Название | Homo sapiens movere ~ gebrochen |
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Автор произведения | R. R. Alval |
Жанр | Языкознание |
Серия | gebrochen |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738005448 |
Man wird doch wohl noch träumen dürfen!
Nach wenigen Stunden lief mir der Schweiß in Strömen den Rücken hinunter. Ich keuchte vor Anstrengung. Roman hatte die Spielregeln ein klein wenig geändert, so dass er nicht mehr reglos verharrte, sondern sich entgegen jeglicher Abmachung bewegte. Auch wenn sein Tempo an das eines Menschen angepasst war, war diese Herausforderung zuviel für mich. Ich verfehlte ihn immer wieder um mindestens eine Million Kilometer. Seine Anweisung, vorausschauend zu denken, half mir nicht weiter.
Ich war kein Hellseher!
Wenn ich dachte, er bewegte sich nach links, ging er nach rechts. Vermutete ich die andere Richtung, wich er wiederum in die entgegengesetzte aus. Es war zum Verzweifeln! „Sam, du solltest dich wirklich ein wenig mehr anstrengen. Noch bewege ich mich nicht annähernd schnell genug, als dass du schon aufgeben solltest. Gib dir mehr Mühe.“ Meine gedanklichen Verwünschungen hatte er, so wie er mich ansah, ganz sicher gehört. „Wenn du noch einmal in meiner Gegenwart fluchst, zeige ich dir, wozu ich fähig bin. Überlege dir das lieber zweimal, kleine Sam.“ Unbewusst zuckte ich zusammen. Kleine Sam. So hatte er mich genannt, als er… na ja, als er mich hatte tot sehen wollen. Er drohte mir also.
Dadurch fühlte ich mich auch nicht motivierter.
Eher verängstigt. Wieder mal. Denn ich wusste bereits, wozu er fähig war. Als ob ich das je vergessen könnte! Zwar hatten die Ker-Lon irgendetwas mit uns angestellt, so dass ich Roman nicht nachtrug, dass er in – sagen wir – einem Anfall von geistiger Umnachtung gehandelt und unzählige Leute auf dem Gewissen hatte, dennoch konnte ich es nicht vergessen. „Dann hör auf meine Gedanken zu lesen.“ Verflucht nochmal! „Das ist nicht möglich. Deine Gedanken sind viel zu laut und viel zu zielgerichtet, als dass ich sie ignorieren könnte.“, erwiderte er derart eisig, dass es mir kalt den Rücken hinunter lief. Vermutlich konnte ich auch deshalb nicht vorausschauend agieren, weil er genau wusste, was ich dachte und sich dann prompt für die entgegengesetzte Richtung entschied. Auf Deutsch: Er schummelte.
Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, meinen bissigen, gedachten Kommentaren durch geballte Energie Ausdruck zu verleihen. Aber ich schaffte es kein einziges Mal, Roman auch nur ein Haar zu versengen. Meine Energie kam nicht einmal in seine Nähe. Noch nicht mal die Vorstellung, dass ich auf Alan zielte, half mir bei meinen kläglichen Versuchen.
Am Abend fühlte ich mich wie ein jämmerliches, klägliches Häufchen Elend.
Auch wenn ich das Roman gegenüber nicht erwähnte, war ich mir sicher, dass er sich meiner Frustration bewusst war. Nach meinem Aufenthalt in Spline nahm er mich wortlos in die Arme und teleportierte mich heim, wo er mich mit den Worten ‚Versuche deine Konzentration in den Griff zu bekommen‘ verließ. Die Frage war: Hatten meine gescheiterten Versuche wirklich etwas mit meiner Konzentration zu tun oder hatte ich es einfach nicht mehr im Griff, wohin sich meine Energie ausbreitete? Wie sollte ich mich auf ein Ziel konzentrieren, welches sich bewegte? Es wäre einfacher, würde meine Energie sich bewusst dahin bewegen, wo sie gebraucht wurde.
Blöderweise tat sie das nicht.
Fluchend schälte ich mich aus meinen Klamotten, stieg in eine heiße Wanne, weichte mich solange ein, bis meine Finger und Fußzehen komplett verschrumpelt waren, trocknete mich vor mich hin murmelnd ab, aß rasch etwas zum Abendbrot, sah ein wenig fern und fiel schließlich todmüde und desillusioniert ins Bett. Ich war nicht mehr annähernd so gut in Form wie vor meinem Unfall. Das war eine Tatsache, der ich ins Auge sehen musste. Aber war es auch eine Tatsache, die sich durch Übung wieder wettmachen ließ?
Ich vertraute darauf, dass Steward mit seiner Strategie richtig lag. Vielleicht sollte ich anfangen die ganze Sache nicht nur als hartes Training anzusehen, sondern das Unvermeidliche als Ansporn nehmen. Irgendwann würde Alans Rudel nämlich wieder Maßnahmen ergreifen, um mein Ableben zu beschleunigen. Auch wenn die sich vorübergehend zurückhielten. Hätte ich bis dahin meine Kräfte nicht im Griff, konnte das verflucht brenzlig werden. Und das war keine Anspielung auf meine zurzeit eher verkümmerten Fähigkeiten!
Die nächsten Tage ließ Roman mich lediglich an meiner Verteidigung arbeiten. Dass er dabei nicht anwesend sein musste, hatte einen großen Vorteil für mich. Ich konnte nämlich immer wieder mal probieren, ob ich nicht doch an meiner Treffsicherheit feilen könnte, ohne dass ich dabei einen Zuschauer hatte. Doch egal welchen Punkt ich in der Halle auch anvisierte, ich zielte meilenweit daneben.
Vielleicht war mein innerer Kompass im Eimer?
Ein Ziel derart weitläufig zu verfehlen, war nämlich für meine Begriffe schlichtweg unmöglich. Es war fast so, als ob man nach links abbiegen wollte, einen die Beine aber nach rechts trugen. Warum klappte dann aber meine Hand-Fuß-Koordination? Ich verstand es nicht.
Während ich trainierte und wegen meines Versagens kurz vor der Kapitulation stand, schweiften meine Gedanken zu den verschwundenen Personen ab, deren Anzahl von Tag zu Tag stieg. Ob ich Roman oder Steward darauf ansprechen sollte? Schließlich war ich mir sicher, eine dieser Entführungen beobachtet zu haben. Nun ... sonderlich viel hatte ich nicht gesehen. Aber genau das konnte schließlich ein Hinweis sein.
Oder nicht?
Eine kurze Pause einlegend, leerte ich meine Flasche und verschlang drei mitgebrachte Brötchen, die meinen Hunger nur wenig entgegenzusetzen hatten. Die nächsten Tage sollte ich Roman vielleicht einfach bitten meinen Kühlschrank herzubringen. Mein Magen knurrte immer noch das Klagelied der Heiligen Johanna, als ich schon längst wieder trainierte und Roman sich zu mir gesellte.
Eine weitere Woche verging, und ich näherte mich meinem absoluten Tiefpunkt, obwohl ich wenigstens hin und wieder einen Treffer verzeichnete. Dass ich nicht in Topform war, konnte ich nicht leugnen. Es von Roman jeden Tag auf die Nase gebunden zu bekommen, machte die Situation für mich nicht einfacher. Sein letzter Kommentar brachte das Fass endgültig zum Überlaufen. Wütend schleuderte ich ihm nicht nur einen oder zwei Sätze entgegen, die wenig schmeichelhaft waren, sondern auch einen derart von Wut und Rage beeinflussten Energieblitz, dass Roman mehrere Meter durch die Luft flog und benommen auf seinem Allerwertesten landete. Mir war klar, dass ich ihn nicht außer Gefecht gesetzt hatte.
Aber mir ging es verdammt nochmal besser.
Schnurstracks ging ich auf den Ausgang zu, stemmte mich gegen dessen Eisentür und trat ins Freie. Nur um mit ungläubigem Erstaunen festzustellen, dass sich der riesige Übungsplatz der Pir als Schuppen tarnte, der höchsten vier Quadratmeter groß war und sich in unmittelbarer Nähe von Alans Anwesen befand.
Fast hätte ich hysterisch gelacht.
Ob der allmächtige, allwissende und von sich überzeugte Alan wusste, dass die Pir seine Nachbarn waren? Vermutlich nicht.
Vor mich hin schimpfend stapfte ich drauf los Richtung Stadt. Immer am äußersten Rand der Straße, damit möglicherweise vorbeifahrende Autos mich nicht umfuhren. Sofern sie das Navigationsleitsystem der Straße nutzten. Was die meisten taten. Allmählich lief ich schneller, bis ich schlussendlich rannte. Weil ich auf keinem Fall einem aus Alans Rudel begegnen wollte. Außerdem trug ich wie immer keine Jacke und es war doch ziemlich kalt.
Äh…, eigentlich sogar saukalt.
Besonders in Anbetracht des Umstandes, dass ich während des Trainings wie immer geschwitzt hatte. Wenigstens waren die Straßen schnee- und eisfrei, auch wenn der Rest der Landschaft noch immer in pudriges Weiß gehüllt war. Es hätte wahrscheinlich prima zu meiner miesen Stimmung gepasst, wenn es mich der Länge nach hingeschmissen