Название | Ein Porträt meines Vaters |
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Автор произведения | George W Bush |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854454861 |
Nach dem Einsatz bei Wake Island fuhr die San Jac Richtung Saipan. Mitte Juni geriet der Flugzeugträger dann plötzlich unter Beschuss durch japanische Kampfflieger. Als das Startkatapult die Avenger meines Vaters in die Luft bugsierte, sank schlagartig der Öldruck. Der Motor setzte aus. Die einzige Option war eine Wasserlandung. Fähnrich Bush lenkte das Flugzeug in den Ozean, kam zuerst mit dem Heck auf und schlitterte über die Wasseroberfläche. Er und seine Crew kletterten auf einen der Flügel, bliesen ein Rettungsfloß auf und paddelten vom Flugzeug weg, während unter Wasser die Bomben an Bord der Avenger detonierten. Ein amerikanischer Zerstörer, die C.K. Bronson, fischte sie dann mithilfe eines Ladenetzes aus dem Wasser. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass George Bush auf ein Rettungsfloß angewiesen sein würde.
Fliegen war gefährlich, aber das traf auch auf das Leben auf einem Schiff zu. Eines Nachts befand sich mein Vater gerade im Dienst auf Deck, als sich ein Flugzeug im Landeanflug auf den Flugzeugträger befand. Der Pilot schätzte allerdings die Entfernung falsch ein, verfehlte den Landehaken und donnerte in ein Geschütz. Der Pilot, die Crew sowie einige Unbeteiligte wurden dabei getötet. Dad sah das zuckende Bein des Piloten auf Deck liegen, bevor ein Unteroffizier ein paar Matrosen befahl, sauber zu machen und sich auf weitere Landungen vorzubereiten.
Solche Erfahrungen müssen tiefe Spuren bei einem zwanzigjährigen Jungen hinterlassen haben. Je mehr ich über die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erfuhr, desto mehr bewunderte ich George Bush und die vielen anderen seiner Generation, die damals ihrem Land dienten.
VON ALL DEN grauenvollen Tagen, die George H.W. Bush durchleben musste, war indes keiner dramatischer als der 2. September 1944. Die Piloten des Geschwaders waren bereits früh auf und versammelten sich zu einem Briefing bezüglich einer Mission, bei der ein Funkturm auf der stark befestigten Insel Chichi Jima zerstört werden sollte. Die Anlage war der wichtigste Kommunikationsknotenpunkt der Bonin-Inseln, denen eine Schlüsselfunktion bei der Verteidigung des japanischen Reiches zuwuchs.
Mein Vater flog praktisch immer mit denselben beiden Crewmitgliedern, dem Kanonier Leo Nadeau und dem Funker John Delaney. Aber an diesem Tag bat ein Lieutenant Junior Grade namens Ted White darum, als Kanonier mitkommen zu dürfen. White, der Waffenoffizier des Geschwaders und Yale-Absolvent, wollte die Waffensysteme im Einsatz begutachten. Dad warnte ihn, dass womöglich ein heißer Ritt bevorstehe. Erst am Tag zuvor waren sie über Chichi Jima unter schweren Beschuss geraten. White bestand allerdings darauf, mitzukommen, woraufhin mein Vater einlenkte, und auch der Skipper, Lieutenant Don Melvin, gab sein Einverständnis.
Gegen 7 Uhr 15 stiegen vier Avengers von der San Jac auf und flogen in Formation Richtung Chichi Jima, während ihnen Hellcat-Jagdflugzeuge von oben herab Rückendeckung gaben. Das Flugzeug meines Vaters, in dem nun White als Kanonier und Delaney als Funker saßen, sollte als drittes dem Ziel entgegenstürzen. Als sie schließlich in den Sinkflug übergingen, gerieten sie unter Flak-Beschuss seitens der japanischen Stellung. Leuchtspurgeschosse durchschnitten den Himmel, und explodierende Sprengsätze erfüllten die Luft mit schwarzem Rauch. Plötzlich wurde die Avenger durchgerüttelt und taumelte bugwärts. Die Maschine war getroffen worden. Rauch drang ins Cockpit, und ein Feuer breitete sich auf den Flügeln in Richtung der Treibstofftanks aus.
Mein Dad war entschlossen, die Mission durchzuziehen. Er setzte seinen Sturzflug mit 300 Stundenkilometern fort, warf die Bomben ab, traf das Ziel, drehte scharf ab und entfernte sich von der Insel. Er hatte gehofft, neuerlich eine Wasserlandung hinlegen zu können, doch das Flugzeug stand bereits in Flammen und ihm rannte die Zeit davon. Die einzig verbleibende Option war, auszusteigen.
»Wir springen ab!«, rief er seinen Crewmitgliedern über die Sprechanlage zu.
Dann legte er die Maschine leicht in die Kurve, um den Druck auf die Crew-Luke zu verringern. Er nahm an, dass Delaney und White absprangen.
Da ihm nur mehr Sekunden blieben, öffnete er seine Gurte, stieg aus dem Cockpit und zog die Reißleine seines Schirms.
Doch der Sprung verlief nicht nach Plan. Mein Vater erlitt einen Cut am Kopf, und das Heck des Flugzeugs fügte seinem Fallschirm einen Riss zu. Er schlug hart auf dem Wasser auf und ging unter. Als er wieder auftauchte, blutete sein Schädel, und er musste sich übergeben, da er zu viel Meerwasser geschluckt hatte. Außerdem war er mit einer Portugiesischen Galeere – einer Qualle – in Berührung gekommen. Er schwamm blind vor Wut fort von der Insel, die nur wenige Kilometer entfernt lag.
Dann sah er, wie Doug West, einer seiner Kameraden, mit den Flügeln seiner Avenger auf ein Objekt auf der Wasseroberfläche deutete. Es handelte sich um ein gelbes, mit Luft gefülltes Rettungsfloß. Einer der Piloten hatte es abgeworfen, nachdem er mitbekommen hatte, dass eines der anderen Flugzeuge abgestürzt war. Mein Dad kletterte auf das Floß und fing an, seine Hände als Paddel zu benützen. Am Himmel über ihm feuerten die amerikanischen Flugzeuge eine Salve nach der anderen ab, um einen Verband kleiner Boote, mit denen die Japaner den abgeschossenen Piloten gefangen nehmen wollten, von ihrem Plan abzubringen.
Im Verlauf der nächsten drei Stunden paddelte er unter der brütenden Sommersonne gegen die Strömung an und betete darum, gerettet zu werden. Irgendwie gelang es ihm durchzuhalten. Ich werde nie genau wissen, was ihm dabei durch den Kopf ging. Womöglich musste er an die Lektionen, die ihm seine Eltern erteilt hatten, zurückdenken: sich so viel Mühe wie möglich zu geben, niemals aufzugeben und stets daran zu glauben, dass Gott einen Weg finden würde, ihn zu retten.
Erschöpft vom Paddeln erspähte er schließlich einen schwarzen Punkt auf dem Wasser. Zuerst glaubte er, sich ihn nur einzubilden, aber letztlich handelte es sich tatsächlich um ein Periskop. Als Nächstes fürchtete er, dass es sich um ein japanisches U-Boot handeln könnte. Als es sich ihm aber näherte und auftauchte, konnte er das Logo der US-Navy erkennen. Die USS Finback fischte meinen Vater dann ein paar Minuten vor Mittag aus dem Wasser. Zwei Matrosen griffen ihn bei den Armen und zogen ihn vom Rettungsfloß auf ihr Schiff empor. »Willkommen an Bord, Sir«, sagte einer der beiden Männer zu ihm. »Es ist eine Freude, an Bord kommen zu dürfen«, erwiderte er, was selbstverständlich eine massive Untertreibung war.
Es ist eine bemerkenswerte historische Fußnote, dass ein gewisser Fähnrich Bill Edwards die Ankunft meines Vater auf der Finback mit seiner Handkamera von Kodak einfing. Jahrzehnte später sollte ein landesweites Publikum die Aufnahmen, die diesen Morgen im Pazifik wiedergeben, zu Gesicht bekommen: Amerikanische Soldaten retten darauf einem zwanzigjährigen Piloten, der später Präsident der Vereinigten Staaten sowie der Vater eines weiteren werden sollte, das Leben.
IN DEN TAGEN nach dem Abschuss dachte mein Vater ununterbrochen an seine Crewmitglieder Delaney und White. Keiner von beiden war gefunden worden. An Bord der Finback wurde er von Albträumen, in denen er alles noch einmal durchleben musste, heimgesucht. Nachdem er aufgewacht war, fragte er sich stets, ob er nicht mehr für seine Männer hätte tun können. Nur einen Tag nach seiner Rettung schrieb er einen Brief an seine Eltern, in dem er erklärte, dass er sich » so schrecklich verantwortlich für ihr Schicksal« fühle. Schlussendlich sollte er später erfahren, dass Augenzeugen beobachteten, wie eines der beiden Besatzungsmitglieder aus dem Flieger ausgestiegen war, sich aber sein Fallschirm nicht öffnete. Der andere war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch an Bord der Maschine ums Leben gekommen.
Mein Vater schrieb auch an die Familien von Delaney und White. Er übermittelte sein Beileid und brachte zum Ausdruck, dass er gerne in der Lage gewesen wäre, mehr für sie zu tun. Delaneys Schwester Mary Jane antwortete ihm. »Sie sagen in Ihrem Brief, dass Sie mir gerne helfen wollen«, schrieb sie. »Nun, da gibt es eine Möglichkeit, und zwar indem Sie aufhören, sich auf irgendeine Weise für den Absturz und das Schicksal Ihrer Männer die Schuld zu geben. Vielleicht würde ich Ihnen ja die Schuld dafür geben, wenn Jack Sie nicht stets als besten Piloten des Geschwaders bezeichnet hätte.«