Das Lied der Eibe. Duke Meyer

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Название Das Lied der Eibe
Автор произведения Duke Meyer
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783964260109



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Dein Körper auf dem der Erde… Was glaubst du denn, wo deine Kraft herkommt? Geh mal runter von der Leitung, dann merkst du vielleicht, dass du direkt auf dem Akku stehst. Es ist der deine, das heißt: Er hat Energie für uns alle, also auch für dich. Gerade, wer sich geistig beschäftigt – und zumindest, wer mein Runenbuch liest, kann die nämliche Anforderung nicht ganz von sich weisen –, braucht so genannte Erdung. Was ist das? Die Erinnerung daran, wo unten ist, und das ist genau dort, wo die Kraft herkommt: die der physischen Präsenz. Ich weiß das am besten, weil ich das erst lernen musste. Ich bin nämlich ein ganz hibbeliger Typ und, hätte ich mir nicht götterseidank so eine erdige, diesseitsbezogene Religion eingefangen und aufgebaut, wäre ich schon längst davongeflogen wie ein Luftballon – hoppla, ja, zugegeben, mein Körper hätte mich daran gehindert. Aber ist es nicht um so angebrachter, ihm deswegen etwas Respekt und Dankbarkeit zu zollen, anstatt ihn zu schmähen, zu negieren oder gar überwinden zu wollen, wie es so manche leibfeindliche, nur das Höchstgeistige erstrebende Lehre predigt – als wären Sitz, Wohnstatt und voraussetzende Umgebung all solcher Geistigkeit nur zusammengepappter Dreck? Derart schmalgleisigen Verherrlichungen folge, wer‘s mag und braucht (aber lasst mich in Ruhe damit – ich bin bekennendes Mösenkind, von einer blutenden Mutter geboren und auf der größten von allen, der Allunseren, wandle ich mit Freuden und in jubelnder Andacht) – ich brauche eher Erdung und die immer wieder. Gerade weil mein Geist so gern fliegt – und mein Herz sich allzu leicht hinterherwirft und sei es wegen eines Lächelns, das vielleicht gar nicht mir galt (oder nur dem Bild, das jemand in mir sehen wollte). Da reicht mir mein Körper nicht als Trägheitsgarant, da will der Geist dran erinnert werden, dass er durch Materie in Materie lebt und das Herz – nun, meins genas schon an der Erde, der nackten Krume, dem grünen Gras, benetzt vom Tau eigener Tränen, wenn‘s sein sollte und durfte – und ja, es darf immer. Womit wir schon wieder bei der Nässe wären. Aller Anfang ist feucht, die meisten Wege auch und das Ende vermutlich nicht minder. Sie scheint halt nie weit weg zu sein vom Irdischen. Lass es nieseln. Am Ende kannten sie den Regen ja auch samt Pfützen, Sumpf und Tau – all die schwarzen Auerochsen, wenn sie in Herden über die ureuropäische Savanne steppten, dass es bebte und donnerte noch im nahen Wald. Lass deine innere Aueröchsin beben! Oder wenigstens dein ureigenes Auerkalb! Es möchte wachsen. Führ es aus, lass es raus. Lass es grasen – und tanke Kraft. Ihr bewohnt denselben Akku.

       „Ich will den Fuchs und den Luchs und das Wisent zurück. Ja, ich will die europäischen Büffel zurück.

       (…)

       Tot liegt die Maus vorm Monitor – in allen Windows soll es zieh‘n!

       Und die Gene der Gen-Bastler können zum Nidhöggr gehn…

       Durch unsere grau gewordenen Zellen lasst ein rotes Mammut zieh‘n.“

      („Thors Wiederkehr“, 1992)

      Bildstein, Öland, Schweden

       KAPITEL VIII

       Betrachtungen zur Rune Thurisaz: Was sind Riesen, das schöpferische Prinzip der Entladung, von der Entstehung des Universums bis zur individuellen Entäußerung, besondere Wesenszüge Thors

       RIESEN-RUMMS

       „Die Götter entstammen den Riesen, und am Schluss unterliegen sie diesen.“

      („Als die Sau noch Göttin war“, 2000)

      Naturwissenschaftlichen Berechnungen zufolge war das Universum vor 13,8 Milliarden Jahren noch nicht da. Es soll als winziger, hochverdichteter Urkern begonnen haben. Das Phänomen, das diesen mikroskopischen Nano-Kern schlagartig aufblähte zu dem gigantischen, ja grenzenlosen Gebilde, das wir als Universum kennen, wird Urknall genannt.

      Nach germanischer Auffassung wäre dieser Urknall (hätten Angehörige germanischer Stämme seine Geschichte hören können) ein Riese gewesen.

      Die älteste bekannte Atomtheorie stammt von Aristoteles. Dieser griechische Gelehrte der Antike ging bereits davon aus, dass alle Materie aus winzig kleinen Teilchen bestünde, die er „atomos“ („Unteilbares“) nannte. Zweieinhalb Jahrtausende später gelang es amerikanischen Wissenschaftlern, die Kerne solcher „unteilbaren“ Teilchen tatsächlich zu spalten. Die dabei freigesetzte Energie wurde als Atomexplosion bekannt. Die ersten beiden zerstörten 1945 die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Seither fanden weltweit jede Menge so genannter „friedlicher“ Atomexplosionen statt – die Schlagkraft der Bomben wurde größer und größer.

      Nach germanischer Auffassung wären diese Explosionen (hätten Angehörige germanischer Stämme solche fürchten müssen), leibhaftige Manifestationen von Riesen gewesen. Feuerriesen aus Muspellheim, der Schreckenswelt der zerstörerischen Gluthitze…!

      Da sowohl Atomphysik als auch die Urknalltheorie Errungenschaften des 20. Jhs. sind, die vorher nicht einmal erahnt werden konnten – welche anderen „Riesen“ können in historischen germanischen Zeiten beobacht- und erlebbar gewesen sein? Erdbeben zum Beispiel, Springfluten, Lawinen oder Feuersbrünste – alle denkbaren Naturgewalten; speziell alle als blindwütig und zerstörerisch titulierbaren. In einer rundum beseelten Welt sind eben auch Katastrophen, insbesondere solche, die mensch nicht aufhalten kann, Wesenheiten. Eisriesen, Frostriesen, Feuerriesen, Sturmriesen… Die Liste ist beliebig verlängerbar. Das Wirkprinzip ihrer möglichen Inhalte ist in einer Rune ausgedrückt: Thurisaz. Wortwörtlich „Riese“ (von altnordisch „Thurs“).

      Was tut diese dritte Rune im Zusammenhang des erwähnten Schaffens- und Schöpfungsvorgangs, den die erste Achterreihe des Älteren Futhark beschreibt? Sie verbreitet die Materie, treibt sie auseinander, breitet sie aus – schlagartig und chaotisch. Was frappierend zu unserer heutigen Urknalltheorie passt… Vorahnungen derselben brauchen spätantiken Runenkundigen dabei keineswegs unterstellt werden. Übertragen wir das Denkmodell der ersten Runen-Acht zur Veranschaulichung auf etwas Alltägliches, zum Beispiel auf einen Hausbau. Dann steht Fehu für die Investition des nötigen Kapitals, Uruz für die Manifestation (in dem Fall: Anlieferung) des Materials – und Thurisaz ganz friedlich für dessen Ausbreitung über den Bauplatz. Auch wenn das nicht ganz so schlagartig erfolgen dürfte wie bei Explosionen: Um eine Art Entladung handelt es sich trotzdem, und das Ergebnis ist erstmal chaotisch. Denn sortiert wird das Material erst in der nächsten Phase. Zunächst muss es großflächig verteilt werden, damit auf die einzelnen Komponenten überhaupt eine Zugriffsmöglichkeit besteht.

      Das Wesen der Rune Thurisaz ist demnach zuallererst Entladung – mit dem Ziel chaotischer (unsortierter) Ausbreitung, die in aller Regel so schlagartig wie möglich erfolgt.

      Da es sich bei der Mehrzahl denkbarer „Riesen“ um eher zerstörerische, also Menschen und Menschenwerk gefährdende Phänomene handelt, erscheint die Vorstellung einer davor schützenden Gottheit folgerichtig. Nicht nur über die später aufgezeichneten Mythensammlungen (die uns in Form der Edda vorliegen), sondern auch über zahlreiche archäologische Hinweise (Ortsnamen, Inschriften) ist ein germanischer Donnergott verifizierbar, der im Süden Donar, im Norden Thor genannt wurde. (Noch sehr viel ältere schwedische Felszeichnungen, die eine hammerschwingende männliche Figur zeigen, lassen einen jahrtausendealten Werdegang entsprechender Gottvorstellungen immerhin vermuten.) Die Edda ist voll mit seinen Abenteuern und ihn beschreibenden Anekdoten. Sein Name ging nie ganz unter, obwohl eine Gestalt wie der verfilmte Thor der Marvel-Comics mit dem (bereits als Nacherzählung zu verstehenden) literarischen Vorbild aus der hochmittelalterlichen Edda natürlich kaum mehr Ähnlichkeiten aufweist (und die frei daherfabulierten Filmstories letzte noch ahnbare Zusammenhänge verblassen lassen – die aber auch nicht Sinn und Zweck solcher Geschichten sind).

      Für mich