Название | Die Mayerling-Katastrophe: So war es - war es so? |
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Автор произведения | Marlene Gabriel |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738012644 |
Sie brauchte ungewöhnlich lange, um sich von dieser Geburt zu erholen. Als Rudolf so an die drei Jahre zählte, kränkelte die junge Kaiserin. Man befürchtete schon das Schlimmste, dachte an TBC und schickte Elisabeth samt Hofstaat auf eine längere Reise. Madeira war das Ziel. Hier blieb sie ungefähr ein halbes Jahr, kehrte kurz nach Wien zurück um dann immer wieder in Europa herumzureisen.
Vor einem Jahr war Sophie, die älteste Tochter des Kaiserpaares an einer Infektionskrankheit überraschend gestorben. In der kaiserlichen Kindskammer gab es nur ein kleines, sehr robustes und gesundes Mädchen namens Gisela (geboren 12. Juli 1856 ebenfalls in Laxenburg, gestorben 27. Juli 1932 in München) das fröhlich spielte auf noch unsicheren Beinen die Welt erkundete und gerade ihre ersten Sprachversuche unternahm. Umsorgt und umhegt von viel Personal und der allmächtigen und allgegenwärtigen Großmutter, Erzherzogin Sophie, der Kaisermutter.Kaiser Franz Joseph, der stolze Vater ließ trotz der Geburt des langersehnten Thronfolgers öffentlich verlauten, dass jedwede kostspielige Festlichkeit zu unterbleiben habe, es werde nur auf die Armen und Notleidenden Rücksicht genommen.
Ja, die Zeiten waren damals mehr als schlecht. Die Revolution 1848/49 hatte das große Land an seine Grenzen gebracht. Das Militär erforderte nach wie vor gewaltige Summen. Man brauchte es aber um eventuelle Aufstände in den Provinzen, wo es immer noch gärte und brodelte, niederzuhalten. Der unglückselige Italien-Feldzug, der dem Kaiser die fruchtbare Lombardei kostete, und zudem Massen an Opfern forderte, brachte die Monarchie damals schon an den Rand der Auflösung. Viele Bürger waren unzufrieden mit dem Kaiserhaus, der 28jährige Kaiser hatte es nicht leicht.Also war die Geburt von Rudolf keinesfalls ein Anlass nun ein prunkvolles höfisches Fest auszurichten. Womöglich wären dann wiederum Unruhen ausgebrochen.
Also wurde kurzentschlossen ein sogenanntes „Fest der Humanität“ ausgerufen. Das große Spenden ging los. Großbürgertum und Adel spendeten Wöchnerinnen, die Hilfe benötigten, sowie Findelkindern, Sieche und arme Offizierswitwen wurden ebenfalls bedacht. Bäcker spendierten Brot für die Armen. Das Militär bekam hie und da Extrarationen Fleisch und Wein.
Kaiser Franz Joseph legte den Grundstein für das Rudolfsspital, das heute noch im 3. Bezirk existiert.Selbstverständlich wurde an den alten Bräuchen festgehalten, die man seit Ewigkeiten nach einer Kronprinzengeburt veranstaltete: 20 Kanonen schossen 101 Böllerschüsse ab, Alle öffentlichen Gebäude der Monarchie, besonders in den großen Städten wurden festlich beflaggt und abends beleuchtet. Festgottesdienste aller in der Monarchie beheimatete Religionen, Katholiken, Lutheraner, Orthodoxe, Moslems, Juden feierten die Geburt des kleinen Rudolf. Es wurde komponiert, gedichtet, was das Zeug hielt. Immerhin bekamen die Schöpfer dieser Werke, wenn sie sie bei Hofe einreichten, ein Dankschreiben seiner Majestät, und ein paar Gulden.Was eher etwas übertrieben war, war wohl die Verleihung des Goldenen Vlieses an den sabbernden, Prinzen, noch in der Wiege und zugleich wurde Rudolf Oberst-Inhaber eines Infanterieregiments. Seine Laufbahn als Militär war damit vorgezeichnet, sehen es die Historiker heute.
Und erst die Titel, die der kleine Prinz ab seiner Geburt führte: „Rudolf Franz Carl Joseph, des Kaiserthums Österreich Kronprinz und Thronfolger, königlicher Prinz von Ungarn und Böhmen, der Lombardei und Venedigs, von Dalmatien, Croatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Illyrien. Erzherzog von Österreich. Ritter des Goldenen Vlieses und Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 19.“
Die Armee, des Kaisers wichtigstes Instrument, bekam einen kaiserlichen Armeebefehl, der gleich nach der Geburt erlassen wurde. „Ich will, dass der durch Gottes Gnade Mir geschenkte Sohn von seinem Eintritt in diese Welt an Meiner braven Armee angehöre, und ernenne ihn hiernach zum Oberst Inhaber Meines 19ten Linien- Infanterie-Regiments, welches von nun an den Namen „Kronprinz“ zu führen hat. Laxenburg am 22. August 1858. Franz Joseph m.p.
Nicht überliefert ist allerdings, dass man dem Säugling sogleich eine Uniform schneidern ließ! Diese Hinwendung zum Militärischen war absolut unüblich bei den Habsburgern. Sie entsprach keineswegs habsburgischen Traditionen und keiner der Vorgänger Kaiser Franz Josephs hatte sie geübt.
Auch die Aja – erste Kinderfrau – des hochwohlgeborenen Buben wurde unter militärischen Aspekten ausgesucht. Die damals 45jährige kinderlose Karoline Freifrau von Welden, die Witwe des Feldzeugmeisters Ludwig von Welden, der sich besonders bei der Niederwerfung des ungarischen Aufstandes 1848 einen Namen gemacht hatte, wurde mit dieser mehr als heiklen Aufgabe betraut.
Warum gerade die Wahl auf sie gefallen war, war selbst bei den in Vieles eingeweihten Hofbeamten ein Rätsel. Offenbar wollte der Kaiser mit ihrer Wahl damit ihren verstorbenen Gatten auszeichnen. Sie selber hatte keine Ahnung von Kindern, keine pädagogische Vorbildung und war angeblich auch noch von schwächlicher Konstitution. Doch die Welden machte das Beste aus dieser Berufung. Zuerst ging sie nach München und lernte bei einer Frau von Zurheim, alles, was es zu lernen gab. Dann erst kam sie an den Hof, wo sie eine Chefin hatte: Erzherzogin Sophie. Kaiserin Elisabeth hatte den Kampf um die Kinder schon lange aufgegeben. Damals konnte sie ihn keinesfalls gewinnen. Sie kam öfter in die Räume der Kinder, spielte mit ihnen ein wenig und weg war sie.
Es war ja allgemein bekannt, dass die starke Sophie schon beim ersten Kind (Sophie) und auch beim zweiten (Gisela) die Macht übernahm, den Hofstaat der Kinder bestimmte, ihre Bediensteten, von der Aja bis hin zum kleinsten Tafeldecker und Heizer. Kaiserin Sisi hatte nichts zu melden. Sie floh nach München, weinte sich bei ihren Eltern und Geschwistern aus, doch auch die konnten da nicht viel helfen. Für Sophie war Elisabeth selber noch ein Kind, bestenfalls ein eigenwilliger Teenie, der nichts als Reiten im Kopf hatte und mit richtiger Kindererziehung noch keinesfalls etwas anfangen konnte.Sie war zwar bereits 20, als sie Rudolf gebar, doch in den Augen der prinzipientreuen und starken Sophie war ihre Schwiegertochter, die zufällig Kaiserin war, ungeeignet mit starker, aber liebevoller Hand, den Kronprinzen zu erziehen. Noch immer verübelte die Kaisermutter der Schwiegertochter den Tod des erstgeborenen Kindes Sophie in Ungarn. Hatten Kaiser und Kaiserin doch entgegen ihrem Rat und ihren Bitten die Kleine mit auf diese anstrengende Ungarnreise mit vielen Empfängen und Besuchen, mitgeschleppt.
Also der Haussegen bei Kaisers war keineswegs auf Friede und Liebe eingestellt. Sondern auf Kampf und Intrige.
Baronin Welden erwies sich hingegen für den kaiserlichen Nachwuchs als wahrer Segen. Sie liebte die Kinder über alles, wurde von den Kindern geliebt und war neben Großmutter Sophie die Bezugsperson Nummer eins. Die Kinder kamen mit all ihren Sorgen zur Welden, wurden getröstet, geleitet, gelobt und getadelt, wie von einer richtigen Mutter. Sie spielte ihre kindlichen Spiele mit, wachte bei Krankheiten über sie, pflegte sie liebevollst, freute sich über jeden Fortschritt, den sie in ihrer Entwicklung machten.
Gisela und besonders Rudolf ließen nach der Trennung von der Welden, die mit ungefähr sechs Jahren stattfand, immer wieder mit Briefen ihrer Zuneigung zur Welden freien Lauf. Rudolf schrieb ihr Briefe bis zu seinem Tod.
Allerdings war gerade beim Adel und dann beim vermögenden Großbürgertum in dieser Zeit eine solche Trennung der Kinder von den Eltern absolut üblich. Die Kinder der besten Gesellschaft hatten Gouvernanten, Pflegerinnen, Krankenschwestern, Erzieherinnen, Sprachlehrer, Hauslehrer, eigene Bedienstete und sahen die Eltern bestenfalls bei feierlichen Anlässen, oder zu bestimmten Zeiten, wo sie gelackt und geschönt den Eltern und Gästen vorgeführt wurden. Hier die Ursache für die späteren psychischen Defizite Rudolfs zu suchen, wäre total verfehlt.
Der Krieg mit Italien 1859 war absolut desaströs zu nennen. Es kursierte zwar das Wort „Löwen von Eseln geführt“ , der Kaiser war selber am Schlachtfeld, doch zu spät. Die Lombardei war verloren, die Kriegsschulden stiegen ins Unermessliche, das Volk murrte, es hatte schließlich die Last zu tragen und zu Hause in der Hofburg und in Schönbrunn tobte der häusliche Krieg zwischen Erzherzogin Sophie und der jungen Kaiserin. Beide Damen, die ja vom Kaiser geliebt wurden, machten ihm das Leben zur Hölle. In dieser schweren Zeit kann es leicht sein,