Kālī Kaula. Jan Fries

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Название Kālī Kaula
Автор произведения Jan Fries
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783944180649



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(der Herr, der immer zu Hause ist). Agni repräsentiert auch das Sonnenfeuer, und diese Funktion überschneidet sich mit Sonnengöttern wie Sūrya und Savitar. Sonnengötter waren in der vedischen Periode ausgesprochen wichtig, und viele Krieger hofften auf einen guten Tod, der es ihnen erlauben würde, ihren Streitwagen anzuschirren und mit Hilfe der Zügel (Sonnenstrahlen) in den Himmel hinauf zu fahren, dort die Sonne zu ‚durchbohren‘ und das glückliche Jenseits dahinter zu erreichen. Diese Transzendenz war allerdings nur wenigen Elitekriegern vorbehalten. Sie war möglich, weil die Essenz der Sonne auch in der Seele vorhanden war: das innere Feuer kehrte durch das himmlische Feuer zum Ursprung zurück. Agni lebt auch im Holz (Feuer ist im Holz verborgen), aber die Sache wird noch verwirrender, da Agni häufig mit Wasser assoziiert wurde. Er wird oft das Kind oder der Stier des Wassers genannt, und wenn der König gekrönt wurde, dann wurde er mit Wasser besprengt, um die Agnis des Wassers herbeizurufen. Vielleicht geht Agnis Aufenthalt im Wasser auf das Glitzern der Wasseroberfläche und die Reflexion von Sonne und Mond zurück. Diese mysteriöse Verbindung verschwand schließlich. Doch Agni hatte auch, in Gestalt der Feuersbrunst, ein ausgesprochen schreckliches Gesicht.

      Bild 9

      Agni

      Indra als eine Blitze schleudernde Gottheit des Regens und Sturms stand auch in Verbindung mit den Aufgaben der Könige und verlieh ihnen königlichen Status. Wie ein König der Götter regierte Indra in Macht und Glanz und lieferte ein leuchtendes Beispiel für seine irdischen Repräsentanten. Indras Netz deckte Himmel und Erde ab und regulierte die Lebensräume. Er war sehr damit beschäftigt, Dinge zu ordnen, Dämonen zu bekämpfen und gelegentlich Übeltäter zu bestrafen. In seiner Epoche gab es noch Götter, die Menschen förderten oder bestraften. Er war nicht nur eine Gottheit des Adels, sondern wurde auch von Bauern verehrt, weil seine Gewitter dem Boden Fruchtbarkeit schenkten. Im vedischen Zeitalter nahm Indra oft eine ausgesprochen kosmische Gestalt an. Daher begegnen wir ihm als Sahasranayana (Tausendäugiger). Ṛg Veda, 6, 30:

      Indra ist groß geworden durch die Heldentaten, allein, unendlich, gibt er Schätze. Indra transzendiert beide Welten in seiner Größe, eine Hälfte von ihm ist gleich wie die Erde und wie der Himmel.

      Doch Indra ist nicht nur kosmisch und kriegerisch, er hat auch seine freundliche Seite.

      ṚV 6, 29 beginnt:

      Ihr Männer seid Indra gefolgt, wegen seiner Freundschaft, und habt ihn für seine liebende Gnade gepriesen. Denn er gewährt großen Reichtum, der Donnerschleuderer; verehrt ihn, groß und freundlich, um seinen Gefallen zu finden.

      Zugegeben, hier geht es in erster Linie um Profit. Aber gleichzeitig lernen wir, dass schon in der vedischen Periode das Göttliche auch liebevoll und freundschaftlich erlebt wurde.

      In Indras Gesellschaft begegnest Du manchmal einer kleineren Gottheit namens Viṣṇu, die später viel von Indras königlicher Funktion übernahm. Heute wird Indra nur noch selten verehrt, aber Viṣṇu, völlig transformiert, ist eine der beliebtesten Gottheiten Indiens.

      Soma ist eine rätselhafte Gottheit. Als ein Gott ist Soma gut definiert, aber als Pflanze oder Pflanzengemisch ist über ihn noch vieles unbekannt. Mit Soma begegnen wir den ersten Hinweisen auf ein Unsterblichkeitselixier, dessen Herstellung gelegentlich mit dem Koitus verglichen wurde. Als einige viel spätere tantrische Bewegungen ihr Unsterblichkeitselixier Soma nannten, und es mit dem Mond und dem Liebesakt in Verbindung brachten, benutzten sie Metaphern aus der frühesten vedischen Epoche.

      Wenn wir uns Varuṇa anschauen, begegnen wir einer allumfassenden Gottheit, die eng mit dem Prinzip des göttlichen Raums in Verbindung steht. Manchmal ist dieser Gott kosmisch, manchmal wird er als Sonne gepriesen. Einige Autoren nennen ihn einen Himmelsgott, aber das ist nur möglich, wenn wir viele seiner Attribute missachten. Varuṇa ist ein Gott, der das Universum ausmaß, seinen Raum ordnete, die Berge errichtete, die Flüsse regulierte usw. In diesem Sinne ist Varuṇa immer gegenwärtig, aber anders gesehen verschwindet der Gott hinter der schieren Größe der Welt.

      Er ist auch ein Gott, der sich mit dem Richtigen und Falschen befasst und die Sünder und Verbrecher bestraft. Im vedischen Denken kam Varuṇa aus der göttlichen Familie der Asuras, so wie Agni, Soma, der Himmelsgott, Uṣas, Rudra, Sarasvatī und die Ādityas. Der moderne Hinduismus machte Devas (die Strahlenden, d.h. himmlische Götter) aus ihnen und verwandelte die Asuras in eine Horde von gefährlichen Dämonen. In diesem Prozess wurde Varuṇa ein Gott der Meeres und der großen Tiefe. Er ist mit dem griechischen Gott Uranus verwandt. Solche Verbindungen zwischen den indoeuropäischen Gottheiten sind in der frühen vedischen Epoche noch immer offensichtlich. Der vedische Wind- und Sturmgott Vāta, der noch eine kleinere Rolle im ṚV spielt, ist eng mit dem germanischen Wodan, Wods, Odin, Gwodan und möglicherweise mit dem britischen Gwydyon verwandt. Der vedische Mitra hat einige Verwandtschaft mit dem persischen Mithra. Letzterer beeinflusste den berühmten solaren Mithras, der dank der römischen Legionen in ganz Mitteleuropa populär wurde. Vielleicht ist Agni mit dem nordischen Feuergott, dem schlauen Loki, verwandt; beide werden jedenfalls mit Ziegen assoziiert und gelten als dauerhungrig und maßlos. Indras Schlachten gegen den welterdrückenden Schlangendämon Vṛta haben ihre Gegenstücke in Thors Kämpfen gegen die Midgardschlange und in den Legenden um den avestischen Drachentöter Thrita.

      Der Name Indra ist eng mit Götternamen verwandt, die das typische dr-Element aufweisen, wie es bei Donar, Thor, Thunor, und Taranis der Fall ist. Sie gehören alle zur Familie der Gewittergötter. Vielleicht hat die (ursprünglich) göttliche Familie der Asuras eine Verbindung zu den nordischen Göttern, den Asen. Und könnten die Dānavas, eine weitere verteufelte Götterfamilie, eine Verbindung zu den göttlichen Töchtern und Söhnen des britischen Hauses Don haben, die im Mabinogi stark vermenschlicht vorkommen?

      Die Veden preisen auch eine große Anzahl von Göttinnen. Am meisten wissen wir über Uṣas, die Göttin des roten Morgenhimmels, die mit Anfängen aller Art in Verbindung steht und jeden Morgen wiedergeboren wird. Daher gibt es jede Menge Uṣas, und jeden Tag erscheint eine neue. ṚV 1, 92 bietet eine brillante Beschreibung der Göttin. Uṣas ist eine Kriegerin, die sich in strahlendem Glanz erhebt. Sie salbt sich mit Sonnenlicht, breitet ihr Netz aus Helligkeit aus und singt, wenn sie in ihrem rötlichen, von Kühen gezogenen Streitwagen aus der Dunkelheit aufsteigt. Indem sie ihre Brüste entblößt, schenkt sie der Welt Licht. Die Hymne feiert sie als Spenderin von Nahrung, Erfüllerin von Wünschen und Sehnsüchten und als Triebkraft von Segen, Sieg, Reichtum und Ruhm. Hier begegnen wir einer frühen indischen Göttin, die Schönheit, Segen und Kampfesmut in sich vereint. Sie hat damit viele Parallelen zu ähnlichen Göttinnen aus dem Nahen und Mittleren Osten und Griechenland, wie Inanna, Ištar, Irnina, Išhara, Anat, Athena etc., und zu den zahlreichen wilden Göttinnen, die besonders im Tantra beliebt sind. Uṣas hat auch eine tragische Seite, denn sie lässt Menschen altern und sterben. Mit jeder neuen Uṣas wird das Leben kürzer. Sie gibt allen Wesen die Chance, den Tag zu nutzen, aber sie wird auch mit einem Spieler verglichen, der das Leben vergeudet. Auch Uṣas hat eine Verbindung nach Europa. Wir begegnen ihren Verwandten, Göttinnen von Licht, Neuanfängen, Frühling, in der griechischen Eos, der römischen Aurora und wahrscheinlich auch in der extrem schlecht dokumentierten angelsächsischen Ēostra, der Göttin des Osterfestes, über deren Existenz wir nur durch eine Anmerkung des heiligen Bede überhaupt Bescheid wissen. Ihre urgermanische Namensform könnte *Austrō gewesen sein.

      Uṣas Schwester, die im ṚV 10, 127 kurz gepriesen wird, ist Ūrmyā, die Göttin Nacht. Sie wird in einer einzelnen Hymne angerufen, um Schutz vor Dieben und Wölfen zu erhalten. Der Atharva Veda enthält weitere Hymnen für sie. Diese dienten sowohl als Preisgesang als auch zum Schutz gegen die Gefahren der Dunkelheit. Hier ein paar Zeilen aus dem AV 19, 47. Bitte lies sie langsam und mit Bedacht und überlege, wie weit diese Göttin zu den Vorläuferinnen der schwarzen Göttin Kālī gezählt werden sollte:

      Oh Nacht, der Erdenraum wurde erfüllt von den Befehlen des Vaters; Große,