Das süße Gift des Geldes. Bhavya Heubisch

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Название Das süße Gift des Geldes
Автор произведения Bhavya Heubisch
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783862223756



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Wunder. Im ‚Deutschen Haus‘ vom Munkert, in das ich umgezogen bin, ist’s auch nicht besser als beim Bögner. Wie ich beim Munkert eingezogen bin, hat er sich schier überschlagen. Jetzt grantelt er nur noch herum. Meine Hunde passen ihm nicht, dass ich Zigarren rauch, passt ihm nicht, und wenn mich jemand besuchen kommt, passt’s ihm auch nicht. Behauptet, die Gäste täten die ganze Nacht herumgrölen. Und viel zu viel verlangt er für die drei Zimmer.“

      „Warum ziehst denn nicht aus? Geld hast doch genug. Weißt überhaupt, wie viel auf dem Speicher ist?“

      „Wie soll ich denn bei den vielen Leuten, die mir jeden Tag ihr Geld bringen, noch zum Zählen kommen? Komm ja kaum noch nach mit dem Kassieren.“ Sie überlegte. „Überschlagsweise könntens so an die 25.000 Gulden sein. Und dass du dir nix von meinem Geld nimmst, weiß ich.“

      Alois nahm die Kiste vom Boden. „Dann komm.“

      Zusammen stiegen sie die Treppe hinauf. Alois sperrte das wuchtige Vorhängeschloss auf und deutete auf die Kiste, in der er jeden Tag das Geld, das Adele einnahm, verwahrte. Stemmte mit einem Eisen den Deckel auf, durch den er dicke Nägel getrieben hatte. Dann zählten sie. Insgesamt fast 30.000 Gulden.

      „Könntest dir leicht eine andere Wohnung leisten“, meinte der Alois. „Oder gleich ein ganzes Haus. Mein Spezl, der Baumeister Berger, will sein Haus in der Schönfeldstraße verkaufen. Wennst willst, red ich mit ihm.“

      Adele dachte nach. Schon öfter hatte sie daran gedacht, in ein eigenes Haus zu ziehen, damit sie herauskam aus der Wirtsstube vom Alois, die kaum noch Platz bot für ihre vielen Kunden. Wenn sich die Gelegenheit bot, warum nicht? „Also gut, dann red mit ihm.“ Sie drehte sich um, stieg die Treppe hinunter und verließ das Haus. Auf der Straße zündete sie sich eine Zigarrre an und schlenderte zum Marienplatz. Plötzlich fiel ihr die Rosmarie ein. Warum sie nicht jetzt gleich besuchen?

      In der Hackengasse fand sie den Durchgang, den Rosmarie ihr beschrieben hatte. Faulig roch es. Modrig. Im Hof stand ein Baum mit vergilbten Blättern. Fast bereute sie, hergekommen zu sein. Nach kurzem Zögern betrat sie das Hinterhaus und stieg die schmale Treppe hinauf. Klopfte im ersten Stock an die Tür, in die ein großes „R“ geritzt war. Sie hörte Schritte. Die Wohnungstür ging auf und Rosmarie, in ein prächtiges, an Saum und Ärmeln mit Goldborten verziertes Kleid gehüllt, lachte. „Wie mich das freut, dass du mich schon jetzt besuchen kommst!“

      „Hab’s dir doch versprochen. Und was ich versprech, das halt ich auch.“

      Rosmarie zog Adele in den Flur und schloss die Tür. Überrascht blickte sich Adele um. Der Flur, in freundlichem Rosé gehalten, wurde von zahlreichen Kerzen in anheimelndes Licht getaucht. Eine Treppe, bespannt mit einem roten Läufer, führte ins obere Stockwerk.

      „Komm in meinen Salon und trink einen Kaffee mit mir. So viel Zeit hast doch, oder?“

      „So viel Zeit, wie du willst.“

      Sie betraten den Salon.

      Die Wände waren mit rotem Damast bespannt, der Diwan und die Sessel samtblau bezogen. Auf einer Konsole zückte die Figur eines nackten Cupido den Liebespfeil und zielte auf die Figurine einer Schäferin mit kess geschürztem Rock.

      „Schön hast es“, meinte Adele und nahm auf einem Sessel Platz. „Ehrlich gesagt, hätt ich das nicht gedacht. So übel, wie’s im Hof ausschaut.“

      Rosmarie setzte sich ihr gegenüber. „Muss ja nicht jeder wissen, was für ein nobles Haus ich führ. Das wissen neben meinen Damen nur die eingeweihten Herren. Sind viele von ganz oben dabei.“

      Sie zog an einem Klingelzug.

      Eine gutgebaute Brünette, in ein offenherziges Spitzennegligé gekleidet, trat ein.

      „Betsie, mach uns einen Kaffee“, befahl die Rosmarie.

      „Ich bring ihn gleich. Übrigens: Der Baurat Gruber ist draußen und will unbedingt zur Carla, aber die ist noch nicht frei.“

      „Dann schickst ihn zur Lissi. Die wird ihm auch gefallen.“

      Mit einem Kopfnicken verließ Betsie den Raum.

      Rosmarie ergriff Adeles Hand. „Bis der Kaffee kommt, erzählst mir von dir. Wird viel geredet über dich. Reich sollst sein, heißt s.“

      „Könnt schon stimmen.“

      Plötzlich stand die Betsie in der Tür und deutete auf einen Herrn direkt hinter ihr. „Er will nicht zur Lissi.“

      Rosmarie sprang auf. „Herr Baurat! Sie wissen doch, dass sie meinen Salon nicht unangemeldet betreten dürfen. Diskretion ist mein oberstes Gebot.“

      „Zur Carla will ich und zu keiner andern“, erwiderte der Baurat schroff.

      Rosmarie führte ihn sanft am Arm hinaus.

      Adele hörte, wie Rosmarie beschwichtigend auf ihn einredete: „Wenn Sie sich noch ein paar Minuten gedulden wollen. Die Carla ist gleich bereit für Sie.“

      Adele musste sich das Lachen verkneifen. Dass sie einen Baurat hier gesehen hatte, konnte ihr vielleicht noch einmal von Nutzen sein.

      Zwei Tage nach dem Besuch bei der Rosmarie stand Adele mit dem Alois und dem Berger vor einem Haus in der Schönfeldstraße. Berger, der das Haus unbedingt verkaufen wollte, damit er im Gärtnerplatzviertel investieren konnte, schloss beflissen die Tür auf. „Ein schöneres Haus finden Sie in der ganzen Gegend nicht. Kommens, damit Sie sehen, wie geräumig es ist.“

      Adele betrat die Diele und begutachtete die drei Zimmer im Erdgeschoss. Sah im Geiste schon ihre Geschäftsräume vor sich. Und die Küche, die rechts vom Flur abging, war groß und hell. Eine Köchin würde sie einstellen, Abendgesellschaften geben, ohne dass ihr jemand dreinredete. Damit der Berger den Preis nicht zu hoch ansetzte, krittelte sie: „Die Küch müsst neu hergerichtet werden. Und einen neuen Ofen bräucht es auch.“

      „Das sind doch nur Kleinigkeiten. Kommen Sie mit nach oben.“

      Im ersten Stock gab es vier geräumige Zimmer. Adele malte sich bereits alles genau aus: Eins würde sie als Schlafgemach herrichten, eins als Speisezimmer, eins als Salon und eins als Konferenzzimmer. Und das kleine Zimmer neben dem Salon war grad recht für eine Haushälterin.

      „Oben sind noch zwei Kammern. Wollen Sie die sehen?“

      Sie stiegen die Holztreppe hinauf. Adele warf einen Blick in die Kammern. Groß waren sie nicht. Aber für die Kassierer, die sie einstellen würde, würde es reichen.

      „Und? Wie gefallt Ihnen das Haus?“

      „Geht schon. Wie viel würdens denn dafür wollen?“

      „56.000.“

      „Sind Sie narrisch! Das Haus braucht dringend einen neuen Anstrich und auch herinnen muss alles frisch geweißelt werden.“ Sie öffnete das Fenster und blickte in den weitläufigen Garten. Der gab den Ausschlag. In lauen Sommernächten konnte sie Gartenfeste geben, die hohe Gesellschaft zu sich laden. Sie drehte sich um: „Der Garten ist ja völlig verwildert.“

      Berger hakte die Finger in die Hosenträger. „Kann leicht wieder hergerichtet werden. Und für weniger geb ich das Haus nicht her.“

      Der Alois flüsterte ihr zu: „Ich an deiner Stell tät es kaufen.“

      „Aber so viel hab ich nicht.“

      „Ungefähr 30.000 sind auf dem Speicher. Und laufend nimmst noch mehr ein. Spätestens in einem halben Jahr hast den Rest beisammen.“

      Bei dem Getuschel wurde der Berger ganz unruhig. Drei Interessenten hatten das Haus schon besichtigt, keiner wollte es. „Also gut. Mein letztes Wort: 54.000. Aber nur, weil Sie es sind.“

      „Nimms“, tuschelte ihr der Alois ins Ohr.

      Sie gab sich einen Ruck. „Abgemacht. Ich geb Ihnen eine Anzahlung von 13.000, in einem halben Jahr noch einmal das Gleiche und den Rest in einem Jahr.“

      Berger atmete auf. 13.000