Kannibalen und feine Leute. Bexhill

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Название Kannibalen und feine Leute
Автор произведения Bexhill
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742704313



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eines ordentlichen Bowlerhuts, wie ihn Gentlemans aus der City zu tragen pflegten, einen Zylinder aus Bast. Kein Kinnbart, Littlewoods Gesicht war glatt rasiert wie ein Baby Popo. Keine schwere Uhrenkette an der grünen Brokatweste mit dem verwirrend floralen Muster, seine Uhrenkette war fast feminin. Der Inspektor entsprach ganz und gar nicht den Erwartungen, die der Constable gehegt hatte, als man ihm telegrafisch die Ankunft eines Londoner Inspektor Littlewood angekündigt hatte. John dachte an die Untersuchung durch den einzigen Arzt im Ort. Doktor Jonathan Swift einen Zahnarzt und den schwierigen Abtransport der geköpften, wie ein Fisch aufgeschlitzten Leiche, die am Kriegerdenkmal festgefrorenen war. Etwas was er nicht so schnell vergessen würde. Er musste gestern Abend Mrs. Singer um einen großen Kochtopf warmes Wasser bitten. Er hatte die Aufgabe übernommen, die Arme und Hände des Leichnams mit heißem Wasser abzutauen. Anschließend trugen er und Swift den gefrorenen Leichnam in das Beerdigungsinstitut in die James Street. Der Inspektor hatte kurz, nachdem er mit Inspektor Snyder angekommen war, mit ihm als Vertreter der Grafschaftspolizei das Haus des Opfers untersucht. Bei dieser Durchsuchung erlebten die Polizisten einen größeren Schock; sie entdeckten, im Schlafgemach des Opfers, dass der Mörder den Kopf abgehäutet, die Augen ausgeschnitten, Nase und Ohren entfernte. Warum er sich diesen fürchterlichen Dingen hingab, konnte nur ein erfahrener Nervenarzt beantworten. Zudem blieb die Frage offen, was bewog den Täter sich vermutlich aus den Nieren des Stahlwerks Besitzers aus West Hoathly, ein Nieren Haschee zu kochen. Sich hinzusetzen und das neue, hellere, elektrische Licht anzudrehen und das ganze mit einer Flasche Rotwein hinunterzuspülen und dazu den Edison Phonographen mit einem Stapel Wachswalzen von George Biszets Oper Carmen laufen zu lassen.

       4

      Derek Green zitterte, als er das Trinkgeld einstrich, das William Samuel Antill auf den Tresen gelegt hatte. Einen Augenblick lang war er ganz allein mit seinen Gedanken und der alten Hexe. Mrs Purkiss seine Großtante verdingte sich trotz ihres betagten Alters als zugelassene Rattenfängerin bei den Honoratioren der Stadt. Sie verhökerte ein selbst gefertigtes Gift, auf das die Bauern der Gegend schworen, manchmal fing sie die Ratten mit bloßen Händen und verkaufte die Tiere in seven acres. Die Leute wetteten gerne und Rattenkämpfe waren angeblich ein beliebter Zeitvertreib bei den Arbeitern in ihren Yards und ungesunden Häusern. Im Augenblick saß die alte Frau auf ihrem Lieblingsplatz am Fenster dicht neben dem Kohleofen und spuckte ekelhaft laut in Intervallen auf den Boden. Sie erhob sich schnaufend, wie eine anfahrende Dampflokomotive, von ihrem Platz und klapperte mit ihren Männerstiefeln zur Bar.

      Dann brüllte Sie: »Spendiert der Detektiv eine Runde?«

      Derek blickte Constable John Arnold mit hochgezogenen Brauen an. »Gewiss Madame«, sagte John und legte einen Schilling auf den Tresen. »Ich will, aber nicht die Katzenpisse gib mir den guten, den Whisky, den du selber in deinem Keller brennst.« Derek lief rot an und wollte protestieren, doch John winkte gelangweilt ab. Mrs. Purkiss schnappte sich mit ihren arthritischen Fingern eine ihrer Mephisto Zigaretten; und suchte Streichhölzer in die Tasche ihres karierten Winterkleids, das sie unter ihrem Lammfellmantel trug. John riss ein Streichholz an und gab ihr Feuer, und sie blies ihm zum Dank kratzigen Rauch ins Gesicht und kicherte erfreut über seinen Husten. Sie beugte sich verschwörerisch zu dem Constable und eine Geruchswelle aus Zigarettenrauch, Schnaps und alten Mensch schlug ihm entgegen.

      »Und läuft der Menschenfresser im Dorf herum und schlägt uns die Schentelmenssss alle tot? Das ist keiner wie du und ich.« Sie kicherte vergnügt und spuckte auf den Boden. Aber was sollte er sagen, die Frau war siebzig. Dass sich so schnell Gerüchte verbreiteten und die Leute das, verbrecherische Subjekt den Menschenfresser nannten, machte ihm Sorge. »Das ist der Deibel, der sich seine schwarzen Seelen holt, sag ich euch! Ich kann ihn riechen der Gestank des Leibhaftigen, der Schwefel in der Luft!« Sie erstarrte und sah beschwörend an die alte Holzdecke, als höre sie von oben das Kratzen der Teufelskralle an den Bodendielen. Die Frau konnte einem eine Gänsehaut einjagen. »Nein, aber nein Tante Becky. Das ist doch nur aus den Stahlwerken! Unsere Stadt stinkt immer nach Schwefel!«, erklärte Derek seelenruhig.Ja dachte John, die Stadt stank nach einer Leichengrube, in denen Millionen Tierkadaver verrotteten aber das war der Preis des Fortschritts. Der Gestank und die zerlumpt herumlaufenden Kinder aus der Arbeitersiedlung am Stadtrand. John bedeutete Green, der alten zahnlosen Frau das Glas neu zu füllen. »Und der Menschenfresser hat sich nicht, die geholt die bescheiden und anständig lebten, dem macht man nichts vor. Vom Christentum und dem Wert der Sparsamkeit reden und selbst, wie die Maden im Speck und Sünde. Nein ihr werdet noch erleben, Weihnachten verteilt er seine Geschenke an die da oben ganz großzügig.«

      Der Wirt dachte laut nach, »Wen er sich wohl, als Nächstes holt?« Es klang fast so, als bewundere der Wirt den Mörder ein wenig. Die Gedanken des Constable kehrten zum Opfer zurück. Während die Alte plötzlich von der Qualität des Whiskys redete, studierte John sein Spiegelbild. Er bezahlte seine Rechnung seinen Schilling und Six Pence und verabschiedete sich von Mrs. Purkiss und erinnerte sie daran das Sie, wenn, sie das nächste Mal auf öffentlichen Platz vor anständigen Leuten ausspuckt, vor das Polizeigericht nach Brighton musste.

      Sie winkte einfach ab, »Tust du eh nicht John und ich spucke so oft und wo ich will!«

      »Dieser Mord«, sagte der Geschäftssekretär der Lemotte Eisenbahnlinie, »erinnern mich an den berühmten Londoner Mörder. Nie gefasst ha ha ha!« Nach dem höhnischen Ha biss er in seine Sahnetorte und die Füllung tropfte ihm auf sein blaues Hemd, das er unter seinem braunen Tweedanzug trug. Den Mund schon wieder voller Kuchen, als wäre sie in einem Eastend Haushalt mit 12 Brüdern aufgewachsen, meinte Miss Jemima Lemotte, die Tochter des Mächtigen Sir Isaak Lemotte: »Der Ripper. Du meinst diesen Jacky the Ripper.«

      »Jack the Ripper, nicht Jacky the Ripper. Und der hatte es auf Frauen mit einem unmoralischen Lebenswandel abgesehen. Unmoralisch war Donovan ganz bestimmt, aber eine Frau?« Sagte John Arnold, der zu einem zwanglosen Gespräch die Stimmung der Bewohner betreffend, der es so offenkundig an jedem Mitgefühl fehlte, ein besorgniserregender Umstand in den Augen der Lemottes, in den Geschäftssitz der East Sussex Brighton London Railway geladen war.

      Miss Lemotte stopfte sich mit dem Zeigefinger den letzten Rest Kuchen in den Mund. John ging ungern dort hin, vor allem, wenn es zwanglos war. Er hatte den Sekretär mit dem Säufergesicht und den fettigen Haaren und Jemima Lemotte nun eine Stunde lang über den Mord reden hören und musste beantworten, warum er als einziger Constable nichts gegen den Spitznamen der „Der Koch“ unternahm oder geschweige warum der Mörder noch nicht hinter Gittern saß. Was sollte er ihrer Meinung denn nach gegen Spitznamen unternehmen? Die dachten sich das so einfach, aber gegen Spitznamen war kein Kraut gewachsen. Das hier war England nicht das verdammte Preußen, in England waren Spitznamen offizieller als der Familienname.

      »Sie erwähnten den Ripper, hat das einen bestimmten Grund?«

      Durch seine Frage ermutigt, fuhr Sebastian Francis mit großem Eifer fort: »Ja, wissen Sie, wenn früher in einer verfaulten Gesellschaftsschicht wie der des gewöhnlichen Arbeiters … .«

      »Aber vor allem heute! Heutzutage ist Englands Arbeiterschicht verfaulter als früher. Von innen heraus verdorben. Von den Gewerkschaften mit Forderungen nach Lohnerhöhungen und den 9 Stunden Arbeitstag verdorben!«, fuhr Jemima Lemotte das einzige Kind des Eisenbahn Fürsten ihrem Sekretär Francis Sebastian herrisch ins Wort. Das berüchtigte Temperament ging ihr durch. Es fehlte nicht viel und sie vergaß, dass sie eine Lady war, und donnerte mit der geballten Faust auf den Tisch. Das Komische war, fand der Constable, die beiden meinten es Ernst. Francis nickte, »Ja, wie dem auch sei, der Ripper schlitzte seine Opfer auf und stahl Organe, er aß vermutlich die Nieren! Na Constable ist das nun eine Spur oder nicht? Also bei mir schlägt eine Glocke an, wenn ich da so vergleiche anstelle.«

      »Klingelt!«, sagte John streng.

      »Wo?«, Francis sah sich um.

      John sagte: »Es heißt bei mir klingelt es, nicht ich höre eine Glocke, das ist falsch! Und wie eine Spur, meinen Sie etwa Jack the Ripper ist 1891 nach West Hoathly Grafschaft Sussex gezogen und hat es nun auf Gentleman abgesehen?«

      »Nein das nicht, aber ich habe mich selber in guter, alter Detektivarbeit