Erfahrungen in einem sozialen Netzwerk. Edith Zeile

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Название Erfahrungen in einem sozialen Netzwerk
Автор произведения Edith Zeile
Жанр Программы
Серия
Издательство Программы
Год выпуска 0
isbn 9783957446527



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      Da jeder diesen Typ kennt, genügt ein kurzer Hinweis auf die Notiz am SCHWARZEN BRETT: „Wer möchte heute Sex?“ Man braucht sich weiterhin keine Sorgen zu machen, dass diese Frage unbeantwortet bleibt.

       Der Philosoph

      Er schreibt alle anderen an die Wand, ellenlange Beiträge über Heidegger und Gadamer, schüttelt Sokrates-, Seneca- und Cicero-Zitate aus dem Ärmel und wird von jedem hundertsten Leser annähernd verstanden. Wer sich auf eine Diskussion einlässt, zieht immer den Kürzeren, denn er ist nebenberuflich Sophist, dreht dir das Wort im Munde um, und du stehst in kürzester Zeit als tumber Tor da. Deshalb wagen sich nur wenige aufs rhetorische Glatteis.

      Leider sind Philosophen oft sehr sensibel und verletzlich, und unverstanden wollen sie auf Dauer auch nicht bleiben, so bleibt nur der Ausweg, sich ein spezielles Philosophie-Forum zu suchen.

      Das ist schade, ein Verlust für die andächtige Gemeinde, die ergriffen um den Star kreist, auch wenn sie ihn nicht versteht.

       Mutter Teresa

      Mutter Teresa ist für alle irgendwie in Not geratene Sbler ein Geschenk des Himmels. Sie bietet ihre Hilfe in liebevollen Worten am SCHWARZEN BRETT an, und schon stürzen sich vom Leben Geschädigte, von Krankheiten Geplagte, von Männern verlassene Frauen in ihre ausgebreiteten Arme. Sie kennt sich aus, wenn es um Kräutertees für Schlafprobleme geht oder Rezepte aus Großmutters Zeiten, die durchaus aphrodisische Wirkung haben dürfen. Sie nimmt Hunde und Katzen in Pflege, wenn sie am selben Ort wohnt.

      Sie ist meist älter, hat keine Partnerwünsche mehr und deshalb viel Zeit und Energie für die Zu-Kurz-Gekommenen, Kranken, Sterbenden und Einsamen beiderlei Geschlechts.

      Sie ist immer da, immer bereit, eine Ur-Mutter!

       Der/die SchmetterlingIn

      Er/sie fliegt von einem zum Anderen. Er/sie sammelt Kontakte, pflegt sie nicht, hat seine schönen Flügel gezeigt, Sehnsucht erzeugt – und weg ist er/sie.

      Man darf nicht vergessen, dass sie fliegen MÜSSEN. Sie können nicht anders. Man darf ihn/sie bewundern, ihnen kurzzeitig verfallen, aber nicht mitfliegen!

       Der Moralist

      Er hat etwas mit der Gouvernante gemeinsam, denn er meint, er müsse sich überall für Ordnung, Zucht und höhere Werte einsetzen. Während es ihr eher um das Einhalten von Vorschriften geht, betont er, dass Menschen sich Tugenden verpflichten sollten.

      Wenn also jemand „offene Ehen“ am SCHWARZEN BRETT propagiert, wird er mit Sicherheit an die 10 Gebote erinnern, wird selber seit 40 Jahren ungeheuer glücklich mit einer einzigen Frau verheiratet sein, was in unserer freien Gesellschaft mittlerweile Seltenheitswert hat.

      Man braucht Moralisten, auch wenn sie manchmal nerven, aber sie setzen Grenzen und sorgen dafür, dass die Menschheit nicht in totaler Anarchie versinkt.

       Der Verseschmied

      Die Zahl der Verseschmiede im Land der Dichter und Denker ist erstaunlich groß. Manche Sbler reagieren nur noch in gebundener Rede, d.h. sie reden in Versen, ob mit oder ohne Reim.

      Am SCHWARZEN BRETT lässt sich eine Gedichte-Wand selektieren, die jedem kritischen Leser – womöglich einem Philologen – Lust und Schmerz bereitet.

      Manchmal steht ein © unter Zeilen, die sich nur reimen und inhaltlich nichts bieten, und dann erscheint plötzlich ein kleines Kunstwerk, formvollendet und inhaltlich wertvoll.

      Rührend ist die Tatsache allemal,. dass sich ältere Menschen die Mühe machen, mit ihren Gedichten anderen eine Freude zu machen.

       Der Lehrer

      Es gibt ihn nicht!!! Obwohl es durchaus gelegentlich Anlass geben würde, Grammatik-, Rechtschreib- und Zeichenfehler zu korrigieren, bleiben pädagogische Eingriffe aus!

      Aus Gründen der Toleranz ziehen sich geborene Lehrer in den Schmollwinkel zurück und halten still.

      Ganz selten reißt einem die Geduld, und er hängt eine entsprechende Anklageschrift an das SCHWARZE BRETT: Der Untergang der deutschen Sprache steht unmittelbar bevor.“

       Der Teufel, die Bösewichtin

      Es gibt ihn, in der Tat! Sein Auftritt ist meist ein Überfall. Er fällt aus unerfindlichen Gründen über einen ahnungslosen User her und zerfetzt ihn, erklärt unmissverständlich, dass er ein A… sei, keinen blassen Dunst hätte, seine Worte lieber hinunterschlucken und daran krepieren sollte.

      Meist muss dann ein SB-Moderator eingreifen und die Wogen glätten.

       Dorian Gray

      Dorian Gray ist die Steigerungsform eines narzisstischen Menschen. Oscar Wilde hat dieses unvergleichliche Portrait eines selbstverliebten Mannes geschaffen.

      Selfies sind heute der letzte Kick, man liebt sich selbst mehr als früher. Selbstwahrnehmung hat den gleichen Stellenwert wie Fremdwahrnehmung.

      Vielleicht sind wir alle Dorian Grays, denn nur wer sich selbst liebt, kann andere liebevoll akzeptieren.

      Gerade bei Seniorbook gehört Freundlichkeit anderen gegenüber zum guten Ton.

      Natürlich kann ein User mehrere Rollen spielen. Vielleicht macht das gerade den Reiz des Spiels aus. Vielleicht liegt sogar der therapeutische Wert einer solchen Plattform darin, allen Typen eine Bühne zur Selbstdarstellung zu geben.

      Wir tragen viele Personen in uns, was uns Hesse in seinem „Steppenwolf“ sehr anschaulich vorführt. Als sich der Protagonist Harry Haller nach dem Fest im Spiegel betrachtet, fallen da plötzlich mehrere kleine Wölfe heraus, die er als Teilpersönlichkeiten erkennt.

      Vielleicht entdeckt der eine oder andere einen Zauberer, einen Erzengel, ein Dornröschen oder einen Alien in sich, die nur auf ihren Auftritt warten und dadurch erlöst werden könnten.

      Geben wir ihnen eine Bühne und spenden wir Beifall!

       Seniorbook – ein Geschenk an die ewig jungen Alten

      In meiner Erinnerung sehe ich mich als Dreijährige an einem „Volksempfänger“ sitzen. Wie ist der Sänger da hineingekommen, frage ich meine Mutter

      Die große Welt in einem kleinen hässlichen Kasten!

      Und nun – am Ende meines Lebens – ein schimmernder Raum, unendlich tief, unendlich weit, 1001 kleine Phantasie-Räume, in denen Menschen sich aufhalten, nachdenken, miteinander reden, raten, lachen, sich betrachten, umarmen …

      Welch eine grandiose Erweiterung der Lebenswelt hat in einer Generation stattgefunden, die sich nach dem Grauen des Krieges der Erhaltung des Friedens verpflichtet fühlte.

      Welch geniale technische Erfindungen erlauben es uns, in Jetztzeit mit Menschen auf dem ganzen Erdball zu kommunizieren! Wie beschleunigt laufen jetzt in Ländern Vorgänge ab, die früher Jahrhunderte brauchten, wie z.B. die Demokratisierung!

      Ich bin erst seit einem Vierteljahr in dieser Community, die ich „Ort der Imagination“ nenne. Ein objektives Urteil lässt sich