Schwestern. Elisa Scheer

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Название Schwestern
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754114384



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davon, gell?“

      Warum schaute Mutti jetzt schon wieder so verkniffen? Sie hatte sich doch gar nicht kritisch geäußert?

      „Du kannst dir natürlich täglich frische Blumen leisten!“, sagte Dani in leicht anklagendem Ton, wohl um Mutti beizustehen, die immer noch schmollte.

      „Also so hatte ich es nicht gemeint. Ich mag übrigens keine frischen Blumen. Die sollen da stehen, wo sie wachsen, warum bei mir in einer Vase vergammeln, die armen Dinger?“

      „Ich würde mich schon freuen, wenn Georg mir mal wieder Blumen mitbringen würde.“

      Katrin grinste. „So wie du das formuliert hast, rechnest du aber nicht damit?“

      „Dein Jochen schenkt dir wohl dauernd was?“

      „Nein, das tut er nicht, er kennt mich ja. Keine Blumen, keinen Schnickschnack.“ Sie versuchte, sich nicht in dem völlig überladenen Wohnzimmer beziehungsreich umzusehen, aber das war mal wieder vergebliche Liebesmüh – die legten ihr doch alles als Kritik, Angeberei oder wenigstens unerbetene Ratschläge aus!

      Tanja hatte bis jetzt noch gar nichts gesagt, sich nur aus der Colaflasche stetig nachgeschenkt. Und das war Zuckerpampe, diese doofe Kuh! Ach, was ging es sie an!

      Mutti erhob sich nicht ohne Mühe und ging etwas ungleich in Richtung Esszimmer. Katrin hatte sie schon mehrfach gefragt, wie es denn mit einer Knieoperation aussah – das zahlte doch die Versicherung! Aber Mutti hatte stets mit Leidensmiene abgewehrt. Nun, wenn sie lieber Schmerzen leiden wollte…

      „Kommt essen, Kinder!“

      Dani erhob sich als erste. „Was gibt´s denn heute?“

      Katrin, die ihr gefolgt war, schnupperte. „Ich rieche Kapern. Königsberger Klopse mit Reis, würde ich vermuten.“

      „Wartet doch auf mich!“, Tanja trippelte unbeholfen hinter ihnen her. Das Esszimmer sah auf den ersten Blick aus wie immer, dunkle Möbel aus den frühen Achtzigern (Vatis Geschmack?) und diese unsäglichen Samtportieren, die Wohn- und Esszimmer voneinander trennten. Aber was war in den Kisten auf der Vitrine, auf dem Geschirrschrank und unter dem Buffet? Katrin wagte es zu fragen und hoffte, dass sie nur interessiert klang und nicht etwa kritisch.

      Mutti klapperte in der Küche herum und ignorierte die Frage, statt dessen rief sie: „Setzt euch schon mal und schenkt euch etwas zu trinken ein.“

      „Sollen wir dir nicht helfen?“, fragte Katrin.

      „Danke, ich mache das lieber selbst.“

      Als ob sie noch Teenies wären und zu allem zu dämlich! Aber bitte…

      Auf dem Tisch standen Wein, Orangensaft und Wasser; Katrin schenkte sich schnell ein halbes Glas Wasser ein, Dani wählte Wein, Tanja Orangensaft. Noch mehr Zucker?

      Wenn Mutti schon so tat, als seien sie alle noch Kinder, warum stellte sie dann nichts Gesünderes hin? Wenigstens eine Saftschorle statt dieser Zuckerbombe? Und sie könnte Dani vorschlagen, sich eine Weinschorle zu mischen…

      Mutti kam, eine Schüssel Reis in den Händen. „Tut euch schon mal auf!“ Damit ging sie wieder und holte die nächste Schüssel, tatsächlich Königsberger Klopse.

      Jetzt setzte sie sich wenigstens auch und goss sich Orangensaft ein, dann musterte sie Katrins Glas. „Keinen Saft? Das ist ein guter! Mit extra Vitamin C!“

      „Danke. Das ist lieb von dir, aber ich esse viel Obst, also bin ich mit Vitaminen gut versorgt. Orangensaft enthält mir zu viel Zucker.“

      War natürlich wieder falsch.

      „Du musst doch immer was zu meckern haben“, stellte Dani fest und strahlte Mutti an. Ach, machte sie jetzt einen auf Ich bin die gute Tochter? Na, wenn´s ihr Spaß machte…

      „Ich meckere nicht, wenn ich mich nur über mich äußere. Was ich tue, müsst ihr doch nicht nachmachen!“

      „Das sagst du jetzt bloß so“, murmelte Tanja.

      „Himmel! Was bitte könnte ich denn sagen, sodass ihr nicht einschnappt?“

      Darauf gab es natürlich keine Antwort. Mutti und Dani unterhielten sich über das beliebte Thema der hektischen Zeiten. Dazu sagte Katrin lieber nichts, denn ihr kamen die Zeiten überhaupt nicht hektisch vor, sie war aber auch gut organisiert, fand sie selbst.

      Sie aß vorsichtig ihren Teller leer, obwohl der Reis klumpig war und manche der Klopse innen etwas kalt waren – Mutti hatte also wieder ein Tiefkühlgericht aufgetaut, aber offenbar nicht lange genug. Na, was hatte sie denn auch anderes erwartet? Mutti kochte immer aus Tiefkühlschachteln. Sie selbst besorgte ja auch öfter Zeug aus der Kühltruhe, aber doch nur Obst und Gemüse, weil das länger hielt, nicht Zeug mit fertigen Soßen voller billigem Fett und diversen Zusatzstoffen! Dani machte es offensichtlich genauso wie Mutti, jedenfalls hatte sie Valli und Joschi schon öfter meckern gehört. Andererseits waren die doch wohl alt genug, sich selbst einen Salat zu machen oder sonst etwas Vernünftiges? Sie stocherte in den Resten herum – waren die Klopse innen eigentlich durch? Wurden die vor dem Einfrieren überhaupt vorgekocht oder holte sie sich hier womöglich eine Lebensmittelvergiftung?

      Wahrscheinlich schon vorgekocht, überlegte sie, die mussten in der Fabrik ja auch irgendwie - aus billigsten Zutaten – die Sauce fabrizieren. Ohne Kochen war das kaum möglich…

      Auch Dani aß etwas vorsichtig, sah sie aus dem Augenwinkel, den Kopf geradeaus auf ihren eigenen Teller gerichtet, damit nicht wieder eine blaffte Was schaust du schon wieder so? Allmählich bekam man hier wirklich Verfolgungswahn!

      Auf keinen Fall aber Tanja anschauen, die schaffte es womöglich, loszuzetern und gleichzeitig weiterzuessen.

      Der mollige Arm, den sie schon wieder nach der Schüssel mit dem klumpigen Reis ausstreckte, war aber auch ohne Kopfbewegung festzustellen.

      „Tanja, frisst du das alles alleine auf?“, platzte Dani in diesem Moment heraus. Katrin unterdrückte etwas zu spät ein Prusten, tarnte es mit einem Husten und behauptete dann, ihr sei eine Kaper in die falsche Kehle geraten. Mutti sah leidend drein, als habe man ihr die Schuld zugewiesen, und wandte sich dann an Dani: „ Lass sie doch, ihr schmeckt es eben!“

      „Sieht man ihr auch an“, murmelte Dani und rührte in ihren Resten herum, bevor sie den Teller wegschob. „Ich kann nicht mehr.“

      Katrin war mittlerweile mit ihrer kleineren Portion fertig und legte ihr Besteck auch ordentlich ab, fromm schweigend, während Dani ihren Gedankengang weiterspann: „Tanja, mittlerweile bist du wirklich ganz schön – äh – dick. Bist du damit wirklich zufrieden?“

      Tanja hielt inne, die Gabel mit Reis und einem ganzen Klops halb erhoben, während ihr die Tränen in die Augen traten; dann schob sie sich die Gabel hastig in den Mund.

      „Jetzt lass deine Schwester in Ruhe, du machst sie nur traurig!“

      Katrin wollte ablenken, bevor sich diese beiden in die Haare kriegten und dann so ausführlich beleidigt waren, dass man es nicht aushalten konnte. Ihr Blick fiel auf die Kartons auf den Schränken und unter der Anrichte und sie fragte nun doch noch einmal: „Mutti, was ist eigentlich in den Kartons?“

      Mutti war sofort abgelenkt und Dani zog ein Gesicht, aber man merkte, dass sie die Frage auch interessierte.

      Tanja nicht, die aß weiter. Jetzt hatte sie tatsächlich die Reste aus der Klopse-mit-Sauce-Schüssel auf ihren Teller geleert und noch Reis darauf gehäuft!

      „Ach, es sammelt sich eben immer so viel an, das kennt ihr doch auch?“

      Dani stimmte eifrig zu, Katrin nickte heuchlerisch. „Du meinst, Geschirr und solche Sachen?“

      „Genau, auch Tischwäsche und so etwas… wollt ihr davon nicht etwas haben?“

      Hm. Dani war sofort positiv gestimmt, Tanja