Das Lied der Eibe. Duke Meyer

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Название Das Lied der Eibe
Автор произведения Duke Meyer
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783964260109



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sitzt. Bedenke deine Möglichkeiten – und vermeide ihre Einschränkung durch das übliche Wenn und Aber. Nicht, dass die nicht auch hin und wieder ihre Berechtigung hätten. Aber wenn du sie gleich in Geltung treten lässt, behinderst du deine Gedanken und, wenn du das ständig tust, erstickt deine Phantasie. Lass den Vogel deiner Vorstellung über die Mauern, Schluchten und all die anderen Grenzen fliegen, die deiner Erfahrung im Weg stehen. Lass deine Phantasievögel ausschwärmen und dir da, wo du bist, Kunde bringen von dort, wo du meinst, nie hinzukommen. Vielleicht erscheint der Weg zu weit oder zu hindernisreich für deine Füße, Hände oder Räder. Vielleicht tendierst du damit sogar zu realistischen Einschätzungen; Kompliment an deinen Verstand, er ist sicher ein guter Hausmeister. Das reicht nur nicht zur Welterkennung – geschweige denn zur Sinnfindung (die in Wahrheit nur eine Sinnstiftung sein kann, und zwar deine). Und er, dein geschätzter Intellekt, wird dich – unabhängig von seinem Fassungsvermögen und deinem möglichen Intelligenzquotienten – weder dem Glück noch der Liebe noch irgendeiner anderen Erfüllung näher bringen: weil er dafür schlicht und einfach das falsche Werkzeug ist! Verlange nicht Dinge von deinem Verstand, für die er – und wenn er noch so entwickelt und leistungsfähig ist – nicht gemacht ist. Du wirst gleichermaßen dein Herz und deine Phantasie brauchen. Die bestimmen, was du aus dir machst. Beide können dich weit tragen – dir Landschaften und Bereiche zeigen, die im wahrsten Sinn des Wortes dein Bewusstsein erweitern. Wenn du dein Leben meistern willst, ist dringend anzuraten, den Kopf aus der Kloschüssel zu ziehen und den Blick schweifen zu lassen, was es außer der bekannten Scheiße sonst noch so gibt. Die Phantasie schaut auch durch Mauern und Wände, du musst sie nur lassen – und ermutigen. Wo immer du dich befindest – verlasse das Zimmer, den bekannten Raum. Geh raus. Irgendein Draußen gibt es immer und in aller Regel ist es größer, als wir denken. Wir haben nur unsere Wahrnehmung; sie zu erweitern, erfordert – innere oder äußere – Bewegung. Wie so oft gilt: Die eine schließt die andere nicht aus.

      Fehu ist nicht die Rune, die Bewegung an und für sich verkörpert, das tut eine andere – aber zu den Merkmalen von Fehu gehört Beweglichkeit. Geld muss fließen, funktioniert durch Austausch, Vieh wird getrieben (von denen, die es hüten – oder es treibt sich selber herum), ist, wie wir uns erinnern, „bewegliche Habe“ – und genauso ist Potential kein fest umrissenes Ding an einem Platz (und schon gar nicht unverrückbar irgendwohin genagelt), sondern ein abstrakter Gedanke. Wenn du seine Essenz erwischst, wird er zum Quell. Das ist Fehu: die Summe deiner Möglichkeiten. Je nach Situation, Lage und Umgebung kann sie klein oder groß sein, nahezu unendlich – oder gar nicht vorhanden. Eins ist sie aber immer: veränderlich.

      „Macht“ Fehu überhaupt irgendetwas – außer, dir deine Macht und Vermögen aufzuzeigen? Das kommt auf den Zusammenhang an. Meine Einkünfte zu vermehren, hat zumindest durch das bloße Wohinritzen von Fehu-Runen nicht geklappt. Aber andere Runen halfen mir zu erkennen, wo speziell bei mir die innere Blockade liegt – und wie ich sie anzugehen habe. Fehu allein wird also vermutlich keine schwarzen Zahlen auf dein Konto hexen, sowenig wie es in vorkapitalistischen Zeiten aus zwei Ziegen eine respektable Rinderherde machte oder auch nur aus drei mageren Kühen vier fette. Für solche Art Hexerei bräuchte es ja auch keine Runenkunde und schon gar kein Buch darüber: Mal eben mit den Fingern schnippen und sich einfach was wünschen kann sicherlich jeder Depp. Ich bin kein Zeremonialmagier, der Formeln anzubieten hätte. Ich empfehle den längeren, umständlicheren – aber, wie ich meine, nachhaltigeren und letztlich ergiebigeren – und vor allem natürlichen Weg: den, für den wir Menschenwesen ganz gut geschaffen sind. Den der Selbsterkenntnis. Wir tragen alles in uns, was wir brauchen. Wir müssen es nur erschließen. Das „nur“ in dem Satz mag höhnisch erscheinen, ist aber schlicht wahr. Was lehrte mich Fehu, die erste Rune des Futhark? Zum Beispiel, dass die Frage – das Suchen und Finden, das Sichten und Fördern – des Potentials als erstes kommt. Sowohl das der Situation und Lage – als auch des ganzen Lebens.

      Wer meint, kein Potential zu haben, täuscht sich. Davon (dass du sogar ein einzigartiges hast: in dir drin) handelt noch eine andere Rune. Mit Fehu, der ersten, sei schon mal an das alte Sprichwort erinnert, dass „Kleinvieh auch Mist“ macht. Wie sich aus lauter kleinen, scheinbar lächerlichen Einzelposten erstaunlich stattliche Summen ergeben können, lässt sich in jedem Supermarkt erfahren. Das funktioniert auch umgekehrt: in dem Sinne, wenigstens diese winzigen Anteile, die du deinem Potential einstweilen gerade noch zuzugestehen vermagst, beharrlich vermehren zu können. Sich vermehren zu lassen. Ihnen das zu gönnen. Und damit dir selbst. Bis du dich mehr traust. Und irgendwann vielleicht sogar die Quelle findest – die Quelle in dir drin. Sie ist näher, als du denkst. Es gibt ein kosmisches Gesetz, das lautet: „Mehr macht mehr“. Je mehr etwas bereits vorhanden ist, desto leichter fällt es, daraus noch mehr zu machen, während zuwenig meist zuwenig bleibt und oft auch unter großen Anstrengungen nicht nennenswert vermehrt werden kann. Das gilt nicht nur für Geld. Gemeint ist: Potential vermehrt sich nicht durch die Konzentration auf Defizite und etwaige Mängel. Suche lieber nach Möglichkeiten und feiere das gefundene kleine Korn, selbst wenn du dir dabei erst einmal wie das sprichwörtliche blinde Huhn vorkommst. Jede Lawine fängt klein an; die ganze materielle Welt besteht aus Atomen, die bekanntlich so klein sind, dass du keins mit bloßem Auge siehst, sie aber trotzdem alle vorhanden sind. Welch ungeheure Kraft in jedem einzelnen steckt, lässt die gleichnamige Bombe erahnen. Erzähl dir also nicht (und lass dir nicht erzählen), du hättest kein Potential. Schau lieber, wo es steckt und wie du es förderst. Dieses Vieh zu sammeln und zu treiben, ist der erste Schritt in ein erfolgreiches und selbstbestimmtes Leben. Jedes selbstbestimmte Leben ist erfolgreich. Wenn es dir daran mangelt, übersiehst du entweder deine Erfolge (vielleicht zählst du die falschen?) oder du lebst nach Werten, die dir schaden. Überprüfe, ob das, woran du glaubst, dir auch nützt. Woher hast du deine Ansichten eigentlich?

      Fehu fragt dich (oder, anders ausgedrückt: Du fragst dich mittels Fehu), was funktioniert. Es beginnt mit deiner Vorstellungskraft. Je größer diese ist – sie lässt sich übrigens trainieren, und das womöglich leichter als Muskeln oder Intelligenz –, desto mehr Raum lässt sich schaffen für das, was kommt, was kommen soll, was du brauchst. Wir erinnern uns: Auch und gerade dein Einfallsreichtum, dein Vorstellungsvermögen, gehört zum Potential. Zu Fehu. Fang an.

       „Ich trete hier auf heut‘,

       Hab‘s lange geprobt,

       Weißgott nicht nur dafür,

       Dass man mich lobt.

       Auch wenn‘s noch so leicht aussieht,

       Und obwohl‘s mir gefällt:

       Ich mach meine Arbeit für Geld…“

      („Arbeit für Geld“, 2015)

      Bildstein auf Gotland, Schweden

       KAPITEL VII

       Betrachtungen zur Rune Uruz: zur Manifestation des Irdischen, Zugänge zu erdgenährter Kraft

       MUTTER MATERIE

      Es wird konkret. Was passiert mit dem Potential? Von selber nichts – aber das Vieh tendiert ja zur Bewegung. Wir treiben es wohin – oder es treibt, sich selbst überlassen, auseinander (nicht völlig – aber zumindest wird es ohne unser Zutun kaum eine Richtung einschlagen, die uns dient und entspricht). Wenn Fehu das darstellt, was wir vermögen, die Summe unserer Möglichkeiten, so manifestiert sich das, was wir damit anstellen, als ihre Verwirklichung. Das Wahrmachen bringt es in die Welt, sinnlich gesehen auf die Erde. Es materialisiert sich. Die Rune solch irdischer Manifestation ist Uruz.

      Die Urbedeutung ist „Auerochs“. Eine andere „Nieselregen“. Wie passt das zusammen? Unter Umständen