Mein lieber Eduard. Friedemann Steiger

Читать онлайн.
Название Mein lieber Eduard
Автор произведения Friedemann Steiger
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783960087977



Скачать книгу

also der am 7. 2. 1734 in Schönstedt geborene Christian Friedrich Steiger (genannt Steiger I). Er heiratete am 5. 6. 1774 in Harzgerode die Johanne Sophie Charlotte Rudolph. Sie war am 10. 8. 1752 in Neudorf bei Harzgerode geboren worden und starb am 31. 1. 1786 in Windehausen an der Schwindsucht. Der Christian Friedrich Steiger heiratete übrigens am 24. 10. 1787 noch einmal und zwar die Jungfrau Marie Sophie Wölfert aus Sondershausen. Von einem Erich Kneffel, dem Vereinsführer des Genealogischen Vereins Nordhausen hatte Herbert Steiger folgende Zuschrift erhalten:

      Magister Friedrich Steiger aus Schönstedt in Thüringen war erst Hofdiakonus in Rossla und kam 1772 als Pastor nach Windehausen. Im Besitze einer ausgesuchten Bibliothek studierte er fort bis an sein Ende. Seine Nebenstunden widmete er der Pflege seltener Gewächse und einigen Handarbeiten. Er pappte zum Beispiel vortrefflich und hat den salomonischen Tempel nach dem Lundius verfertigt. Bei der denkwürdigen Räuberei im Oktober 1806 wurde er von französischen Plünderern so misshandelt, dass er daran starb. Das war am 26. 10. 1806. Von seinem Magisterium hatten bei seinen Lebzeiten nur seine Söhne und einige vertraute Freunde Kenntnis.

      Im Kirchenbuch von Windehausen ist zu lesen:

      „Nach der Schlacht bei Jena flüchtete ein Teil der preußischen Armee in der größten Unordnung über Nordhausen nach Magdeburg. Ein 80 000 Mann starkes Korps verfolgte die Preußen und lieferte bei Nordhausen eine kleine Affäre. Des Nachts schlugen die Franzosen ein Biwak, wobei ein großer Teil die Erlaubnis erhielt, sowohl in Nordhausen als auch in den umliegenden Dörfern zu plündern. Auch unseren Ort traf das traurige Geschick. Am 19. 10. früh gegen zehn Uhr kamen die ersten sieben Franzosen vor unser Dorf. Sie verlangten, weil ein großer Teil der hiesigen Bewohner auf der Mühlbrücke war, weiter nichts als Schnaps. Der wurde ihnen in der Schenke gereicht. Als diese Gäste abgefertigt waren, kam ein anderer Trupp und verlangte 90 Dukaten. Ehe aber mit diesen unterhandelt werden konnte, kamen noch mehrere, fielen in die Häuser ein, zerschlugen Kisten und Kasten und nahmen besonders Hemden und Tücher mit.

      Besonders hart traf dies Schicksal den Prediger, denn als sie Geld verlangten und nur wenig erhielten, zerschlugen sie alles und nahmen mit, so viel sie konnten. Auf diesen Sturm stellte sich eine Ruhe von wenigen Stunden ein. Bald aber kamen neue Gäste ins Pfarrhaus. Ruhig stellten sie ihre Gewehre in die Ecke und ließen sich den unter dem Rübenhaufen versteckten, aber doch gefundenen Wein wohl schmecken und tranken mir fleißig zu. Die Bauern, denen dieser Besuch zu lange dauerte und die doch kein Geräusch hörten, hatten sich vor der Tür versammelt. Aber die Franzosen fürchteten einen Überfall und ergriffen ihre Gewehre und schossen auf die sich auf meinen Wink schnell verteilenden Leute, trafen aber niemand, obgleich auf diese Art in der Umgebung mehrere Leute getötet worden sind. Der eine gab mir zur Antwort, dass er uns um meinetwillen, indem er meinen Gleichmut bewunderte und mich auf den Augenblick lieb gewonnen hatte, nicht habe treffen wollen. Doch nahmen diese drei einen ganzen Wagen voll Sachen und Lebensmitteln mit.

      Nun glaubten wir das Unglück beendet. Allein am Abend war das Unglück stärker als zuvor. An die sechzig Franzosen fielen in unser Haus. Da sie nichts mehr fanden, verlangten sie Geld. Da wir ihnen das nicht geben konnten, vergriffen sie sich an meinem Vater, dem Prediger allhier und stießen ihn in eine Schrankecke. Da ich dies Unglück so lange als möglich zu verhindern suchte, warfen sie mich zum wiederholten Male zur Tür hinaus. Endlich, da der eine ganz besoffene Franzose nichts erpressen konnte, schleppte er mich in die Stube, verschloss die Türe und zog den Hahn seines Gewehres.

      Als diese Drohung nichts helfen wollte, zog er sein Seitengewehr und hätte mir, wenn ich nicht ganz gegen meine Gewohnheit den Hut auf dem Kopf getragen hätte, den Kopf zerspalten. So ging es mit einer starken Wunde am Kopf ab. Mehrmals trug ich meinen 73-jährigen kranken Vater bis an die Haustür, aber die vor der Tür stehende Wache stieß uns immer wieder zurück. Endlich gelang es mir, ihn durch und in die Kirche zu bringen. Es war zehn Uhr abends. Nun schlich ich mich ins Haus zurück und holte Betten. Als ich so meinen Vater in Sicherheit und vor Kälte geschützt wusste, suchte ich meine Stiefmutter, welche die Unmenschen sehr misshandelt und an den Haaren herausgezogen hatten. Über eine Stunde hatte ich gesucht, bis ich sie endlich im Garten auf einer Bank ganz ohnmächtig fand. Ich brachte sie mit Hilfe des Nachbars Christof Andreas Heise ebenfalls in die Kirche. Um 12 Uhr nachts ging ich nach Urbach. Unzählige Wachtfeuer und das Brandfeuer in Bielen, hier hatten die Franzosen das adlige Gut angezündet, röteten den Himmel. In Urbach suchte ich einen sicheren Zufluchtsort. Alle waren in größter Bestürzung und konnten mir keine Sicherheit versprechen. Ich traf unseren Knecht und unsere Magd, die hierher geflüchtet waren. Ersteren nahm ich mit und ging auf Umwegen nach Heringen, um daselbst Sicherheit zu suchen. Ich traf eine französische Bedeckung für die Stadt an, die einige Sicherheit hoffen ließen. Ich lief zurück nach Windehausen. Die Pferde wurden angespannt. Die Wagen wurden mit Betten angefüllt und so brachte ich meinen Vater und meine Mutter glücklich nach Heringen.

      In diesem Sturme hatten die Franzosen den Bauern vierzehn Pferde abgenommen. Darunter waren zwei Bauern, die ihr ganzes Gespann verloren hatten. Drei Tage verweilten wir in Heringen, beim Rat Oberländer, meinem Schwager. Allein mein Vater fing an, die sehr nachteiligen Folgen der schändlichen französischen Behandlung zu empfinden und wünschte sich in seine Wohnung zurück. Der Sturm war zwar vorüber, aber im Hause trafen wir alles zerstört an. Dieser Anblick erschütterte meinen Vater aufs Neue. Er legte sich ins Bett, um nicht wieder aufzustehen. Neun Tage nach dieser Schreckensnacht endete sein Leben“.

      Der erwähnte Schwager Oberländer hatte die Sophie Christiane Steiger geheiratet, also eine Schwester des Christian Friedrich Steiger, von dem die Briefe an seinen Sohn Eduard erhalten sind. Dieser Christian Friedrich Steiger (also Steiger II) hatte auch Geschwister: Ernst Christian Ludwig Steiger, der sich im Herbst 1791 erhängt hatte; Grund unbekannt und Johann Friedrich Wilhelm Steiger, der Prediger in Schlotheim war. Es gab auch eine Schwester von Christian Friedrich Steiger, die am 8.11. 1806 im Alter von 79 Jahren verstarb.

      Unser Christian Friedrich Steiger II, der die Briefe an seinen Sohn Eduard in den letzten Jahren seines Lebens, und den oben erwähnten Bericht über seinen Vater mit 26 Jahren schrieb, wurde am 1. 6. 1780 früh 7 Uhr geboren und am 2. Sonntag nach Trinitatis, es war der 4. 6. 1780, getauft. Christian Friedrich Steiger II besuchte die Fürstenschule zu Grimma, danach die Universitäten in Wittenberg und Leipzig. Er wurde von fürstlicher Seite berufen am 21. 4. 1807 in Windehausen der Nachfolger seines Vaters. So steht es in der Kirchenchronik, geschrieben von einem gewissen Leopold, Nordhausen von 1817. Ein Gemeindevorsteher schreibt: „1812 erwarb Pfarrer Steiger von der Gemeinde im Dorfe zwischen Mühle und Schmiede ein Sumpfgebiet. Er ließ in vier Wochen 2000 Fuder Erde aus dem „Kalten Graben“ hineinfahren und die Fläche mit Obstbäumen aus Ballenstedt anpflanzen. Dort errichtete er ein Wohnhaus für seine Erben. Darin wohnte der Lehrer beim Neubau der alten Schule im Jahre 1833. Dieses Haus wurde 1911 durch ein neues ersetzt. Pastor Christian Friedrich Steiger II hat hier 55 Jahre und zwar vom April 1807 bis zum 1. 5. 1862 segensreich amtiert. Im Jahre 1857 wurde in großartigster Weise sein 50-jähriges Amtsjubiläum gefeiert. So viele Festteilnehmer sind wohl aus irgendeinem anderen Anlass vorher und werden wohl jemals nicht wieder hierher kommen. Außer den Mitgliedern des Konsistoriums (Stolberg-Roßla war das älteste lutherische Konsistorium der Welt), den vielen bekannten und befreundeten Amtsbrüdern, waren sämtliche Logenbrüder mit ihren Angehörigen und viel Volks aus den umliegenden Ortschaften hierhergekommen. Der Logenwirt Schneegaß aus Nordhausen hatte ein großes Zelt aufschlagen lassen.

      Das Jubiläumsfest dauerte drei Tage. Es wurde jeden Tag auf dem Schulplatz auf zwei Tanzflächen von Jung und Alt getanzt.

      Nach seiner Pensionierung lebte er noch einige Jahre. Er war allgemein beliebt und verehrt. Er hatte für alle denkbaren Wirtschaftsinteressen großen Sinn und reiches Wissen und legte eine große Baumschule an. Durch die Einführung und Vertreibung der besten Obstsorten erwarb er sich einen großen Ruf. In der engeren und weiteren Umgebung holten sich die Gemeinden ihre Obstbäume. In unserer Gemeinde regte er an, dass große und ergiebige Obstplantagen angelegt wurden. Er war Mitbegründer des landwirtschaftlichen Vereins der Goldenen Aue in Nordhausen und viele Jahre Logenmeister der Freimaurerloge in Nordhausen. Am 12. 5. 1808 heiratete er Johanna Christiane Sophie Schulze, die am 29. 11. 1776 in Nordhausen geboren war und am 4. 3. 1848 in Windehausen am Nervenschlag verstarb. Sie hinterließ ihren Gatten, drei Töchter, zwei