Kaffee - Fahrt. Jürgen Ruhr

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Название Kaffee - Fahrt
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752927597



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„Aber ich nehme an, du bist extra ins Wasser gesprungen und wolltest dich einfach nur abkühlen ...“ Bingo stand neben ihr und es schien, als würde der Hund ebenfalls grinsen.

      „Ja, so ungefähr“, knurrte ich und sah dabei zu, wie das Wasser aus meiner Hose und den Schuhen auf den Weg floss. Warum musste sie nur immer so unbedingt witzig sein wollen?

      „Was starrst du auch ständig in den Himmel?“, lachte Chrissi und wandte sich um. „Willst du jetzt nach Hause oder laufen wir weiter?“

      „Du kannst ja mit Bingo noch eine Runde drehen“, antwortete ich. „Ich muss erst einmal duschen.“ Das Wasser - und jetzt auch ich - roch unangenehm nach Fäulnis und mein Trainingsanzug wog nass ziemlich schwer. Zum Glück wohnten wir ganz in der Nähe des Parks und es waren nur wenige Minuten zu Fuß. Chrissi hatte damals dafür gesorgt, dass ich die Wohnung über ihr in dem gepflegten Haus mieten konnte und ich war ihr immer noch dankbar dafür. Während ich einen leichten Trab Richtung Heimat anschlug, winkte ich ihr zu. „Wir treffen uns dann später im Büro.“

      „Okay, Jonathan. Aber lauf nicht auch noch gegen ein Auto oder eine Laterne!“

      Sie war schon längst mit Bingo außer Hörweite, als ich meinen Mittelfinger hob und leise ‚Haha‘ machte.

      Unsere Büros befanden sich in dem Gebäude der Detektei, das Bernd von einer bankrotten Firma günstig gekauft hatte, die zuvor ihr Dasein mit dem Digitalisieren von Dokumenten fristete. Dass so etwas in der heutigen Zeit keinen Bestand haben kann, bemerkte der Inhaber dieser Firma erst, als es zu spät war. Dafür verfügen wir jetzt über ein gut ausgestattetes Domizil mit mehreren Büros, Lagerräumen und einem Schulungsraum, den wir nun ‚Planungsraum‘ nennen. Denn dort planen wir unsere speziellen Einsätze, die uns der Oberstaatsanwalt Herrmann Eberson von Zeit zu Zeit zukommen lässt. Einsätze, für die Bernd die Detektei Argus überhaupt gründete und die wir immer dann von dem Oberstaatsanwalt übernehmen müssen, wenn die Polizei mit ihren Möglichkeiten nicht mehr vorankommt. Einsätze, die durchweg am Rande der Legalität anzusiedeln sind.

      Ich seufzte und betrachtete die nasse Spur, die ich hinter mir herzog. Leider verlangte Bernd nämlich auch von uns, dass wir ganz ‚normale‘ Detektivarbeit leisteten. Jobs, die ich hasste wie die Pest und deren Highlights das Auffinden von verschwundenen Hunden oder die Suche nach untreuen Ehemännern waren.

      Doch seit sich mein treuer Freund Bingo bei uns befand, plante Bernd die Erweiterung unseres Geschäftes um das sogenannte ‚Mantrailing‘. Anfänglich wurde mir nicht ganz klar, was mein Chef damit meinte, doch nachdem er es mir erklärt hatte und später auch Birgit mir in der Abgeschiedenheit meines Büros alles noch einmal in Ruhe auseinandersetzte, wusste ich, dass damit die Personensuche mit einem Hund gemeint war.

      Vereinfacht gesagt, zumindest. Sie erzählte dann noch etwas von Duftmolekülen in der Luft und dass sich dieses Mantrailing sehr von der Fährtensuche unterschied, doch da hörte ich ihr schon nicht mehr zu. Wichtig für mich war einzig und alleine, dass Bingo und ich von unserem Chef einen Intensivkurs spendiert bekamen. Ein Kurs, der heute beginnen würde.

      Ich dachte an Birgit, während ich die Treppe zum zweiten Stock heraufging. Chrissis Wohnung lag direkt unter meiner und ihr gegenüber wohnte eine alte Frau, die anscheinend den ganzen Tag hinter ihrem Türspion hockte.

      Gerade, als ich an ihrer Wohnung vorbeischleichen wollte, öffnete sie und warf einen Blick auf die Spur am Boden. „Nanu, Herr Lärpers“, kreischte die Alte und ich hatte Angst, dass das ganze Haus nun geweckt würde. Aber Wochentags um halb acht Uhr sollte ohnehin niemand mehr schlafen. „Regnet es draußen? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen!“ Bevor ich etwas erwidern konnte, fügte sie hinzu: „Die Sauerei da machen sie aber noch weg, nicht wahr!?“

      Ich nickte und eilte die Stufen hinauf.

      Wieder wanderten meine Gedanken zu Birgit, der Kollegin mit den bunten Haaren, die ebenfalls ein Büro in der Detektei bekommen hatte. Anfänglich arbeitete die ausgeflippte Kleine in der Detektei als Empfangsdame und Mädchen für alles und ließ keine Gelegenheit aus, mich zu ärgern. Wir waren keine Freunde gewesen und in Gedanken nannte ich die Kleine ‚Zicke‘, was auch von ihrem Namen - Birgit Zickler - herrührte. Und daher, dass sie mich bis aufs Blut quälte.

      Später dann - nach einem gemeinsamen Auftrag - entwickelte sich so etwas wie eine vorsichtige Freundschaft zwischen uns und seit unserer letzten gemeinsamen Arbeit vor drei Monaten begegnete ich ihr mehr oder weniger mit Hochachtung. Denn Bernd hatte Birgit eine Ausbildung beim Mossad, dem israelischen Geheimdienst, ermöglicht und seitdem war die Kleine ziemlich hart drauf. Ich war froh, dass sie auf unserer Seite stand.

      Da war mir Jennifer Enssel, unser blonder Engel und Mädchen für alles im Krav Maga Studio doch schon wesentlich lieber. Schade, dass es mir noch nicht gelungen war, die Blonde zum Essen einzuladen.

      Aber was ja nicht war, konnte noch werden. Vielleicht.

      Neben Bernd, Jennifer und den beiden Mädels in der Detektei gibt es noch Sam - also Samuel L. Terbarrus - seines Zeichens nach Doktor der Molekular Medizin - der mir ebenfalls ein guter Freund geworden ist. So wie ‚Dozer‘, mit bürgerlichem Namen Thomas Friedlich, der das Kampfsporttraining leitet. Dozer wiegt gut und gerne einhundertfünfzig Kilogramm und ist ein Schrank von Mann. Er trainiert aber nicht nur uns, sondern auch Polizisten und - sein neuestes Steckenpferd - Kindergruppen, was ich dem gewichtigen Kampfsportler nicht zugetraut hätte. Doch Dozer beweist immer wieder aufs Neue, dass er ein Herz für Kinder hat.

      Ja und dann ist da noch Monika Salders, die quirlige Brünette. Monika arbeitet sporadisch für Bernd, denn Hauptberuflich verdingt sie sich als Übersetzerin, wenn sie nicht gerade mit ihrem Ehemann, einem Neurochirurgen, durch die Welt reist.

      Wir alle haben uns dem Kampf gegen das Böse verschrieben und sind mehr oder weniger adrenalinsüchtig. Wie anders will man auch erklären, dass ein Doktor der Molekularmedizin lieber den Beruf eines Personenschützers, als den eines Forschers, ausübt?

      Ich duschte, zog mir frische Kleidung an und bewaffnete mich mit Schrubber, Aufnehmer und einem Eimer, um die Spuren im Treppenhaus zu beseitigen. Hoffentlich schaute mir die Nachbarin auch dabei durch ihren Türspion zu.

      Während ich mich noch abmühte, die letzten Schlammflecken zu entfernen, trat Christine mit Bingo aus ihrer Wohnungstür. Sie war ebenfalls frisch geduscht und roch verführerisch nach Vanille. „So ist es recht, Jonathan“, munterte sie mich auf. „Ich hatte mich schon gefragt, ob du die Sauerei auch noch wegmachen würdest ... Soll ich Bingo schon mit ins Büro nehmen?“

      „Ja, mach das“, nickte ich ihr zu, „ich bin hier ohnehin gleich fertig. Wir sehen uns dann später.“ Ich entfernte die letzten Flecken vom Boden, brachte Eimer und Schrubber in meine Wohnung zurück und beeilte mich, zu meinem Wagen zu gelangen.

      Leider war ich bisher nicht dazu gekommen, mir endlich ein neues Fahrzeug zu kaufen und so stieg ich seufzend in meinen postgelben Kia Venga. Dank der Belohnung, die mir eine Versicherungsgesellschaft für einen von mir brillant gelösten Fall gezahlt hatte, befand ich mich jetzt aber in der Lage, mir ein vernünftiges Auto zu leisten. Ein Auto, das dem Personenschützer und Privatdetektiv Jonathan Lärpers auch angemessen sein musste.

      Ein Sportwagen halt.

      Mein Termin bei einem Autohändler am kommenden Samstag zur Probefahrt stand schon fest und auch wenn es sich lediglich um einen kleinen, gebrauchten Wagen handelte, so ging es doch immerhin um einen Sportwagen.

      Unter dem Scheibenwischer des Kia klebte ein Brief, doch mittlerweile hatte ich mich an diese Scherze gewöhnt. Das Postgelb verleitete die Leute einfach dazu, ihre vermeintlich witzige Seite zu zeigen und mir Briefe durch Fensterschlitze zu werfen, oder - wenn die Fenster geschlossen waren - diese unter den Scheibenwischer zu stecken. Ich warf den Brief achtlos zu Boden.

      Kurze Zeit später betrat ich das Gebäude unserer Detektei im Gewerbegebiet und setzte mich auf meinen Chefsessel. Leider entsprach die Büroeinrichtung nicht gerade meinen Vorstellungen, doch Bernd war damals nicht bereit gewesen, die von mir ausgesuchten Designermöbel zu kaufen. Ich hätte sie selbst bezahlen müssen und entschied dann,