Название | Der Zthronmische Krieg |
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Автор произведения | Matthias Falke |
Жанр | Научная фантастика |
Серия | |
Издательство | Научная фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783957770417 |
Die Scyther waren abgedreht. Während der Pater das sterbende Mädchen in seinen Armen barg, fragte er sich, was diese Zunahme der Gewalt bedeuten mochte. Der Angriff stellte eine neue Qualität dar. Auf den ersten Blick war klar, dass er mehr Opfer gekostet hatte als alle Terrormaßnahmen der letzten Wochen zusammen. Allein in der Schule … Er rang nach Luft, während er spürte, wie das kleine Herz in seinen Armen aufhörte zu schlagen. In dieser Stunde der Verzweiflung konnte er nur ahnen, dass der Angriff etwas mit den nächtlichen Vorgängen zu tun hatte. Stellten sie eine Antwort dar, eine Vergeltung? Worauf? Wofür?
Der Pater schloss dem toten Mädchen die von der Qual geweiteten Augen. Eine Frau kam auf ihn zu. Auch ihr Haar war angesengt. Ihre weiße traditionelle Tracht, von Brand- und Blutflecken besudelt, hing in Fetzen.
»Warum?«, schrie sie, in deren Augen der Schock brodelte. »Warum, Pater?«
Auch Pu Rhea Bel wusste, dass er unter Schock stand. Er war beinahe froh darum. Sich von solchen Ereignissen nicht schockieren zu lassen, wäre eine noch größere Sünde gewesen als die Hilflosigkeit, in der er jetzt Shorena gegenübertrat.
»Ich – weiß es nicht …«, stammelte er rau.
Er versuchte, die verstümmelte Leiche des kleinen Mädchens auf den von Staub bedeckten Steinboden zu betten. Dann erhob er sich unter Schmerzen. Er musste am ganzen Körper grün und blau sein von den zweieinhalb Zentnern des Hünen, der ihn umgeworfen hatte. Doch was war das gegenüber den Verletzungen derer, die verbrannt und gestorben waren?
Während er feststellte, dass er zitterte und sich kaum auf den Beinen halten konnte, sah er die Frau ben Cyrions, der seit Monaten in der Ferne war, traurig und ratlos an.
Auch mehrere Männer kamen auf sie zu und bildeten einen Halbkreis um ihn. Die meisten erwachsenen Amish arbeiteten in den Minen. Die wenigen, die sich im Kibbuz aufgehalten hatten, hatten bei der ersten Sirene alles stehen und liegen gelassen und waren zu den Schutz- und Sanitätsstaffeln gelaufen. Doch was konnten sie ausrichten?
»Warum lassen wir das zu?«, fragte der Hüne, der ihm das Leben gerettet hatte und der jetzt mit verbranntem Gesicht von der Löschung der letzten Brände zurückkam. Es war Ari ben Guron, der Führer der Freiwilligen, die turnusgemäß bei ihren Familien geblieben waren.
Der Pater zuckte die Schultern. Theologische Sophismen zuckten durch seinen Geist. Im Seminar hätte er sich eine brillante Rechtfertigung zurechtlegen können. Aber hier, im wüsten Gestank Dutzender verbrannter Leichen, wurde sie zu Nichts.
»Gott …« Er schüttelte den Kopf. Ein hysterisches Schluchzen rang sich in ihm los.
»Warum lässt Gott es zu?!«, rief Shorena und stemmte die Fäuste in die rußverschmierten Hüften, die nackt unter ihrem zerfetzten Gewand hervorschienen.
Der Pater wagte nicht, sie anzusehen. Er hätte sie fragen müssen, wie viele ihrer sieben Kinder in der Schule gewesen waren …
»Wir müssen uns bewaffnen«, sagte Ari. Der ruhige Bass seiner Leibesfülle gab seinen Worten ein Gewicht, das keine noch so ausgeklügelte Argumentation hätte widerlegen können.
Mehrere andere Männer stimmten ihm zu und schüttelten die Fäuste.
»Wir dürfen uns nicht abschlachten lassen wie Vieh!«, riefen sie. »Ohne etwas zu unternehmen. Ohne uns zur Wehr zu setzen!«
»Wir sollten den Rat einberufen«, schlug Shorena vor. »Ich werde Cyrill schreiben, dass wir ihn hier vor Ort brauchen.« Sie funkelte den Pater zornig an. »Was kümmern uns diese Verhandlungen Gott weiß wo? Sie machen unsere Kinder nicht wieder lebendig!«
Dann bohrte sie den entschlossenen Blick ihrer schwarzen Augen, deren Lachen einst so unwiderstehlich schön gewesen war, in den Pater, bis er begriff. Er trat zur Seite und gab den Leichnam ihrer Tochter frei. Ohne erkennbare Regung bückte sie sich zu dem schwärenden Bündel, lud es auf ihre nackten Arme und ging damit davon.
Norton I
Die Anfrage kam am nächsten Morgen. Sie überraschte mich nicht; ich hatte damit gerechnet. Allenfalls der Zeitpunkt hätte einen irritieren können. Hatten wir nichts anderes zu tun?
Das Dossier war um fünf Uhr morgens auf den Teil des StabsLogs überschrieben worden, der dem Zugriff des Kommandanten vorbehalten blieb. Ich wusste daher auch, von wem er stammte.
Die Mauretanier galten als Frühaufsteher. Ihre Arbeitsessen konnten sich den ganzen Vormittag hinziehen. Aber sie legten Wert darauf, das erste Tagewerk schon vorher zu erledigen.
Die Codierung zeigte an, dass die Anfrage persönlich auf meinen gesicherten Bereich des StabsLogs gestellt worden war und nicht etwa mittels einer programmierten Terminierung. Es musste also ein chronischer Nachtarbeiter wie zum Beispiel Direktor Reynolds gewesen sein – oder eben einer der unsympathischen Angehörigen des Mauretanierordens. Ich gab im Stillen einen Tipp ab und öffnete dann das Dokument.
Auch diese Wette hätte ich gewonnen!
Die Anfrage stammte von Dr. Flitebuca, dem weißhaarigen Rat und Stellvertreter Xanda Salanas. Während Salana als Hoher Repräsentant den protokollarischen Pflichten nachkam, Empfänge eröffnete und Sonntagsreden hielt, wirkte Moran Flitebuca im Verborgenen. Er kümmerte sich um die Ausarbeitung der Schriftstücke und Verträge, deren Verabschiedung Salana dann mit viel Champagner und noch mehr Händedrücken feierte. Flitebuca war der Herr des Kleingedruckten. Ein Aktenfresser, Paragrafenreiter, Strippenzieher. Ein Mauretanier eben. Denn dieser Orden hatte es sich zum Ziel gesetzt, einerseits die Schaltstellen der Macht zu besetzen, andererseits aber unter der Oberfläche zu wirken. Es hieß, dass er nur wenige Hundert Mitglieder habe und dass ihre Zahl seit mehreren Jahrhunderten konstant sei. Sterbe ein Mitglied, werde ein neues aufgenommen. Diese wenigen Hundert Männer hielten die Fäden von Politik, Industrie und Militär in der Hand und kontrollierten so – ohne sich um Dinge wie demokratische Legitimierung zu kümmern – die Geschicke der Union seit ihrer Gründung und ihrem Aufbruch ins Zeitalter der interstellaren Exploration.
Es wurde gemunkelt, Jorn Rankveil gehöre dem Orden ebenfalls an. Zumindest würde mich das nicht wundern. Er war der Typ dafür. Und vermutlich war auch Commodore Wiszewsky ein Mauretanier gewesen. Die selbstverständliche Art, wie er das Amt des Kommandanten der MARQUIS DE LAPLACE angetreten hatte, und die gleichzeitig seltsam unspektakuläre Art, wie er es jahrzehntelang geführt hatte, deuteten darauf hin. Bewiesen würde es nie werden. Es schickte sich auch nicht, danach zu fragen. Er würde auch dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen, und wahrscheinlich schon recht bald. Denn sein Gesundheitszustand hatte sich in den letzten Tagen rapide verschlechtert. Der Bordarzt der MARQUIS DE LAPLACE sah mehrmals täglich nach ihm. Und natürlich wich die Komarowa nicht von seiner Seite. Wann hätte sie das je getan?
Das alles erfuhr ich, als ich mich an diesem Morgen in die Kommandantenebene der Schiffsprotokolle einloggte.
Aber das Auffälligste war die Anfrage Dr. Moran Flitebucas. Ihm war aufgefallen, dass sämtliche Flugbewegungen rund um Torus und Parkraum, aber etwa auch im Bereich der Baustellen der MARQUIS DE LAPLACEs II und III, vom telepathischen Kontinuum der Tloxi gesteuert und überwacht wurden. Für einen Zivilisten und Sesselfurzer wie ihn war das eine enorme Leistung. Wahrscheinlich erwartete er im Stillen, dass man ihm Anerkennung zollte.
Tatsächlich war es – seit wir Sina zerschlagen hatten und die Tloxi der