Название | Die Gottesversprecher |
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Автор произведения | Ute Aland |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783765571923 |
Ute Aland
DIE
GOTTES
VERSPRECHER
Roman frei nach
wahren Begebenheiten
Die Bibelzitate folgen den nachstehenden Übersetzungen:
Hoffnung für alle, Copyright © Hoffnung für alle®, Biblica, Inc.®, Hrsg. von ’fontis – Brunnen Basel: S. 41, 230.
Lutherbibel, revidierter Text 1984,
© Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart:
S. 132, 133, 168, 174, 188, 190, 193, 208, 209, 213, 239.
Revidierte Elberfelder Bibel © 1985/1991/2008 SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten: S. 185, 235-238.
Bibeltext der Schlachter, Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft:
S. 93, 94.
© 2015 Brunnen Verlag Gießen
www.brunnen-verlag.de Lektorat: Konstanze von der Pahlen Umschlagfoto: Getty Images Umschlaggestaltung: Sabine Schweda Satz: Die Feder GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-7655-0911-7 eISBN 978-3-7655-7192-3
Inhalt
Prolog
Der Duft von Lavendel
Unter mir fällt die Küste steil ab. An den Fundamenten der schroffen, wie von einem Gott gefalteten Felsen bricht sich tosend der Atlantik. Der eigensinnige Wind zerzaust mir die Haare, reißt an meiner Leinenhose und zerrt an der seidenen Bluse, die mich vor der bissigen Julisonne schützt.
Neben mir, einen Schritt näher noch am Abgrund als ich, steht der Mann, den ich liebe, und lässt seinen Blick weit über den Horizont schweifen, während ich gierig die unablässig die Küste emporstürmende Salzluft hinunterschlucke, um meine Lungen mit der Kraft dieses Augenblickes zu füllen.
Überglücklich verfolgen meine Augen die übermütigen Möwen, die sich vom Wind emporwerfen lassen, Spielgefährten der warmen, wilden Böen, als wären sie ohne Gewicht.
Nach all dem, was passiert ist, hätte ich nie daran geglaubt, dass ich je wieder glücklich sein, je wieder so viel Leben spüren würde.
Ich kann es noch immer kaum fassen, dass nach so vielen schweren Jahren meine Gedanken so federleicht sind, wie es eigentlich nur Kinder kennen.
Vielleicht haben mich gerade jene Jahre empfänglich dafür gemacht, die Schönheit des Augenblickes zu sehen.
Die schlimmsten Jahre meines Lebens. Die Jahre als junge Frau, in denen andere eine Familie gründen und sich eine Zukunft aufbauen, habe ich als Gefangene gelebt, manchmal bis zum Tode verzweifelt. Dabei hatte ich schon damals fliegen wollen, frei, wild und unbegrenzt. Meine Sehnsucht nach Wahrheit, Schönheit und Lebenssinn waren immer schon stärker als bei den meisten Menschen.
Doch ich klebte wie einst Ikarus Federn mit dem Wachs zu gern geglaubter Lügen zusammen und stürzte – wie jener Sonnenstürmer – in den schier bodenlosen Abgrund.
Aber wie durch ein Wunder bin ich nicht zerschollen, ich habe überlebt. Mehr als das: Ich bin mir selbst begegnet und habe verstanden, was Gnade ist. Ich habe meinen Wahn erkannt und meine Verführbarkeit.
„Lass uns nach Hause gehen“, reißt mich die dunkle Stimme meines Mannes aus der Grübelei. „Ich habe Hunger.“
Mit „Zuhause“ meint er im Moment die kleine Steinhütte seiner Eltern inmitten von eichenbestandenen Weiden und Lavendelfeldern. Im Sommer vermieten sie sie als Ferienhaus.
Die Côte Basque ist ein beliebtes Urlaubsziel. Wir beiden dürfen hier manchmal außerhalb der Saison wohnen, wenn keine Touristen da sind. Wir könnten es uns natürlich niemals erlauben, einfach so Ferien zu machen. Wahrscheinlich auch die nächsten Jahre nicht, bis die Kredite abbezahlt sind, die vielen Schulden aus jener gefräßigen Zeit.
„Lass uns noch ein bisschen bleiben. Nur ein paar Minuten noch“, bettle ich. Mein Liebster hat eigentlich immer Hunger, aber ich möchte noch ein wenig die Wellen da unten angucken.
Diese kleinen, fleißigen, unermüdlichen Wellen, die nicht wahrhaben wollen, dass sie der Realität der Felsen Frankreichs nichts anhaben können. Sie rennen und rennen, als könnten sie nicht akzeptieren, dass es nicht weitergeht. Lächerlich eigensinnig krabbeln sie die Steilküste hinauf, um dann hinabzuklatschen und wieder neu gegen das Gestein anzurennen wie unbelehrbare Kinder des Sisyphus.
Ich lächle den Mann an meiner Seite an, und ich weiß, warum das Lächeln, das er mir erwidert, so unfertig aussieht.
Ich weiß, dass er weiß, woran ich denke. Weil ich immer daran denke, wenn ich hier stehe. Ich weiß auch, dass er wütend ist auf das, was damals passiert ist. Er kann es ihnen nicht vergessen, dass sie mich missbraucht haben. Er hadert immer noch damit.
Wir waren alle Betrogene. Auch ich erinnere mich noch gut an all die perfiden, subtilen Versuche, unser Glück zu verhindern, aber ich weiß, dass ich das Spiel mitgespielt habe. Dass ich ihnen die Macht über mich gegeben habe, dass ich mich wie diese kleinen dummen Wellen da unten immer und immer wieder gegen die Felsen habe schmettern lassen, in dem naiven Glauben, ich könne mein Leben in die Bahnen zwingen, die ich mir erhoffte.
Letzten Endes ist es anders gekommen, und sie haben mein Glück – unser Glück – nicht verhindern können.
Ich für meinen Teil habe Frieden geschlossen. Ich habe lange für diesen Frieden gebraucht. Es hat fast fünf Jahre gedauert und meine Therapeutin gut ernährt.
Aber Gott hat mir die verlorenen Jahre zurückerstattet. In solchen Momenten wie diesen weiß ich das.
„Ja, lass uns gehen“, gebe ich schließlich nach.
Ich kenne den Weg schon fast blind, den Graspfad, der von den Klippen zu der kleinen Hütte führt, denn es ist das dritte Jahr, dass wir hierherkommen. Diesmal dürfen wir sogar eine Sommerwoche hier verbringen, bevor sie wieder an Urlauber vermietet