PENNYFLAX und die Rache des Hexenmeisters. Andreas Bulgaropulos

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Название PENNYFLAX und die Rache des Hexenmeisters
Автор произведения Andreas Bulgaropulos
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738030488



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auf meiner Karte einzeichnen.«

      »Also, die Bergkette, auf der wir kampieren«, brummte Rotte mit seiner tiefen Kratzstimme, »die heißt Hahnenkamm, weil sie so viele Spitzen wie der Kamm eines Hahns besitzt. Von hier aus geht’s immer bergab, bis wir nach Fossiliental kommen, ein gefährliches Gebiet, das wir im Eiltempo durchqueren werden. Und danach …«

      »Wieso gefährlich?«, forschte Pennyflax nach.

      »Du hast noch nie von Fossiliental gehört, Kleiner?!«, wunderte sich Rotte und begann alles für den Aufbruch vorzubereiten. »Vor Urzeiten haben dort Riesen gelebt, die so unglaublich riesig waren, dass sie beim Einatmen die Wolken ansaugten. Bis sie eines Tages von ihren kleineren Brüdern, den Grelgins, überfallen und besiegt wurden. Seitdem beherrschen die Grelgins Fossiliental.«

      Pennyflax runzelte die Stirn und machte eine Notiz auf seiner Karte. »Dann sind diese Grelgins also mies gelaunte Muskelmotze, oder?«

      »Kann man so sagen«, murrte er. »Vor allem deshalb, weil sie sechs Meter groß sind und jeder ihrer beiden Köpfe denkt, der andere wolle ihn reinlegen, indem er die besten Futterstücke für sich behält. Das macht sie stinksauer.«

      »Aber sollten wir dann nicht lieber woanders lang reisen?«, gab Shirah zu bedenken. »Können doch auf der Oststraße bleiben.«

      Rotte spannte die Pferde vor die Kutsche und schüttelte den Kopf. »Fossiliental ist eine Abkürzung, die wir uns unmöglich entgehen lassen können. Denn ich muss meine Schatullen so schnell wie möglich nach Castyllium schaffen … und ihr wollt bestimmt eure Botschaft dem König überbringen, nicht wahr?«

      Minky kam angerannt und deutete den Hang hinunter. »Da … da unten …«, schnaufte er aufgeregt, und sein Rotzfaden schlenkerte hin und her. »Da kommen zwei vermummte Gestalten die Straße entlang. Könnten Rrräuber sein!«

      Rübennase zog ein kleines Fernrohr aus der Tasche, schaute durch die Linse in Richtung der tiefer gelegenen Straße und entdeckte tatsächlich zwei Reiter, die ihre Pferde im Schritt gehen ließen. Dabei suchten sie den Boden nach Spuren ab. Trotz der Tücher, die ihre Gesichter verhüllten, erkannte Rotte an ihren langen Ohren, den Lederrüstungen und Bögen, um welche Sorte es sich bei den Kerlen handelte. »Keine Räuber«, knurrte er seinen Begleitern zu. »Elfen! Die zwei sind aber auch keine Patrouille aus Viancáru, denn ihnen fehlt das Königswappen auf den Umhängen. Sieht mir eher nach den Burschen aus, die euch seit gestern Abend verfolgen.«

      »Welche Burschlinge verfolgen uns seit gestern?«, wunderte sich Shirah und ließ sich von Rotte das Fernrohr geben.

      Der Hüne mit der Augenklappe lachte rasselnd und setzte seinen Federhut auf. »Für Kobolde, die anderen gerne Streiche spielen, kriegt ihr erstaunlich wenig davon mit, wenn IHR mal aufs Korn genommen werdet, oder?! Die Kerle sind hinter euch her, seit ihr bei der Großen Wegkreuzung mit den Elfensoldaten diskutiert hattet. Ich sah sie nämlich durch den Wald schleichen.«

      »Aha«, machte Pennyflax, kniff die Augen zusammen und musterte Rübennase. »Hast uns wohl auch beobachtet, hä? Noch bevor wir uns trafen, wie?«

      »Na und?«, murrte Rotte. »Ich weiß eben gerne, mit wem ich’s zu tun habe, Kleiner.«

      Bevor Pennyflax seinen neuen Weggefährten daran erinnern konnte, dass er nicht »Kleiner« hieß, zupfte Shirah aufgeregt an seiner Jacke.

      »Das musste dir ansehen!«, drängelte sie und reichte ihrem Freund das Fernrohr. »Alte Bekannte!«

      Er linste durch die Linse. Die zwei Elfen unten auf dem Weg hielten an und nahmen ihre Tücher von den Gesichtern, um sich besser beraten zu können. Als sie den Hang hinauf deuteten, erkannte der Kobold die beiden – und seine Augen weiteten sich. »Verzwurbeldingst … Halbelf und Sieben!«, keuchte er. »Sulferions Diener, die uns vergangenen Sommer betäubt und Fauch entführt hatten. Die fiesesten Verräter in ganz Eraluvia!«

      »Sollten schleunigst hier verduften«, drängelte Shirah und stieg die Leiter an der Kutsche hoch. »Die planen garantiert irgendwelche Gemeinheiten!«

      Rübennase stimmte ihr zu, und nachdem auch Pennyflax, Minky und Fauch in den Wagen geklettert waren, setzte er sich auf den Kutschbock und ergriff die Zügel. Mit einem Zungenschnalzen ließ er die Pferde antraben und lenkte den Wagen am Hahnenkamm hinunter, über einen Waldweg, der auf die Oststraße führte. Da sie nun außer Hörweite ihrer Verfolger waren, gab Rotte seinen Pferden die Peitsche, woraufhin die Kutsche in Windeseile über die Straße holperte. Nach einer halben Stunde atmeten alle auf – gerade so sie waren den Handlangern des Hexenmeisters entwischt.

      Während die Sonne höher stieg, erzählten die Kobolde ihren Gefährten von den Missetaten der bösen Brüder. Wie die Kerle ihnen vor drei Monaten auf der Reise zum Feuerberg begegnet waren und so getan hatten, als wollten sie ihnen helfen. Doch die Schurken hatten es nur auf Fauch abgesehen gehabt, machten sich mit dem Drachling aus dem Staub und ließen Pennyflax und Shirah gefesselt für die Wölfe zurück. Bei der Erinnerung daran mussten die beiden aber auch lachen, denn Halbelf hatte ihnen damals erklärt, dass die Namen der Elfenbrüder von den Uhrzeiten herrührten, zu denen sie geboren waren. Und dass sein Bruder eigentlich Fastviertelnachsieben hieß.

      Kurz darauf gelangten sie an die erste Kontrollstation am Wegesrand. Rotte versteckte sich wie besprochen in der Kutsche, und die drei Freunde schwindelten den Elfenwachen des Königshofs vor, sie wären Händler, die Altkleider in Castyllium verkaufen wollten. Ohne Schwierigkeiten durften sie weiterfahren. Dennoch verspürten die drei kaum Erleichterung, sondern eher das unbehagliche Gefühl, etwas Falsches zu tun.

      Im Laufe des Herbstvormittags erreichten die Gefährten Fossiliental, wo sich der Wald lichtete und Rübennase die Kutsche auf einer Anhöhe stoppte. Bei dem Ausblick auf die bizarre Landschaft gerieten die Kobolde und der Rotzling ins Staunen: Vor ihnen lag ein weites Tal, in dem Büsche wuchsen, die Erde Wüstensand ähnelte und das sich bis zu einem Berg in der Ferne erstreckte. Das Beeindruckendste waren jedoch die gigantischen und gebogenen Steinformationen, die dort unten aufragten und von denen Schlingpflanzen herunter baumelten. Teilweise wirkten die Steinbögen wie abgesplitterte Dornenspitzen, auf denen Vögel hockten.

      Als Rotte Rübennase die Kutsche in das Tal hinab lenkte und seinen Begleitern erklärte, um was es sich bei den Steingebilden handelte, riefen die drei entsetzt:

      »KNOCHEN?!«

      »Pff! Habt ihr vorhin nicht zugehört?«, knurrte Rübennase. »Ich hatte euch doch von den Riesen erzählt, die hier einst lebten. Und dreimal dürft ihr raten, ob sie genug Geld für eine gescheite Beerdigung hinterließen!«

      Pennyflax kratzte sich am Kopf. »Äh … nö?«

      »Ganz genau! Denn nachdem die Grelgins die Riesen getötet und verspeist hatten, weigerten sich diese zweiköpfigen Primitivlinge, ein Bestattungsunternehmen anzuheuern, weil … na ja, ihr könnt euch vorstellen, was das Ausheben eines Grabs im Riesenformat kostet.«

      »Puh«, seufzte Shirah erleichtert. »Bin ich da froh, dass wir so klein sind. Uns fressen die Grelgins doch bestimmt nicht, stimmt’s?«

      Rotte hatte die Kutsche hinunter zum Taleingang gelenkt und deutete auf einen überhängenden Felsen, der wie ein Torbogen den Weg überspannte. Er raunte: »Da wäre ich mir nicht so sicher. Seht ihr das?«

      Die drei schauten gleichzeitig nach oben und erblickten einige abgestorbene Bäume, die sich auf jenem Torbogenfelsen erhoben. Als sie genauer hinsahen, fielen ihnen mehrere Skelette auf, die an den Zweigen der Bäume hingen und deren Knochen im Wind klapperten. Und unter den Skeletten, welche von Tieren, Elfen oder gar Trollen stammten, befanden sich auch einige kleine Gerippe in Goblin-, Rotzling- und Koboldgröße.

      Während Pennyflax und Shirah versuchten, den schreienden Minky am Flüchten zu hindern, wurde ihnen die Todesgefahr bewusst, in die sie sich begaben. So hatten sich die beiden ihre Reise nach Viancáru gewiss nicht vorgestellt. Doch weil die Freunde so abgelenkt waren, bemerkte keiner von ihnen die zwei Elfenreiter, die ihnen ins Tal folgten und heimtückisch lächelten.