Schwestern. Elisa Scheer

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Название Schwestern
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754114384



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die schönen Tischdecken wolltet du ja auch nicht?“

      Himmel, was hatte das eine bitte mit dem anderen zu tun?

      „Ich brauche keine Tischdecken. Und ich will nichts in der Wohnung haben, was ich gar nicht brauche. Das ist sinnloser Konsum.“

      „Also ich kaufe gerne schöne Sachen“, murmelte Dani, die sorgfältig um das Sahnehäubchen herum aß.

      „Und, kannst du sie auch immer gut gebrauchen?“, fragte Katrin sofort.

      „Ja, klar, sonst würde ich doch nicht – okay, manchmal nicht. Geht es dir nie so?“

      „Nein. Ich kaufe nur, was ich wirklich brauche. Einkaufslisten haben schon ihre Vorteile.“

      „Macht das so überhaupt noch Spaß?“ Das klang etwas abfällig, aber doch weniger maulig als sonst, fand Katrin.

      „Mir schon. Erst die gezielte Jagd nach dem idealen Teil, dann der Treffer – und schließlich die Freude, wenn es genau das ist, was in der Wohnung oder im Kleiderschrank noch gefehlt hat.“

      Tanja hatte ihre Eisportion verputzt und machte sich jetzt über Katrins Schale her. Essen und reden gleichzeitig war aber kein Problem für sie: „Ihr! Ihr könnt ja auch dauernd shoppen gehen, ihr verdient ja gut!“

      „Hast du denn gar nichts verstanden?“, entgegnete Katrin mit betonter Geduld, als sei Tanja etwas begriffsstutzig. War sie ja auch, fand sie. „Es geht doch nicht um dauerndes Shoppen – schon wieder sinnloser Konsum.“

      „Und dafür, dass du so wenig verdienst, können doch wir nichts!“, ergänzte Dani. „Wieso suchst du dir nichts Besseres?“

      „Mich will doch sonst keiner haben!“, klagte Tanja. „Die denken, ich bin dauernd krank, dabei stimmt das gar nicht.“

      „Warum sollen die das denken, wenn du gar nicht fehlst?“ Katrin verstand nicht ganz, was Tanja meinte.

      „Naja, manchmal geht´s mir schon nicht so gut, dann bleibe ich zu Hause – aber das machen die anderen doch auch! Und jemand bei einem neuen Job könnte das doch auch noch gar nicht wissen.“

      „Stimmt“, kommentierte Katrin friedlich.

      „Warum geht es dir denn nicht gut?“, erkundigte Mutti sich sofort besorgt. „Du bist doch hoffentlich nicht krank?“

      Tanja seufzte mitleiderregend. „Ach, mein Rücken… und das rechte Knie – ich weiß gar nicht, wieso eigentlich, ich mach doch gar nichts?“

      „Wahrscheinlich ist das der Grund“, rutschte es Katrin heraus, „kein Sport, aber viel Gewicht auf den Gelenken.“

      Tanja starrte sie an und ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. Glücklicherweise griff Dani ein, bevor Katrin etwas Unverzeihliches sagen konnte: „Was heulst du denn jetzt schon wieder? Was hast du erwartet, wenn du pausenlos frisst? Logischerweise ist das Übergewicht ungesund, das weißt du doch wohl selber.“

      Nun, das war garantiert genauso unverzeihlich… und jetzt zückte Dani ihr Handy und sah Tanja stirnrunzelnd an: „Wie groß bist du gleich wieder?“

      „Einssiebzig“, murmelte Tanja und zog mit einem schluchzenden Laut die Nase hoch.

      „Und hundert Kilo sind das locker, wenn nicht mehr… Hundert durch einskommasieben zum Quadrat…“

      „Was macht sie da?“, flüsterte Mutti.

      „Sie rechnet den BMI aus. Body-Mass-Index“, tuschelte Katrin zurück.

      „Vierunddreißigsechs!“ Dani sah Tanja strafend an. „Und in Wahrheit bestimmt noch mehr, sagen wir sechsunddreißig. Der gesunde Wert liegt zwischen zwanzig und vierundzwanzig, das weißt du doch wohl auch? Da brauchst du dich nicht zu wundern, wenn´s dir nicht gut geht und deine Gelenke verschleißen! In ein paar Jahren schiebst du dann mit dem Rollator rum…“

      Tanja jaulte auf.

      „Verflixt!“, brach es nun auch aus Katrin hervor, „Warum heulst du, wenn wir dir Dinge sagen, die doch selbst ganz genau weißt?“

      Prompt heulte Tanja nur noch lauter und Mutti eilte zu Hilfe. „Lasst eure kleine Schwester doch endlich in Ruhe! Sie ist eben ein bisschen voller, na wenn schon?“

      „Ein bisschen voller?“, wiederholte Katrin, von Danis eifrigem Nicken ermutigt. „Wenn sie ein Drittel abnehmen würde, wäre sie immer noch an der oberen Grenze! Gut, das wäre nicht so arg, aber dieses massive Übergewicht ist total ungesund! Willst du denn, dass sie einen Rollator braucht und irgendwann nur noch pausenlos fressend mit fünf Zentnern im Bett liegt und gepflegt werden muss, Mutti?“

      „Wie diese traurigen Gestalten auf diesem Krawallsender?“, assistierte Dani. Katrin warf ihr einen befremdeten Blick zu. „Lieber Himmel, welcher Krawallsender?“

      Dani winkte ab. „Auf jeden Fall gibt es solche Gestalten, die kriegen dann den Magen verkleinert. Und die ganze Zeit jammern die rum, wie furchtbar alles ist, dabei sind sie ja wohl selber schuld, wenn sie pausenlos futtern! Das ist doch nicht ein böses Schicksal!“

      „Ich futtere nicht pausenlos!“, empörte sich Tanja, mittlerweile hochrot im Gesicht.

      „Aber viel zu viel!“, erklärte Katrin. „Du hast mindestens die Hälfte von Reis und Klopsen gegessen und zwei gigantische Portionen Nachtisch. Merkst du eigentlich noch, wann du satt bist?“

      „Wenn es ihr doch schmeckt?“ Mutti hatte das Problem offenbar immer noch nicht erkannt.

      „Ach? Das Lob für deine Kochkunst ist dir wichtiger als die Gesundheit deiner Tochter? Und kannst du, wenn es schon überflüssigerweise Nachtisch geben muss, nicht bitte einen Teller Obst hinstellen?“

      „Obstsalat mit Eis?“, schlug Mutti vor. „Sicherlich, wenn ihr das mögt?“

      „Mutti!“, stöhnte Katrin auf. „Kein Eis - und keinen Zucker ans Obst!“

      „Aber dann schmeckt es doch gar nicht süß genug?“

      „Nur weil der Zucker unser Süßeempfinden verdorben hat“, entgegnete Katrin sofort. „Ein normaler Apfel ist als Dessert völlig hinreichend. Wenig Fruchtzucker und dafür Pektin für die Verdauung. Und er reinigt auch noch die Zähne.“

      „Praktisch“, fand Dani. „Katrin, wie groß bist du?“

      „Eins sechsundsiebzig. Und ich wiege zweiundsechzig Kilo. Dani, lass gut sein, das gibt 20. Untere Grenze. Und du?“

      Dani zog ein langes Gesicht. „Sechsundzwanzig.“

      „Alkohol hat eine ganze Menge Kalorien“, gab Katrin zu bedenken.

      „Mhm. Stimmt schon.“

      „Außerdem finde ich 26 jetzt auch nicht schlimm. Das bisschen schadet der Gesundheit nicht.“ Katrin nickte in Richtung der fast leeren Weinflasche. „Aber das schadet der Leber. Und ganz ehrlich – glücklich macht es doch auch nicht, oder?“

      Dani seufzte.

      Katrin sah unauffällig auf die Uhr. Kurz vor zehn… na endlich! „Ich fürchte, ich muss jetzt nach Hause. Morgen muss ich recht früh anfangen, ich hab da ein Projekt noch abzuschließen…“

      Das stieß nicht auf großes Interesse, aber das hatte Katrin auch nicht erwartet. Mattes Nicken genügte ja wohl!

      „Willst du nicht doch etwas mitnehmen? Servietten vielleicht? Oder schau, diese hübsche rosa Decke? Das ist Kunststoff, die muss man nur abwischen, das ist doch für eine berufstätige Frau interessant? So viel Zeit hast du ja auch nicht für deinen Haushalt, oder?“

      Männo,