Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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Название Wörterbuch alttestamentlicher Motive
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Жанр Религия: прочее
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Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783534724758



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war.

      Der Berg ist als Begegnungsort zunächst in der Berufung des Mose qualifiziert (Ex 3,1; 4,27); die Begegnung zwischen Gott und dem Volk wird in Ex 3,12 angekündigt und in Ex 19,2ff. eingelöst. Der Berg ist der Ort der Erscheinung Gottes (Theophanie): Dafür muss sich das Volk vorbereiten und kultisch rein halten (Ex 19,10.14f.) sowie den Berg als heiligen Bezirk ausgrenzen, dessen Betreten unter Androhung des Todes verboten wird (Ex 19,12–13.17). Ist damit der Berg als „heiliger Ort“ (Ex 19,23) gekennzeichnet, so trennt der zweite Vorbereitungstag den Alltag (erster Tag) vom Tag der Erscheinung Gottes am dritten Tag (Ex 19,11), sodass auch eine „heilige Zeit“ entsteht (→ Heiligkeit). Die Theophanie wird mit meteorologischen (Gewitter, → Wetter) sowie vulkanischen (→ Feuer, Rauch, Beben) und akustischen (Hörnerschall) Erscheinungen im Umfeld des Berges beschrieben (Ex 19,16.18; 20,18; 24,17). Diese Phänomene ängstigen das Volk derart, dass es Mose um Vermittlung bittet, da es eine direkte Begegnung mit Gott nicht zu überleben glaubt (Ex 20,19–21). Mose wird so ausdrücklich zum Offenbarungsmittler zwischen → Volk und Gott. Diese Rolle wird erzähltechnisch auch räumlich durch das mehrmalige Besteigen des Berges durch Mose mit jeweils folgendem Herabsteigen gestaltet. Dem Volk bleibt die kultische Verehrung Gottes durch einen Altar am Fuß des Berges (Ex 24,4).

      Eine Analogie zur Exodus-Theophanie erlebt Elija am Gottesberg Horeb (1 Kön 19), jedoch mit einer deutlichen Akzentverschiebung: Gott ist nicht in den gewaltigen Naturerscheinungen, sondern in der → Stille. Damit bleibt die Einmaligkeit des Mose-Ereignisses unangetastet, und doch ist die Gottesbegegnung Elijas auf gleicher Ebene zu sehen.

      1.2 Der Gottesberg als Offenbarungsort für die Tora

      Ab Ex 19,3 ist der Berg der Ort, an dem Gott mit dem Offenbarungsmittler Mose spricht, damit dieser das Gesagte an das Volk weitergibt (s. auch Ex 19,14.20; 24,12–18). Mose verschriftet „die Worte des Herrn“ (Ex 24,4), und aufgrund der Urkunde („Bundesbuch“, Ex 24,7) wird der Bund am Sinai geschlossen. Zu dessen Besiegelung dürfen Mose, Aaron, Nadab, Abihu und 70 von den Ältesten Israels auf den Berg steigen und Gott schauen: „Die Fläche unter seinen Füßen war wie mit Saphir ausgelegt und glänzte hell wie der Himmel selbst“ (Ex 24,10). Anschließend werden Mose auf dem Berg während 40 Tagen und Nächten die Anweisungen für den Heiligtumsbau mitgeteilt (Ex 25–31). Auf dem Berg erhält Mose die zwei Steintafeln, die der Finger Gottes beschrieben hatte (Ex 31,18; 32,15; → Gesetz, Gesetzestafeln), doch aufgrund des Abfalls des Volkes – die Israeliten bauen sich ein Goldenes Kalb und verehren es als Gott – zerschmettert Mose als Symbol des Bundesbruches die Tafeln am Fuße des Berges (Ex 32,19). An eben demselben Berg legt Mose Fürbitte für das Volk ein und Gott vergibt dem Volk die große Sünde, sodass Mose mit neuen Tafeln den Berg herabsteigt (Ex 32–34) und dem Volk die Gebote Gottes, die Gott dem Mose auf dem Sinai mitgeteilt hat, übergibt (Ex 34,32). Der „Berg“ wird damit zur Chiffre für die Mitteilung der Gebote, die Offenbarung der Tora (Lev 7,38; 25,1; 26,46; 27,34). Der Aufenthalt am Berg steht für die Konstituierung des Volkes unter der Weisung Gottes, die entscheidende Etappe zwischen dem von Wundern begleiteten → Exodus aus → Ägypten und der Wüstenwanderung (→ Wüste) und Landnahme. Vom Berg als Ort der Begegnung mit Gott und der Offenbarung der göttlichen Weisung muss Israel aber aufbrechen und weiterziehen (Num 10,33; Dtn 1,6): Der Berg als Offenbarungsort Gottes ist nicht der Wohnort Gottes und auch nicht für ein dauerhaftes Wohnen der Menschen gedacht (s. auch Mt 17,4), denn die Offenbarung Gottes setzt sich fort im Kult (das transportable Zeltheiligtum als „wandernder Sinai“: JACOB 1997) und im verschrifteten Wort Gottes (Tora).

      Im Buch Deuteronomium wird durch Mose deutlich an die Ereignisse von Theophanie und Offenbarungsmitteilung (einschließlich der Tafeln) am Berg, der dort ausschließlich Horeb genannt wird, erinnert (Dtn 4,10–11; 5,4–5.22; 9,9–10.15.21; 10,1–10). Auch Neh 9,13 verbindet die Offenbarung von Ordnungen und zuverlässigen Gesetzen, Satzungen und Geboten mit dem Herabsteigen Gottes auf den Berg Sinai. Der Berg Sinai/Horeb als Gottesberg ist damit als Berg der Offenbarung Gottes und der Mitteilung der göttlichen Weisung (der Tora) eine theologische Größe, keine historisch-topographische Entität, denn trotz seiner erheb lichen Bedeutung hat sich keine verlässliche Orts tradition erhalten. Eine exakte Lokalisierung ist nicht möglich; der so genannte „Moseberg“ auf der Sinaihalbinsel (Djebel Musa) beruht auf einer Tradition christlicher Pilgermönche aus dem 4. Jh. n. Chr. (DOHMEN 2004).

      2 Der Berg als Sterbeort

      Die beiden großen Gestalten der Tora, Mose und Aaron, sterben jeweils auf Bergen: Der Berg Hor wird als Sterbeort Aarons überliefert (Num 20,22–28; 33,38f.); darauf wird beim Tod des Mose nochmals ausdrücklich Bezug genommen (Dtn 32,50). Mose stirbt auf dem Berg Nebo östlich des Toten Meeres (Dtn 34,1–5). Dass ein Berg die Endstation des Lebens des Mose ist, ergibt sich aus der narrativen Linie des Pentateuchs: Mose darf nicht in das Gelobte Land hineinziehen, aber er darf es vor seinem Tod in seiner Gänze betrachten – das geht nur von einem Berg aus. Aaron trifft die gleiche Strafe, auch er muss vor dem Einzug ins Gelobte Land sterben (Num 20,24). Dass dies auf einem Berg geschieht, dürfte der Stellung Aarons geschuldet sein: Als Priester und gesalbter Oberpriester steht er in besonderer Nähe zum Heiligtum und damit zu Gott, und dem korrespondiert der Sterbeort „Berg“ in seiner Symbolik als Ort der besonderen Gottesnähe. Dtn 32,50 betont zudem die Parallelität der beiden Brüder Aaron und Mose hinsichtlich ihres Sterbens jeweils auf einem Berg.

      3 Der Berg als Kultort

      Da Berge dem Himmel (und damit den Gottheiten bzw. Gott) näher sind, liegt es nahe, sie als Kultorte zu betrachten. Die Bibel ist diesbezüglich jedoch sehr zurückhaltend.

      3.1 Garizim und Ebal

      Die Berge Garizim und Ebal bei Sichem (Mittelpalästina, ca. 30 km nördlich von Jerusalem) werden in Dtn 11,29 als Orte der Segens- und Fluchverkündigung ausgewählt (→ Segen). Dtn 27,1–13 präzisieren die genaue Aufstellung des Volkes nach Stämmen geordnet. Auf dem Berg Garizim sollen Stelen („große Steine“) mit dem Text der göttlichen Weisungen aufgestellt werden (Dtn 27,4.8); auch soll dort ein Altar gebaut werden (Dtn 27,5–7). Die Ausführung aller dieser Anordnungen wird in Jos 8,30–35 erzählt. Wieder ist ein Berg, nun der Garizim, Ort der Offenbarung Gottes, doch jetzt erfolgt diese Offenbarung in Form des Vortrags der verschrifteten Weisung (Tora) durch Josua. So schildert es die idealtypische Geschichtsdarstellung der Bibel. In der Ereignisgeschichte Israels spielt insbesondere der Berg Garizim eine entscheidende Rolle für die Ausdifferenzierung des antiken Judentums (zum Folgenden vgl. ZANGENBERG 2007).

      In persischer Zeit (ca. Ende des 6. bis Anfang des 5. Jh.s v. Chr.) kam es zu einer Kontroverse zwischen den aus dem Exil zurückgekehrten Juden in Jerusalem, die diese Stadt als einzig legitimen Kultort ansahen, und den „Israeliten“, die sich als Nachfahren der nach der assyrischen Eroberung 722 v. Chr. verbliebenen Nordreich-Israeliten sahen und als Proto-Samaritaner bezeichnet werden können. Letztere lebten in Samarien, dem Sitz des persischen Statthalters, und wollten sich am Tempelbau beteiligen, da sie die JHWH-Verehrung der Jerusalemer teilten. Diese wiederum lehnten dieses Ansinnen ab, weil sie die Leute in Samarien der Religionsvermischung verdächtigten. Archäologische Untersuchungen am Berg Garizim bestätigen die Anwesenheit einer Reihe von verschiedenen ethnischen Gruppierungen und entsprechender Religionen. Dass es in der Folgezeit zur Entwicklung der „Samaritaner“ als eigener religiöser Gruppe kam, ist wohl einem Streit innerhalb der Priesterschaft Jerusalems gegen Ende des 4. Jh.s v. Chr. zuzuschreiben: Ein Bruder des Hohepriesters hatte eine Tochter des persischen Satrapen geheiratet (Josephus, Antiquitates XI,302f.) und damit gegen die Ehevorschriften für Angehörige der hohepriesterlichen Familie verstoßen. Als er großen Anfeindungen ausgesetzt war, erhielt er von seinem Schwiegervater die Erlaubnis, ein eigenes Heiligtum nach Jerusalemer Vorbild auf dem Berg Garizim zu errichten (Josephus, Antiquitates XI,306–312). Mit dem Heiligtumsbau auf dem Garizim wird die Trennung von Jerusalem manifest; spätestens von da an kann man von der Religionsgemeinschaft der Samaritaner sprechen. In der Pentateuchfassung der Samaritaner finden sich Textvarianten,