Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1. Группа авторов

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Название Oberhausen:Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd.1
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Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
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isbn 9783874683289



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Industrialisierung

      Osterfeld gehörte im ▶ Alten Reich (bis 1803) zum Vest Recklinghausen. Das ▶ Vest wurde im Norden und Süden durch die Flüsse Lippe und Emscher, beziehungsweise durch das Fürstbistum Münster, die Grafschaft Mark sowie das Reichsstift Essen umgrenzt. Westlich des Vestes grenzte das Herzogtum Kleve an, im Osten die Reichsstadt Dortmund. Eine ▶ Landwehr schützte das Vest im Osten, Heide und Waldgebiete umgrenzten den Raum im Westen. Landesherr über das Vest war der Erzbischof von Köln. Die rechtliche Grundlage für die Landesherrschaft stützte sich auf das 1228 erstmals erwähnte ▶ Gogericht Recklinghausen, über das der Erzbischof spätestens seit dem letzten Drittel des 13. Jahrhunderts die Gerichtsherrschaft ausübte. Das Vest war in ein Ober- und ein Niedervest aufgeteilt, mit jeweils einer Stadt als Verwaltungszentrum. Zum Obervest zählten die Stadt und das ▶ Kirchspiel Recklinghausen sowie die Kirchspiele Ahsen, Datteln, Flaesheim, Hamm, Henrichenburg, Herten, Horneburg, Oer, Suderwich, Waltrop und Westerholt. Zum Niedervest gehörten Stadt und Kirchspiel Dorsten sowie die Kirchspiele Bottrop, Buer, Gladbeck, Horst, Kirchhellen, Marl, Osterfeld und Polsum. Im Niedervest behauptete der Erzbischof seine Landesherrschaft gegen Kleve und Münster vor allem durch die Stadterhebung Dorstens 1251.85 Der kölnische Statthalter saß auf Schloss Westerholt, die ▶ Oberkellnerei war auf der Horneburg in Datteln angesiedelt.86 Zwischen 1424 und 1446 wurde das Vest Recklinghausen und damit auch das Kirchspiel Osterfeld insgesamt sechsmal verpfändet, 1424 an Gerhard von Kleve, 1430 an Heinrich von Backem, 1438 an Ritter Goswin Stecke, 1442 an Vinzenz von Moers, 1444 an Dietrich von Eicke und 1446 an Johann von Gemen.87 Die Herren von Gemen, beziehungsweise ihre Nachfolger, die Grafen von Holstein-Schaumburg (ab 1492), hatten die Pfandschaft bis 1576 inne.88.

      Im Zuge der Neuordnung der Territorien am Rhein durch den ▶ Reichsdeputationshauptschluss und vor dem Hintergrund der Auflösung des Kurfürstentums Köln ging das Vest 1803 an das Herzogtum Arenberg, das für seine linksrheinischen Verluste in Westfalen Entschädigung fand. Nunmehr gehörten Dorf und Kirchspiel Osterfeld zum ▶ Arrondissement Recklinghausen.89 Doch diese Zugehörigkeit war nur vorläufig und sollte nicht lange währen. Schon 1811 ging das gesamte Vest an das Großherzogtum Berg, jenem napoleonischen Musterstaat, der selbst nicht mehr lange existieren sollte. Dort zählte Osterfeld zur Mairie Bottrop im Kanton Dorsten, welches wiederum zum Arrondissement Essen im Departement Rhein zählte.90

      Mit dem Ende der französischen Besatzung und dem Wiener Kongress 1815 kam das gesamte alte Vest Recklinghausen schließlich an das Königreich Preußen, welches nur ungern die katholisch geprägten Territorien im Westen übernahm. Bereits 1816 führten die Westprovinzen die preußischen Gebietsgliederungen ein. Bottrop wurde zu einer Bürgermeisterei im Landkreis Recklinghausen, Regierungsbezirk Münster, der wiederum zur Provinz Westfalen zählte.91 Unter den vestischen ▶ Kirchspielen und Dörfern gehörte Osterfeld vor 1803 zu den ärmeren und kleineren Bauerschaften. So rangierte es (mit und ohne Bottrop) bei den Steuerleistungen stets unter den geringer veranschlagten, ebenso bei den Sondersteuern und Einquartierungszahlungen. 1630 zahlte das Kirchspiel Osterfeld 32 Reichstaler Abgaben und lag an sechster Stelle unter den Kirchspielen. Recklinghausen zahlte beispielsweise 338 Reichstaler. Insgesamt führte das Vest 2.046 Reichstaler ab,92 was nur einen Bruchteil der Summe ausmachte, die beispielsweise aus dem Linzer Zoll an das Kurfürstentum Köln abgeführt wurde. 1712 zahlte Osterfeld an ▶ Schatz bei einer Zahl von 24 Schatzpflichtigen nur 22 Reichstaler, Kirchhellen zahlte hingegen 40, Datteln 45, Gladbeck gar 103 und Bottrop mit 109 Reichstalern mehr als doppelt so viel wie Osterfeld.93 Innerhalb des Kirchspiels war Osterfeld jedoch die Bauerschaft, die die meisten Abgaben leisten musste.94 Trotzdem war Osterfeld eine von Armut geprägte Bauerschaft, die dem Kurfürst nur wenig einbrachte. 1583 lebten in Osterfeld nur 20 Schatzpflichtige, davon zahlten fünf jeweils mehr als drei Reichstaler, fünf weitere zwischen einem und zwei und die übrigen weniger als einen Reichstaler.95 1712 bezahlten nach der Schatzung im ▶ Vest Osterfeld an Schatz nur 28 Reichstaler und 22,5 ▶ Albus (beziehungsweise 32,33 Reichstaler). Dieser Betrag war von nur 22 beziehungsweise 24 Schatzpflichtigen zu entrichten.96 1624 war das Kirchspiel Osterfeld infolge der Armut nicht in der Lage, die Verpflegung einiger Kavalleriekompanien im Vest durch Schatzung aufzubringen, weshalb das Kirchspiel sogar Land an das Haus Vondern verkaufen musste.97 Ein Versuch des Kölner Kurfürsten von 1716, bei Osterfeld zur Einahmensteigerung einen Landzoll zu errichten, scheiterte am erbitterten Widerstand des Grafen von der Mark.98 Erst für 1803 ist ein Zolleinnehmer in Osterfeld nachweisbar99 – allerdings spielten auch die Zollgebühren dort keine größere Rolle.

      Die Gerichtsbarkeit entwickelte sich in enger Verbindung zur territorialen Zugehörigkeit. Bereits 1226 erfolgte die ▶ Hochgerichtsbarkeit für Osterfeld von Recklinghausen aus. Spätestens seit dem letzten Drittel des 13. Jahrhunderts besaß der Erzbischof von Köln das Hochgericht mit Sitz des Richters in Recklinghausen.100 Besondere Gerichtsrechte, die er gegen Köln im 14. und 15. Jahrhundert für sich ausweiten wollte, machte auch der Herzog von Kleve über das Haus Vondern in Osterfeld geltend,101 was jedoch misslang. Ein Schiedsspruch des Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein von 1426 sprach die hohe Gerichtsbarkeit in Kirchhellen, Bottrop, Gladbeck und Osterfeld endgültig dem Erzbischof zu, während Kleve in Osterfeld nur das Burggericht bekam. Die Quellen bezeugen lediglich grundherrliche Rechte des Grafen von der Mark, beziehungsweise des Herzogs von Kleve, die über das Haus Vondern, einem klevischen Ministerial- und späterem Rittergut, angebunden waren.102 Die niedere Gerichtsbarkeit wurde ebenfalls durch Köln von Recklinghausen aus ausgeübt. So versah zum Beispiel 1410 ein Recklinghäuser ▶ Frone für den Richter in Osterfelder Erbbelangen die niedere Gerichtsbarkeit.103 1595 wurde das ▶ Kirchspiel Osterfeld als Teil des Niedervestes aus dem Sprengel des Recklinghäuser Stadtgerichts herausgelöst und dem Dorstener Stadtgericht zugewiesen.104

      In Osterfeld teilten sich spätestens seit dem 13. Jahrhundert mehrere Grundherren den Besitz. Die größten Grundherren waren das Kloster Werden, das Frauenstift Essen, das Haus Hove sowie das Haus Vondern. Außerdem stieg die Kirche zu Osterfeld durch Schenkungen bis 1660 zu einem der größeren Grundherren auf. Die erste Erwähnung eines Grundherrn im Raum Osterfeld fällt in das 10. Jahrhundert. Das Heberegister des Klosters Werden verzeichnet eine Herrenhufe in Armbugila, womit – wie bereits erwähnt – der in Vonderort gelegene Oberhof Arenbögel gemeint ist.105 Im Werdener ▶ Urbar des 11. Jahrhunderts werden ▶ Gerechtsame de Armbugili aufgeführt.106

      Der erste Beleg für Grundbesitz des Stifts Essen in Osterfeld findet sich in einer Urkunde des 11./​12. Jahrhunderts, als Kaiser Heinrich IV. die von der Äbtissin Suanihild an das Kloster Essen gemachte Schenkung ihrer Erbgüter bestätigte. Dazu gehörte auch Besitz in Osterfeld.107 Die Erträge des Grundbesitzes mussten dem Borbecker Hof, der als Oberhof fungierte, geliefert werden.108 1487 errichtete das Stift eine Kate (Steinhaus) nahe der Kirche, die dem Verwalter der Ländereien dienen sollte.109

      Der Graf von der Mark war ebenfalls spätestens seit dem 14. Jahrhundert in Osterfeld begütert; 1381 erklärte Graf Engelbert von der Mark, dass er das Haus zu Vondern nach dem Tod des Lehensinhabers neu belehnen möchte.110 1397 belehnte Dietrich von der Mark den Dyrich von Vonderen mit Hof und Haus Vondern und versprach, den Hof zu einem Erblehen der Familie zu machen.111 Mit Dietrich starb 1400 der letzte der von Vondern. Das Gut ging zunächst an die von Overhuis und 1405 an die von Loe.112 Unter den von Loe vollzog sich ab 1449 die Loslösung von Kleve und der Übergang zu einem erblichen Rittergut, wobei drei Achtel des Hofs Vondern noch den von der Hoeven gehörte.113 Weitere Belehnungen und Zukäufe in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (1422/​38 Arenbögelhof, 1424 Mühle am Koppenbach), darunter auch nochmals von den Klevern wie 1449 das „Rhadeland“ sowie Mühle und Fischerei „op der Emscher“114 folgten. 1454 gab Wilhelm von Limburg-Styrum das „Steenhuß upper Emscher“ im ▶ Kirchspiel Osterfeld zugunsten des Ritters Johann von der Loe von der Lehnschaft frei.115 1490 verkauft Johann von der Hoeve, der Mitbesitzer von Vondern, die „Aa unde dath Rebsbroeck“ im Kirchspiel Osterfeld116, und 1523 wird schließlich bezeugt, dass die Osterfelder Heide bis zur kölnischen Grenze zum Haus Vondern gehört habe.117 So wurde das Haus Vondern, beziehungsweise die Familie von Loe innerhalb weniger Jahrzehnte zum größten Grundherrn in Osterfeld.118

      1660 gehörten nach dem Vestischen Lagerbuch 20 von 41 genannten Höfen, beziehungsweise Kötter in Osterfeld zum Haus Vondern. Aber auch andere Grundbesitzer waren nach wie vor im Ort stark mit Besitz vertreten: