Mein lieber Eduard. Friedemann Steiger

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Название Mein lieber Eduard
Автор произведения Friedemann Steiger
Жанр Историческая литература
Серия
Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783960087977



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versprengt. Er kommt ganz gesund wieder nach Hause. Bei der Siegesfeier in Nordhausen geht es hoch her, denn der Carl ist „unter der Nase gut zu Fuß“, das heißt, er verträgt allerhand. Nur Urbach, Sachswerfen und Ilfeld haben Trauer, diese hannoverschen Gebiete werden preußisch. In Langensalza liegen noch viele Hannoveraner im Lazarett und in Merxleben findet ein Bauer einen Toten im Getreidefeld, der ein goldenen Uhr und 50 Dukaten hat. Ein Jahr später wird in Langensalza der Sieg gefeiert. Ganze Kisten mit Blumen und Kränzen sind von Hannover geschickt worden. Das war vergebliches Blut, das der blinde Wolf vergossen hat.

      So nimmt er auch an dem Tagesgeschehen lebhaften Anteil. Er umsorgt alle Kinder und Enkel. Als das Gewächshaus zerfällt, trauert er um die schöne Kakteensammlung. Es sind über 200 Stück. Einen Teil gibt er Fritz Grützmann, aber das meiste übernimmt Eduard nach Balgstädt. Das Stück zu vier Silbergroschen. Was schreibt er sonst noch in seinen Briefen?

      Hausklatsch, Besuche, Skandale, wie Ärger mit dem Kantor, der sich an kleinen Mädchen vergeht und der schließlich ins Gefängnis kommt. Oder er erzählt von einem Brand im Pferdestall, von einem Unglück beim Bahnbau, ferner von Wetter und Ernte, Krankheiten bei Mensch und Vieh. Als er Eduard zum Geburtstag gratuliert, meint er: „Ich hätte wohl mögen ein Mäuschen sein. Deine Lieblinge in Reih und Glied aufgereiht. Jedes sagt seine Wünsche und die kleine Ellla besonders niedlich“. Bei dieser Gelegenheit blickst du behaglich auf Deine vorgerückten Jahre! Nun, die Natur wird doch bei Dir keine Ausnahme machen. Die Steigers haben harte Köpfe. Dein Urgroßvater in Schönstedt war ein hoher Siebziger. Er würde sein Leben höher gebracht haben, wenn der 7-jährige Krieg in seiner Nähe nicht nachteilig auf ihn eingewirkt hätte. Dein Großvater war auch noch hoch in die Siebzig und hätte noch länger leben können, wenn die Franzosen nicht seinem Leben 1806 ein Ende gemacht hätten. Ein Bruder, der Advokat in Heringen war, war auch ein Siebziger und Deine Tante hier war 80 Jahre und ihre Schwester, die Ludwig in Schönstedt 81 … und ich!!!

      In der Familienbibel stehen alle Kinder:

      Am 13. 7. 1857 früh um halb 9 Uhr wurde mir von meiner Frau Auguste, geborene Kleemann, ein Töchterchen geboren, welches am 12. 8. in der Taufe die Namen Friederike, Luise, Auguste, Marie empfing. Taufzeugen waren Pastor Christian Friedrich, sein Vater; Frau Amtsrätin Auguste Kleemann, seine Schwiegermutter Forsträtin Luise Drechsler und Herr Amtsrat Wilhelm Kleemann, mein Schwiegervater. So geschrieben am Tauftage zu Crimderode in der Administrationswohnung des Drechslerschen Rittergutes.

      Am 19. 12. abends halb zehn Uhr 1858 wurde mir die zweite Tochter geboren. Sie empfing am 18. 1. 1859 in der heiligen Taufe den Namen Auguste Emma Luise. Taufzeugen waren Kaufmann Becker aus Nordhausen und meine Schwägerin, geborene Franz aus Obergebra.

      Am 12. 2. abends halb neun Uhr 1860 wurde mir ein Sohn geboren. Derselbe empfing am 17. 3. in meiner Wohnung zu Sondershausen die Namen Otto, Hermann, Max. Taufzeugen waren der Amtmann Otto Kleemann, Thalgebra, Fräulein Hermine Kleemann, Ebeleben und Fräulein Marie Scheppig, Sondershausen. In Crimderode steht noch immer eine schöne Rotbuche im Park des ehemaligen Gutes, von der behauptet wurde, dass sie mein Urgroßvater Eduard gepflanzt habe. Zumindest hat er viele Veredelungen davon verbreitet, denn das hatte er ja in Windehausen gelernt. Er hatte die Wirtschaft nur zwei Jahre und wohnte eine Zeit in Sondershausen. Er pachtete dann das Rittergut von Sperling in Werningerode, das sehr heruntergewirtschaftet war. Er machte eine Märgelgrube auf und brachte wieder Leben in den Boden, was den Opa, also meinen Ururopa dazu veranlasste, ihm den Spruch zu schreiben: „Kalk macht reiche Väter, aber arme Söhne!“ Aber Eduard kaufte auch fleißig Superphosphat dazu. Damals war die künstliche Düngung noch etwas Neues. Die Nachbarn wunderten sich über seine guten Ernten.

      In der Familienbibel von Eduard Steiger stehen auch die folgenden Kinder:

      Am 21. 12. 1861 wurde meine Frau abends gegen neun Uhr von zwei kleinen Mädchen entbunden, die am 2. 1. 1862 in der Wohnstube der Pächterwohnung zu Balgstädt getauft wurden. Zur Älteren waren Zeugen meine Schwägerin Frau Oberamtmann Luise Riemann, Großmehlra, mein Schwager, Herr Amtmann Otto Apel, Hohenebra und es erhielt der Täufling den Namen Luise, Ottilie, Rosa. Zur Jüngeren waren Zeugen Fräulein Marie Uhde dahier, mein Schwager Herr Ökonom Alfred Kleemann, Ebeleben und erhielt in der heiligen Taufe die Namen Albine Marie Clara.

      Am 18. 3. 1863 früh um halb sechs Uhr genas meine Frau eines gesunden kräftigen kleinen Mädchens, welches am 19. 4. in der heiligen Taufe den Namen empfing: Wilhelmine Auguste Elwine und zwar in dem vierten Zimmer der Schlosswohnung in Balgstädt; bekannt war sie in der Familie als die Tante Ella. Die Taufzeugen waren: Wilhelm Kleemann, Regierungsassessor zu Liegnitz. Da er aber erst wenige Tage zuvor abgegangen, vertrat ich (Eduard) ihn selbst, und meine Nichte Emma Büchner, geborene Oertel aus Erfurt. Dazu Oberamtmann H. Siegel auf Schloss Freyburg.

      Am 5. 8. 1865. sechs Uhr früh, genas meine Frau eines gesunden kräftigen Mädchens, welche am 8. 9. in dem vierten Zimmer getauft wurde und die Namen Johanna Auguste Sophie empfing. Taufzeugen waren Herr von Biela auf Zscheiplitz, Frau Amtmann Amalie Kleemann, geborene Gatterstedt und Herr Amtmann Karl Kleemann, Ottenhausen.

      Am 13. 3. 1867 vormittags halb elf Uhr wurde mir die siebente Tochter geboren, welche am 2. Osterfeiertag, an dem 22. 4. in der heiligen Taufe die Namen Margarete Auguste Natalie empfing. Taufzeugen: Frau Amtmann Natalie Meyer, geborene Kleemann aus Altengottern, meine Schwägerin. Für selbige stand aber Fräulein Anna Uhde hier und Frau Pastor Auguste Müller, geborene Steiger aus Altengottern. Für dieselbe dann die Lehrerin Fräulein Wilhelmine Schmidt aus Liegnitz. Übrigens ist die Auguste noch nicht geboren, als das Familienfoto gemacht wurde; siehe Umschlag.

      Ich, Friedemann Steiger, schrieb das alles so genau nach der Familienbibel, weil in den Briefen an Eduard die Namen fast alle genannt werden und man durch den Abstand der Jahre nicht weiß, wer was war. Gerade auch, weil sich die Vornamen wiederholen.

      Was ist von Eduard Steiger noch zu sagen?

      Er hat ja den Briefwechsel mit seinem Vater treu aufbewahrt, weil er ihm so nahe stand. Wie war sein Werdegang? Drei und ein halbes Jahr war er Ökonomielehrling bei E. V. Hopfgarten in Schlotheim. Wegen guten Betragens und beharrliches Fleißes war er als Ökonomieverwalter zu empfehlen. Im Jahr darauf ist er Gutsverwalter bei R. Gebser in Allstedt. Er wurde zum Militär einberufen und ging darum von dort weg. Er hat ein Jahr dienen müssen. Darüber gibt es aber keine Unterlagen. Danach hat er eine Zeit lang bei seinem Vater die Baumschule angelegt. 1859 hat er vom Landrat in Nordhausen ein Zeugnis darüber bekommen, dass er mehrere Jahre das Rittergut Werningerode mit sichtbarem Erfolg selbstständig bewirtschaftet hat und wegen seiner ökonomischen Kenntnisse wiederholt zum Sekretär des Landwirtschaftlichen Vereins gewählt wurde. Sein Schwiegervater, Wilhelm Kleemann, legte den Grund zu seinem Glück, indem er ihm 10 000 Taler zum Betrieb einer jetzt zu erwerbenden Gutspacht unverzinslich zur Verfügung stellt. Nach Ablauf der Pachtzeit in Balgstädt pachtete er in Sonneborn bei Gotha. Aber reich wurde er auch da nicht. Aber er hatte sieben Töchter und jede hatte einen Bruder; wie viele waren das? Danach wurde in der Familie immer scherzhaft gefragt.

      Eine bedeutende Rolle spielte er in der Loge in Nordhausen. In der Geschichte der Logenmeister der Johannesloge in Nordhausen „Zur gekrönten Unschuld“ steht, dass Christian Friedrich Steiger 65 Jahre lang den Maurerschurz getragen habe. Auch als Prediger und Seelsorger in Windehausen habe er eine segensreiche Tätigkeit entfaltet, die ihm die Liebe und Verehrung der Gemeinde im vollsten Maße erwarb. Daneben fand er Zeit, sich als praktischer Landwirt zu betätigen. 1838 gründete er den landwirtschaftlichen Verein der Goldenen Aue. Er hat als erster in dieser Gegend richtig rationelle Obstbaumzucht betrieben. Hammerführender Logenmeister war er in den Jahren 1825 bis 1832. Zum Stiftungsfest 1831 waren seine Worte, dass der Freimaurer nicht alles bloß aus dem Ritual und dem Symbol der Freimaurerei schöpfen könne, sondern einen reinen vaterländischen Sinn in die Loge mitbringen und das dann geistig verarbeiten müsse, was in der Loge über Menschenverehrung im allgemeinen gelehrt werde.

      Er erlebte die Freude, zwei Söhne dem Orden zuzuführen. Am 13. 9. 1848 seinen Amtsnachfolger Carl und sechs Jahre später Eduard, meinen Urgroßvater. 1854 feiert Christian Friedrich Steiger sein 50-jähriges Maurerjubiläum und 1864 auch noch sein 60. Maurerjubiläum, zu dem er eine Grußadresse des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, dem damaligen Kapitelmeister bekommt.

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