Название | Der blaue Strand |
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Автор произведения | Erik Eriksson |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944369112 |
Der Mann erblickte den Fliehenden im selben Moment, als dieser seinen Verfolger sah. Der Engländer hob einen kurzen Säbel in Taillenhöhe und ging langsam auf den anderen zu, der vollkommen still dastand. Jetzt lagen nur noch drei Meter zwischen ihnen.
Plötzlich machte der gejagte Mann mit der einen Hand eine Bewegung zu dem Verfolger hin, während er gleichzeitig einen kleinen Schritt vorwärts machte. Der Bewaffnete hob den Säbel in Stoßposition und stand mit der blanken Klinge bereit, hielt den Stoß aber noch zurück.
Da stürzte Kristina aus ihrem Versteck hervor. Sie blieb zwischen den beiden Männern stehen und wandte sich dem Engländer zu. Die Säbelspitze war auf ihre Brust gerichtet, sie sah dem jungen Mann ins Gesicht, begegnete seinen Augen und sah, dass sie hellblaugrau waren.
Langsam senkte er die Waffe ein wenig, hielt jedoch die Hand hart um den Griff geschlossen. Er war immer noch bereit zuzustoßen. Kristina sah ihn die ganze Zeit über an und wusste nicht, was geschehen würde.
»Tu es nicht«, flehte sie.
Der Engländer runzelte die Stirn, sein Gesicht bekam einen fragenden Ausdruck, und er sah Kristina mit einem Blick an, den sie nicht deuten konnte.
»Lieber Freund«, sagte sie. »Warum willst du ihm wehtun, was habt ihr miteinander zu schaffen?«
Jetzt murmelte der Gejagte etwas, das Kristina nicht hören konnte. Sie wandte sich ihm zu.
»Ich habe den Engländern nichts getan«, sagte er mit åländischem Dialekt.
Kristina nickte ihm zu und wandte sich danach wieder dem Bewaffneten zu. Er senkte seine Waffe und richtete die Spitze auf den Boden. Sein Mienenspiel veränderte sich ganz leicht, aber Kristina konnte seine Absichten noch immer nicht deuten.
Sie ging langsam auf den Engländer zu. Jetzt sah er sie wieder an, und ihre Unruhe nahm langsam ab. Er war etwas größer als sie und hatte kurz geschnittene Haare. Etwas von seinem rotbraunen Haar kam unter dem Rand des Huts hervor. Er war glatt rasiert.
Jetzt lächelte er sie an, und sie lächelte zurück. Dann hob sie die Hand und berührte seine Schulter. Er nahm den Hut ab und sah ihr die ganze Zeit über gerade in die Augen.
»Danke, mein Freund«, sagte sie.
Der Mann nickte. Dann trat er einen Schritt zurück, setzte sich den Hut auf und wandte sich dem Gejagten zu. Er sagte etwas in seiner Sprache, zeigte auf Kristina und dann auf die Sträucher, in denen sie sich versteckt hatte. Dann ging er hinunter zum Wasser.
Kristina verstand, und sie sah, dass der åländische Mann ebenfalls verstanden hatte. Gemeinsam setzten sie sich hinter den Wacholdersträuchern hin, und jetzt merkte Kristina, dass der Mann zitterte.
Sie saßen dort dicht beieinander, warteten, atmeten leise, und die ganze Zeit über hörte man das zischende Geräusch von dem Schiff im Nebel.
Dann rief der Engländer etwas, einige seiner Kameraden antworteten, einmal, mehrere Male. Die Rufe kamen näher, bald hatten sich alle Verfolger wieder am Ufer versammelt.
Der Mann, der den fliehenden Åländer hatte entkommen lassen, zeigte in Richtung Land und hinaus auf das Wasser und erklärte etwas. Vielleicht sagte er, dass der Fliehende schwimmend auf eine andere Insel verschwunden war. Die anderen nickten und murmelten; dann kehrten sie zu dem wartenden Ruderboot zurück.
Nach kurzer Zeit hatte der Nebel das Ruderboot verschluckt. Das zischende Geräusch veränderte sich, es nahm an Lautstärke zu, und der Takt wurde ein anderer. Kristina sah von ihrem Versteck auf das Wasser hinaus. Dort war nichts als Nebel und dazu das Geräusch des Dampfschiffs.
Aber dann erblickte sie doch etwas, eine Schiffsseite, ein großes Rad, das sich langsam im Wasser drehte. Das dampfbetriebene Schiff war näher an das Land herangekommen und wendete. Wasser strömte und spritzte von dem großen Rad. Und jetzt sah Kristina eine Reihe von Geschützluken entlang der Schiffsseite, Deckaufbauten und Masten. Plötzlich war das ganze Schiff zu sehen, scheinbar lichtete sich der Nebel in Landnähe etwas.
Es war ein beängstigender Anblick, ein Seeungeheuer, ein Meeresriese, der zischte und brauste, eine schwimmende Kriegsmaschine mit qualmendem Rauch, Kanonen und Feuer an Bord.
Langsam drehte sich das Schiff vom Land weg, das Heck wurde sichtbar, und Kristina konnte den Namen des Schiffes lesen: Hecla.
Dann schloss sich der Nebel wieder um das Schiff. Das Zischen war noch da, aber das seltsame Geräusch wurde leiser, und bald war es still um die Felseninsel.
Kristina stand auf, der durchnässte Mann tat es ihr nach. Sie machten sich miteinander bekannt. Der Mann hieß Sven Granlund und kam aus Hammarland auf Åland. Er gehörte zur Besatzung eines Frachtseglers auf dem Weg nach Sundsvall, wo sie Holzbretter laden sollten. Aber das Schiff war von den Engländern beschlagnahmt und die gesamte Besatzung gefangen genommen worden.
»Sind denn die Åländer Feinde Englands geworden?«, fragte Kristina.
»Wir haben nichts zu sagen«, antwortete der freigelassene Seemann. »England hat eine Blockade gegen den gesamten russischen Seeverkehr verhängt, und da wir ja russische Untertanen sind, sind auch wir betroffen.«
»Und du und deine Kameraden, ihr sollt in Gefangenschaft?«
»In Dänemark oder England lassen sie uns frei, und dann können wir sehen, wie wir nach Hause kommen. Aber sie nehmen uns die Schiffe und brennen unsere Häfen nieder.«
»Für dieses Mal bist du davongekommen.«
»Ja, aber ich verstehe nicht warum. Du etwa?«
Kristina antwortete nicht, sie verstand es auch nicht, aber sie spürte, dass ihr etwas Ungewöhnliches widerfahren war.
An diesem Abend konnte Sven Granlund sich trockene Kleidung leihen und bekam eine Mahlzeit zu Hause bei Kristina in Byholma. Ihre Großmutter Johanna war dort und ihr Vater Markus. Sie fragten und wunderten sich, aber niemand konnte verstehen, warum der Engländer den åländischen Seemann freigelassen hatte.
Sven Granlund blieb über Nacht. Am folgenden Tag war seine Kleidung getrocknet. Markus leistete ihm Gesellschaft hinunter nach Grisslehamn, wo sie im Hafen nach auslaufenden Schiffen fragten. Sven würde gewiss zurück nach Hause kommen; ein Åländer konnte hier immer mit Hilfe rechnen, er war ja ein Nachbar.
Als die Männer gegangen waren, saß Kristina eine Weile mit ihrer Großmutter in der Küche. Sie sprachen oft miteinander, wenn sie alleine waren, und verstanden sich meist gut. Kristina berichtete noch einmal über das, was auf der kleinen Felseninsel geschehen war, und dieses Mal tat sie es ausführlicher.
»Ich erinnere mich so gut an das Gesicht des Engländers«, sagte sie.
»Denkst du an ihn?«, wollte Johanna wissen.
»Ja, schon.«
»Das merke ich, und es ist nicht verkehrt, aber vielleicht kommt er nicht zurück.«
»Oder er tut es irgendwann einmal.«
»Ich verstehe so gut, was du denkst. Vielleicht habe ich dir eines Tages etwas zu erzählen.«
Johanna verstummte, und Kristina fragte sich, was ihre Großmutter eigentlich meinte. Aber sie begriff, dass sie jetzt nicht mehr erfahren würde.
Fremde Last
Eine Woche nach dem dramatischen Auftauchen des Dampfschiffs Hecla im Nebel wussten alle in Grisslehamn, was geschehen war. Der Åländer Sven Granlund war mit einem schwedischen Frachtsegler zurück nach Hause gefahren, und den würden die Engländer wohl nicht durchsuchen, um nicht die Freundschaft mit dem schwedischen König Oskar I. aufs Spiel zu setzen, da dieser ernsthaft darüber nachdachte, auf der Seite Englands in den Krieg einzutreten. Er hoffte, Finnland und Åland zurückzubekommen, die Russland Schweden fünfundvierzig Jahre zuvor in dem bedauerlichen Krieg abgenommen hatte.
Mehrere englische Kriegsschiffe legten im Frühsommer 1854 in Grisslehamn an. Die Matrosen gingen an Land, vertraten sich die Beine und besuchten das