkeiten als unangemessen und kindisch eingeschätzt (deshalb Josefs pädagogisches Lernmittel des »Reifealters«, S. 143). Die Naherfahrung von Krieg und Tod, die Josef für sein unverhofftes Weiterleben nachweisbar geprägt hat, führt ihn zwangsweise zu den so genannten letzten Fragen.

      Es war also erforderlich, einen radikalen Ansatz zu wählen, um den Weisheitsbüchern in ihrer erkenntnistheoretischen Strenge gerecht zu werden. Damit unmittelbar zusammenhängend bedurfte Josefs zentraler, philosophischer Schlüsselbegriff »Theokratie« einer Begründung und Ableitung, die das Verhältnis von Herrschaft Gottes – Freiheit des Geschöpfes an den Anfang setzt und, mit Hinblick auf Moses und dessen philosophische Grundausbildung, kosmologisch verankert werden musste (da habe ich dem Physiker John Barrow viel zu verdanken, S. 122).

      Auf dem vier Jahrzehnte langen Weg zum vorliegenden Text brachten holländische Theologen einen ersten Durchbruch, weil sich herausstellte, dass es eine Reihe von vernünftigen Gründen gab, die Paulusbriefe in das zweite Jahrhundert zu verschieben und das Briefwesen insgesamt als Phänomen der zweiten und dritten Generation des Christentums einzuordnen, wobei lediglich die Spitze des Briefeisbergs auf uns gekommen ist. Damit war die christlich-literarische Wüste vor dem Jahr 70 endlich auch von ihrer anachronistischen Paulusoase befreit und viele Probleme, auf die ich nicht näher einzugehen brauche, hatten sich in Luft aufgelöst. Trotzdem musste die Person des Paulus eine wichtige Rolle gespielt haben.

      Exkursiv anmerken möchte ich, dass die verblüffenden Kongruenzen zwischen der Vita Josefs und der des Paulus’ sich gut als Forschungsansatz eignen. Die kleineren wie Sturz vom Pferd und Schiffbruch geben nicht viel her, die größeren jedoch einiges: Die Verbindung nach Kreta und Gortis mit einem seiner beiden Häfen (wobei Luthers »Guthafen«, den ich eigenfüßig erwandert habe, lediglich ein Notankerplatz ist, so dass die griechische Bezeichnung »kali limenes« eher mit »schöne Bescherung« übersetzt werden sollte.) Dann das/die Gespräche zwischen Josef, Berenike und Festus (S. 240) und ihre spiegelbildliche Entsprechung in der Apostelgeschichte mit Paulus. Am fruchtbarsten aber ist die Betrachtung der beiden parallelen dreijährigen schwarzen Löcher in den Biographien.

      Paulus verschwindet wie Josef plötzlich und unvermittelt Richtung Osten, und die Geschehnisse hinter diesem Ereignishorizont entziehen sich bis heute dem forschenden Blick. Die Paulus-Forschung zuckt betreten mit den Schultern und spekuliert auf ein Ziel wie Petra. Josephus erzählt, er habe drei Jahre in der Wüste mit einem Lehrer namens »Bannus« verbracht. Hier ist das schwarze Loch vom Textumfang etwas größter als bei Paulus, aber immer noch imponierend klein. Nur merkwürdige Details betreffend Nahrung (Feigen und Nüsse), Körperpflege (Badeliebe) und Kleidung (Baumrinde) werden genannt.

      Nun will zunächst die spezielle Textform dieses kurzen Abschnitts bedacht sein. Für das Bildnis eines römischen Bürgers, der im öffentlichen politischen Leben eine bedeutsame Rolle gespielt hat, gehört es zum guten Ton, vor der Übernahme seines ersten Amtes oder Debuts auf der gesellschaftlichen Bühne eine Art generale Grundausbildung absolviert zu haben. Caesar etwa hatte sich an der führenden Akademie von Rhodos eingeschrieben, die auch für das Buch eine wichtige Rolle spielt und an der die Grundlagen für den Zahnradcomputer von Antikythera geschaffen wurden. Insoweit wird dabei von erfahrenen und meist günstig gestimmten Lesern eine gewisse biographische Kosmetik und die formvollendete Vorführung eines Tableaus literarischer Gesten erwartet, hingenommen oder begrüßt.

      Was Josephus allerdings zeichnet, ist die Skizze einer Karikatur. Nirgends stellt er sich unverhohlener dar als hier: Frech bis zur Unverschämtheit, von gleißender Satire und in tiefster Sorglosigkeit. Da schreibt jemand, der nichts und niemanden fürchten muss, der eine enge persönliche Bindung zum Kaiser selbst besitzt und dem es ob seines Einflusses als Hofjude an Selbstbewusstsein nicht mangelt.

      Es scheint Josephus anscheinend tunlich, nicht zu verraten, was er als junger Mann nach seinem Jahr bei den Essenern