Название | Homo sapiens movere ~ gebrochen |
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Автор произведения | R. R. Alval |
Жанр | Языкознание |
Серия | gebrochen |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738005448 |
Vielleicht, weil das Jahr vor meinem Unfall recht turbulent gewesen war.
Vielleicht, weil ich viel zu viel mit Alan herum gehangen hatte.
Außerdem hatten Freunde in meiner Gegenwart in letzter Zeit die Tendenz zu sterben. Und um die ganze Sache noch ein wenig zu toppen, war ich die vergangenen Monate nicht … äh … abkömmlich gewesen.
Und jetzt ein gemeinsamer Frauenabend.
Im Cluchant.
Ein Club, in dem man viel nackte Haut zu sehen bekam. Sowohl von Männern als auch von Frauen. Wow! So aufgeregt war ich wahrscheinlich das letzte Mal bei meiner allerersten Verabredung gewesen. Nein, halt: Bei meiner Entjungferung. Mein Herz flatterte unruhig und mein Magen veranstaltete eigenartige Kapriolen. Meine Hände waren feucht. Egal wie oft ich sie auch an meinen Jeans abwischte. Noch ein wenig mehr von dieser hibbeligen Nervosität und ich würde den ganzen Abend auf der Toilette verbringen. Während ich die Tür hypnotisierte und auf das erlösende Klingeln wartete, rasten mir unzählige Gedanken durch den Kopf. Die lösten sich alle in Luft auf, als endlich die Türglocke schellte. Über die Gegensprechanlage vergewisserte ich mich, dass es die beiden waren, überprüfte ein letztes Mal mein Aussehen im Spiegel, schnappte mir Schlüssel und Bargeld, schloss hinter mir die Tür, stopfte alles in meine Jeans und stieg in den Aufzug.
Die Begrüßung der beiden war herzlich. Beinah so, als hätten wir uns nie aus den Augen verloren. Dass Claudia sich angeboten hatte zu fahren, obwohl wir uns auch ein Taxi hätten bestellen können, zeigte mir, dass sie nach wie vor kein Anhänger des Alkohols war. Gut, dann blieb mehr für mich und Trudi.
Keine halbe Stunde später saßen wir im Cluchant. Relaxt. Angeregt plaudernd. Mit frischen, farblich sehr interessanten, leckeren Getränken vor uns und einem Dauergrinsen im Gesicht. Einem echten. Keinem erzwungenen. Sich Geschichten von früher zu erzählen war durchaus amüsant. Meine Mutter hatte mal behauptet, sobald man anfing, von früher zu reden, würde man alt.
Na ja, jeder wurde das irgendwann.
Claudia hatte sich in der Zeit, in der ich sie nicht gesehen hatte, kaum verändert. Sie war ein wenig fülliger geworden, aber es stand ihr hervorragend. Trudi hingegen hätte ich auf der Straße vermutlich nicht erkannt. Sie hatte mehr als 20 Kilo abgenommen. Ihre einst kurzen schwarzen Haare reichten ihr inzwischen bis zu den Schultern und waren nun blond. Genau wie ich trugen die beiden Jeans und Top; jeweils in einer anderen Farbe. Meins war pink, das von Claudia blau und Trudis knallrot. Claudia war seit Jahren verheiratet und hatte zwei Kinder. Trudi war Single.
Wie ich…
Beide übten einen normalen Beruf aus. Ich glaubte nicht, dass sie ahnten, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiente. Früher hatten wir zusammen die Schule unsicher gemacht. Jetzt waren wir alle drei in dem Alter, in dem wir über unsere Eskapaden von früher entweder lachten oder dunkelrot vor Scham anliefen. Dass sowohl Trudi als auch Claudia keine movere waren, hatte mich nie gestört. Umgekehrt war es dasselbe. Natürlich fragte Trudi mich über Alan aus und ob die Möglichkeit bestünde, trotzdem noch ein Autogramm von ihm zu bekommen. Ich versuchte wirklich, wirklich nett zu sein. Nur das Beste von ihm zu erzählen, aber das erwies sich als schwierig.
Nach einer Weile stellte ich allerdings fest, dass ich auch erzählen könnte, dass Alan schnarchte, seine Unterhosen nur einmal im Monat wechselte und keinerlei Tischmanieren besäße. Trudi würde trotzdem niemals, nie, nicht aufhören ihn als Gott anzuhimmeln. Meinetwegen. Ich konnte es ihr schlecht verübeln. Als sie jedoch fragte, wie er im Bett sei, hätte ich mich fast an meinem exotischen Mixgetränk verschluckt.
„Man Trudi, nun lass Sam doch mal in Ruhe. Immerhin hat er sich von ihr getrennt. Wir fragen dich auch nicht danach aus, wie dein Ex im Bett war. Obwohl ich mir das lebhaft vorstellen kann.“, kicherte Claudia und rettete mich damit vor einer Offenbarung Alans gottähnlicher Fähigkeiten auf diesem Gebiet. Trudi würde sonst tatsächlich anfangen einen Altar für ihn einzurichten, für ihn zu beten und Opfergaben zu entrichten.
Falls sie das nicht ohnehin schon machte.
Sie entschuldigte sich leicht errötend, und ich war froh, dass Claudia das Gesprächsthema auf etwas anderes richtete. Natürlich auf einen Mann. Aber auf einen, der eben halbnackt vor unserem Tisch tanzte. Ein leckerer Kerl, aber nicht meine Kragenweite. Claudias schon. „Ähm, Süße? Du bist glücklich verheiratet!“, wurde sie von Trudi erinnert, was der einen bösen Blick einbrachte. „Und? Schauen wird ja wohl erlaubt sein.“
„So wie du guckst, willst du nicht nur schauen. Ich kann ganz deutlich sehen, wie du dich aus deinen Jeans pellst, ihm das Stückchen Stoff vom Leib reißt, deinen Slip auf den Boden wirfst und ihn anspringst.“ Claudia seufzte ausatmend. „Ja, da könnte was dran sein. Zu schade, dass ich viel zu feige bin. Aber du hast Recht, ich bin glücklich verheiratet. Das wird mein neuer Slogan. Ich sollte mir die Augen verbinden, wenn solche Sahnestückchen vor meinen Augen mit dem Hintern wackeln. Und ich sollte meinem Mann dazu animieren, für mich genauso aufreizend zu tanzen.“ Claudia seufzte. „Nein, eher nicht. Zumindest nicht so! Jean hat absolut kein Rhythmusgefühl. Beim Tanzen.“ Trudi zwinkerte mir amüsiert zu, als wir sahen, wie Claudia dezent errötete. „Uh…, na das ist aber auch eine Sahneschnitte!“, schnalzte Trudi eben neben mir, als ich just in dem Moment Roman unter den Anwesenden erblickte.
Ernüchtert sackte ich tiefer in meinen Sitz; in der Hoffnung, dass er mich übersah.
Dumm, dass Trudi ausgerechnet ihn ins Auge fasste und wie eine Geisteskranke auf sich aufmerksam machte. „Geht es noch auffälliger?“, zischte ich erschüttert, als sie wie eine professionelle Verführerin ihre Oberweite umfasste und quer durch den Club brüllte, ob er die nicht mal auf ihre Echtheit testen wolle. Ich erwartete schon, dass sie sich das Top vom Leib riss.
Das blieb Gott sei Dank aus.
„Trudi live. In Farbe. Und Ton.“, erläuterte Claudia die Szene, die ich ehrlich gesagt von Trudi nie und nimmer erwartet hatte. „Wann ist das denn passiert?“ Trudi war doch immer die Zurückhaltende von uns gewesen. „Nach Mark. Der hat ihr wegen eines zwanzigjährigen Betthäschens den Laufpass gegeben und ihr erklärt, sie sei zu verklemmt. Tja, irgendwie hat das wohl … na, du siehst ja, was es angestellt hat.“ Ja, das sah ich. Gerade eben hatte sich Trudi aufgemacht, um sich Roman an den Hals zu werfen. „Weiß sie, was er ist?“ Claudia zuckte mit den Schultern. „Möglicherweise. Aber er heißt nicht Alan. Willst du sie aufklären?“ Ich war mir nicht sicher, ob ich mich einmischen sollte. Aber verdammt, der Typ war Roman! Nur zu deutlich konnte ich mich an Alans Worte erinnern, dass der ein ziemlicher Sadist war, was sexuelle Begierde anging und manchmal auch über sein Ziel hinausschoss.
Leider endete das unweigerlich mit dem Tod seiner Bettgefährtin.
Sofern er dafür überhaupt ein Bett brauchte. Die meisten Vampire trennten Blut und Sex gern voneinander. Aber ich war mir nicht sicher, ob Roman zu dieser Sorte gehörte.
Das war nicht der einzige Grund, aus dem mein Herz aufgeregt wummerte. Schließlich hatte er einmal Jagd auf mich gemacht. Darum wollte ich ihn auch ungern auf mich aufmerksam machen. Ich fluchte stöhnend, was Claudia argwöhnisch kommentierte, indem sie mich darauf hinwies, dass er auch nur ein Mann sei. „Er ist verdammt nochmal ein Vampir! Weiß Trudi wenigstens, worauf sie sich einlässt?“ Claudia rollte mit den Augen und erklärte mir, dass Trudi alt genug sei allein ihre Entscheidungen zu treffen. „Ja, das ist sie. Es ist nur so, ich kenne diesen Typen, und er ist alles andere als ein sanfter Liebhaber.“ Das musste anders rüber gekommen sein, als ich es meinte.
Prompt verschluckte sie sich an ihrem Eistee.
„Du hattest mit ihm Sex?“ Oh Gott, ging es noch lauter? „Nein, um Himmels Willen! Aber er ist Alans Kumpel und na ja… ich habe das ein oder andere über ihn gehört. Das ist nicht sonderlich Vertrauen erweckend.“ Sie hustete noch ein paar Mal, nahm ihr Glas erneut in die Hand und trank einen winzigen Schluck. „Du meinst, er beißt?“
Nein.
Vampire sangen Chansons, während sie einem die Kopfhaut massierten.