Wir sind Unikate, Mann. Norbert Johannes Prenner

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Название Wir sind Unikate, Mann
Автор произведения Norbert Johannes Prenner
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742773401



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hinzu - Ich war zu draufgängerisch bei der kleinen Denise, geb‘ ich zu. Vorgestern war ich wieder dort, im Café. Anfangs hat es ganz gut ausgesehen. Sie hat gelächelt wie die Monroe, und dann ist auf einmal so ein Typ dagestanden, jung, breitschultrig, tätowiert wie ein Häfenbruder, mit engen Jeans und spitzen Schuhen, Tonnen von Gel im Haar. Und ich daneben, Bierbauch, Glatze, eben im Begriff, sekündlich zu altern. Ich brauch‘ dir wohl nicht mehr darüber zu berichten, oder? Caro griff zum Glas. Arno nickte, stumm. Es war alles gesagt. Doch in ihren Köpfen arbeitete es fieberhaft.

      Arno dachte an Constance. - Und dabei hätte ich meine Maccaroni doch so gerne in ihrer Garküche gewärmt. Hm, es sollte eben nicht sein, grinste er. Arno zog die Mundwinkel breit. - Wir sind out, Mann, warf Arno ein. - Wem sagst du das? Aber trotzdem einzigartig, was? Hähähähä!, lachte Caro. - Darauf brauchen wir uns nun wirklich nichts einzubilden, bemerkte Arno kühl. Sie tranken. Caro bot Arno eine Zigarette an. Sie rauchten und tranken. Langsam wurde es dunkler und etwas frischer da draußen und beide überlegten, ob sie nicht nach drinnen gehen sollten, blieben aber dann doch sitzen. Es wäre ohnehin bloß mühsam gewesen, die Gläser, den Aschenbecher und was sonst noch herum lag, hinein zu tragen.

      Kapitel 8

       Herbststurm

      Arno hatte den alten Dell wieder in den Kasten zurückgelegt. An Schreiben war angesichts der augenblicklichen Situation nicht zu denken. Er hatte keinen Job, und irgendwie fühlte er, als ob Constance ihn verlassen könnte, ohne einen wirklichen Beweis dafür zu haben. Alles wie im Film, dachte Arno, nur hatte er nie daran gedacht, so eine Rolle, wie sie sich abzuzeichnen begann, selbst spielen zu müssen. Er erinnerte sich, es musste im Jänner gewesen sein, als er, zusammen mit Constance, Freunde in einer Bar in der Innenstadt getroffen hatte. Eine Menge Leute waren um sie herum. Klaus und Marion, deren französischer Freund Pascal, Elke und Hans, und noch einige Bekannte, die er nicht beim Namen gekannt hatte. Man saß auf diesen hohen Stahlrohrhockern rund um eine schwere Eichentheke und plauderte angeregt miteinander. Klaus und dieser Pascal unterhielten sich prächtig übers Segeln, wie ihm vorgekommen war. Er selbst war etwas gelangweilt, irgendwie war damals nicht sein Tag. Wann war eigentlich jemals sein Tag gewesen, überlegte Arno fieberhaft?

      Was für eine blöde Frage! Auf alle Fälle brannten ihn tierisch die Augen vom Zigarettenrauch, das wusste er mit Sicherheit und er versuchte sich an jenen Pascal genauer zu erinnern. Ein hübscher Mann, gewiss, schlank, wirklich gute Figur, schwarzes, dichtes langes Haar. Gesicht braun gebrannt. Weißer Pullover mit Zopfmuster stand in Opposition zur dunklen Gesichtsfarbe. Wer so aussah, brauchte kein Hirn. Blöd war nur, dass er offensichtlich auch noch sehr klug war. Fatal das ganze! Ob Constance ihn damals … ? Dabei war ihm nicht das Geringste aufgefallen, dass es zu …. Ach, Blödsinn. Und doch! In dieser Bar mussten zwischen ihr und diesem, diesem … die Grundlagen dafür geschaffen worden sein für das, was jetzt ganz offensichtlich Sache war. Längstens, als jener davon sprach, dass man in Paris jetzt häufig Sushi aß, und wo die besten Restaurants dafür wären… wieso war ihm nicht schon damals aufgefallen, dass Constance diesem Kerl mit einer Faszination zugehört hatte, die ganz einfach … ach! Natürlich! Und wie sie ihn angestarrt hatte.

      Als wollte sie ihn an Ort und Stelle vernaschen. Und Arno war sich ganz sicher, dass dieser Zuchthengst erst gar nicht dazu gebracht werden musste, wenn man sich darüber klar war, wie gut Constance aussah. Wieso hatte dieser Scheißkerl keinen Respekt vor ihm und seiner langjährigen Ehe mit Constance, fragte sich Arno voll Grimm und der blanke Hass stieg in ihm auf, wie ein Gewitterturm im Juli vor der Heuernte. Hatten die beiden nicht auch noch getanzt? Natürlich, weil er, Arno, zu müde war. Man sollte das Volant nicht aus der Hand geben, richtig!, stieg es in ihm auf. Hätte ich an diesem Abend … zu spät. Jetzt wusste er, warum sie so ruppig zu ihm war, als er sie drängte, endlich zu gehen. Schließlich war der nächste Tag ein Arbeitstag, auch noch für ihn, damals, im Jänner. Natürlich! Jetzt war ihm alles klar. Und schließlich ging er dann allein nach Hause. Was für ein nicht wieder gut zu machender Fehler! Aber dass es so leicht sein würde, hätte er nicht gedacht.

      Schließlich waren sie beiden seit über zehn Jahren verheiratet gewesen und nichts, aber schon gar nichts hatte jemals darauf hin gedeutet, dass Constance, die ihm eigentlich immer so durch und durch vergeistigt schien, auf solch animalische Anmache hereinfallen würde. Nie im Leben hätte er, Arno, daran gedacht! So konnte man sich täuschen! Am Abend des folgenden Tages … richtig, sie steckte mit beiden Beinen in ihrer Fußbadewanne, vor dem Fernseher, und rasierte sich die Beine, mit einer Gründlichkeit, die er so bei ihr zuvor niemals beobachtet hatte. Sie hatte sich Kaffee gemacht und telefonierte eben, als er hereinkam und … ganz offensichtlich störte! Jetzt fiel es ihm wieder ein. Diese Blicke, die sie ihm zugeworfen hatte! Beinahe verächtlich, so, als wäre er für sie gar nicht vorhanden. Er war nicht darauf eingegangen, weil er keinen Grund dafür gesehen hatte und widmete sich seiner eigenen Welt.

      Alles schien in Ordnung! Kein Anlass. irgendwelche Hirngespinste zu entwickeln. Jedoch bereits an diesem Tage war nichts mehr in Ordnung gewesen, das wusste er jetzt auch. In letzter Zeit zog sie tatsächlich die merkwürdigsten Typen an, wie ein Staubsauger. Wenn er bloß an diesen Wasner dachte! Was wollte sie von dem alten Sack mit seinen schwitzenden Händchen? Seine Anerkennung, oder was? Das konnte doch nicht alles sein? Was sie vom Franzmann wollte, schien ihm klarer, wesentlich klarer. Aber der dicke Professor? Ein Maskottchen, sonst nichts. Verehrte sie, wie man wusste, abgöttisch. Auch so ein Schleimer, den man rauswerfen sollte! Alles habe ich bisher versäumt, dachte Arno wütend, alles! Und dem hatte er obendrein noch ein kleines Fest ausgerichtet! Doch dann musste er grinsen, und er dachte an seinen Literaturvortrag, den er Wasner gehalten hatte. Seit damals hatte sich dieser nicht mehr gemeldet. Merkwürdig.

      Ob er ihn beleidigt hatte? Aber das war jetzt ja auch völlig nebensächlich, sagte er sich. Heute Morgen, nachdem er vergeblich versucht hatte, Constance telefonisch zu erreichen, hatte er einen Brief von ihr an sich gefunden. Er lag versteckt hinter dem Brotkörbchen, und irgendwann, wenn man dieses zur Seite geschoben hatte, musste man eines Tages zwangsläufig darauf stoßen. Und dieses Irgendwann war ganz offensichtlich heute. Arno öffnete ihn und las ihn aufmerksam. - Liebling, wenn du diese Zeilen gefunden und gelesen hast, ruf‘ mich bitte nicht gleich an, sondern versuche, mich ganz einfach erst zu verstehen! Arno senkte das Blatt und starrte stumm in den Raum. Er, der kaum rauchte, ging in den Vorraum, um wie ein Irrer nach Zigaretten zu suchen, die dort meist im Schuhregal deponiert waren, wenn überhaupt welche da waren. Zum Glück waren welche da. Mit Zeigefinger und Mittelfinger fischte er eine aus der bereits geöffneten Packung und suchte nach einem funktionierenden Feuerzeug. Neben dem Gasherd fand er eines, wer hätte das gedacht?

      Arno zündete sie an und blies den Rauch bedächtig von sich. Er wagte vorläufig nicht, weiter zu lesen, so, wie er es oft bei Finanzamtsbenachrichtigungen tat, damit der Schock über die Enttäuschung etwas zeitverzögert blieb. Um noch Zeit zu gewinnen, denn er wusste, dass dies keine für ihn beruhigende Nachricht sein konnte, ging er zum Schiebeschrank und nahm die einzige, nur noch Viertel volle Flasche Whiskey heraus. Er nahm ein bauchiges Glas und goss langsam ein. Bevor er den ersten Schluck tat, atmete er zunächst das starke Aroma tief ein. Dann setzte er das dünne Glas an seine schmalen Lippen. Der Whiskey brannte etwas auf der Zunge. An und für sich kein gutes Zeichen. Aber heute wollte man nicht genießen, sondern bloß töten! Die Seele betäuben und den Schmerz lindern. Arno spürte, wie der Alkohol seine Magenwände wärmte und sich sein Bauch entspannte. Er nahm einen tiefen Zug von der Zigarette.

      Dann griff er zum Brief, gestützt, gefasst, gleichzeitig innerlich unruhig, aufgewühlt. Was hatte dies alles zu bedeuten? - Ich kann nicht anders. Was, zum Donnerwetter konnte sie nicht anders? - Du musst mich verstehen! Bitte, reg‘ dich nicht auf, mir geht es gut. Ich werde voraussichtlich bis dreiundzwanzigsten bleiben …Bis dreiundzwanzigsten? Das sind… verdammt, das sind über drei Wochen. So lange war sie noch nie weg! Sollte doch dieser Scheißtyp aus der Bar … ich bringe ihn um, diesen Drecksack! Ja, ich erschieße ihn. Ich fahre nach Paris und bring‘ ihn um! Arno musste sich setzen. Seine Beine wurden schwach. Er rauchte hastiger als zuvor. Die Zigarette war bereits bis an den Filter geraucht. Er dämpfte sie in einem Kaffeeuntersetzer aus, trank einen großen Schluck Whiskey, an dem er sich beinahe verschluckte.