Название | Fußball Athletiktraining |
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Автор произведения | Ryan Alexander |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783767920989 |
Ein anhaltendes und gleichmäßig ausgeführtes Konditionstraining galt früher – und gilt in manchen Bereichen noch heute – als beste Wahl. Als sich die Idee durchzusetzen begann, verstärkt an der Athletik von Spielern zu arbeiten, standen hauptsächlich Informationen über Laufstrecken zur Verfügung. Aber diesen Erkenntnissen fehlte die Exaktheit, weil sie kaum echte Spielsituationen abbildeten. Das Wissen über die subtilen, eher selten vorkommenden Bewegungsabläufe während eines Spiels war dürftig. Was lernen wir daraus? Wir dürfen unsere Perspektive nicht einengen und sollten uns auf angemessen individualisierte Übungsvorschriften auf Basis mehrerer Variablen konzentrieren. Offenheit bei der Suche nach optimalen Lösungen, die am besten zum Trainingsumfeld des Teams und seiner Spieler passen, wird im Ergebnis wohl dazu führen, dass mehrere Trainingsprogramme mit unterschiedlichen Philosophien umgesetzt werden. So sieht die Realität aus, wenn Spitzenleistungen in einer Mannschaftssportart trainiert werden: Ein durchwegs gleicher Trainingsreiz bewirkt nicht automatisch identische Anpassungen, geschweige denn positive.
Moderne Spielanalysen verzerren die tatsächliche Belastung der Spieler häufig, weil in der Vergangenheit Verallgemeinerungen vorgenommen wurden. Beispielsweise legen Fußballspieler während eines Spiels 10 bis 15 Kilometer zurück, wobei sie in hochintensiven Laufphasen ungefähr 750 Meter zurücklegen und in 90 Minuten 20 bis 30 Sprints absolvieren. Aus Sicht eines Laien sind 9,5 Kilometer in 90 Minuten wahrscheinlich nicht bemerkenswert. Tatsächlich ergibt dies unterm Strich magere 9,4 Minuten pro Kilometer. Selbst Spieler, die unter erhöhter Belastung an die 14 Kilometer zurücklegen, kommen allenfalls auf eine Durchschnittszeit von 6,25 Minuten pro Kilometer.
Nur zur Verdeutlichung: Der Weltrekord über 1500 Meter bei den Männern beträgt 3:26,00 Minuten und wurde 1998 von Hicham El Guerrouj aufgestellt. Weltrekordhalterin bei den Frauen über 1500 Meter ist Genzebe Dibaba mit 3:50,07 Minuten. Eliud Kipchoge absolvierte als professioneller Marathonläufer den Berliner Marathon (42 km) 2018 in 2 Stunden, 1 Minute und 39 Sekunden. Paula Radcliffe benötigte für ihren Rekord beim Londoner Marathon 2003 2 Stunden, 15 Minuten und 25 Sekunden. Im Fußball werden also keineswegs die körperlichen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit ausgelotet, was Ausdauer und Leistung angeht.
AUF DEM VORHANDENEN AUFBAUEN
Ohne die mühsame Berechnung der individuellen Belastung von Spielern wäre es uns kaum gelungen, Unterschiede in der körperlichen Beanspruchung im Wettkampf wahrzunehmen. Uns hätte schlicht der Ausgangspunkt gefehlt. Diese frühen Untersuchungen schufen eine Grundlage für die Evaluierung des Trainings. Ältere Methoden waren nicht falsch, aber ihre Wirksamkeit war durch die verfügbare Technik begrenzt. Die magere Datenbasis, auf die wir uns damals stützen konnten, floss zwar schon in der Vergangenheit vereinzelt in die Trainingsabläufe ein. Diese wurden aber häufig noch wesentlich von der bestehenden Spielkultur bestimmt, die wiederum stark von den persönlichen Erfahrungen älterer Trainer und Spieler geprägt war. Die vielen detaillierten Informationen, die uns heute bei der Analyse unserer Leistungen helfen, sollten Ansporn sein, auch weiterhin Erkenntnisse darüber zu sammeln, welche Übungen und Trainingsmethoden in einem gegebenen Umfeld angemessen sind.
Der Vergleich mit den Profiläufern führt uns aber deutlich vor Augen, was im Fußball während eines Spiels den Sportlern auf dem Platz läuferisch abverlangt wird. Deren Ziel ist es nicht, in einem Zeitraum von 90 Minuten die weiteste Strecke zurückzulegen. Als Athletiktrainer würde ich niemals Laufleistung als alleiniges Ziel für Fußballspieler ausgeben. Um die körperliche Beanspruchung beim Spiel und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vorbereitung auf diese Anforderungen genauer zu definieren, müssen wir nämlich zuerst die teils erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Positionen auf dem Spielfeld kennen.
DIE UNTERSCHIEDLICHEN SPIELPOSITIONEN
In der Fachliteratur herrscht Uneinigkeit darüber, wie aussagefähig die Unterteilung nach Spielpositionen ist. In diesem Buch folgen wir der Einteilung von Di Salvo et al. (2007) (siehe Abbildung 1.1).
Für mich gibt es kein stichhaltiges Argument, Torhütern eine eigenständige konditionelle Vorbereitung zu verweigern. In den Kapiteln über Trainingsmethoden werden wir auf diese Position und ihren explosiven und kraftvollen Charakter gesondert eingehen. Einstweilen konzentrieren wir uns auf die Feldspieler und darauf, wie die klaren Unterschiede zwischen ihren spielerischen Aufgaben sich in optimalen Trainingsprogrammen widerspiegeln.
1.1 Die klassische Aufstellung im Fußball: Innenverteidigung, Außenverteidigung, zentrales Mittelfeld, Außenbahn und Offensive
Kommen wir noch einmal kurz auf die Frühzeit der Spielanalyse und die seinerzeitige mühevolle Berechnung der individuellen Belastung zurück. Die Laufleistung galt als zentraler Maßstab für die Überprüfung körperlicher Leistungen in Wettkämpfen. Trainer und Wissenschaftler orientierten sich über die Jahrtausendwende hinaus mit Vorliebe an der aeroben Komponente. Dank technischer Fortschritte und verbesserter Analysemethoden wird die Laufleistung inzwischen allgemein als Gesamtheit aller Reize betrachtet. Auch unter diesen Vorzeichen bleibt sie ein zentraler Bestandteil von Analysen und Überwachungsprozessen. Die letzten 40 bis 50 Jahre standen im Zeichen einer ständig wachsenden Erforschung athletischer Belastungen im Fußball. Tabelle 1.1 zeigt durchschnittliche Laufleistungen, aufgeschlüsselt nach Klassifizierungen, wie sie in der Fachliteratur verwendet werden.
Tab. 1.1Laufstrecken von Feldspielern abhängig von ihrer Position
Tab. 1.2Laufstrecken von Feldspielern abhängig von Position und Geschlecht (in Metern)
Die Daten in Tabelle 1.1 stellen eine Zusammenschau verschiedener Studien dar, die bis ins Jahr 1967 zurückreichen. Manche Autoren verzichten in ihren Arbeiten bis heute auf eine Unterscheidung nach Positionen auf dem Spielfeld. Deswegen enthält unsere Vergleichstabelle an erster Stelle eine neutrale Rubrik. Lange Zeit fand auch keine Differenzierung zwischen Innen- und Außenverteidigung, zentralem Mittelfeld und Außenbahnen statt. Eine genauere wissenschaftliche Definition dieser Positionen geht erst auf Di Salvo et al. (2007) zurück, und jüngere Arbeiten verfolgen diesen Ansatz inzwischen ebenfalls. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Positionen werden zwar deutlich, aber Alter, Spielklasse oder Geschlecht wurden in den Angaben nicht berücksichtigt. In Tabelle 1.2 vergleichen wir die Durchschnittswerte nach Geschlechtern getrennt.
Bei geschlechtsspezifischer Betrachtungsweise – noch ohne Berücksichtigung von Spielklasse und Alter – fällt auf, dass Frauen auf den meisten Positionen vergleichbare oder sogar weitere Laufstrecken als Männer zurücklegen. Nur zentrales Mittelfeld und Außenbahnen stechen als Ausnahmen hervor. Leider ist die Zahl der Fachpublikationen, die sich mit solchen Vergleichen zwischen beiden Gruppen befasst, sehr unterschiedlich. Frauen sind deutlich unterrepräsentiert. Ich hoffe, dass das wachsende Interesse am Frauenfußball einen Wandel einleitet, und dass Qualität und Reichweite der gewonnenen Informationen unser Wissen und damit die Grundlagen individueller Trainingsansätze im Frauenfußball erweitern werden.
Wie können wir solche Informationen zu den unterschiedlichen Spielpositionen sachgerecht ins Konditionstraining einfließen lassen? Mir geht es darum, anhand von Unterschieden bei Faktoren wie Geschlecht oder Alter potenzielle Charakteristiken einzelner Spielertypen in verschiedenen Spielsituationen herauszuarbeiten, ohne dabei das Training bestimmter Aspekte körperlicher Leistung für einzelne Positionen zu vernachlässigen. Beispielsweise legt ein Innenverteidiger in hochintensiven Laufphasen deutlich