Der Zthronmische Krieg. Matthias Falke

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Название Der Zthronmische Krieg
Автор произведения Matthias Falke
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783957770417



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Eröffnung der Sitzung«, führte der Philosoph daraufhin aus, »wurde mir eine Protestnote der Amish überreicht. Dieses Volk, das den nämlichen Planeten Zthronmia bewohnt, teilt darin mit, dass es in der jüngsten Vergangenheit wiederholt Opfer willkürlicher gewaltsamer Übergriffe seitens der Zthronmic geworden ist. Zthronmische Staffeln, auch bekannt als Scyther, haben in den vergangenen Wochen mehrere Dutzend grundlose Angriffe auf Siedlungen der Amish geflogen.«

      In den Reihen der Zthronmic und Sineser wurde empörtes Murren laut. Die Amish bewahrten ihre statuarische Haltung, während die Angehörigen der alten Union, Prana-Bindu und der anderen Fraktionen, die wir zu unserem Flügel zählten, aufhorchten.

      »Zthron Muqa Zthé hat recht«, fuhr Laertes fort. »Wir unterhalten eine Beobachtermission auf einer ehemaligen Sinesischen Ikosaeder-Kampfstation in einem Orbit über Zthronmia. Diese Mission hat sämtliche Vorfälle aufgezeichnet und dokumentiert. Ihr Bericht liegt dem Vorsitzenden vor.«

      Er wischte die Proteste des Sineser-Flügels weg und holte tief Luft.

      »Demnach kam es zu Luftangriffen, Bombardierungen sowie zu vereinzelten Granatwerferüberfällen, die ausnahmslos den Pueblos und Kibbuzim der Amish galten, mit anderen Worten: Frauen, Alten und Kindern, denn die Männer im waffenfähigen Alter sind zur Arbeit in den Minen. Heute Morgen kam es zu einem Angriff, an dem ein Dutzend Scyther beteiligt war. Das Geschwader bombardierte den Kibbuz S’Deró im Distrikt Kirjasch Moná. Dabei wurden völkerrechtlich geächtete Aerosolbomben eingesetzt, deren Abwurf über bewohntem Gebiet seit Jahrzehnten verboten ist. Eine dieser Bomben traf die Schule des Kibbuz. Insgesamt starben fünfzig Personen einen grausamen Flammentod, die meisten von ihnen unschuldige Kinder.«

      Jetzt waren es die Angehörigen auf unserer Seite des Plenums, die von ihren Sitzen aufsprangen und wild gestikulierten. Ein Trupp Wachsoldaten zog auf und bildete einen Kordon zwischen den beiden verfeindeten Blöcken des Konvents. Übergriffe und Tätlichkeiten mochten so verhindert werden können. Aber eine vertrauensvolle Zusammenarbeit war damit Geschichte. Weniger als das: Sie war nie Realität gewesen, sondern von Anfang an eine verhängnisvolle Illusion.

      »Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen, Delegationsleiter Muqa Zthé?«, rief Laertes dem Anführer der Zthronmic hinterher, der keine Anstalten machte, ans Rednerpult zurückzukehren. Stattdessen reihte er sich bei seiner Fraktion ein und aktivierte an seinem Sitzplatz die Protokollfunktion des StabsLogs. Das allein drückte als Geste von unüberbietbarer Verachtung aus, welchen Stellenwert er dem ganzen beimaß.

      »Die Union«, bellte er, dass die Luft im Plenum bebte und die Elastalglasscheiben unserer Besucherbox erzitterten, »die Union garantiert die territoriale und politische Souveränität ihrer Völker, auch nachdem diese dem Verbund als Vollmitglieder beigetreten sind. Diese Garantie möchten auch wir in Anspruch nehmen. Oder liegt auch hier ein weiterer Fall von Doppelmoral vor? Die Rechte gelten nur für die menschlichen Völker der Union, die Pflichten aber für alle anderen?!«

      Die Zthronmic johlten. Es ging inzwischen zu wie beim Wrestling oder Catchen. Jeder feuerten seinen Helden an und jubelte, wenn der Gegner ein blaues Auge geschlagen bekam. Dass die Völker, die hier repräsentiert wurden, mit jedem Moment dichter an einen neuen Krieg heranrutschten, schien kaum jemandem im Saal bewusst zu sein.

      Laertes war es bewusst. Doch auch er schien inzwischen zu der Überzeugung gelangt zu sein, dass der Verhandlungsfrieden, wie er hier einige Monate lang zelebriert worden war, zur Farce verkommen war.

      »Antworten Sie auf meine Frage!«, sagte der alte Chefideologe unerschüttert. »Wie stellen Sie sich zu den Vorwürfen, die Zthronmic würden wahllos Zivilisten bombardieren, unschuldige Zivilisten eines Volkes, mit dem sie die Lebenswelt teilen und seit vielen Jahrzehnten eng zusammenarbeiten?«

      Zthron stand nicht einmal auf. Er lehnte sich zurück und fläzte sich breit in seinen gravimetrischen Sessel, dessen Feldgenerator unter seiner Leibesmasse stöhnte.

      »Ich habe auf Ihre Frage geantwortet«, sagte er frech. »Ehrenwerter Vorsitzender: Wir nehmen das Recht für uns in Anspruch, auf unseren Welten frei schalten und walten zu können. Nun unterhalten die Amish keinen eigenen Staat und keine eigene interstellare Flotte. Ihre Kibbuzim genießen nach innen Autonomie und Selbstverwaltung. Nach außen unterstehen sie der staatsrechtlichen Hoheit der Zthronmic.«

      »Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«, insistierte Laertes.

      »Wir betrachten alles, was sich im Orbit, der Atmosphäre und auf dem Erdboden von Zthronmia ereignet, als unsere innere Angelegenheit, in die wir uns jede Einmischung vonseiten Dritter ausdrücklich verbitten.« Zthron verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen, als rekele er sich unter einer wohltuenden Massage. Dabei ließ er ein halblautes, teils klagendes, teils zufriedenes Stöhnen erklingen.

      »Auch der Schutz Ihrer staatlichen Souveränität«, sagte Laertes leise, »gibt Ihnen nicht das Recht, wehrlose Frauen und Kinder zu bombardieren.«

      »Dafür gibt es keine Beweise«, gähnte Zthron.

      »Wir haben mehrere Berichte«, führte Laertes an. »Sowohl vom Boden als auch von unserer Orbitalstation, die den Vorfall beobachtet und aufgezeichnet hat.«

      »Keine unabhängigen Beweise …«, schnurrte Zthron, der sich nicht einmal durch die ständigen Unterbrechungen aus der Fassung bringen ließ.

      Jetzt fuhr Cyrill ben Cyrion herum und richtete einige energisch klingende Worte an den Zthronmic. Da er die Protokollfunktion nicht aktiviert hatte, blieben die wenigen Sätze unhörbar; sie wurden auch nicht übersetzt. Zthron richtete sich mit spürbarer Mühsal ein wenig auf und wandte sich seinerseits an das StabsLog.

      »Der ehrenwerte ben Cyrion«, sagte er, und die KI übertrug sein Fauchen in einen süffisanten Singsang, »regt an, ich solle im Namen der Zthronmic die Verantwortung für den Vorfall übernehmen. Allein, das kann ich gar nicht. Unsere Organisationsstruktur ist dezentral. Wir haben Dutzende von Distrikten, deren Führer autark sind und in eigener Verantwortung handeln können.«

      Er erhob sich, und seine Stimme wurde wieder zu markerschütterndem Gebrüll. »Wenn einer meiner Unterkommandanten jedoch zu der Auffassung gelangt sein solle, dass die Amish in seinem Gebiet eine Strafaktion verdient haben, so wird er seine Gründe dafür haben!«

      Jetzt war es mit der Beherrschung der Amish vorbei. Sie versuchten, den Kordon der Wachmannschaften zu durchbrechen. Es fehlte nicht viel und sie wären mit den Zthronmic handgemein geworden. Einzig Cyrill selbst bewahrte die Ruhe und beschwor seine Landsleute, sich nicht provozieren zu lassen.

      Die Schutzmänner und die ungerührt zwischen den Fraktionen umhertrippelnden Tloxi hatten ihre Mühe, die verfeindeten Delegationen voneinander fernzuhalten. Dann schrillte Laertes’ Sirene, und der Vorsitzende verkündete, er lasse den Saal räumen. Die Aussprache wurde für beendet erklärt, die weitere Debatte auf unbestimmt verschoben.

      In das Durcheinander der den Saal verlassenden und dabei miteinander rangelnden Abgeordneten rief Laertes noch, man werde eine unabhängige Kommission einsetzen, die die Vorfälle über Zthronmia untersuchen werde. Jorn Rankveil, der Kommissar für Zthronmische Angelegenheiten, wurde als Vorsitzender bestimmt. Niemand protestierte, weil niemand mehr auf Laertes acht gab. Resigniert deaktivierte der Leiter des galaktischen Konvents die Protokollfunktion an seinem Pult. Sein Blick schien uns zu suchen, die wir in der Besucherbox saßen. Aber die Elastalglasscheiben war nach außen hin polarisiert, er konnte uns nicht sehen.

      Während wir uns erhoben, um die Box auf einem schmalen Gang zu verlassen, der uns an den offiziellen Delegationen vorbeischleusen würde, versuchte ich, in Rogers’ Miene zu lesen, wie er den Ablauf der Debatte einschätzte. Der alte Haudegen war dem Auftritt Muqa Zthés und ben Cyrions abschließender Replik gebannt gefolgt. Er hatte sich vorgebeugt und war in das Geschehen hineingekrochen, als wohne er einem Schaukampf unter Gladiatoren bei; fehlte nur noch, dass er seinen Favoriten lautstark anfeuerte.

      Aber was war nun davon zu halten? War dies der Eklat, den wir alle seit Langem hatten kommen sehen? Wir hatten ihn gefürchtet, der eine oder andere hatte ihn klammheimlich herbeigesehnt. Rogers wirkte gefasst, beinahe zufrieden. War das