Название | Heldenstoff |
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Автор произведения | Axel Rabenstein |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783840337819 |
Natürlich ging es auch im Gespräch mit Reinhold Messner um die Gefahr, der er sich seit Jahrzehnten gezielt aussetzte; um die Frage, warum man immer wieder aufbricht, auf einen Berg steigt und dort dann in erster Linie zusieht, dass man dabei nicht draufgeht.
„Grundsätzlich gibt es so viele Gründe, bergzusteigen, wie es Menschen gibt, die Berge besteigen“, sagte Messner, „und ein Berg ist entweder gefährlich oder es ist kein Berg. Ein Berg ist eine hohe, geologische Formation, eine lebensfeindliche Umgebung. Es gibt nun einmal die Schwerkraft – und wenn sich hoch oben ein Stein löst, dann bedroht er denjenigen, der von unten nach oben steigt. Das Gleiche gilt für den Schnee, für die Lawinen, für den Eisschlag. Je höher ich steige, desto stärker sind die Winde, desto kälter wird es, desto geringer ist die Konzentration an Sauerstoff. Mit einem Berg ist für den Menschen immer eine Gefahr verbunden. Gottfried Benn hat einmal gesagt: Bergsteigen ist am Tod pro- voziertes Leben. Wir Bergsteiger suchen also ein intensives Lebensgefühl über die Möglichkeit umzukommen. In meinen Worten: Bergsteigen ist die Kunst, dort hinzugehen, wo man umkommen müsste, um nicht umzukommen. Wenn ich a priori nicht umkommen kann, ist das Bergsteigen keine Kunst und somit auch kein Bergsteigen mehr.“
Mit dem Bergsteigen einher geht die Angst, die für gewöhnlich auftritt, so wie wir uns in Gefahr begeben. Wie für Alexander Huber ist aber auch für Reinhold Messner die Angst mitnichten ein störendes Gefühl, das schlotternde Knie auslöst, sondern vielmehr eine als vielschichtig anzusehende Reaktion von Geist und Körper, die uns dabei hilft, in einer potenziell lebensbedrohlichen Situation nach Möglichkeit keinen Fehler zu begehen.
„Bei der Angst kommen die instinktiven menschlichen Kräfte zum Tragen. Die Angst sagt mir: Bis hierher und nicht weiter! Dieser Überlebensinstinkt ist unser wichtigster Helfer. Es gibt allerdings verschiedene Ängste. Die Angst kann im Vorfeld kommen, lange bevor ich losgehe. Wenn ich in meinem Bett liege und über eine Expedition nachdenke, gibt es keinen Grund, nicht einzuschlafen. Ich liege trotzdem wach. Weil ich Angst habe, auf dem Everest könnte mich eine Lawine erwischen oder mein Kocher kaputtgehen. Ich muss mich auf alle Gefahren vorbereiten, die auf mich zukommen könnten. Dann werden diese Ängste nachlassen. Was ich meinen Ängsten entgegensetzen kann, ist meine Aktivität. Mein Tun, mein Können und meine Erfahrung. Ich darf nicht warten. Beim Warten sind die Ängste größer und schlimmer als während einer Aktion. Setze ich der Angst aber meine Sicherheit entgegen, löst sie sich auf. Dann kann ich vollkommen konzentriert klettern. Den Rest der Welt gibt es nicht mehr. Mein Kosmos reduziert sich auf die Stellen, an denen meine Hände und Füße mit dem Berg verbunden sind. Mensch und Fels sind eins, es gibt keinen Zweifel mehr, alles ist im Fluss. Und in diesem Fluss steigt es sich leichter, so entstehen Erfolge, über die andere Menschen nur den Kopf schütteln können.“
Reinhold Messner hat die Angst geholfen, zu der Persönlichkeit zu werden, die er ist. Weil er daran gewachsen ist. Und weil er ohne Angst wahrscheinlich schon vor Jahrzehnten in irgendeiner Wand an irgendeinem Berg den einen Fehler zu viel gemacht hätte.
In jedem Fall ist es Messner wichtig, zu betonen, dass er sich durch das, was er getan hat, keinesfalls über andere habe stellen wollen. Er habe es getan, weil es sein Weg gewesen sei, die Enge des heimischen Vilnößtals zu verlassen.
Mir gegenüber drückte er es so aus: „Ich bilde mir nicht ein, ich hätte etwas Wichtiges gemacht. Ich bin ja generell der Eroberer des Nutzlosen. Aber ich habe gelernt, nicht zu verzweifeln, wenn es unmöglich erscheint. Und erfolgreich bin ich nur durch das Scheitern geworden.“
Ich hatte kaum noch Geld und auch keine Wohnung. Aber ich hatte eine neue Persönlichkeit im Gepäck.
Ein Fan des Faszinosums der Angst ist auch der US-Amerikaner Steve House, den Reinhold Messner einmal als „besten Höhenbergsteiger unserer Zeit“ bezeichnete.
Steve sagte mir: „Es wäre dumm, keine Angst zu haben. Weil sie dich vor Risiken und Gefahren warnt. Der Berg zeigt dir, wie du auf die Angst reagierst. Mit der Zeit bekommst du die Fähigkeit, deine Angst zu kontrollieren, du lernst, sie in etwas Positives zu verwandeln, in Konzentration und Fokussierung. Emotionen wie die Angst sind am Berg in ihrer Intensität komprimiert und deshalb besonders aussagekräftig. In anderen, weniger gefährlichen Situationen ist der Spiegel nicht so klar. Deshalb denke ich, dass wir durch das Bergsteigen leichter zu besseren Menschen werden können. Zurück im Tal kannst du diese Fähigkeiten auf andere Bereiche des Lebens übertragen. Wenn dir etwas nicht passt, wenn du dich unwohl fühlst, dann suchst du nach der Ursache und versuchst gezielt, Abhilfe zu schaffen. So werden die Erfahrungen vom Berg zu einem Werkzeug, mit dem sich die Herausforderungen des Lebens besser meistern lassen.“
Steve House war ein junger Kerl von 20 Jahren, als er im Rahmen einer slowenischen Expedition zum 8.125 Meter hohen Nanga Parbat ins Himalaya reiste. Es waren Bilder und Impressionen, die ihn nicht mehr losließen. 15 Jahre später kehrte er zum Nanga Parbat zurück und durchstieg an diesem mystischen Berg gemeinsam mit seinem Partner Vince Anderson den Zentralpfeiler der Rupalflanke, die mit 4.100 Metern höchste Steilwand der Erde.
Die Durchsteigung im Alpinstil gilt als eine der extremsten bergsteigerischen Leistungen der vergangenen 20 Jahre, für die Steve und Vince 2005 mit dem 15. „Piolet d’Or“ ausgezeichnet wurden.
Sechs Tage waren die beiden in der Wand, zwei Tage dauerte der Abstieg, Steve verlor in dieser Woche zehn Kilo Körpergewicht. Was bleibt von einer Expedition wie dieser?
„Was bleibt, ist man selbst. In einer veränderten Form. Als ich vom Nanga Parbat zurück in die USA kam, hatte ich kaum noch Geld und auch keine Wohnung. Aber ich hatte eine neue Persönlichkeit im Gepäck.“
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