Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов

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Название Jahrbuch der Baumpflege 2019
Автор произведения Группа авторов
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783878152651



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assets, which form the backbone of flood protection concept and measures of the federal states. Further, they are part of nature and landscape and object to different, partly competing interests, which cannot always correspond to the aims of technical flood protection works. Therefore, interdisciplinary compromise solutions are required in order to achieve the best benefit for all involved parties. In this context all parties have to accept the primacy of flood protection. The presented contribution shows the technical requirements and planning aspects concerning the topic trees on and at flood protection structures on the one hand, and case studies, solutions and a conceptional approach on the other hand.

       1 Einleitung

      Die Hochwasserereignisse der letzten Jahrzehnte haben auf eine schmerzhafte Weise dargelegt, wie verletzlich ein so hoch entwickeltes Land wie Deutschland sein kann. Zwischen den schadensträchtigen Hochwassern Anfang des 20. Jahrhunderts und in den 1940er und 1950er Jahren lagen Jahrzehnte, in denen wirklich einprägende Hochwasserereignisse ausblieben.

      Dies änderten Hochwasser in den 1980er und 1990er Jahren an der Donau und am Rhein und u. a. in den Jahren 2002 und 2013 an Elbe, Donau und deren Zuflüssen. Die an den Gewässern ermittelten Hochwasserjährlichkeiten der letztgenannten Ereignisse übertrafen lokal 100 Jahre, wie in es Passau im Jahr 2013 der Fall war, als man im Nachgang eine Jährlichkeit von 500 Jahren ermittelt hat. Die aktuelle Entwicklung des Weltklimas zeugt von einem Wandel, welcher die zukünftige Hochwassergefahr noch auf eine nicht vorhersagbare Weise intensivieren wird.

      Besonders bei Deichbrüchen und schadensträchtigen Überflutungen, wo im näheren Umfeld des Versagens der Hochwasserschutzanlagen Bäume stehen und standen, keimt die Diskussion über die Zulässigkeit von Bäumen an und auf Hochwasserschutzanlagen nach jedem Hochwasser erneut auf. Die folgenden Ausführungen sollen dazu beitragen, diese Diskussionen auf ein profundes, fachliches Fundament zu setzen.

       2 Fachliche, rechtliche und planerische Grundlagen

      Bei der konkreten Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzprojekten werden Bäume an und auf Hochwasserschutz (HWS)-Anlagen nicht selten kontrovers diskutiert. Der ökologische Wert von Habitatbäumen und die schützende Wirkung von Bäumen/ Gehölzen, z. B. gegen Eisversatz, sind unbestritten, jedoch gehen vom Wurzelwerk, welches z. B. in den Deichkörper oder in dessen Dichtung hineinreicht, Gefahren aus, welche in der technischen Planung nicht selten dazu führen, dass eine Rodung und Entfernung der Bäume und des Wurzelwerks mit anschließendem Ersatzneubau des Deiches vorgeschlagen werden.

      Hochwasserschutzanlagen an Fließgewässern sind technische Bauwerke, die das Hinterland vor einem festgelegten Bemessungshochwasser schützen. Um sicherzustellen, dass die Hochwasserschutzanlagen diese Aufgabe sicher und dauerhaft erfüllen können, gibt es Normen und Regelwerke (DIN 19712; DWA-M 507–1; DWA 2005, etc.). Internationale Regelwerke sind zwar in Deutschland rechtlich nicht bindend, beinhalten jedoch wertvolle Erfahrungen und hilfreiche Hinweise (CIRIA 2013; USACE 2014). Eine ähnliche thematische Ausrichtung haben weitere Normen und Regelwerke, welche Stauanlagen oder Stauhaltungsdämme behandeln, wie z. B. BAW MSD (2011), die Normenreihe DIN 19700 (2004) für Stauanlagen und z. B. DWA-M 522 (2015).

      Bei HWS-Anlagen werden erdbauliche Deiche und Dämme und wand- bzw. mauerartige Bauwerke unterschieden, welche aus natürlichen oder künstlichen Baustoffen sowie aus Beton, Stahl, Kunststoff oder aus einer Kombination aus den genannten Baumaterialien bestehen. Hochwasserbeeinflusste Erdbauwerke werden i. d. R. als Deich bezeichnet, wobei in Baden-Württemberg auch von einem Damm bzw. Hochwasserdamm gesprochen werden kann. Der Unterschied zu den Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken sowie Stauhaltungsdämmen ist in DIN 19700 beschrieben. Grundsätzlich sind Deiche erdbauliche Hochwasserschutzanlagen entlang von Fließgewässern, die einen temporären Einstau erfahren, eine lange Ausdehnung aufweisen und i. d. R. von geringer Höhe sind (vgl. DWA-M 507/1). In den Bergsenkungsgebieten am Niederrhein können die Deiche jedoch auch Höhen von mehr als 15 m annehmen. Die Anlagen nach DIN 19700 sind Stauanlagen, die im Haupt- oder Nebenschluss einen Aufstau bzw. eine Rückhaltung erzeugen. Hiervon sind u. a. auch die Stauanlagen an Bundeswasserstraßen, wie z. B. die Kanaldämme, zu unterscheiden, für die die Bundesanstalt für Wasserbau aufgrund der spezifischen Randbedingungen und Belastungen ein eigenes Regelwerk erstellt hat, zu dem u. a. MSD BAW (2011) zählt.

      In DIN 19712 (2013) wird zwar der Grundsatz der Gehölzfreiheit auf Deichen formuliert, jedoch auch der Ausnahmefall eingeführt und hierfür Anforderungen formuliert. „Gehölze (Bäume, Sträucher und Hecken) auf Deichen beeinträchtigen die Standsicherheit sowie die Unterhaltung und sind deshalb unzulässig. Bäume müssen einen Mindestabstand von 10 m (Pappeln 30 m) vom Deichfuß aufweisen (DVWK 226). … Werden Gehölze auf Deichen im Sinne einer Fremdnutzung im Ausnahmefall gefordert, ist dies allenfalls unter folgenden Maßgaben zulässig“.

      Maßnahmen, welche Bestandsbäume schädigen, widersprechen grundsätzlich dem Gebot des Baumschutzes, welches in kommunalen oder städtischen Satzungen niedergeschrieben ist (vgl. DIN 18920). Bis dato wird jedoch der Schutz von Leben und Gütern vor Hochwasser als wichtiger eingeschätzt bzw. beurteilt, sodass i. d. R. die HWS-Anlage vor dem Baum bzw. dessen Auswirkungen geschützt wird, um den Hochwasserschutz sicherzustellen, und nicht anders herum.

      Dass in DIN 19712 neben den Deichen auch HWS-Anlagen und mobile Systeme behandelt werden, zeigt die Intention, eine einzige Norm für alle Formen von HWS-Anlagen bereitzustellen. Eine explizite Regelung zu Bäumen für HWS-Wände und mobile Systeme ist in der Norm aber nicht zu finden. Jedoch findet sich der Hinweis zur analogen Betrachtung wie bei Deichen. In DIN 19712 ist diesbezüglich unter Abschnitt 15.3 „Unterhaltung von Hochwasserschutzwänden und mobilen Hochwasserschutzsystemen“ Folgendes zu finden:

       „Analog zu Deichen sind auch diese Hochwasserschutzanlagen zu pflegen und eventuell eingetretene Beschädigungen unverzüglich zu beheben, um die Funktionssicherheit der Anlagen jederzeit sicherzustellen.“

      Ob gewollt oder nur geduldet, an zahlreichen HWS-Anlagen in Deutschland sind Bäume vorhanden, über deren Zulässigkeit und Auswirkungen auf die Standsicherheit bzw. Tragsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit besonders im Rahmen von erforderlichen Ertüchtigungsmaßnahmen, jedoch auch bei der Erstellung der sogenannten Statusberichte oder Anlagenbücher für HWS-Anlagen nach DIN 19712 zum Teil kontrovers diskutiert wird.

       Abbildung 1: Beispiele von großen Bäumen an HWS-Anlagen am Rhein und am Neckar

      In Abbildung 1 sind ausgewählte Beispiele dargestellt, welche durchweg sehr große Bäume an und auf HWS-Anlagen zeigen. Bei diesen Beispielen treffen die Ansichten und Meinungen von für die Sicherheit zuständigen Ingenieuren mit Aspekten des Umwelt- und Naturschutzes sowie des Städte- und Landschaftsbildes und der Naherholung aufeinander. In der Praxis stellen Kompromisslösungen zugunsten des Erhalts von Gehölzen einen Ausnahmefall dar, da damit i. d. R. auch erhebliche Mehrkosten verbunden sind. Der Ausnahmefall wird jedoch auch in den Regelwerken sowie in vorliegender Arbeit näher beleuchtet (HASELSTEINER & STROBL 2006; HASELSTEINER 2007a, etc.).

      Bei Deichen und Dämmen können Bäume direkt auf dem Bauwerk vorkommen und wachsen, wobei das Bauwerk selbst das Tragwerk darstellt. Bei Mauern ist dies etwas anders. Hier müssen Bäume nahe an der Wand nicht unbedingt in das Tragwerk hineinreichen, es sei denn, der Baum befindet sich im Bereich einer Vorschüttung oder einer Hinterfüllung, welche zum Tragwerk gezählt wird. Bei erdbaulichen Bauwerken verankert sich der Baum mit den Wurzeln im Tragwerk und ändert somit das Tragverhalten. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass in den Regelwerken i. A. gefordert wird, dass ein statischer Mindestquerschnitt frei von Gehölzwurzeln bleiben muss, so dass es im Einzelfall möglich ist, durch die Ausbildung von z. B. Überprofilen, wie diese folgend noch beschrieben werden, auch Bäume auf Erddeichen zuzulassen.

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