Die meist knappen Texte des mehrfach ausgezeichneten Karlsruher Schriftstellers Matthias Kehle
Dem Thema Wein lassen sich immer wieder neue Facetten abgewinnen. In diesem Werk erlebt der Leser eine Fahrt ins Blaue zwischen Vollernter und Leergut, zwischen Schöngeist und Flaschengeist, kurz: Alles über www – Weinherrlichkeit, Weinehrlichkeit und Weinerlichkeit. Den Schwerpunkt setzt der Autor bei den Weinanbaugebieten von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und der Schweiz, aber selbstverständlich unternimmt er Streifzüge in benachbarte alkoholische Regionen. Nebenbei leuchtet er das Verhältnis zwischen Alkohol, Politik und Kirche neu aus und geißelt die Globalisierung. Gedankenbeschwipst amüsiert, genießt der Besucher ein Buch zum Wohlsein – spritzig und trocken zugleich.
Das gemeinsame Familienessen verläuft fast ohne Zwischenfall. Der Sohn tischt Köstlichkeiten aus Damaskus auf. Die Enkelkinder spielen ebenso friedlich wie der See den Eltern und Großeltern einmal mehr zu Füßen liegt. Das Idyll am Lac Léman ist nahezu perfekt, als die Tochter beim Abräumen des Tisches wieder das Zittern der linken Hand ihres Vaters bemerkt. «Was ist eigentlich los mit dir?» Dem passionierten Ausdauersportler war bereits seit einiger Zeit sein unsicherer Tritt aufgefallen. Diagnose: Morbus Parkinson. 100 tagebuchartige Skizzen hat Eberhard Raetz zu einer ungewöhnlichen Erzählung verwoben. Mit seinen Paper cuts und literarischen Exkursionen inszeniert er kein Lamento über eine Krankheit, sondern legt einfühlsame Momentaufnahmen und Erinnerungen seines Protagonisten vor.
"Du kannst nicht ein Haus lieben, das ohne Gesicht ist und in dem deine Schritte keinen Sinn haben." Doris Lott greift diesen Gedanken von Antoine de Saint-Exupéry auf und stellt in 19 ganz persönlichen Geschichten Karlsruher Häuser, ihre Bewohner und ihre Schicksale vor, um ihnen ein Denkmal zu setzen.
Zum Zeitvertreib gibt Michelle einen kurzen Text in eine Website ein. Was als Scherz gedacht war, wird ihr zum Verhängnis: Irgendjemand nimmt ihr den Eintrag übel. Ist es nur ein Verrückter oder hat sie sich unbeabsichtigt mit einer anonymen Macht angelegt, die befürchtet, entdeckt zu werden und vor nichts zurückschreckt? Bald darauf lernt sie Mike kennen und verliebt sich in ihn. Kann sie ihm vertrauen? Am Ende muss sie um ihr Leben kämpfen. Ein Tauchgang in die Abgründe des Internets und der menschlichen Seele.
In diesem ersten Band ihrer erfolgreichen Roman-Serie verarbeitet die Mannheimer Autorin Nora Noé die biografischen Erinnerungen ihrer Mutter und die ihrer eigenen Kindheit zu einem ergreifenden Stück Zeitgeschichte. Vor dem Hintergrund regionaler, deutscher und weltpolitischer Ereignisse der Jahre 1900 bis 1942 erzählt sie aus dem Leben der Legrands, die über vier Generationen im Jungbusch wohnen, dem Arbeiterviertel am Mannheimer Hafen mit seiner wechselhaften Geschichte. Noé erzählt mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Lokalkolorit von Amelie und Carlo, von Marlene und Alfred. Sie lässt längst vergangene Zeiten lebendig werden, deren Spuren sich bis heute im Jungbusch entdecken lassen. Die Ereignisse und Augenblicke, die sie in ihrer Familien- und Liebesgeschichte einfängt, die bewegenden Schicksale, die sie schildert, sind geprägt von dem Bewusstsein, dass unsere Lebenslinien meistens unseren Wurzeln folgen.
Dieser Roman schildert die geheimnisvolle Verbindung zwischen der expressionistischen Malerin Sidonie Bächler und dem Wunderkind Lude Frey. Die Künstlerin fällt durch ihren Lebenswandel den Nationalsozialisten auf und wird mit einer bewusst falschen Diagnose in eine «Heil- und Pflegeanstalt» eingewiesen, wo sie der Euthanasieaktion des Regimes zum Opfer fällt. Jahrzehnte später wird Frey, ein malendes Genie, psychisch krank. Er wird nach «Schloss Fürstenau» verbracht, eine ebensolche Einrichtung, in der einst das industrielle Töten von Menschen begonnen hatte. Seit Langem schon empfindet er die halb vergessene Sidonie Bächler als seine legitime Schwester. Christoph Lippelt verbindet die Lebenswege zweier gefährdeter Extremcharaktere in verschiedenen Zeiten und politischen Systemen. Aber er zeigt auch besonders jene Menschen, die sich mit all ihrer Kraft gegen die inneren und äußeren Katastrophen ihrer Zeit anstemmen.
Mit den Augen und Ohren des Kindes erspürt der Autor die 40er Jahre. Die Karlsruher Bunsenstraße und ihre Bewohner stehen beispielhaft für die Schicksale in vielen deutschen Straßen jener Zeit. In 16 Kapiteln durchlebt der Verfasser seine Erinnerungen, die inmitten von Trümmern und Abgründen geprägt sind von Einfallsreichtum, existentieller Heiterkeit, jugendlicher Neugier und dem ihr innewohnenden ansteckenden Optimismus.
Dietmar Schmeiser, promovierter Psychoanalytiker, legt mit diesem autobiografischen Buch seine erste belletristische Veröffentlichung vor, zu dem der ehemalige Oberbürgermeister von Karlsruhe, Prof. Dr. Gerhard Seiler, ein Vorwort geschrieben hat. Zusammen mit dem Autor ist er in der Bunsenstraße aufgewachsen.
Die Feierlichkeiten zum 300. Stadtgeburtstag sind beendet, die letzten Reste der Party beseitigt. Zeit also, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Andreas Schulz hat das Jubiläumsjahr mit Texten und Kolumnen begleitet. Er berichtet über Ereignisse, die in Karlsruhe passiert sind – oder in seiner Fantasie zumindest hätten passieren können. Darunter finden sich ebenso witzige wie nachdenkliche Betrachtungen zum Leben in jener Metropole, die sich nach bestem Wissen die «einzige wahre Baustellen-Hauptstadt Europas» nennen darf. Launisch erzählt Schulz Karlsruher Geschichte(n), die auch mal 45°C Innentemperatur erreicht …
Kolja, Mitte fünfzig, nüchtern, welterfahren, trifft ein in einer Stadt, die sich auf den Besuch des Papstes vorbereitet. Das Ereignis treibt die Gemüter seiner neuen Bekannten um. Irritiert von ihren religiösen Bekenntnissen in seinen Augen nichts anderes als verquere Sehnsüchte, zu engen Lebensbahnen geschuldet – zieht er sich zurück. Nur Simona durchbricht diese Abwehr. Mädchenhaft in ihrer Suche nach sich selbst zeigt sie Kolja ohne Scheu ihr Bedürfnis, ihm nahe zu sein. Er überlässt sich ihren Avancen und gefällt sich dabei in der Rolle des stolzen Fremden. Zu spät begreift er, der sich von so vielem fernhalten wollte, wie weit er längst in ein Beziehungsgeflecht verstrickt ist, dem sich keiner mehr unbeschadet entziehen kann. Die Ereignisse nehmen ihren dramatischen Lauf, bis sich enttäuschte Hoffnungen gewaltvoll entladen. Ein Roman über die Begegnung zweier Menschen und zugleich ein Versuch, einige der vielen Formen zu fassen, in denen sich gegenwärtig die Suche nach Gott niederschlägt.