Das süße Gift des Geldes. Bhavya Heubisch

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Название Das süße Gift des Geldes
Автор произведения Bhavya Heubisch
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783862223756



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Residenz einbog.

      Rosa blieb stehen. „Wie heißen Sie eigentlich?“

      „Adele Spitzeder.“

      „Sie sind wirklich das Fräulein Spitzeder?“

      „Ja, warum fragst so erstaunt.“

      „Hab schon viel gehört von Ihnen. Ganz reich …“ Rosa verstummte.

      „Brauchst nicht alles glauben, was so geredet wird. Komm, gehn wir weiter.“

      In der Schönfeldstraße öffnete Adele die Haustür und klatschte in die Hände: „Kathi, ich bin wieder da.“

      Kathi kam aus der Küche und wischte sich die Hände an der Schürze ab. „Grad wollt ich Ihnen das Frühstück bringen.“

      „Bring’s für zwei. Und mach uns einen besonders starken Kaffee.“

      „Wo soll ich denn aufdecken?“

      „Im Salon.“

      Im Salon sprangen ihnen die Hunde mit lautem Gebell entgegen. Adele kraulte den Wasti, streichelte dem Basti die Schnauze. Die Daisi lief hin zur Rosa, legte sich auf den Rücken und wedelte mit dem Schwanz. Rosa schob sie mit der Schuhspitze weg. Daisi sprang auf und trollte sich beleidigt unter den Tisch.

      Adele ergriff eine Bluse, die über einer Stuhllehne hing: „Zieh die an. Die müsst dir passen.“

      Rosa zog ihre zerrissene Bluse über den Kopf.

      Adele konnte den Blick nicht von ihr wenden. Das Mieder umfasste Rosas schlanke Taille, betonte die straffen Brüste. „Was hast denn da?“ Erschrocken deutete sie auf die Narbe auf Rosas Schulter.

      „Das war mein Vater mit dem Schürhaken.“

      „Hat er das öfters gemacht?“, fragte Adele ensetzt.

      „Schon. Hat behauptet, ich tät mich rumtreiben. Aber jetzt ist er weg. Ich leb mit meiner Mutter allein.“

      Die Kathi brachte das Frühstück: Butterweckerl, rösche Semmeln und auf einer silbernen Platte in knusprigem Speck verrührte Eier. Sie senkte den Blick wegen der halbnackerten Frau, die ihr irgendwie bekannt vorkam. Stumm deckte Kathi den Tisch, stumm ging sie wieder hinaus.

      Rosa zog Adeles Bluse an und drehte sich vor der Fensterscheibe. „Als wär sie für mich gemacht.“

      „Kannst sie behalten. Aber lass uns jetzt essen.“

      Rosa setzte sich an den Tisch, bewunderte die kunstvoll bestickte Tischdecke, drehte den silbernen Kaffeelöffel in der Hand. Daheim saß sie mit ihrer Mutter in einer engen Küche am ausgebleichten Holztisch.

      Adele legte ihr ein Butterweckerl auf den Teller und schob ihr die silberne Platte hin. „Bedien dich.“

      Rosa deutete auf das Klavier, fragte mit vollem Mund: „Können Sie spielen?“

      „Freilich. Hab schon Konzerte gegeben. Und komponieren tu ich auch.“

      „Ich bin auch eine Künstlerin. Beim Theater. Hab aber immer nur das Dienstmädchen spielen dürfen. Und wie mir die Gläser vom Tablett gerutscht sind, direkt auf den Schoß von der Hofschauspielerin, haben sie mich entlassen.“

      Lachend ging Adele zur Kredenz, füllte zwei Gläser mit Kirschlikör. „Lass uns anstoßen. Darauf, dass du noch ganz berühmt wirst.“

      „Lieber auf unsere Freundschaft.“ Rosa stand auf und drückte Adele einen Kuss auf die Wange.

      Adele zog die Rosa fest an sich: „Ab jetzt sagst Du zu mir. Und erzähl mir doch, was du den ganzen Tag so machst.“

      Wie ein Wasserfall plapperte die Rosa. Wie sie sich mit ihrer Mutter, einer Büglerin, durchschlagen musste. Und wie sie aufpassen musste, wenn sie die gebügelte Wäsch in die feinen Häuser brachte. Wegen der Mannsbilder, die ihr dort nachstellten.

      Als die Likörflasche leer war, kam der Enzian dran. Adele genoss Rosas Plaudern. Strich ihr sanft über die Sommersprossen, die ihr übers Gesicht tänzelten, wenn sie lachte. Immer ausgelassener wurden sie, immer lauter wurde ihr Gelächter.

      „Ich spiel uns was.“ Adele setzte sich ans Klavier, schlug den Donauwalzer an, pfiff die Melodie dazu. Rosa wirbelte im Zimmer herum. Adele stand auf, fasste sie um die Taille, singend drehten sie sich im Walzerschritt.

      Rosa ließ den Kopf auf Adeles Schulter sinken. „Mir ist schon ganz schwindlig.“

      Adele zog sie enger an sich: „Kommst mich am Sonntag besuchen? Zum Kaffee?“

      „Gern. Aber jetzt muss ich gehen. Sonst gibt’s daheim ein Donnerwetter.“

      Nachdem die Rosa gegangen war, füllte Adele ihre Kaffeetasse und rührte Milch und Zucker hinein. Legte ihre Finger auf die Wange. Spürte immer noch Rosas Lippen. Samtweich hatten sie sich angefühlt. Sie erschrak. Was, wenn die Rosa am Sonntag nicht kommen würde? Adele wusste ja nicht einmal, wo sie wohnte.

      Sie ging aus dem Zimmer und fragte die Kathi, die im Treppenhaus mit einem Staubwedel über die Bilder fuhr: „Weißt, wo die wohnt, die grad bei mir war? Hast sie angeschaut, als würdest sie kennen.“

      „Die ist mir gleich so bekannt vorgekommen. Hat früher im Nebenhaus von uns gewohnt. Was wollen Sie von der?“

      „Wissen will ich, wo sie daheim ist.“

      Kathi ließ den Staubwedel sinken. „Jetzt lebt sie mit ihrer Mutter in der Türkenstraße. Dort hat die Mutter eine Büglerei.“

      Adele nickte. „Wenn der Homolatsch kommt, dann sagst ihm, dass er hingehen soll. Sie daran erinnern, dass ich sie am Sonntag zum Kaffee erwart.“

      Am Sonntag wartete Adele ungeduldig, bis es Nachmittag wurde. Immer wieder schaute sie auf die Uhr. Um ihre Unruhe zu vertreiben, setzte sie sich ans Klavier. Geschmeidig glitten ihre Finger über die Tasten. Sie schlug ein Klavierstück von Schubert an und erinnerte sich an ihren Klavierunterricht in der Schule. Streng war die Klavierlehrerin gewesen, hatte jeden falschen Ton gerügt. Doch als Adele immer besser wurde und auch schwierige Stücke fehlerfrei spielen konnte, durfte sie auf einer Weihnachtsfeier den Chor auf dem Klavier begleiten.

      Adele schlug den Klavierdeckel zu, stand auf und öffnete die Tür. Kurz nach fünf war es schon. Sie rückte die Tassen auf dem Tisch zurecht, prüfte, ob der Kaffee noch warm war. Endlich hörte sie, wie die Haustür aufging und Rosa den Bediensteten begrüßte. Lachend ging Adele ihr auf der Treppe entgegen. „Hab schon geglaubt, du kommst gar nicht mehr.“

      „Hab der Mutter noch helfen müssen. Aber jetzt freu ich mich, dass wir uns sehen.“ Untergehakt gingen sie die Treppe hinauf und setzten sich im Salon an den Tisch. Rosa nahm die silberne Kuchengabel mit dem ziselierten Griff in die Hand. „Die ist fast zu schön, um mit ihr zu essen.“

      „Lass dir’s schmecken. Den Kranzkuchen hat die Kathi gebacken.“

      Adele war wie verzaubert von der Rosa. Von ihrem blonden Haar, das ihr in Locken auf die Schultern fiel, den schalkhaften blauen Augen. Selten hatte sie sich in Gesellschaft einer Frau so wohl gefühlt. Sich meist gelangweilt bei dem Weibergetratsch, bei dem es nur um die Kinder, die Männer oder ums Kochen ging. Aber die Rosa war etwas Besonderes. Mit ihrer Lebenslust, ihrem Lachen, wenn sie sich lustig machte über die Herrschaften, denen sie die Wäsche ins Haus brachte.

      Adele wollte sie gar nicht mehr weglassen. „Hättest nicht einmal Lust auf eine Kutschfahrt? Wir könnten hinausfahren aufs Land und in einem Gasthaus einkehren.“

      Rosa lächelte. „Freilich hätt ich Lust.“

      Adele ging an die Kommode und entnahm einem Rosenholzkästchen eine Kette aus feinstem Rosenquarz. Sie trat hinter die Rosa, strich ihr das Haar aus dem Nacken und legte ihr die Kette um. „Die schenk ich dir.“

      Rosa sprang auf und ergriff den Handspiegel auf der Kommode. „So ein schöner Schmuck!“ Sie umarmte Adele und küsste sie auf den Mund. „Die Kette werd ich in Ehren halten.“

      Von