Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen. Markus W. Exler

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Название Controllingorientiertes Finanz- und Rechnungswesen
Автор произведения Markus W. Exler
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783482759116



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      Grundsätzlich soll mit dem BilMoG für die Kapitalgeber eine transparentere Gestaltung, die wesentlich stärker ihren Informationsbedürfnissen gerecht werden, erreicht werden, da sich das HGB in seiner bisherigen Fassung mehrheitlich dem Primat des Gläubigerschutzes unterzieht. Die vielen Wahlrechte und die eher großzügigen Möglichkeiten zur Bildung von Abschreibungen haben den Jahresüberschuss und damit die Möglichkeit der Ausschüttung reduziert. Nicht davon betroffen ist die Erstellung der Steuerbilanz, für die seit 1874 auf der Basis des Maßgeblichkeitsprinzips im EStG die handelsrechtliche Rechnungslegung, in Verbindung mit einer „Anpassungs- bzw. Überleitungsrechnung“ zur Bestimmung der Steuerschuld herangezogen wird.

      3.1.1 Grundsätze nach HGB/EStG

      Der unter dem Primat des Gläubigerschutzes wohl wichtigste Bewertungsgrundsatz verdeutlicht als das in § 252 Abs. 1, Nr. 4 HGB gefasste Vorsichtsprinzip die Gestaltungsabsicht der handelsrechtlichen Rechnungslegung. In der Ausprägung des Realisationsprinzips werden am Abschlussstichtag – Stichtagsprinzip – nur diejenigen Gewinne ausgewiesen, die auch tatsächlich realisiert worden sind. Das gilt insb., wenn entsprechende Markt- oder Börsenwerte einen höheren Wert realisieren ließen. Demnach ist in einem handelsrechtlichen Einzelabschluss nicht möglich, in der Gewinn- und Verlustrechung Gewinn erhöhende Erträge zu buchen.

      Umgekehrt entsteht aber aus der Interpretation des Imparitätsprinzips die Pflicht eines Verlustansatzes mittels Aufwandsbildung in Form von Abschreibungen (Aktivseite) und Rückstellungen (Passivseite), auch wenn sich der Verlust aufgrund niedriger Markt- oder Börsenpreise nur androht. Eine tatsächliche Realisierung des Verlustes muss nicht eingetreten sein, ein drohender reicht schon aus. Grundsätzlich anders ist der Sachverhalt im Zusammenhang mit den internationalen Ansatzvorschriften des Sachanlagevermögens nach IFRS, bei einer Folgebewertung. Bei entsprechend höheren Marktpreisen ist der Ansatz eines höheren Wertes möglich, was als „Fair Value“ charakterisiert wird.

      Abgeleitet von dem Grundsatz der Vorsicht ist die Erfolgswirkung handelsrechtlicher Bewertungsansätze im Interesse der Gläubiger, die primär an der Rückzahlung ihres Kapitals interessiert sind. Dies wird ermöglicht durch die, im Vergleich zu den Abschlüssen nach EStG oder IFRS, tendenziell großzügigere Gestaltung zur Verlustbildung in Form vielfältiger Inanspruchnahme von Wahlrechten, welche über die Aufwandsbildung den Jahresüberschuss senkt. Die Folgewirkung ist eine verminderte Ausschüttungsmöglichkeit an die Anteilseigner. Für das Management bedeutet die nicht abgeflossene Liquidität, die Wahrnehmung eines größeren Handlungsspielraumes und dementsprechend Investitionen in renditeträchtige Objekte vornehmen zu können.

      Auch langfristig agierende Investoren werden daran Gefallen finden, wenn die vorhandene Liquidität nicht ausgeschüttet wird. Sinnvolle Erweiterungsinvestitionen und eine solide Assetallokation (Zusammensetzung der Aktiva zur Renditeerzielung) tragen langfristig zu einer Steigerung des Unternehmenswertes bei. Pro Geschäftsperiode wird in Summe vielleicht weniger ausgeschüttet, aber die Gewährleistung einer stabilen Gewinnbeteiligung, verbunden mit der Gewinnmitnahme bei der Veräußerung der Anteile, die dann über eine Wertsteigerung der Kapitalanteile erreicht wird, wird die Beteiligung interessant erscheinen lassen. Diese Überlegung ist natürlich im Wesentlichen nur für börsennotierte Unternehmen interessant, da die Anteile aufgrund ihrer Fungibilität und des Vorhandenseins eines organisierten Marktplatzes problemlos erworben und veräußert werden können.

      Weitere Bewertungsgrundsätze sind in den §§ 252 Abs. 1 Nr. 1 ff. HGB festgelegt. Der Grundsatz der Bilanzidentität verdeutlicht den Zusammenhang zwischen der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres, die mit der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen muss. In den obigen Kapiteln wurde diesem Sachverhalt buchhalterisch mit den relevanten Eröffnungsbilanzbuchungen über das Eröffnungsbilanzkonto begegnet, um die entsprechenden Bestandskonten mit den neuen Daten der aktuellen Geschäftsperiode belegen zu können.

      Unter dem Going-Concern-Prinzip bzw. unter dem Grundsatz der Unternehmensfortführung wird bei der Bewertung der einzelnen Bestandspositionen von der Fortführung des Unternehmens ausgegangen, außer wenn tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. Am Abschlussstichtag sind die Vermögensgegenstände und Schulden einzeln zu bewerten (Grundsatz der Einzelbewertung). Nach § 256 HGB sind für die Bewertung des Umlaufvermögens Bewertungsvereinfachungsverfahren im Sinne von Verbrauchsfolgeverfahren (bspw. Fifo- und Lifo-Verfahren) oder Durchschnittswerten zulässig, die teilweise auch steuerrechtlich zum Ansatz gebracht werden können, wenn es um den Werteansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens geht.

      Das Prinzip der periodengerechten Abgrenzung weist auf die für Bilanzierende charakteristische Erfassung von Aufwendungen und Erträgen des Geschäftsjahres hin, die unabhängig vom Zeitpunkt der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. In den Kapiteln zur Finanzbuchhaltung wird darauf hingewiesen und dementsprechend Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bereits in der Phase der Ausstellung der Rechnung erfolgswirksam in der GuV verbucht. Dass die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden beibehalten werden, wird mit dem Prinzip der Bilanzkontinuität zum Ausdruck gebracht.

      Im Zusammenhang mit der Gewinnermittlung zur Bemessung der Besteuerung wird der handelsrechtliche Jahresabschluss (als der „eigentliche“ maßgebliche Jahresabschluss) als Basis genommen. Nach dem Maßgeblichkeitsprinzip nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind zunächst die Wertansätze nach dem Handelsgesetzbuch zu übernehmen, die daraufhin in die steuerliche Bilanz bzw. Gewinnermittlung übernommen werden, außer das Steuerrecht schreibt einen anderen Wertansatz vor. Für Kapitalgesellschaften wie die AG, die KG a. A., die GmbH, deren Jahresabschlüsse einer Veröffentlichungspflicht5) unterliegen, wird dem möglichen unterschiedlichen Wertansatz mit einer Überleitungsrechnung begegnet.

      Die Steuerbemessungsfunktion wird demnach mit einer „Steuerbilanz“ nach den Vorschriften des EStG adaptierte Handelsbilanz erreicht. Der handelsrechtliche Abschluss behält über die Ausschüttungsfunktion die Rolle der ausschüttungsfähigen Gewinnermittlung für die Kapitaleigentümer. Bei Personengesellschaften, sofern diese nicht publizitätspflichtig sind, wird für die Gewinnermittlung von den Unternehmen keine formale Trennung von Handels- und Steuerbilanz vorgenommen, sondern der eigentliche Jahresabschluss anhand der Bewertungsvorschriften des EStG durchgeführt.

      3.1.2 Grundsätze nach IFRS

      Die einheitliche Verwendung der Rechnungslegungsstandards nach IFRS soll es den Adressaten wie Investoren, Arbeitnehmer, Kreditgeber, Gläubiger, Kunden, Regierung, Öffentlichkeit erleichtern, wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können (vgl. IASB, R.9). Erreicht werden sollen, den Kauf und Verkauf von Kapitalanteilen einzuschätzen, ausschüttbare Gewinne und Dividenden zu bestimmen (Eigentümerperspektive), die Sicherheit der dem Unternehmen geliehene Beträge zu beurteilen (Gläubigerperspektive) oder auch generell das Handeln des Managements zu beurteilen (Controlling-Perspektive).

      Auch nach IFRS wird ein Rechnungslegungsmodell auf der Grundlage historischer Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie dem Primat der nominalen Kapitalerhaltung aufgestellt (IASB, R.Vorwort). Grundsätzlich gilt, dass die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie Art, Volumen und wesentliche vertragliche Vereinbarungen transparent gemacht werden müssen. Die Aktiva wird unterteilt in langfristiges (Fixed assets) und kurzfristiges Vermögen (Current assets), die Passiva in Eigenkapital (Equity) und Schulden (Liabilities). Die relevanten „Standards“ sind in Abbildung 15 wie folgt gegliedert. Das IASB Rahmenkonzept/Framework (IASB, R) legt die Konzeption dar, ist aber selbst kein Standard (IASB, R.2).

      ABB. 15: Die Richtlinien IAS bzw. IFRS

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