Название | Heldenstoff |
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Автор произведения | Axel Rabenstein |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783840337819 |
Im Dunkeln zu fahren, ist ein wundervolles Abenteuer. Wer es noch nicht getan hat, dem lege ich es unbedingt ans Herz.
Über die natürliche Ruhe, über die einzigartige Stille und Klarheit einer Umgebung ohne künstliche Einflüsse habe ich 2014 ein Interview mit dem Skilangläufer Christian Hoffmann geführt.
Das Telefonat ist mir aus zweierlei Gründen gut in Erinnerung; erstens, weil ich noch heute das Gefühl habe, von einem Berggipfel aus den Sonnenaufgang zu betrachten, wenn ich an das Gespräch denke; und zweitens, weil ich das Interview unmittelbar nach seiner Beendigung versehentlich vom Diktiergerät löschte.
Wir hatten ausführlich telefoniert, ich bedankte mich für das inspirierende Gespräch, legte auf, wollte die digitale Datei benennen, und plötzlich war da nichts mehr. Ich weiß nicht, wo genau ich den Fehler begangen hatte, und es war auch nicht von Bedeutung: Von einem Telefonat, das mehr als eine Dreiviertelstunde gedauert hatte, war nichts als Stille übrig geblieben. Ich tippte das Gespräch anhand meiner zuvor notierten Fragen, die ich wenigstens als Struktur verwenden konnte, in ein leeres Dokument.
Erst als Christian das geschriebene Interview einige Tage später autorisiert hatte, berichtete ich ihm von meinem Fauxpas und dankte ihm noch einmal für unser Telefonat, das so einprägsam für mich gewesen war, dass ich es aus meinen Gedanken hatte wiedergeben können.
Christian Hoffmann wurde 1999 Weltmeister mit der 4 x 10-Kilometer- Staffel, 2002 holte er über 30 Kilometer in der Loipe Gold bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City. Später widmete er sich dem Skibergsteigen, gewann 2013 und 2014 den Skitourenklassiker „Mountain Attack“ in Saalbach-Hinterglemm.
Auf die Frage, warum sich das Skibergsteigen in den vergangenen Jahren einer immer größer werdenden Beliebtheit erfreut, antwortete der Österreicher: „Ich denke, dass die Menschen sich nach ein wenig Ruhe sehnen. Unsere heutige Welt ist schon sehr laut und hektisch. Dort draußen in der Natur finden wir eine Stille, die es sonst gar nicht mehr gibt. Die Geräusche der Umgebung sind reduziert, so können wir uns auf Dinge konzentrieren, die wir sonst nicht in ihrer ganzen Klarheit wahrnehmen würden. Und das sind verschiedene Geräusche. Unsere Atmung. Das bloße Knirschen des Schnees. Reine, echte Klänge, die im Lärm einer Skipiste schnell mal untergehen.“
Wer ein noch intensiveres Erlebnis erfahren wolle, der könne sich zusätzlich einer visuellen Stille anvertrauen und sich mit Stirnlampe in die Dunkelheit begeben.
„Eine Stirnlampe ist Pflicht, ersetzt aber nicht eine ausreichende Ortskenntnis. Schließlich bewegt man sich im alpinen Gelände, das darf man nicht unterschätzen. Wenn man die Gegend und die Hänge allerdings kennt, kann es ein unvergessliches Erlebnis sein, auch mal im Dunkeln abzufahren. Ich habe das schon bei Vollmond gemacht. In der Nacht nimmt man die Abfahrt noch viel intensiver wahr. Es ist eine Art Stille für die Augen. Die Natur ist wunderschön. In der Dunkelheit wirst du aber nicht von den optischen Eindrücken abgelenkt, kannst dich vollkommen auf dich selbst konzentrieren. Auf jeden einzelnen Schwung im weichen Schnee, auf das einzigartige Gefühl, einen Hang runterzugleiten. Häufig laufe ich auch in der Dunkelheit los und steige nach oben, während es langsam hell wird. Wenn du dann auf dem Gipfel stehst, die Stille hörst und dabei zusiehst, wie die Sonne über den Bergen aufgeht und die ganze Welt in leuchtende Farben taucht, dann ist das wirklich ein erhebendes Gefühl.“
Ähnliches empfahl mir Rebecca Rusch, die Mountainbikerin, die wir zuvor bereits kennengelernt haben. Auch sie schwärmte von einem nächtlichen Ausflug mit Stirnlampe: „Es ist wie in einem Computerspiel. Du fährst durch einen Tunnel, die Zeit fliegt vorbei, du siehst kaum etwas von der Umgebung, sondern nur die Spur, in der du fährst. Für mich ist das ein extremer Fokus, ich bin total konzentriert. Du wirst hypersensitiv, achtest auf jedes Geräusch, hörst Grillen und Eulen. Das ist wirklich einmalig. Es erinnert mich an meine Kindheit, wenn ich allein im Wald unterwegs war. Im Dunkeln zu fahren, ist ein wundervolles Abenteuer. Wer es noch nicht getan hat, dem lege ich es unbedingt ans Herz.“
Wasser auf allen Seiten, eine eigenartige Ruhe. Es war die beste Welle meines Lebens, mein perfekter Augenblick.
Nachdem wir von der Wucht der Achttausender gelesen haben, durch Wälder gestreunt sind und die Magie der nächtlichen Natur erlebt haben, begeben wir uns hinab bis ans Meer und tauchen in den Ozean ein.
Wenige Menschen haben die rohe Gewalt des Wassers so hautnah und intensiv erlebt, wie der US-amerikanische Big-Wave-Surfer Garrett McNa- mara. In Massachusetts geboren, zog er im Alter von elf Jahren nach Hawaii, wo er mit dem Surfen begann.
In der Welle von Pe’ahi vor der Nordküste der Insel Maui surfte er bald Wellen mit einer Höhe von knapp 20 Metern. Wellen in dieser Größe bewegen sich zu schnell, um mit eigener Muskelkraft angepaddelt werden zu können, weshalb sich die Surfer von Jetskis in die Wellenberge ziehen lassen, was als Tow-In-Surfing bezeichnet wird.
Im Jahr 2002 gewann Garrett den Tow-In World Cup, in den folgenden Jahren wurde er zu einer der bekanntesten und prägendsten Figuren des Surfens. Insgesamt sechsmal wurde er bis heute in verschiedenen Kategorien des in der Szene begehrten Billabong XXL Awards ausgezeichnet.
Als legendär gilt eine Welle, die Garrett im Jahr 2003 in Pe’ahi ritt, als er, von den Wassermassen einer brechenden Welle umgeben, in einem gigantischen Barrel verschwand, das einen Durchmesser von rund sechs Metern hatte. Beobachter wähnten ihn bereits vom Board gewaschen; plötzlich tauchte Garrett wieder auf und brauste noch stehend aus der tosenden Gischt.
Als ich ihn in einem Interview nach dem schönsten Erlebnis seiner Surfkarriere fragte, schilderte er mir ebendiesen Moment: „Es war eine perfekte Walze. Ich habe abgewartet, sie kam über mich, und plötzlich war ich in der Tube. Wasser auf allen Seiten, eine eigenartige Ruhe. Die Zeit scheint stillzustehen. Du bist in deiner eigenen Welt. Du spürst dein Herz nicht nur schlagen, du kannst es hören. Für mich ist die Tube der beste Platz auf Erden. Die Welle hätte mich beinahe zu tief hineingesaugt. Ich dachte schon, ich stürze. Plötzlich fegt mir ein Sturm in den Rücken, und das Ding spuckt mich wieder aus. Es war die beste Welle meines Lebens, es war mein perfekter Augenblick.“
In den kommenden Jahren erkundete Garrett McNamara Wellen rund um den Globus, von Alaska, wo er eine von einem kalbenden Gletscher ausgelöste Mini-Tsunami surfte, bis nach Teahupo’o vor Tahiti, jene fast schon mystische Welle, die aufgrund ihrer enormen Hydraulik für einige der spektakulärsten Rides überhaupt bekannt wurde.
Im Jahr 2011 tauchte dann plötzlich ein Video aus Europa auf, das die Big-Wave-Szene revolutionieren sollte. Garrett ritt am Praia do Norte im portugiesischen Nazaré eine Monsterwelle, die anhand der Videoaufzeichnungen auf eine Höhe von 23,8 Meter berechnet wurde. Die Folge waren ein Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde für die höchste jemals gesurfte Welle und ein Ansturm von Nachahmern und Schaulustigen auf das bislang unbeachtete Fischerörtchen an der Atlantikküste.
Die Riesenwellen von Nazaré sind Folge einer einzigartigen Topografie. Aus der iberischen Tiefseeebene läuft ein bis zu 5.000 Meter tiefer und 230 Kilometer langer Unterwassercanyon auf die Küste zu. Erst kurz vor eine Felsklippe wird das Wasser an die Oberfläche gepresst, wo sich bei passender Richtung von Wind und Swell einzelne Wellen mit bis zu 30 Meter Höhe auftürmen.
Einen solchen 100-Footer zu surfen und offiziell zu belegen, ist seitdem das Ziel dutzender Big-Wave-Surfer aus aller Welt, die während der Winterstürme auf dem Atlantik ihr Quartier in Nazaré aufschlagen.
Oben auf der Klippe steht ein inzwischen weltberühmter Leuchtturm. Von hier kann das Spektakel aus nächster Nähe und mit bloßem Auge verfolgt werden. Sponsoren reißen sich um die Bilder und Geschichten der Surfer, im