Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1. Группа авторов

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Название Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683289



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zum Kloster Sterkrade und je ein Hof zur Kirche in Bottrop und zum Kurfürstentum Köln. Nur ein Hof wurde frei bewirtschaftet.119 1782 zählten von insgesamt 95 Höfen 33 zu Vondern, 21 zur Kirche, beziehungsweise zum Pastorat (dazu drei zur Vikarie St. Katharina), neun zum Haus Hove, fünf zu Essen, vier zum Kloster Sterkrade, je drei zum Haus Berge und zur Familie Liskes und je einer zu insgesamt 15 verschiedenen Grundbesitzern. Auf 55 Höfen in Osterfeld saßen unschatzbare ▶ Kötter.120

      Bis in preußische Zeit bildete sich in Osterfeld weder eine Rats- noch eine Bürgermeisterverfassung aus. Lediglich 1405 wird ein Ratmann der Kirche zu Osterfeld121 in den Quellen erwähnt und 1406 Raetluede der Kirche.122 1440 ist ein Kirchmeister zuständig, 1482 werden zwei Kirchmeister erwähnt.123 1776 ist ein Oberkirchenmeister in Osterfeld bezeugt. Er wird vom Haus Vondern bestellt.124

      Zivilgemeindliche Strukturen der Selbstverwaltung entstanden in Osterfeld erst mit dem Ende des ▶ Ancien Regime. 1815 entsendet Osterfeld vier Verordnete zur Amtsversammlung nach Bottrop.125 Außerdem gehören zum Gemeinwesen der Schulrat mit zwei Mitgliedern und zwei Stellvertretern sowie der Armenrat mit fünf Mitgliedern.126 Mit dem stetigen Wachstum von Ort und kommunalen Aufgaben in preußischer Zeit wächst auch die Zahl der kommunalen Bediensteten. So wird 1822 ein Bauernbote eingestellt für die Verbotung der Hand- und Fußdienste; ab 1844 ein Amtsbote.127 1832 stellte das ▶ Kirchspiel Osterfeld dann einen Boten für die Verbotung der Hand- und Fußdienste an. Bislang wurde dieser Dienst von zwei Eingesessenen – u. a. dem 1822 eingestellten Bauernboten – verrichtet, die dafür von allen Kommunallasten befreit waren.128 Eine ausgereifte Kommunalvertretung mit Rat und Vorstand sollte erst 1844 etabliert werden. Auch das Wehrwesen war nur wenig ausgebildet in Osterfeld. Lediglich 1761 werden dort Schützen erwähnt, die mit den Bottroper Schützen zusammengefasst waren.129 Als dann 1824 in Osterfeld der Vogel von Schützen abgeschossen wurde, war das schon nicht mehr dem Wehrwesen, sondern der Folklore zuzuordnen. Dies beweist nicht zuletzt auch folgender Hinweis aus den Quellen:

      „1830 wird das Schützenfest blos von Junggesellen, welche sich zuweilen dazu vereinigen, durchgeführt. Die Schützen sind nicht konstituiert und ohne Statuten. Das Schützenfest erfolgt ohne festes Datum und dauert nur einen Tag.“130

       Gesundheits- und Armenwesen

      Doch nicht nur die Gemeindeverfassung war bis zum Beginn der Industrialisierung in Osterfeld nur verhalten ausgeprägt, auch das Gesundheits- und Armenwesen entsprach dem einer kleinen Bauerschaft. Hospitäler und Krankenhäuser wurden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Der erste in Osterfelder Quellen erwähnte Arzt war ein Chyrurgus, also ein gelernter Wundarzt aus Osterfeld, der zwischen 1773 und 1778 regelmäßig die Nonnen des Klosters Sterkrade behandelt hatte.131 Für 1808 und 1816 sind keine Ärzte in Osterfeld bezeugt, erst 1868, zu Beginn des industriellen Aufbruchs an der Emscher, lässt sich schließlich ein Arzt, der erste des Ortes, nieder.132 Bereits 1808 wurde hingegen eine Hebamme im ▶ Kirchspiel Osterfeld angestellt. Den Hebammenunterricht erteilte zu dieser Zeit der Landphysikus.133 1816 ist weiterhin nur eine Hebamme in Osterfeld tätig;134 erst nach 1860 sollte auch die Anzahl der Geburtshelferinnen zunehmen. Die Medikamentenversorgung erfolgte ebenfalls nicht über heimische Apotheken. Nur in Bottrop existierte bereits eine Apotheke, die auch die Osterfelder Bevölkerung mit versorgte. Diese gründete 1881 eine Filiale in Osterfeld.135

      Für das Armenwesen war die Kirche zuständig. Die Unterstützung der Armen lief in Osterfeld über kirchliche Stiftungen und einen Armenfonds. 1559 erfolgte eine Armenstiftung im Rahmen einer Messstiftung über 20 rheinische Goldgulden durch Henrich von Hove an die Kirche in Osterfeld. Mit dem Geld sollte Weizenbrot gekauft werden.136 Dies ist die erste belegte Messstiftung in Osterfeld. Es folgten weitere. Seit 1613 erfolgte jährlich eine Stiftung von drei Talern Rente an die Armen des ▶ Kirchspiels Osterfeld, zu zahlen an Pfingsten und Mariä Lichtmess.137 Weitere Geldstiftungen gingen 1632, 1648 und 1655 vonstatten.138 Ende des 18. Jahrhunderts zahlte das Haus Westerholt als größerer Geldgeber für das Armenwesen in Osterfeld jährlich 30 Reichstaler an Armengeldern ein.139

      Für 1753 wird erstmals ein Armenfonds der Kirche zu Osterfeld erwähnt.140 Der von einem Armenprovisor gemeinsam mit dem Kirchmeister141 verwaltete Fonds finanzierte Messen und Begräbnisse der Armen142 sowie die Kirche zu Osterfeld143. Dieser gemeinsame Kirchen- und Armenfonds existierte bis um 1800. Die Rechnungen wurden dem ▶ Patronatsherrn auf Haus Vondern vorgelegt, der auch den Kirchmeister einsetzte.144 Die Zahl der hilfsbedürftigen Armen war in Osterfeld gegen Ende des Alten Reiches jedoch begrenzt. So zählten 1777 nur zwei Familien aus Osterfeld zu den Armen des Vests Recklinghausen.145 Eine neue Bedeutung erhielt die Armenversorgung erst im Zuge der Industrialisierung.

       Kirche, Reformation und Kultur

      Die Kirche St. Pankratius war bis weit ins 19. Jahrhundert hinein der Mittelpunkt des Ortes. Sie war vermutlich auch siedlungsbildend und ihre Glieder und Amtsträger bestimmten das Geschehen in Osterfeld. Bis 1621 gehörte die Pfarre zum ▶ Archidiakonat Xanten, Dekanat Duisburg im Erzbistum Köln. Danach kam es an das ▶ Dekanat Vest Recklinghausen (Vestisches Kommissariat). Nach dem Ende des Alten Reiches und mit der päpstlichen Bulle „De Salute Animarum“ von 1821, die die Diözesen in Preußen neu ordnete, kam das Vest und damit auch die Pfarre Osterfeld an das Bistum Münster.

      Die Anfänge von Pfarre und Pfarrkirche liegen im Dunkeln, anhand des ▶ Patroziniums, welches jedoch erst für 1703 erstmals bezeugt ist,146 ist von einem frühen Kirchbau auszugehen. Jedenfalls berichtete der ▶ Liber Theoderici aeditui um 1160 von einer Eigenkirche, die Anfang des 11. Jahrhunderts Graf Balderich an den Kölner Erzbischof Heribert verschenkt haben soll. Dieser gab sie zur Ausstattung an die Deutzer Benediktinerabei weiter.147 Patronatsherr war die Abtei bis 1226. In diesem Jahr verlor sie das Recht an den Grafen von Limburg.148 Seit 1640 übten die Herren des Hauses Vondern das ▶ Patronatsrecht aus.149 1793 ging das Patronatsrecht schließlich für kurze Zeit an den Erzbischof von Köln.150 Mit dem Übergang des Vests an die Arenberger gingen zunächst auch diese Rechte vorbehaltlich älterer Rechte an das neue Herrscherhaus. 1804 gab denn auch der Herzog von Arenberg bekannt, dass die Patronatsrechte des ehemaligen Kurfürsten von Köln im Vest nunmehr bei ihm liegen würden. Wenn sie bei einem anderen Patron lägen, reiche die landesherrliche Bestätigung.151 Doch schon 1804 hatte der Graf zu Nesselrode-Reichenstein als Eigentümer des Hauses Vondern wieder das ▶ Patronatsrecht über die Kirche in Osterfeld inne.152 Dies behielt er formell bis zum Verkauf der Burg Vondern an die Stadt Oberhausen 1947.

      Zehntherr war zunächst die Abtei Deutz. Um 1160 wurde eine bereits zurückliegende Schenkung des ▶ Zehnten von Osterfeld durch den Grafen Balderich an den Erzbischof von Köln erwähnt. Dieser soll – wie bereits beschrieben – die Schenkung zu Beginn des 11. Jahrhunderts als Ausstattung an das Kloster Deutz weitergegeben haben. Der Census brachte jährlich zwei ▶ sol. ein.153 Bereits 1252 übertrug Gerhard von Arberg dem Deutschordenshaus in Welheim den Zehnten zu Osterfeld.154 Nur 130 Jahre später, 1382, übertrug ihn Graf Engelbert von der Mark der Hinrike van der Knippenborg.155 Die ständigen Verkäufe von Zehnten zu Osterfeld gingen munter fort. 1603 verkauften Diederich von Loe und Helena von Heyden den Eheleuten Friedrich von Brempt und Margarethe von Wylach den Zehnten zu Osterfeld.156 1782 sind die Einsassen von Osterfeld schließlich wieder dem Haus Vondern zehntpflichtig.157 Neben dem Zehnten zahlte ab 1794 die St. Antony-Hütte einen Eisensteinzehnten von 20 Talern an die kurkölnische Oberkellnerei Horneburg.158 1808 waren es 36 Taler und 20 ▶ Albus, die die Hütte abführen musste.159 Hoch waren die Zehntzahlungen also nie gewesen.

       Abb. 5: Die St. Pankratius-Kirche in Osterfeld

      Auch die Anfänge des Kirchenbaus liegen im Dunkeln. Von einer vermutlich romanischen Kirche in Osterfeld blieb bis Anfang des 16. Jahrhunderts nur der Turm übrig. 1516 erfolgte der Ausbau des Chors der Kirche160 in spätgotischem Stil. Um 1540 erfuhr die Kirche eine zweite Erweiterung, indem ein schmales zweijochiges Seitenschiff hinzugefügt und die Kirche von Grund auf renoviert wurde.161 Zwischen 1601 und 1603 wurden zwei Glocken für die Kirche gegossen, so dass der Turmbau auf die zweite Hälfte des