Wie man glücklich wird und dabei die Welt rettet. Holger Dr. phil. Wohlfahrt

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Название Wie man glücklich wird und dabei die Welt rettet
Автор произведения Holger Dr. phil. Wohlfahrt
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783946959632



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Unterschiede. Schnell stellten sich Verbitterung, Resignation und Langeweile ein. Die Sinnlosigkeit des Lebens erschien allgegenwärtig. Der einst florierende und lebhafte Ort Marienthal verkümmerte. Der herrschaftliche Park, früher Stolz der Region, verwilderte. In der Studie steht: „Obwohl fast jeder Marienthaler Zeit dafür hätte, kümmert sich niemand um den Park.“ Die Lebensmotivation der Marienthaler war verschwunden.

      Die Forscher gingen soweit, sogar die Bewegungen der Bewohner zu untersuchen. Sie fanden heraus, dass diese langsamer und schleppender wurden. Marienthal hatte „die Beziehung zur Zukunft verloren“. Es gab keine antreibenden Ziele mehr. Das Leben wurde sinnlos. Aus der Auswertung zahlreicher Fragebögen leiteten die Forscher ab, dass die meisten Marienthaler nicht mehr wussten, womit sie ihre Tage füllen sollten. „[…] was zwischen den drei Orientierungspunkten Aufstehen – Essen – Schlafengehen liegt, die Pausen, das Nichtstun ist selbst für den Beobachter, sicher für den Arbeitslosen schwer beschreibbar.“ Nur vereinzelt wurden noch sinnerfüllte Handlungen notiert: „Buben waschen, Hasen füttern usw. Alles was sonst geschieht, steht mit der eigenen Existenz in keinem sinnvollen Zusammenhang.“ Aus den Einzelbeobachtungen der Forscher lässt sich erkennen, dass oft gerade diejenigen Marienthaler, die vornehmlich nach beruflichem Erfolg und Karriere strebten, in tiefer Verzweiflung endeten. Sie hatten als Lebensziel allein den abstrakten Plan „nach oben“ zu kommen. Eigene, darüber hinausgehende Aufgaben hatten sie sich nicht zu geben gelernt.

      Doch es begegnen auch Ausnahmen. So wird ein Mann genannt, der sich schon in seinem früheren Leben durch starke Selbstbestimmung ausgezeichnet hatte. Im Ersten Weltkrieg hatte er eine Beförderung abgelehnt und sich auch immer wieder gegen seine Vorgesetzten gewehrt. Stets hatte er eigene Pläne und Ziele. In italienischer Kriegsgefangenschaft hatte er sich vorgenommen, Italienisch zu lernen. Er gestaltete selbst diese für seine Mithäftlinge schwere Zeit somit zu einer sinnvollen und damit erfüllenden Lebensphase. Später übernahm er politische Funktionen. Außerdem war er ein leidenschaftlicher Leser, hatte das Ziel, die Welt möglichst umfassend zu verstehen. Auch im Moment der ausweglosen Arbeitslosigkeit schaffte er es, seinem Leben in Form eines privaten Literaturstudiums Sinn zu geben. Sicher diente ihm die Literatur dabei nicht zur bloßen Unterhaltung. Er missbrauchte sie nicht zu dem Zweck, sich abzulenken und der Welt zu entfliehen, sondern er begriff sie als Chance, sich und sein Denken zu erweitern und fortzuentwickeln. Und so blieb er geistig lebendig und hoffnungsvoll. Er litt weniger als andere.

      Das Herausspüren des Sinns

      Die Studie aus Marienthal verdeutlicht also nachdrücklich, wie wichtig es ist, für sich selbst Sinn finden zu können. Wenn eine Idee wie die des „Bedingungslosen Grundeinkommens“ je realisiert werden soll, muss der Mensch zunächst und von klein auf lernen, sich selbst passende Ziele zu setzen. Diese „fallen einem schließlich nicht in den Schoß“, wie US-Psychologe Todd Kashdan betont. Die einflussreiche österreichische Psychotherapeutin und Psychologin Elisabeth Lukas bekräftigt: „Ein solcher [nachhaltig glücksstiftender und lebenserhaltender] Sinn kann nicht willkürlich gesetzt werden, den muss jeder für sich herausspüren.“

      Wichtig wäre daher, dass bereits Kinder vor allem angeregt werden, herauszufinden, was ihrem Leben Sinn geben kann. Dafür benötigen sie geistigen Freiraum. Statt in immer stärker einengende Förderprogramme gesteckt zu werden, statt immer mehr darauf konditioniert zu werden, simple vorgekaute Fakten auswendig zu lernen und nachzukauen, statt unentwegt bespaßt zu werden, wäre es hilfreich, wenn der pädagogische Fokus stärker auf die geistige Entwicklung und Kreativitätsbildung gelegt werden würde. Statt künstlerische Fächer in der Schule einzuschränken und gegenüber den faktenbasierten Fächern abzuwerten, müssten sie eine Aufwertung erfahren.

      Schon kleinste Kinder der heutigen Zeit werden nur allzu oft an ein Leben gewöhnt, das ausschließlich aus blinder Arbeitswut und ablenkendem Spaß besteht. Es geht ihnen wie einem Menschen mit einem krankhaften Gelüst nach Pfeffer. Sind die Geschmacksnerven erst einmal betäubt, muss die Menge erhöht werden. Das geht so lange, bis der Mensch gar nichts mehr schmeckt oder erstickt.

      Die Unterhaltungsindustrie bietet jedoch gerade im Kinderbereich inzwischen so viele Angebote zu einfacher Ablenkung und radikalem Eskapismus, dass für Muße, Langeweile und die Entwicklung von menschlicher Eigenheit keine Zeit bleibt. Statt eigene sinnstiftende Wege zu entwickeln um etwa empfundener Langeweile zu entkommen, lernen bereits junge Menschen, sich am nächsten Unterhaltungsangebot zu berauschen oder wenigstens zu betäuben. Schon Kinder verkommen zu Dopaminjunkies. Es wird ihnen daher zusehends schwerer, einen eigenen Lebenssinn herauszuspüren.

      Genau dieses Herausspüren eines Sinns ist jedoch etwas, das in jeder Lebensphase seinerseits sinnstiftend und damit tragend sein kann. Es ist nie zu spät, sich auf die Suche zu machen. Diese kann in einer intensiven, nie enden wollenden Reflexion über sich und die umgebende Welt münden, die beispielsweise auch dahin führt, sich allgemein mit den geistigen und materiellen Grundlagen der Menschheit zu beschäftigen und daraus Lebensmaximen zu entwickeln. Die Voraussetzung des Unterwegsseins wäre dabei erfüllt. Der Stein des Sisyphos wäre in dem Fall geistiger Natur.

      Doch einfacher und zielführender ist es sicherlich, seinem Leben durch klar umrissene Meta-Ziele Sinn und Zweck zu geben. Hilfreich ist es, sich zu überlegen, für was man als Mensch steht oder stehen will. Was würde man seinen Enkelkindern oder auch nicht verwandten Nachfahren gerne als Vermächtnis hinterlassen? Fühlt man sich gut dabei, wenn die Enkel und womöglich noch deren Enkel dereinst einen Vorfahren vor Augen haben werden, der vor allem in rücksichtslosem Egoismus schwelgte oder ein sinnloses, da zweckbefreites Leben führte?

      Vielleicht ergibt sich aus derartigen Gedanken eine Orientierung. Vielleicht ergeben sich auch mehrere Pfeiler, die einen individuellen Gesamtsinn des Lebens tragen. So könnten sich aus solcherlei Überlegung zum Beispiel die Ziele entwickeln, sich für eine lebenswerte Welt voller natürlicher Vielfalt und Buntheit einzusetzen und dabei ein reflektiertes, Mensch und Natur freundlich gesinntes, werte-gebundenes Weltbild für sich und andere zu entwickeln. Daraus könnten sich durchaus sinnstiftende Sekundärziele entwickeln, wie z.B. gesellschaftliches Engagement, öffentliche Hilfsbereitschaft oder verstärkte Achtsamkeit.

      Derartige Ziele können das punktuelle Glücksempfinden natürlich jederzeit torpedieren. Warum beispielsweise an die Enkel oder gar nicht-verwandte Nachfahren und deren natürlichen Lebensraum denken, wenn man doch nur den nächsten Gefühlskick sucht und daher gerne das nächste Billigflugangebot ans andere Ende der Welt annehmen möchte oder sich an der Anschaffung eines weiteren Sportwagens berauschen will?

      Um sich von derart kleinen, aber langfristig süchtig machenden Verheißungen nicht vom großen Weg abbringen zu lassen, kann es hilfreich sein, die erdachten Ziele in gut begründeter Form zu verschriftlichen und damit zu visualisieren. Auf diese Art werden sie zu einer Landkarte, die den Weg der lebenslänglichen Reise immer wieder aufs Neue weist.

      Dabei ist es durchaus wichtig, sich für unterwegs Zwischenziele zu suchen. Sonst könnte der Weg zu ermüdend werden. Ein erreichtes kleines Ziel tut gut und bringt Erleichterung. Wer seinen Weg jedoch nie gänzlich abbricht, sondern stetig der vorgegebenen Richtung weiter folgt, wird insgesamt einen größeren Lohn erhalten als nur gelegentliche Momente der Euphorie innerhalb einer großen Leere: nämlich Erfüllung, Sinn und ein dauerhaft abrufbares, tiefes Glücksempfinden.

      II.

       Das Glück der Generativität

      Oder: Von der Unsterblichkeit des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

      Eingebunden sein

      Große und dabei klar umrissene Ziele können dem Leben also Sinn verleihen. Vergleichbar der aufgehenden Sonne, schafft Sinn nicht nur Orientierung,4 sondern lässt die Dinge auch in einem wärmeren Licht erscheinen. Selbst die unschönen Seiten der Welt wirken plötzlich weniger düster.

      Der bisher beschriebene Sinn ist „teleologischer“ (von altgr. „telos“, „Ziel“ „Ende“) Art. Er treibt an, gibt die Richtung vor, sorgt dafür, dass man weiß, warum man morgens aufsteht.

      Daneben