Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1. Группа авторов

Читать онлайн.
Название Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683289



Скачать книгу

Jh. (mit Zentimeterskala)

       Helmut Rönz

       Osterfeld

       Von den Anfängen der Besiedlung bis zum Durchbruch der Industrialisierung um 1870

       Lage und erste Siedlungsspuren

      Nicht nur politisch ist der Oberhausener Stadtteil Osterfeld jener Grenzgänger zwischen den beiden Landesteilen von Nordrhein-Westfalen, als der er sich noch heute gerne in Szene zu setzen vermag. Nennt Osterfeld sich doch nach wie vor auf so manchen Internetseiten „Osterfeld/​Westfalen“, obwohl es bereits 1929 durch die Zusammenlegung mit Oberhausen an das Rheinland kam. Die westfälischen Beharrungskräfte des Stadtteils von Oberhausen sind nach wie vor stark, und auch geographisch liegt Osterfeld in der Tat in einem Grenzraum, nämlich im Emschertal, im äußersten Südwesten des Emscherlandes und dort am Übergang der Westfälischen Tieflandbucht in das westlich anschließende Niederrheinische Tiefland. Im Nordwesten begrenzen die Königshardter Sandplatten die Talzone bei Osterfeld, im Nordosten ist es der Recklinghäuser Landrücken und im Südosten die Hellwegsbörden des Westerhellwegs, die bis an den Ruhrfluss reichen. Insofern ist Osterfeld hinsichtlich der Geographie Bindeglied zwischen Westfalen und dem Rheinland.1

      Erste Siedlungsspuren lassen sich innerhalb der ▶ Gemarkung Osterfeld in die Mittelsteinzeit datieren. 1911 fand man beim Bau einer Brücke über den Rhein-Herne-Kanal den so genannten Oberhausener Schädel. Weitere menschliche Überreste aus dem gleichen Zeitalter fand man zudem in der näheren Umgebung des Kanals. Auch jungsteinzeitliche Funde hat Osterfeld in geringerer Zahl vorzuweisen. So fand man auf dem Vonderberg eine Axt aus der Jungsteinzeit.2 Ein hallstattzeitliches Gräberfeld des 7. bis 4. Jahrhunderts vor Christus von regionaler Bedeutung3 erstreckte sich über den Bereich Klosterhardt. Dort wurden bisher Reste von 25 Urnen ausgegraben.4 Ein Hügelgrab, der so genannte Kickenberg, mit Urne und Brandfunden stammt ebenfalls aus vorrömischer Zeit.5 Auf dem Osterfelder Stadtgebiet sind indes nur wenige römerzeitliche Funde gemacht worden; lediglich eine Münze aus der Zeit des Kaisers Antonius (138 – 161 nach Christus) wurde am Tackenberg gefunden, außerdem Scherben und eine römische Amphore am Rhein-Herne-Kanal.6

      Vielfältiger sind die Funde aus fränkischer Zeit. So fand man 1929 auf dem Osterfelder Stadtgebiet (südlich des Bahnhofs Osterfeld-Süd) fränkisch-merowingische Siedlungsreste sowie Keramik aus ▶ merowingischer Zeit. Die Siedlungsfunde datieren in das 4., 5. und 6. Jahrhundert nach Christus.7 So ist von einer stetigen Besiedlung des Raumes seit der Steinzeit auszugehen, Siedlungskontinuitäten lassen sich aus den steinzeitlichen, römischen und fränkischen Funden jedoch nicht ableiten; ob es eine ständige und lückenlose Besiedlung des Raumes gab, muss nicht zuletzt aufgrund der Lücken in der archäologischen Überlieferung offen bleiben. Und auch die schriftlichen Überlieferungen geben zu der Annahme einer Kontinuität einer örtlichen Besiedlung seit der Römerzeit oder gar zuvor keinen Anlass – nicht zuletzt, weil die erste Erwähnung des Ortes erst einige Jahrhunderte später im Hochmittelalter erfolgte.8

       Siedlung und Siedlungsstrukturen bis 1816: Namensnennungen und Bezeichnungen

      Bevor Osterfeld selbst namentliche Erwähnung findet, wird ein Hof am Rande des heutigen Gemeindegebietes, nämlich in Vonderort, genannt. Diese erste Erwähnung eben jener Hofsiedlung in der Osterfelder Gemarkung datiert in das 10. Jahrhundert. Das ▶ Heberegister des Klosters Werden verzeichnet eine Herrenhufe in Armbugila, womit der in Vonderort gelegene Oberhof Arenbögel gemeint war.9 Dieser Hof lag wie bereits erwähnt an der Peripherie der Gemarkung und war demnach auch nicht siedlungsbildend für den Ort. Osterfeld selbst wurde 1047 (Osteruelde) erstmals erwähnt und war bis ins 19. Jahrhundert eine Höfesiedlung nördlich der Emscher und westlich von Vonderort.10 Dies zeigen nicht nur die wirtschaftlichen Strukturen bis zur Industrialisierung, die später noch dargestellt werden, sondern auch die allein auf ▶ Kötterwirtschaft und landwirtschaftliche Nutzung hinweisenden wenigen überlieferten Flurnamen, wie etwa molenacker (137911), langkamp (173412) oder wertvelde (147613). Darüber hinaus kamen in den Quellen noch die Flurnamen heide (151614), nyevelt (152315), Kusenberge (156416), Varenhorst (161717), Vennisches Kamp (164518) und Ruhrkamp (170319) vor. Weitere Erwähnungen des Ortes folgten nach der Ersterwähnung dann um 1050 (Ostarfeld)20, im 11./​12. Jahrhundert, laut Datierung des Niederrheinischen Urkundenbuchs um 1085, als Osteruelde21, schließlich im 12. Jahrhundert wiederum in den Werdener ▶ Urbaren als Osterfelde22, beziehungsweise Ostenfelde23, als Osteruelda24 und Ostervelda.25 Im Verlauf des 13. Jahrhunderts erfolgte eine Stabilisierung des Namens, beziehungsweise der Namensschreibweise. So heißt der Ort 1220 in der kleinen Essener ▶ Vogteirolle Oesterfelde26, ebenso um die gleiche Zeit in der Großen Essener Vogteirolle.27 In fast allen folgenden Nennungen bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts lautete der Name schließlich Osterfelde beziehungsweise Osterfeld.28

      Der Ort war bis zur Industrialisierung immer durch einen Dorfcharakter gekennzeichnet und die Siedlung wurde in den Quellen, in denen der Ort charakterisiert wird, mit wenigen Ausnahmen stets als Dorf bezeichnet. So heißt es im 11./​12. Jahrhundert neutral „in Osteruelde“29; 1426 wird der Ort als „Dorf“ bezeichnet30, ebenso 1657 (Dorfschaft)31 und schließlich 1782, als es heißt: „Auch wird Bottrop besonders und Besonders Osterfeld als ein Dorff genommen, dieses sind aber würcklich keine Dörfer, weil nur aus negst anlieggenden

       Abb. 1: Gemeindekarte von Osterfeld 1825

       Abb. 2: Grundriss von Osterfeld 1821

      Baurschaften, die ihre Besonderen nahmen haben, bestehen.“32 Vor allem die letztere Quelle ist insofern bemerkenswert, als dass sie nicht nur eine Bezeichnung der Siedlung vorhält, sondern darüber hinaus auch eine Beschreibung des Ortes, der eher einer ▶ Bauerschaft, einem Höfekonglomerat glich als einem Dorf mit gewachsenen gemeindlichen Strukturen. Auch die Bewohner des Ortes werden in den Quellen bis Ende des Alten Reiches (1803) entsprechend der Stellung der Siedlung mal als Nachbarn (157133, 162434), Hußlude (152335), Eingesessene und Weidgenossen (162436) oder underthanen (165737) bezeichnet. Im späten Mittelalter kamen die Begriffe „parrochiani“ (Pfarrgenossen, 142638) und „cerecensuales“ (▶ Wachspflichtige, Mitte des 13. Jahrhunderts39) vor.

      Eine besondere Erwähnung, die nicht nur für die kirchliche Geschichte des Ortes von Bedeutung ist, stammt aus dem Jahr 1382.40 In diesem Jahr ist erstmals von einem ▶ Kirchspiel Osterfeld die Rede, zu dem neben dem Ort selbst auch die Bauerschaft Vonderort sowie Lehmkuhle und Bottrop gehörten.41 1660 wird jedoch im Vestischen Lagerbuch Osterfeld neben Lehmkuhle, Fuhlenbrock und Welheim zum Kirchspiel Bottrop gezählt;42 1782 firmiert das Kirchspiel hingegen unter dem Namen Bottrop-Osterfeld.43 1803 ist in den Quellen schließlich eine Unterteilung zwischen Dorf und Kirchspiel zu erschließen: Demnach gehörten zum Dorf Osterfeld die Bauerschaften Vondern, Batenbrock, Lehmkuhle, zum Kirchspiel Osterfeld hingegen nur Osterfeld und Vondern, während Lehmkuhle und Batenbrock zu Bottrop zählten.44 Mit der kommunalen Neugliederung durch Preußen im Jahr 1816 waren schließlich Gemeinde und Kirchspiel Osterfeld eins und zählten zur Bürgermeisterei Bottrop (1844 Amt Bottrop45).

       Abb. 3: Grundriss von Klosterhardt (St. Antony-Hütte) 1821

       Die Siedlungsentwicklung bis zum Beginn der Industrialisierung

      Das mittelalterliche Höfekonglomerat gruppierte sich vor allem um die Kirche zu Osterfeld, die Pfarrkirche für das bereits erwähnte größere Kirchspiel war. Ob sie auch siedlungsbildend wirkte, muss offen bleiben, ist jedoch anzunehmen. Der ▶ Liber Theoderici aeditui berichtet (1160) von einer Eigenkirche, die Anfang des 11. Jahrhunderts