Название | Literarische Mehrsprachigkeit im österreichischen und slowenischen Kontext |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772000973 |
Verlage
Die überregional sichtbarsten zweisprachigen Verlage in Kärnten, Drava, Mohorjeva/Hermagoras und Wieser, stellen seit Längerem auch attraktive Publikationsorte für deutschsprachige Autor_innen dar und sind heute (bei allen gegebenenfalls bestehenden juristischen Verflechtungen mit Minderheitenorganisationen) nicht mehr in erster Linie als Minderheitenverlage anzusehen.Leben, Andreas1 Sowohl Drava als auch der 1987 gegründete Wieser Verlag erwarben sich internationales Renommee gerade auch mit der systematischen Übersetzung slowenischer Literatur ins Deutsche2 und gingen mit ihren interkulturellen Programmen bald über den regionalen Rahmen hinaus. Über eine starke deutschsprachige Verlagsschiene mit einem relativ hohen Anteil an genuin deutschsprachiger Literatur verfügt auch der katholische Hermagoras Verlag/Mohorjeva, der von allen genannten noch am meisten in slowenischer Sprache produziert und damit am ehesten dem „Muttersprachendiskurs“ (Dembeck/Parr 2017: 54) verbunden erscheint, sich jüngst aber auch für experimentelle Literatur geöffnet hat. Im Windschatten der zweisprachigen Verlage agierte 1999–2016 der Klagenfurter Kitab Verlag als interkultureller Verlag mit einem starken Akzent auf slowenisch-deutschen Wechselbeziehungen in Kärnten. 2010 kam mit der Reihe Edition Meerauge des Verlags Heyn ein weiterer Klagenfurter Verlag hinzu, der sich ausdrücklich der literarischen Zweisprachigkeit in Kärnten annimmt und damit das Angebot an mehrsprachiger Literatur erweitert. Gerade eine Reihe wie die Edition Meerauge zeigt, dass die oben angedeutete Kompartimentierung der Kärntner literarischen Öffentlichkeit, die lange Zeit eine mehr oder weniger rigorose Abgrenzung zwischen den Strukturen der Mehrheit und der Minderheit bedeutete, ihre Gültigkeit verloren hat. Vielmehr ist Zweisprachigkeit auch in deutschsprachigen Verlagsprogrammen manifest.
Wissenschaftsinstitutionen, Kulturinitiativen, Vereine
Die regionalen Verlage nehmen Anteil an interinstitutionell vermittelten Kontakten auf regionaler wie überregionaler Ebene. Kooperationen sehen wir beispielsweise mit Verbänden (z.B. des Hermagoras-Verlags mit dem Kärntner Schriftstellerverband), Kulturinitiativen (z.B. des Drava Verlags mit dem Verein UNIKUM) oder auch mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (z.B. des Wieser Verlags mit dem ORF). Viele produktive Kontakte kamen über Einrichtungen an der Universität Klagenfurt oder andere Wissenschaftsinstitutionen zustande und etablierten die zweisprachigen Verlage gewissermaßen auch als Fachbuchverlage. Bei Mohorjeva und Drava etwa sind eine Vielzahl von Monographien und Sammelbänden aus dem Bereich der Regional- und Sozialgeschichte der Kärntner Slowen_innen sowie der Literaturwissenschaft erschienen (z.T. in Übersetzung). Von großer Bedeutung war die wissenschaftliche Reihe Disertacije in razprave/Dissertationen und Abhandlungen, die 1979–1999 bei Drava erschien. Die 44 Bände umfassende Reihe wurde vom Slovenski znanstveni inštitut/Slowenischen wissenschaftlichen Institut (SZI) in Klagenfurt betreut und verankerte regionalspezifische zeithistorische, soziologische und sprachpolitische Themen im überregionalen Diskursfeld. Die Zusammenarbeit mit Wissenschaftsinstitutionen (z.B. SZI, Universität Klagenfurt) spielte auch bei der programmatischen Herausgabe von Erinnerungsliteratur von Kärntner Slowen_innen (in Original und Übersetzung) eine Rolle.
Auch das Universitätskulturzentrum Unikum/Kulturni center Univerze v Celovcu publizierte in erster Linie beim Drava Verlag.1 Zum Teil mehrere Auflagen erlebten die regionalen Wanderbücher von Wilhelm Berger und Gerhard PilgramPilgram, Gerhard, die mit programmatischen Titeln wie Kärnten unten durch (1998, 32001), Slowenien entgegen (2004), Die letzten Täler. Wandern und Einkehren in Friaul (2008) oder Tiefer gehen. Wandern und Einkehren im Karst und an der Küste (2011, 32013) auch den transnationalen Raum abstecken, in dem UNIKUM seine Kunstprojekte durchführt.Haderlap, MajaMischkulnig, LydiaPickl, Dietmar2 Ein interessantes literarisches UNIKUM-Projekt ist auch die bei Drava erschienene zweisprachige Anthologie nove večernice. Geschichten aus Kärnten/Koroška, 2005 herausgegeben von Emil KrištofKrištof, Emil, Doris MoserMoser, Doris und Helga RabensteinRabenstein, Helga, die spielerisch das historische Genre der „Večernica“ (der für die Publikationen der Mohorjeva typischen moralisch-belehrenden Erzählung) in den Buchtitel setzt.Ferk, JankoHaderlap, MajaHafner, FabjanKokot, AndrejMischkulnig, LydiaOswald, JaniSoria, CorinnaTruschner, PeterSrienc, Dominik3
Auf die Zusammenarbeit mit den zweisprachigen Verlagen setzte auch das Robert-Musil-Institut für Literaturforschung/Kärntner Literaturarchiv. Insbesondere bei Drava erschienen: Editionen (Robert Musil: Klagenfurter Ausgabe, DVD mit Begleitheft, 2009), Sammelbände (Krieg, Widerstand, Befreiung, 2013), Lesebücher (Werner KoflerKofler, Gerhard: In meinem Gefängnis bin ich selbst der Direktor, 2009), Anthologien (Kärnten literarisch, 2002); bei Wieser der Text- und Materialienband LipušLipuš, Florjan lesen (2000). Als Literaturhaus, Archiv und Forschungsstelle ist das Musil-Institut von Anfang an der Erschließung und Erforschung von Quellen zur Literatur- und Kulturgeschichte Kärntens und des Alpen-Adria-Raums verpflichtet.4 Mit Fabjan HafnerHafner, Fabjan (1998–2016) und Dominik SriencSrienc, Dominik (ab 2016) zählt das Institut praktisch seit seiner Gründung auch stets einen Kärntner Slowenen zu seinen Mitarbeitern. Am Musilhaus fand von 1998 bis 2016 die Verleihung der Österreichischen Staatspreise für literarische Übersetzer im Rahmen der Tage der deutschsprachigen Literatur statt.
Literaturwettbewerbe und Preise
Auch bei der Vergabe des Bachmann-Preises ist in den letzten drei Jahrzehnten eine transkulturelle Öffnung festzustellen.Özdamar, Emine SevgiZaimoglu, FeridunStanišić, Saša1 Mit der Zuerkennung des Preises an Maja HaderlapHaderlap, Maja für ihren auf Deutsch geschriebenen Roman Engel des Vergessens (2011) richtete sich die internationale Aufmerksamkeit auf Themen, die die halbvergangene Geschichte und Lebenswelt der slowenischen Volksgruppe in Kärnten betreffen. 2018 wurde mit Florjan LipušLipuš, Florjan ein ausschließlich auf Slowenisch schreibender Kärntner Autor mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur gewürdigt. Der in Kooperation des Literarischen Colloquiums Berlin, des Goethe-Instituts in Ljubljana und des Musil-Instituts in Klagenfurt gestiftete und 2017 erstmals vergebene Fabjan-Hafner-Preis für literarische Übersetzer ist als Beispiel für eine überregionale interinstitutionelle Zusammenarbeit besonders hervorzuheben.
Auf regionaler Ebene haben sich zweisprachige Literaturwettbewerbe etabliert, so der Kärntner Lyrikpreis der Stadtwerke Klagenfurt, der Bleiburger Literaturwettbewerb Koroška v besedi – Kärnten wortwörtlich, der auch überregional ausstrahlt, oder der 2011–2014 ausgerichtete Literaturwettbewerb der Klagenfurter Gruppe. Der Villacher Literaturpreis richtet sich zwar an deutschsprachige Autor_innen, zwei der Initiatoren des ausrichtenden Vereins Wort-Werk, Simone SchönettSchönett, Simone und Harald SchwingerSchwinger, Harald, sind jedoch im zweisprachigen Feld verankert.Schönett, SimoneVennemann, Kevin2
Schließlich können auch Schriftstellerresidenzen zum Aufbau produktiver Kontakte im zweisprachigen Bereich führen, so bei Karsten KrampitzKrampitz, Karsten und Peter WawerzinekWawerzinek, Peter, die 2010 bzw. 2011 (als Gewinner des Publikumspreises beim Bachmann-Wettbewerb) in der Landeshauptstadt als Stadtschreiber residierten und sich mit dem literarischen Briefwechsel Crashkurs Klagenfurt (Heyn 2012) für ihren Aufenthalt revanchierten. Wawerzinek sollte drei Jahre später in seiner Klagenfurter Rede zur Literatur (Heyn 2015) seine besondere Beziehung zu Österreich als literarischem „Geburtshelfer“ erläutern. KrampitzKrampitz, Karsten, der während seines Aufenthalts u.a. das Gästebuch zur Jörg-HaiderHaider, Jörg-Ausstellung im Bergbaumuseum Klagenfurt rezensierte und 2011 auf einem Kneipenabend der Emanzipatorischen Linken in Berlin aus Jörg HaidersHaider, Jörg Stasi-Akte las, war zuletzt Herausgeber der Anthologie Drei Wege zum See oder Eine andere Stadt (Drava 2018), die auch slowenische Texte enthält.
Theater