Название | Sergia - Sklaven des 22. Jahrhunderts |
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Автор произведения | Katja Brinkert |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957442468 |
Luke wandte erschüttert den Blick von dem Schauspiel ab. Er konnte den Anblick des gequälten Mannes nicht länger ertragen. Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen als er darüber nachdachte, ob er wohl der Nächste war.
Als er nach ein paar Minuten erneut aus dem Fenster blickte, war der Hof wieder leer. Nichts erinnerte mehr an das grausame Schauspiel, das noch vor ein paar Minuten dort stattgefunden hatte.
Luke setzte sich auf seine Pritsche und atmete tief durch.
Seine Hände zitterten noch immer, aber sein Magen beruhigte sich allmählich wieder. Zumindest hatte er nicht mehr das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen.
Charles hatte sich direkt nach seiner Rückkehr in sein Arbeitszimmer begeben und widmete sich den Wochenberichten. Er hatte während der Fahrt seinen Fokus wiedergefunden und hatte sich nun wieder vollkommen unter Kontrolle. Der Gedanke an seinen verstorbenen Vater hatte ihm dabei geholfen. Sein Vater war stets sein Vorbild gewesen. Viele Jahre hatte er das Familienunternehmen, das wiederum sein Vater nach der Weltwirtschaftskrise Anfang des 21. Jahrhunderts aufgebaut hatte, wie ein Captain sicher durch die raue See befehligt. Er hatte nie sein Ziel aus den Augen verloren und niemals Schwäche gezeigt.
Charles schnaubte leise bei dem Gedanken an diese peinliche Entgleisung. Jetzt, wo er wieder er selbst war, musste er fast lächeln.
Warum bloß war er so weich geworden? Er hatte schon einige seiner Bekannten und Freunde in die Sklaverei gehen sehen und bei keinem hatte er auch nur einen Anflug von Mitgefühl empfunden. Warum auch? Alle waren selbst an ihrem Schicksal schuld gewesen und sie alle erwiesen nun einen guten Dienst, indem sie den Reichtum ihrer Master mehrten.
Er legte das Datapad mit den Wochenberichten der Supervisoren zur Seite. Er hatte keine Lust, sich mit den kleineren und größeren Vergehen seiner Sergia zu befassen. Im Prinzip war es auch nicht so wichtig. Schließlich hatten seine Supervisoren sich schon der Probleme angenommen und die betreffenden Delinquenten entsprechend bestraft.
In diesem Punkt hatten seine höherrangigen Mitarbeiter freie Hand. Nach etwa zehn Dienstjahren wurde ein Wachmann in den Rang eines Supervisors erhoben. Nach dieser Zeit hatte er genug Erfahrung um die Sergia selbständig zu führen. Und dieses System funktionierte gut. Es kam nur selten vor, dass einer der Grand-Supervisoren oder gar Charles selbst, ein Urteil abändern mussten.
So überflog Charles meist nur die Wochenberichte, denn es war ja nur eine nachträgliche Information. Und manchmal war das für seine Sergia gar nicht von Nachteil, denn der ein oder andere Supervisor war doch eher milde in der Wahl des Strafmaßes.
Aber solange das Geschäft lief, wollte Charles sie dafür nicht zurechtweisen. Erst wenn gehäuft Ungehorsam auftrat, so dass man annehmen musste, dass die Sergia ihre Führung nicht mehr ernst nahmen, griff Charles ein. Dies war jedoch erst einmal vorgekommen.
Damals hatte sich ein Supervisor mit einer jungen Sergia eingelassen. Charles tolerierte es, wenn seine Supervisoren sich mit den Mädchen ein wenig vergnügten, schließlich waren sie Männer, und irgendwo mussten sie ihre Triebe ausleben. Aber bei diesen Beiden war es anders gewesen. Der Supervisor hatte sich in das Mädchen verliebt, und darüber vollkommen seine Pflichten vergessen. Während sie gemeinsam ihre Flucht planten, lief auf der Farm, die er beaufsichtigen sollte, alles aus dem Ruder.
Die Sergia merkten schnell, dass ihr Aufseher nicht mehr bei der Sache war. Sie schluderten bei der Arbeit, stellten seine Anweisungen in Frage und wurden aufmüpfig.
Verblendet durch die Liebe zu seinem Mädchen, merkte der Supervisor dies allerdings viel zu spät, als dass er noch eine Chance gehabt hätte, die Situation alleine wieder in den Griff zu bekommen.
Als einige Sergia schließlich eine Revolte anzettelten, blieb ihm nichts anderes übrig, als Hilfe anzufordern. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen und der Supervisor verlor seine Anstellung.
Damals hatte Charles ernsthaft sein System in Frage gestellt, aber der Vorfall war ein Einzelfall geblieben. So überließ er das tägliche Geschäft auch weiterhin seinen Angestellten, und widmete sich selbst mehr administratorischen und repräsentativen Aufgaben.
Während er sich an diesen ärgerlichen Vorfall erinnerte, hatte Charles gedankenverloren auf das Bild seines Vaters gestarrt, das gegenüber an der Wand hing. Hätte er die Anzeichen vielleicht früher bemerkt? Hätte er schon reagiert, bevor es zum Aufstand gekommen wäre?
Hunderte Sergia hatten an diesem Tag ihr Leben verloren, als die Supervisoren die Revolte niederschlugen. So viele gute Arbeiter. Es hatte fast ein Jahr gedauert, bis die Verluste auf der Farm wieder aufgefüllt waren, und noch ein weiteres, bis die Farm endlich wieder einen Gewinn abgeworfen hatte.
Charles griff erneut nach dem Datapad, und nahm sich vor, die Wochenberichte wieder sorgfältiger zu studieren, um einen weiteren Vorfall dieser Art zu verhindern.
Doch noch bevor er die nächste Datei aufgerufen hatte, klingelte sein Mobiltelefon. Charles blickte auf das Display.
Der Name ‚Jones‘ leuchtete auf. Er griff eilig nach dem kleinen, silbernen Gerät und nahm das Gespräch an.
»Ja, Mr. Jones«, sagte er.
»Entschuldigen Sie die Störung, Mr. Dumare«, meldete sich Jones am anderen Ende der Leitung. »Aber Sie baten mich Ihnen Bescheid zu geben, wenn wir soweit sind.«
»Danke Mr. Jones. Ich bin in etwa 15 Minuten da.«
»Ja, Sir«.
Dann legte Charles auf.
Er hatte beschlossen, bei Lukes Integration persönlich anwesend zu sein.
Bereits sein Vater hatte die Erfahrung gemacht, dass es den allgemeinen Betriebsablauf zu sehr störte, wenn man versuchte, neue Sergia direkt einzugliedern. Vor allem bei den in Freiheit geborenen Chuvai war dies fast unmöglich, ohne einen Aufruhr unter den anderen Sergia zu provozieren.
So hatte sein Vater sogenannte Integrations-Center erbauen lassen, in welchen die betriebsfremden Sergia zuerst einmal ‚angepasst‘ wurden.
Vor allem bei den Chuvai war es wichtig, dass sie gefügig gemacht wurden und die Autorität ihres Masters sowie die der Supervisoren, bedingungslos akzeptierten. Je nach Individuum konnte dies Tage, manchmal aber auch Wochen dauern. Aber bis jetzt hatten seine Supervisoren jeden noch so störrischen Neuzugang unterworfen.
Und auch bei Luke würde dies nicht anders sein. Der Junge war in behüteten Verhältnissen aufgewachsen und hatte nie gelernt zu kämpfen. Es war davon auszugehen, dass er sich unter dem Druck recht schnell beugen würde.
Als er sein Büro verließ, griff Charles nach seinem Mantel, der an einem Haken direkt neben der Tür hing. Er ging in die Tiefgarage unter seinem Haus, stieg in seinen Wagen und fuhr in Richtung Integrations-Center.
Charles wollte bei Lukes Einweisung nicht etwa dabei sein, um den Jungen vor allzu harten Maßnahmen der Supervisoren zu schützen. Vielmehr wollte er sich selbst auf die Probe stellen, ob er sich tatsächlich wieder so unter Kontrolle hatte, wie er es annahm. Der Aussetzer von heute Morgen ließ ihm einfach keine Ruhe und er hatte beschlossen, sich selbst zu beweisen, dass Luke für ihn genauso ein Sergia war wie all die Anderen.
Das Integrations-Center war nur wenige Kilometer von Charles Wohnhaus entfernt, und so dauerte es nur wenige Minuten, bis er den Parkplatz erreicht hatte. Er stellte seinen Wagen ab und ging zum Eingang. Er nickte den Wachen, die das große Eisentor bewachten, kurz zu und sie ließen ihn ein.
Der Hof war noch leer, aber Charles musste nicht lange warten.
Kaum hatte sich das Tor hinter ihm wieder geschlossen, öffnete sich die Tür des gegenüberliegenden Gebäudes.
Heraus traten vier Personen: zwei Wachleute, der Supervisor Robert Jones, mit dem er zuvor telefoniert hatte, und Luke.
Luke wurde von den beiden Wachen flankiert, Jones folgte ihnen in kurzem Abstand. Der Junge wirkte zwischen