Nahrungsergänzung im Selbstversuch. Lorenz Borsche

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Название Nahrungsergänzung im Selbstversuch
Автор произведения Lorenz Borsche
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783991003267



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mehr. Ein Apfel am Tag? Bringt offenbar auch nichts mehr“, heißt es in einem Artikel im FOCUS (t1p.de/2zm1)2. Ob die DGE das weiß? Noch nicht einmal, wenn wir uns richtig gesund, also zum Beispiel vegan und biologisch ernähren, können wir uns mit allen notwendigen „Betriebsstoffen“ ausreichend versorgen. Ich habe das für mich nur über Experimente herausgefunden, davon will ich im Folgenden mehr erzählen. Aber eines dieser Experimente ziehe ich vor, weil es, nun ja, ein wenig aus der Reihe fällt, nicht besonders aufregend war, auch etwas Durchhaltevermögen gebraucht hat, aber auch eine ganz wichtige Botschaft enthält: Auch wer wie ich meint, sich normal und ausgewogen zu ernähren, kann sehr wohl in Mangelzustände geraten. Denn die heutigen Lebensmittel sind selbst schon mangelhaft. Das sagt jedenfalls der Apotheker Uwe Gröber, der gemeinsam mit einigen Professoren einige Bücher über Mikronährstoffe geschrieben hat (t1p.de/paza)1: „Von 1914 bis 2018 haben Lebensmittel wie Kohl, grüner Salat, Tomaten und Spinat etwa 90 Prozent ihres Gehaltes an Magnesium, Kalzium und Eisen verloren.“

      Im Rohmanuskript zu meinem Zuckerbuch stand unter anderem auch dieser Satz: „Zwei Dinge will ich noch in Zukunft testen: Selen und Lithium!“ Zum Selenmangel stand dort weiterhin: „Selen gehört zu den essentiellen Mineralstoffen, mit denen wir eigentlich durch die Nahrung gut versorgt sein sollten. Sollten! Wir brauchen Selen für ganz vielerlei, zur Synthese von Eiweißbausteinen und für unser Immunsystem. Äußerlich bemerken Sie einen Selenmangel vielleicht zuerst an brüchigen Nägeln und stumpfen, dünnen Haaren – aber warum Mangel?“ Tatsächlich begannen sich damals bei mir die Brüche und Risse in den Fingernägeln zu häufen. Was vorher vielleicht einmal im Jahr oder seltener vorgekommen war, wenn ich mit einem Fingernagel hart angestoßen war, gab es jetzt im Monats- oder Wochenabstand und die Anlässe wurden immer geringfügiger. Plötzlich sahen meine Nägel so aus wie die, die man früher in TV-Zeitschriften sehen konnte: mit einem dicken schwarzen Kreuz durchgestrichene lange Nägel einer Frau mit hässlichen Bruchrändern vorne dran. Daneben war dann der perfekte Nagel abgebildet, und das Ganze war Werbung für „Dr. Beautys Gesundheitspillen“ oder so. Und ich meinte mich zu erinnern, dass diese Pillen vor allem viel Selen enthielten. Also mal das Internet befragen. Eindeutig: Selenmangel und brüchige Nägel korrelieren stark. Selentabletten sind frei verkäuflich, und Selenase XL nicht gerade die billigsten. Aber was soll’s, probieren kann man das ja mal, oder? Gesagt, getan und brav jeden Morgen meine Selentablette geschluckt. Das Ergebnis war bei mir völlig eindeutig, auch wenn es einige Wochen oder eher Monate dauerte, denn so schnell wachsen Nägel ja nicht: Die Anfälligkeit für Brüche ließ immer mehr nach, die Nägel wurden elastischer und jetzt, nachdem ich seit gut drei Jahren regelmäßig Selen zu mir nehme, kann ich mich an den letzten Nagelbruch gar nicht mehr erinnern.

      Zurück zu der Aussage, wir bekämen über die Nahrung genug Selen. Diese Feststellung ist sicher in vielen Fällen falsch, in meinem ganz besonders. Zum einen beziehen wir Selen bei normaler Ernährung vor allem aus Getreide, das heißt etwa aus dem Mehl im Brot, Kuchen etc. pp. Das Selen im Getreide kommt aus dem Boden, und die Böden in Mittel- und Nordeuropa gelten als selenarm, weil sie schon Millionen Jahre alt und entsprechend ausgewaschen sind. Die Finn*innen – dort sind die Böden noch etwas selenärmer – haben daraus ihre Schlüsse gezogen: Der Dünger, der auf die Felder ausgebracht wird, wird in Finnland mit Selen angereichert, so wie bei uns das Salz mit Jod. Bei uns passiert das nicht, deshalb ist unser Getreide und damit auch das Brot eher selenarm. Bei mir kommt noch dazu, dass ich nur noch wenig Brot esse, Kuchen schon gar nicht – kohlenhydratarme Ernährung halt, sonst nehme ich leider zu. Und relativ gesehen esse ich überhaupt wenig, denn der Kalorienverbrauch im Alter ist ein ganz anderer, als man uns immer weismachen will.

      Vor zwei Jahren habe ich mir den Spaß gegönnt und meinen Kalorienumsatz richtig messen lassen. Das ist ganz einfach: Man atmet eine Minute im Sitzen in eine Röhre, dann weiß der Computer, wieviel CO2 man ausgeatmet hat, und damit auch, wie viel Kalorien aus Kohlenhydraten, Eiweiß oder Fett verbrannt worden sind. Bei mir war der Grundumsatz 950 Kalorien plus 200 fürs Sitzen: 1150 Kalorien. Mehr braucht mein Körper nicht, leider. Würde ich die allgemein vorgegebenen 2000 Kalorien essen, also 850 mehr pro Tag, dann wären das 120 Gramm Körperfett pro Tag. 1,2 Kilogramm in zehn Tagen, über drei Kilo im Monat, die ich zunehmen würde. Selbst die Differenz zum altersangepassten BMI-Rechner mit 1600 kcal/Tag würde sich in nur einem Monat zu deutlich mehr als einem Kilo Gewichtszunahme addieren. Und jetzt wird mir klar, warum ich so viele ältere Menschen sehe, die sehr, sehr rundlich sind: Die essen die von früher gewohnten normalen Portionen – und brauchen doch nur noch die Hälfte davon!

      Mit 16 konnte ich fünf Mahlzeiten am Tag verdrücken, gut 2500 Kalorien müssen das oft gewesen sein. Und ich war ein Spargel von 54 Kilogramm bei allerdings nur 1,69 Meter, trotzdem untergewichtig. Das hat sich mit 30 fast schlagartig geändert, jetzt wollte jedes Bierchen gleich zum Brauereigeschwür beitragen, und mit 53 war ich bei stolzen 81 Kilogramm angelangt. Deshalb die Umstellung auf Low Carb, und es hat auch wirklich geholfen. Binnen 15 Monaten war ich runter auf 66 Kilogramm, und über die letzten Jahre halte ich mich zwischen 68 und 71 Kilo, das heißt, bei meiner Größe pendele ich zwischen BMI 24,9 und 25,1. Das ist okay. Lieber wären mir die 66 Kilo und der BMI von 23, ich gebe es zu, aber dann zeigt es sich schnell im Gesicht, und man sieht gleich ein paar Jahre älter