Die Waldi-Philosophie. Eva Apfel

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Название Die Waldi-Philosophie
Автор произведения Eva Apfel
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783969405444



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die Abläufe meiner Tätigkeit werden von mir gemanagt, ich optimiere die Arbeitsabläufe, um Spätfolgen oder Missbildungen zu vermeiden.

      Rechtes Bein, linkes Bein – gleichmäßige Abnutzung spielt die entscheidende Rolle. Hier kann nicht jeder Hund machen, was er will! Ein Rüde präsentiert durch seine Markierungsarbeit Ausdauer und Stärke. Ich als Hund muss sehr oft Pipi, ständiges Gassigehen ist essenziell für mich.

      Locker heran an den Strauch und: „Strietz, volle Kraft voraus!“

      Na gut, erwischt! Nach dem sechsten Mal, okay nach dem vierten Mal ist die volle Kraft zwar da, aber der Tank leer. Improvisation ist alles, auf keinen Fall darf meine Lage auffallen. Augenblicklich zieht mich Frauchen vom Strauch oder Baum weg.

      Ungehalten fängt sie an zu schimpfen: „Waldi, jetzt komm, du kannst doch nicht mehr!“

      Hoffentlich hat das niemand gehört, mir wäre das sehr peinlich! Ich buddle sofort ein Loch, um abzutauchen, darin verstecke ich meinen Kopf.

      „Waldi hör auf, wie soll ich dich denn sauber kriegen!“, stöhnt Doreen.

      ‚Ganz einfach!’, denke ich, ‚Ich springe in den Teich, danach Schüttelshake!’

      „Waldi, Hilfe! Ich werde ganz nass und dreckig!“, sie springt vor Schreck zwei Schritte zurück.

      Ein Taschentuch wird heraus genestelt, und mein Frauchen versucht sich den Dreck abzuwischen. Gleichzeitig werde ich gereinigt, ich bin bereits durchgeschüttelt und vom Dreck befreit. Doreen darf mich nicht Bloßstellen!

      Hier geht es um mein Prinzip und außerdem: „Was geht das Doreen an! Schließlich gehe ich mit ihr spazieren!“, Bein hoch und ab geht die Post.

      Auf meiner Liste steht an erster Stelle die Arterhaltung, und ich muss bereits wieder Pipi! Die verschiedenen Arten der Markierungspositionen müssen getestet werden.

      Haben Hundehalter auch Bedürfnisse, und welche Informationen stehen mir darüber zu Verfügung?

      Ich konnte meine Beobachtungen machen und stellte fest: „Ähnlich!“

      Von locker grinsend, cool breitbeinig bis hin zur „unnatürlichen Frauen erpressten Sitzkultur“ ist alles möglich.

      Mein Fazit: „Männer gehen ungern allein zur Toilette, stramm stehen sie in Reih und Glied.“

      Ein Dackel ist für seine Spontanität bekannt, meine Überlegung: Ich werde das Gassi-Emoji erfinden!

      Prompt fällt mir Helmuts Herrchen ein, ihr müsst ihn unbedingt kennenlernen! Er heißt Callipo, genannt „Schatzi“.

      Sein Beruf ist Chefchirurg, der Spitzname erklärt einiges oder alles? Üblicherweise kommt er in seiner grünen Kluft, auf seinem grünen Fahrrad und mit grüner Gesinnung angeradelt, „Alles Bio oder was!“

      Schatzi flitzt zur Arbeit, wie immer hat er es extrem eilig, ständig gestresst.

      Eine Notfall Schönheits-OP ist geplant, ich wusste: „Es gibt Notfälle in diesem Bereich, aber dass gleich der Arzt kommt? Weiber, Weiber, Weiber! Solche Privilegien zu haben, unglaublich!“

      Mein Kumpel Riesenschnauzer Helmut hatte unzählige Anekdoten auf Lager. Kleine Herrchen, die es sich leisten können, haben große Hunde. In allen Lebenslagen musste Helmut Wache schieben.

      Bei meinem ersten Schnüffeltag im Park lernten wir uns kennen, ich mochte ihn sofort. An diesem Tag war ich äußerst nervös, ich spitzte die Ohren, locker schwänzeln war angesagt, Augen auf.

      „Was geht ab?“, ich wollte mich von meiner besten Seite zeigen und bellte Grenzen heraus. Jeder sollte sehen, wie weit er gehen darf! Wenn da Missverständnisse aufkamen, selbst Schuld! Die Karten der Hierarchie mussten neu gemischt werden.

      Helmut, genannt Schnauze, war der absolut Größte hier. Ein Riesenschnauzer, schwarz mit dichten Augenbrauen, er war früher bei der Polizei! Ein Rauschgiftsuchhund im Ruhestand, cool! Das imponierte mir, er ist ein Schnauzer mit Tiergnadenhofstatus!

      Seinen Lebensabend fristet Helmut in einer Chefchirurgenvilla mit bester Stadtrandlage, ein Pool und computergesteuerten Rasenberegnungsanlage sind vorhanden. Die kann ihm manchmal ins Auge regnen, falls er sich auf dem falschen Platz, zur falschen Zeit aufhält. Nasser Hund riecht, mehr oder weniger, je nach Jahreszeit.

      „Habt ihr schon einmal einen nassen Hund gerochen?“, ich würde es so beschreiben: „Eine Mischung aus Picknickdecke und Käse, garantiert feuchter, alter Picknickdecke, die in der Garage vergessen wurde und die Käsesorte? Vielleicht eine Mischung aus Tilsiter und Parmesan. Herrlich, ich liebe diesen Geruch!“

      Helmuts Treue ist unbestechlich, mutig und ausgeglichen.

      Ihn aus der Ruhe zubringen: „Unmöglich!“ Bei ihm wollte ich mich als Berater und Vertrauensmann profilieren.

      Unterwürfig fragte ich ihn: „Hey, Großer, darf ich nach dir den Baum markieren?“

      Er sah mich von oben herab an und knurrte: „Was bist du denn für einer? Werden sich unsere Wege jetzt öfter kreuzen, Dackelgesicht? Neu in der …“, zack, die Leine zog an und ab ging die Post! Ich durfte nur noch seine Rückseite in Augenschein nehmen, er hechelte seinem Herrchen am Fahrrad hinterher.

      Mit Doreen hatte ich ein leichteres Spiel, für ein Schwätzchen gab es genügend Zeit.

      „Der hat es ja mal wieder eilig, unser Callipo! Bestimmt ist Cordula außer Hause, und ich möchte gern wissen, wer da auf ihn wartet?“, tratschte Yorkshiresandra ganz nebenbei und verwickelte Frauchen in Gespräch und Hundeleine.

      Ihre Yorkshiredame Susi sprang aufgeregt hin und her, sie trug ihre periodische Hundehose und wusste kaum, wie sie ihr Geschäft erledigen sollte.

      Yorkshiresandra übersah, dass ihr Yorkshire in Nöten war. Problemlösungen anderer Art hatten dringende Priorität.

      Zeit und offene Ohren hatte Doreen: „Frau Doktor kann einen leidtun, sein auffälliges Verhalten kann kaum unbemerkt bleiben! Vielleicht führen sie eine offene Ehe?“, fachsimpelte Sandra, „Das soll ‚in’ sein! Trendsetter sind sie ja.“

      Kritisch wurde, dass von meinem Frauchen hinterfragt: „Na, ich weiß nicht? Glücklich aussehen ist etwas anderes. Letztes Mal beim Bäcker sah sie sehr gestresst aus.“

      Senf und Lebensweisheiten fügte Sandra ungefragt hinzu: „Es wird keiner jünger, auch an unsere Frau Doktor nagt der Zahn der Zeit.“

      Das Gespräch musste kurz unterbrochen werden, ein Notfall. Ihre Yorkshiredame Susi hatte es soeben geschafft, Sandra auf sich aufmerksam zu machen. Sie musste ihr helfen die Notdurft loszuwerden. Auf keinen Fall konnte und wollte Doreen, das mit ansehen. Wir hatten es plötzlich eilig und mussten die offenen Fragen unbeantwortet stehen lassen.

      Für Callipo war es einfacher, seine Infos bekam Schatzi über das Handy, von Blond und griffbereit. Sein Beuteschema war visuell, mein Beuteschema ist eher „nasuell“. Der Geruch der Liebe sozusagen! Herrliche Gerüche, die in mir die Lust und Begierde anregen. Das Visuelle spielt bei mir keine große Rolle. Es sind technische Hindernisse, die mir bei meiner männlichen Hundegröße im Wege stehen. Ich kann meine Liebe zeigen, es muss nicht immer zum Äußersten kommen. Wilde und feuchte Küsse sind für meine Auserwählte ebenfalls ein Zeichen von Anerkennung.

      Schatzi Callipo durfte keine Zeit verlieren auf das Fahrrad und los. Zwei Kinder und Ehefrau, wie kann er Zeit für ein Stelldichein finden? Bewundernswert, Timing ist alles.

      Helmut bedauerte diesen flotten Aufbruch, seine Markierungsarbeiten waren keinesfalls beendet. Bereitwillig half ich ihm, seine Arbeit fertigzustellen, bin ja Kumpel.

      Alle in der Nachbarschaft wussten es, Callipos letzte Flamme war durchgebrannt. Das Rätsel, wer die Neue war, hatte momentan noch niemand gelöst.

      Cordula, seine Ehefrau und Ärztin in der Schönheitsklinik Callipo, war vollkommen ahnungslos. Für solche Gedanken hatte sie keine Zeit, ihr Tagesablauf und Terminplan wurde in Sekunden berechnet. Sie ist die: Familienallrounderin,