Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1. Группа авторов

Читать онлайн.
Название Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783874683289



Скачать книгу

dem Einsetzen der Industrialisierung erfolgte ein umfassender Neubau und eine Neuordnung der Osterfelder Kirchenlandschaft. Die Kirche beherbergte einen Altar, der der Mutter Gottes geweiht und wohl einer der beiden Seitenaltäre war. Dieser ist 1379 erstmals bezeugt, außerdem nochmals 1400 und 1405.164 Auch 1738 und 1755 wird er genannt.165 Der zweite Seitenaltar war der heiligen Katharina geweiht und wird 1491 erstmals erwähnt, als eine Stiftung für die Vikarie des Altars stattfand. Die ▶ Kollation stand abwechselnd dem Grafen von Limburg und dem Herrn von Knippenburg zu. Sie ging allerdings durch Schenkung der Herren von Knippenburg 1578 an den durch das Haus Vondern eingesetzten Kirchmeister über.166 1710 bis 1712 erbaute die Pfarre schließlich ein eigenes Vikariehaus167 mit Unterstützung des Hauses Vondern. Dieses gab 1711 nicht nur Holz für das Vikariehaus, sondern auch Land zugunsten des Vikars, der dafür regelmäßig die Frühmesse lesen musste.168 Der Abriss des Hauses erfolgte bereits 1822, ein Neubau im Rahmen des Schulneubaus schon ein Jahr später 1823.169 Zu dieser Zeit lebte der Vikar, beziehungsweise Frühmesser in Osterfeld vom Frühmesser-Klingelbeuteleinkommen.170

      Doch zur Pfarre Osterfeld gehörte nicht nur eine Kirche mit Altären und Vikarie, sondern mit St. Cyriakus in Bottrop zeitweise auch eine Filiale. Bereits um 1150/​60 erfolgte der Bau einer Capella in Bottrop, die spätestens seit dem 14. Jahrhundert als Filiale von Osterfeld nachzuweisen ist.171 Doch schon im 15. Jahrhundert erhielt Bottrop ein eigenes Pfarrhaus mit einem residierenden ▶ Vizekurat172. Dies und die Kirchenerweiterung im gleichen Jahrhundert führten zu einer größeren Selbstständigkeit, auch wenn bis weit ins 19. Jahrhundert Bottrop von Osterfeld abhängig blieb. So wurden 1477 zum ▶ Kirchspiel Osterfeld neben dem Dorf Osterfeld die Bauerschaft Vonderort sowie Lehmkuhle und Bottrop gezählt. Noch 1803 zählte Vonderort zur Pfarre Osterfeld, und die Umgrenzung hatte über das Jahr 1821 hinaus Bestand. Das ▶ Patronatsrecht in Bottrop teilten sich das Haus Vondern und der Pfarrer von Osterfeld. Erst 1793 ging es an den Erzbischof von Köln über.173 Weitere Filialkirchen kamen erst im 20. Jahrhundert hinzu. Auch Klöster existierten bis gegen Ende des 19. Jahrhundert im Bereich der Pfarre Osterfeld nicht. Lediglich ein ▶ Regulartertiar der Franziskaner errichtete 1708 eine Eremitage mit Kapelle auf dem Ruhrkamp in Osterfeld.174 1726 bis 1752 lebten jeweils zwei Eremiten in dieser Eremitage.175 Auch Wallfahrten und Prozessionen sind vor 1800 kaum belegt. 1755 wird von einer Pankratiusprozession berichtet;176 erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte ein verstärktes Wallfahrtswesen ein.

      Jüdisches Gemeindeleben ist für Osterfeld in vorindustrieller Zeit nicht nachweisbar. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts gab es auch keine evangelischen Einwohner in Osterfeld. Die Familie des Gottlob Jacoby, der von der Fürstäbtissin von Essen Maria Kunigunde 1803 mit der Leitung der St. Antony-Hütte beauftragt wurde, war die erste in Osterfeld ansässige protestantische Familie.177

       Schule und Bildung

      Die schulische Erziehung in Osterfeld oblag wie auch in anderen Kommunen bis zum Ende des Alten Reiches der Kirche. So erfolgte 1654, dem Jahr, in dem zuerst ein schulischer Unterricht in Osterfeld belegt ist, dieser durch den Küster.178 Dieser Unterricht wurde zumeist über Stiftungen und Spenden finanziert, nicht zuletzt durch die Pfarre. So stiftete z. B. 1655 der Pfarrer von Osterfeld 25 Taler für den Unterricht armer Kinder.179 Auch 1713 erfolgte eine Stiftung von 25 Talern an die Schule. Die Zinsen sollten dem Schulmeister zugutekommen.180 Ein Jahr zuvor schon wurde der Unterricht ausgeweitet beziehungsweise das Personal um eine Person aufgestockt, denn es wurde 1712 im Ort eine einklassige ▶ Schulvikarie eingerichtet.181 Bis 1793 besetzte so neben dem Küster auch der Vikar zu Osterfeld zugleich eine Lehrerstelle.182 In diesem Jahr legte die Pfarre schließlich ▶ Primissariat und Lehrerstelle in Osterfeld dauerhaft zusammen.183 Dem Inhaber des Primissariats wurde durch den Kurfürsten von Köln auferlegt, neben den üblichen Verpflichtungen außerhalb der Erntezeit die Pfarrschule zu halten.184 Eine Differenzierung des Unterrichts und die Errichtung eigener Schulgebäude erfolgten erst in preußischer Zeit. Höhere Schulen wurden auch erst im Zuge des Bevölkerungszuwachses durch die Industrialisierung eingerichtet. So war bis 1800 nur ein Studierender aus Osterfeld an einer Universität im Rheinland immatrikuliert – und zwar 1651 in Köln.185

       Abb. 6: St. Antony-Hütte

       Wirtschaft und Soziales

      Osterfeld war eine Bauerschaft. Dementsprechend bildete die Landwirtschaft die Grundlage der Wirtschaft des Raumes vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, insbesondere der Getreideanbau (Roggen, Hafer, Weizen). Aber auch die Fischerei in der Emscher und in den Fischteichen am Elpbach sowie die Viehwirtschaft (Rinder-, Schweine- und Schafzucht) waren bedeutend.186 Dabei waren die Böden des ▶ Kirchspiels von überwiegend geringerer Güte, was vor allem an drei Faktoren lag: Erstens wurde der Wert der Böden an manchen Stellen stark durch den vorhandenen Raseneisenstein gemindert. Zweitens eigneten sich die sumpfigen Bruchlandschaften nur selten und nachrangig für den Getreideanbau, und drittens waren die Höhenlagen des Kirchspiels durch eine ebenfalls wenig fruchtbare Heidelandschaft geprägt. In den Heidebereichen wurde somit, wenn überhaupt eine Nutzung möglich war, Wiesenwirtschaft betrieben, während der Anbau von Klee und Raps nur auf den wenigen besseren Böden gelang. Getreide, hier vor allem Roggen und Weizen, weniger Gerste, wurde vornehmlich in den wenigen fruchtbareren Bereichen der Heide angebaut, dort, wo Mergelschichten Ackerwirtschaft begünstigten.187 Insbesondere die mergelhaltigen Böden förderten den Anbau der so genannten Roggenwurzel, die lange Zeit eines der Haupterzeugnisse in Osterfeld war, und dort sowohl Vieh als auch Mensch als Nahrung diente.188

      Grundsätzlich ist ein Nord-Südgefälle der Bodenqualität zu verzeichnen, so dass die ertragreichste Wiesen- und Ackerwirtschaft in der Nähe der Emscher stattfand. An der Emscher war auch die effektivste Milch- und Viehwirtschaft möglich. Die Holzwirtschaft (vor allem Kiefernholz) hatte im Norden des ▶ Kirchspiels, im Rothebusch und am Kickenberg, aber auch in anderen Waldgebieten (Byfang, Vonderberg) Bedeutung.189 Allerdings war die von Gewässern durchzogene Landschaft im Norden der Emscher für die Mühlenwirtschaft gut geeignet, die bis weit in das 19. Jahrhundert in Osterfeld bedeutend war. Getreidemühlen sind dort seit Anfang des 15. Jahrhunderts bezeugt, 1426 waren zwei Kornmühlen an der Emscher sowie am Mühlenbach bei der Koppenburg in Betrieb. Weitere Mühlen kamen hinzu, so eine Ölmühle 1822 und die Papiermühle am Elpenbach 1820. Noch 1885 waren in Osterfeld drei Mühlen in Betrieb.190

      Bereits um 1830 profitierte das noch landwirtschaftlich orientierte Osterfeld von der einsetzenden Industrialisierung in Sterkrade, Oberhausen und vor allem Mülheim. Besonders der gewerbliche Handel vollzog sich über die vestischen Straßen, so dass der Zwischenhandel mit Nahrungsmitteln (Butter, Eier, Gemüse, Heu, Kartoffeln, Getreide aber auch Obst) der Wirtschaft in Osterfeld zu einem Aufschwung verhalf. Hinzu kam, dass zahlreiche Arbeiter aus Osterfeld in den umliegenden Hüttenbetrieben Arbeit fanden und durch vergleichsweise hohe Tagelöhne zur Verbesserung der wirtschaftlichen wie sozialen Situation der Bevölkerung sowie der anderen Branchen, besonders der Landwirtschaft, beitrugen.191 So berichtete etwa der Bottroper Bürgermeister bereits 1830 von einem ungewöhnlichen Wohlstand und einem gewerblichen Verkehr in Osterfeld, der in wenigen Gemeinden seinesgleichen habe, und nannte als Gründe u. a. die Eisenhütten in Sterkrade, Oberhausen und Osterfeld.192

      Die Berufs- und Gewerbetabellen 1816 bis 1840 zeigen ebenfalls für das frühe 19. Jahrhundert noch deutlich das Überwiegen der Landwirtschaft (einschließlich Knechten, Mägden und Tagelöhnern).193 1850 wurden mehr als 40 Prozent der Fläche der Gemeinde als Acker- oder Weideland genutzt; weitere 20 Prozent als Holzungsland. Die Fischereiwirtschaft war in Osterfeld bis weit in das 19. Jahrhundert verbreitet, denn sowohl an der Emscher als auch nahe der St. Antony-Hütte wurden Fischereibezirke verpachtet, beziehungsweise genutzt. Jedoch sank die Bedeutung der Fischereiwirtschaft bereits im Verlauf des 18. Jahrhunderts mit der Errichtung der St. Antony-Hütte.194

      Im regionalen Handel traten Osterfelder Kaufleute bis Anfang des 19. Jahrhunderts nicht auf. 1816 nennen die Gewerbetabellen nur vier Händler aus Osterfeld. Osterfeld war kein Marktort, so dass davon auszugehen ist, dass der regionale Handel bis Ende des 18. Jahrhunderts für die Osterfelder Wirtschaft eine geringe Rolle