Название | Ein Porträt meines Vaters |
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Автор произведения | George W Bush |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783854454861 |
Als Vater zeichnete Bert Walker erzieherische Strenge gegenüber seinen Söhnen aus. Sein Jüngster – er hieß Lou – kreuzte einst betrunken zu einem Turnier für gemischtes Doppel im Tennisclub von Kennebunkport auf. Die ganze Familie hatte sich für diese Veranstaltung versammelt. Als Bert Walker, der mit Krawatte um den Hals am Spielfeldrand stand, die Verfehlung seines Sohnes auffiel, zerrte er ihn vom Platz. Wieder zurück auf Walker’s Point ließ er Lou in seinem Büro antreten. Bert Walker machte ihm klar, dass sein Benehmen das Ansehen der Familie befleckt habe. Dann sprach er die Strafe aus: Er durfte nicht wie vorgesehen für das nächste Semester an die Universität von Yale zurückkehren, sondern wurde dazu verdonnert, ein Jahr in den Kohleminen von Pennsylvania zu schuften. Betrunken zum Tennis zu erscheinen, war unhöflich und respektlos – und ein solches Fehlverhalten wurde nicht geduldet.
Ganz im Gegensatz dazu, wie er seine Söhne behandelte, überschüttete Bert Walker seine beiden Töchter hingegen mit Zuneigung. Seiner jüngeren Tochter Dorothy, die 1901 in Kennebunkport zur Welt kam, begegnete er besonders warmherzig. Und im Gegenzug vergötterte Dorothy Walker ihren Vater. Irgendwie gelang es ihr, einerseits ein paar seiner besten Eigenschaften zu erben und andererseits mit Blick auf sich selbst seine rauen Ecken und Kanten ein wenig abzuschleifen. Später sollte sie diese Qualitäten ihrerseits an ihren Sohn George Herbert Walker Bush weitergeben.
Wie schon ihr Vater hatte auch meine Großmutter einen unstillbaren Appetit auf Wettbewerb. Meine Mutter bezeichnete sie einmal als »kompetitivste lebende Person«. Dies war ein Titel, den sie sich bei allen erdenklichen Wettkämpfen – vom Tennis bis zum Flohhüpfen – redlich verdient hatte. So forderte sie einmal eine Freundin heraus, von Walker’s Point bis zum Kennebunk River Club, der fast zwei Kilometer entfernt lag, zu schwimmen. Da sie dachte, sie würde bloß scherzen, gab die Freundin nach ein paar hundert Metern auf. Meine Großmutter legte jedoch im eisigen Wasser des Atlantiks die volle Distanz zurück. Ihre legendärste Heldentat war allerdings die Teilnahme an einem innerfamiliären Softball-Spiel, als sie bereits im neunten Monat schwanger war. Sie schlug dabei einen Homerun und verkündete, nachdem sie die Homebase überquert hatte, dass die Wehen eingesetzt hätten.
Meine Großmutter hatte indes ihre Begeisterung zum Zeitpunkt des Triumphs unter Kontrolle, blieb stets demütig und verlangte von ihren Kindern, es ihr gleichzutun. Sie erwartete, dass man als Sieger würdevoll war, sich als Verlierer sportlich verhielt und sich immer Mühe gab, jederzeit sein Bestes zu geben. Sie wies ihre Kinder an, ihre persönlichen Leistungen herunterzuspielen und die Anerkennung für selbige mit anderen zu teilen. Ihre oberste Regel war dabei, dass man niemals angeben dürfe. Wie sie die Dinge sah, war Arroganz gänzlich unattraktiv und etwas, das jemand, der über Selbstvertrauen verfügte, nicht nötig hatte. »Niemand mag einen Prahlhans«, pflegte sie zu sagen.
Als mein Vater noch ein Kind in Greenwich, Connecticut, war, erkundigte sich meine Großmutter bei ihm, wie eines seiner Baseballspiele verlaufen sei.
»Es war toll«, antwortete er. »Ich habe einen Homerun gemacht.«
»Das ist schön, George«, erwiderte sie.
Dann aber fühlte sie ihm auf den Zahn »Aber wie hat sich das Team geschlagen?«
Ein anderes Mal erklärte mein Dad ihr, dass er ein Tennismatch verloren habe, weil er nicht zu seinem Spiel habe finden können.
»Du hast doch noch gar kein Spiel«, schalt sie ihn. »Wenn du dir mehr Mühe gibst, dann entwickelst du vielleicht eines.«
Die Lektionen meiner Großmutter in puncto Demut blieben meinem Vater sein ganzes Leben im Bewusstsein. Während des Präsidentschaftswahlkampfes im Jahr 1988 begleitete ich ihn in den National Press Club in Washington D.C. Er war dort, um sein Wissen in Bezug auf Weltpolitik zu teilen beziehungsweise Fragen aus dem Publikum zu beantworten. George Bush kannte die politischen Sachverhalte in- und auswendig. Sein Umgang mit Fragen bezüglich der Beziehungen zur Sowjetunion und Mittelamerika glich einem Parforce-Ritt.
Zum Abschluss erkundigte sich der Moderator dann noch unbeschwert bei meinem Vater, warum er denn eine rote Krawatte umgebunden habe.
Diese Frage erwischte ihn auf dem falschen Fuß. Von meinem Stuhl aus, der neben dem Rednerpult stand, konnte ich ihn dabei beobachten, wie er um eine Antwort rang. Ich versuchte einzusagen: »Weil ich Bratensaft auf meine blaue gespritzt habe.«
Er griff den selbstironischen Spruch auf, und der ganze Saal explodierte vor Lachen. Doch dann ruinierte er den Moment, indem er hinzufügte: »Dafür hat man einen Sohn.«
Das war typisch für meinen Vater. Mir wäre es egal gewesen, nicht als Urheber der Pointe genannt zu werden, schließlich wollte ich ja nur, dass er gut dastand. Aber George Bush war einfach zu bescheiden, um das so stehenzulassen …
Dorothy Walker Bush war eine tiefgläubige Frau. Sie las ihren Kindern jeden Morgen während des Frühstücks Bibelverse vor. Eine ihrer Lieblingsstellen war aus dem Buch der Sprüche, 27,2: »Ein anderer rühme dich, und nicht dein eigener Mund.« Von der Familie erwartete sie, dass sie jeden Sonntag zur Kirche ging – üblicherweise entweder in die Christ Church in Greenwich oder St. Ann’s in Kennebunkport.
Obwohl Religion eine zentrale Rolle in ihrem Leben einnahm, brachten sie ihre Überzeugungen nie dazu, über andere streng zu richten. Ihr Glaube war fest und unnachgiebig und erlaubte es ihr, in überschwänglichem Maße Liebe zu schenken. Wenn ich an sie denke, kommen mir die Worte engelsgleich und selig in den Sinn. Eine meiner liebsten Erinnerungen ist, wie wir sie und meinen Großvater in Greenwich besuchten, als ich noch klein war. Sie kitzelte meinen Rücken, wenn wir uns vor dem Schlafengehen niederknieten, um ein Gebet aufzusagen: »Müde bin ich, geh zur Ruh …«
Meine Großmutter brachte meinem Vater eine spezielle Form der Liebe entgegen. So berichtete mir einst sein Bruder Jonathan: »Mom liebte uns alle, aber deinen Vater liebte sie noch mehr.« Und er fuhr fort: »Das Erstaunliche daran ist, dass ihm dafür niemand grollte. Wir liebten ihn ja auch.« Es sagt viel über meine Großmutter und meinen Vater aus, dass die Familie so dachte. Als Dorothy im Alter von 91 Jahren verstarb, nannte sie Dad »das Licht der Familie … die Kerze, um die sich alle Motten scharten«. Von allen Einflüssen in seinem Leben trug niemand mehr dazu bei, seinen Charakter zu formen, als seine Mutter.
IM HERBST DES JAHRES 1919, kurz nachdem sie ihren 18. Geburtstag gefeiert hatte, lernte Dorothy Walker in ihrer Heimatstadt St. Louis Prescott Bush kennen. Er maß 1 Meter 93 und wog 90 kg, ohne dabei auch nur ansatzweise fettleibig zu sein. Er hatte rabenschwarze Haare, eine tiefe Baritonstimme und ein großes, breites Lächeln. Prescott Bush war zum Haus meiner Großmutter gekommen, weil er ihre ältere Schwester Nancy, die er unlängst in einem lokalen Geselligkeitsverein kennengelernt hatte, besuchen wollte. Als er Dottie Walker sah, wie sie nach einem nachmittäglichen Tennismatch den Raum betrat, war er hin und weg. Bald schon beruhte das Gefühl auf Gegenseitigkeit.
So wie Dorothy Walker war auch Prescott Bush im Mittleren Westen aufgewachsen. Sein Vater, S.P. Bush, betrieb in Columbus im Bundesstaat Ohio einen Fertigungsbetrieb namens Buckeye Steel. Als begeisterter Sportsmann half S.P. dabei, eine lokale Baseballliga zu organisieren, stand als Assistenztrainer beim Football-Team von Ohio State in Diensten und war außerdem noch Mitbegründer des Scioto Country Club, der über einen von Donald Ross entworfenen Golfplatz verfügte, auf dem Bobby Jones 1926 die U.S. Open gewann und ein junger Jack Nicklaus, der es später noch weit bringen sollte, zu spielen lernte.
Nachdem er seine Kindheit in Columbus verbracht hatte, verschlug es Prescott Bush an die Ostküste, konkret nach Rhode Island, wo er die Internatsschule St. George’s besuchte. Er war ein exzellenter Schüler und so wie schon sein Vater ein ausgezeichneter Athlet. Seine besten