Blutiges Erbe in Dresden. Victoria Krebs

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Название Blutiges Erbe in Dresden
Автор произведения Victoria Krebs
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783948916022



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dort«, er blickte kurz zum Stuhl hinter dem Schreibtisch, »kurze Zeit später gefunden. Es war einfach schrecklich, ihn da so … so zugerichtet sitzen zu sehen. Mir war natürlich sofort klar, dass er tot war. Ich habe dann gleich die Polizei gerufen.«

      Maria nickte und wandte sich an die Umstehenden.

      »Wurde der Schlüssel des Toten gefunden?«, fragte sie.

      Ein Kollege der Spurensicherung verneinte und auch die Polizeibeamten schüttelten den Kopf.

      »Das bedeutet, dass der Mörder ihn vermutlich mitgenommen hat, denn er hat die Tür von außen wieder verschlossen. Hing der Schlüssel an einem Bund oder Etui?«

      »Ja, an einem braunen Lederetui, zusammen mit den anderen Schlüsseln.«

      »Welchen Schlüsseln?«, hakte Maria alarmiert nach.

      »Die Wohnungsschlüssel … Oh mein Gott!« Alexander Molberg schlug sich die Hände vors Gesicht. »Bedeutet das etwa, dass der Mörder meines Vaters auch in sein Haus eingedrungen ist?« Entsetzt starrte er Maria aus weitaufgerissenen Augen an.

      »Das werden wir feststellen. Wir fahren sofort dort hin. Wie ist die Adresse?«

      »Goetheallee 59 A, in Blasewitz. Soll ich vielleicht mitkommen?«

      »Natürlich«, antwortete Maria bestimmt, »Sie können uns bei der Klärung der Frage behilflich sein, ob etwas fehlt, falls sich tatsächlich jemand Zugang zu der Wohnung verschafft hat. Das würde Ihnen doch bestimmt auffallen, nicht wahr?«

      Molberg nickte und schwankte für einen kurzen Moment. Halt suchend griff er die Lehne eines neben ihm stehenden Stuhls.

      »Sie fahren mit den Kollegen.« Sie gab den betreffenden Beamten einen Wink und schickte auch die Spurensicherung zu der angegebenen Adresse.

      Kapitel 2

      Obwohl der starke Regen mittlerweile aufgehört hatte und es nur leicht nieselte, war der Himmel noch immer grau und verhangen. Wie ein schweres Tuch lag er über dem Elbtal. Als Maria über die Albertbrücke fuhr, schaute sie in den Rückspiegel, um sich zu vergewissern, dass ihre Kollegen hinter ihr waren, und seufzte. Eigentlich hatte sie vorgehabt, an diesem Freitag früh Feierabend zu machen, um den Einkaufsbummel zu unternehmen, den sie schon seit Langem vor sich her geschobenen hatte. Sie brauchte unbedingt neue Kleidung fürs Frühjahr und den Sommer. Den größten Teil ihrer Sachen hatte sie bereits aussortiert, in blaue Müllsäcke verpackt und in die Kleiderspende gegeben. Symbolisch hatte sie damit auch ihr altes Leben hinter sich gelassen – und mit diesem die schrecklichen Ereignisse des vergangenen Jahres, Nihats Tod, ihre eigene Schuld. Zumindest hatte sie es versucht.

      Allerdings sah es im Moment gar nicht nach Frühjahr aus. Sie schaute von der Brücke aus nach rechts. Dunkel erhoben sich der hohe Turm der Hofkirche und links, ein Stück nach hinten versetzt, die helle Spitze der Frauenkirche. Die langgestreckte Fassade der Kunstakademie auf der Brühlschen Terrasse wirkte in dem trüben Licht seltsam starr und leblos. Sie verließ die Brücke, umfuhr das Karree, das auf das Käthe-Kollwitz-Ufer führte, und passierte wenig später die drei Elbschlösser, die sich auf dem gegenüberliegenden Ufer aneinanderreihten, stumme steinerne Zeugen einer vergangenen Epoche. Am Vogesenweg bog sie rechts ab und stieß wenig später auf die Goetheallee. Nach wenigen Metern tauchte links vor ihr das Standesamt mit seinen Türmchen, Erkern und Loggien auf. Die elektronische Stimme des Navigationssystems teilte ihr mit, dass sie ihr Ziel auf der rechten Seite erreicht hatte.

      Sie warf durch die Frontscheibe einen Blick auf das Anwesen. Natürlich, wie konnte es anders sein? Als Alexander Molberg ihr die Adresse genannt hatte, war ihr sofort klar gewesen, dass sein Vater in einer stilvollen Villa residiert hatte. Neorenaissance, vermutete sie, war sich aber nicht sicher, als sie das große, herrschaftliche Haus eingehender betrachtete. Vor einigen Jahren hatte sie an einer Führung durch den Stadtteil Blasewitz teilgenommen. Neben Anekdoten über wohlhabende Persönlichkeiten aus der Vergangenheit waren auch die unterschiedlichen Baustile der Villen erläutert worden.

      Aber ob nun Jugendstil oder Neorenaissance, sie mussten dort hinein. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel. Die Kollegen rückten ebenfalls an und stellten ihre Fahrzeuge nacheinander hinter ihrem BMW ab.

      Alexander Molberg stürmte an ihr vorbei, riss die Pforte zum Grundstück auf, hastete eine kleine Treppe hoch und öffnete die Haustür. Sie und die Kollegen folgten ihm bis in eine kleine Eingangshalle. Ein riesiger Messinglüster hing von der mit dunklem Holz vertäfelten Decke und erhellte den fensterlosen Raum. Molberg öffnete eine schwere Holztür und blieb im selben Moment wie angewurzelt stehen. Maria drängte sich neben ihn, um selbst zu sehen, was ihn so erschreckt hatte. Das Bild, das sich ihr bot, war verstörend. Schränke standen offen, Schubladen waren herausgerissen, Dokumente, Akten und aus Umschlägen herausgerissene Briefe lagen überall verstreut auf dem Boden. Eine Grünpflanze lag vor einer schlanken Blumensäule am Boden. Unter dem Wurzelballen häuften sich schwarze Erde und Scherben des zerbrochenen Topfes, daneben lag, umgekippt auf dem Rücken, ein zierlicher, mit dunkelgrünem Samt bezogener Sessel.

      Ein Ruck ging durch Alexander Molberg. Entschlossen durchquerte er das heillose Chaos, sodass einzelne Blätter aufwirbelten. Er ging zur gegenüberliegenden Wand, die mit Kassetten verkleidet war. Marias Augen folgten ihm. Selbst von dort, wo sie stand, konnte sie sehen, dass sich eine der kastenförmigen Vertiefungen von den anderen unterschied. Ein kleines Türchen stand offen. Molberg öffnete es komplett, sodass dahinter ein Safe sichtbar wurde. Auch der war geöffnet. Gähnende, schwarze Leere tat sich vor ihnen auf.

      Alexander Molberg wandte sich um, einen hilflosen, ungläubigen Ausdruck auf dem Gesicht.

      »Alles weg«, presste er hervor.

      »Was war in dem Safe?«, wollte Maria wissen und folgte ihm durch das Durcheinander.

      Aber Molberg gab keine Antwort, sondern starrte nur abwechselnd zum Safe und zum Chaos auf dem Fußboden.

      »Was war in dem Safe?«, fragte sie erneut.

      »Schmuck meiner Mutter aus Familienbesitz, Expertisen und Geld«, gab er schließlich zögernd Auskunft. »Wie viel genau, weiß ich allerdings nicht.«

      »Gut, das werden wir später im Protokoll aufnehmen. Hat Ihr Vater die Villa alleine bewohnt?«

      »Ja, aber er hat nur die untere Wohnung benutzt. Die obere Wohnung hat er Gästen von außerhalb zur Verfügung gestellt. Ein Zimmer davon hat er genutzt, um Kleinmöbel, Bilder und allen möglichen Krimskrams unterzustellen.«

      Maria gab ihren Kollegen ein Zeichen, mit der Arbeit zu beginnen und die übrigen Zimmer zu untersuchen.

      »Ich muss Sie bitten, mich aufs Präsidium zu begleiten, wo wir Ihre Aussage zu Protokoll nehmen werden«, wandte sie sich wieder an den Sohn des Ermordeten.

      »Ist es möglich, dass ich mich vorher selbst davon überzeugen kann, ob noch weitere Sachen gestohlen wurden?«

      »Ja, selbstverständlich«, sagte Maria. »Ich komme mit.«

      Zusammen verließen sie das Zimmer und gingen zurück in den Flur, von dem aus sie die übrigen Räume betraten. Aber wie sich herausstellte, hatte der mutmaßliche Mörder von Bernhard Molberg nur diesen einen Raum gezielt durchsucht.

      Eine Stunde später saß Alexander Molberg in Marias Büro. Er sah noch immer blass aus und wirkte zutiefst niedergeschlagen. Der Tod seines Vaters hatte ihm augenscheinlich einen schweren Schlag versetzt. Nachdem sie die Formalitäten erledigt und Molberg ihr zugesichert hatte, den Bestand im Geschäft mit der Inventarliste zu vergleichen und eine Aufstellung über den Inhalt des Safes, soweit er davon Kenntnis hatte, anzufertigen, fragte Maria ihn:

      »Sie haben angegeben, dass Sie im Geschäft Ihres Vaters mitarbeiten. Worin genau besteht Ihre Tätigkeit denn?«

      »Ich akquiriere Kunstgegenstände, im Prinzip im gesamten Bundesgebiet. Das bedeutet, dass ich relativ oft unterwegs bin. Außerdem liefere ich auch Objekte an Käufer aus.«

      Maria nickte.

      »Ihr