Название | Das Kreuz mit dem C |
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Автор произведения | Martin Lohmann |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783766641021 |
Mehr als andere?
Wenn ja, wäre und ist es dann nicht gerade eine Herausforderung an die Parteien mit dem C, den vergessenen Schatz zu heben, sich aus den Verneblungen der 68er-Verführungen zu befreien und den Mut zum toleranten Profil der Klarheit zu wagen? Wie viele verdrängte, versteckte und geleugnete Chancen stecken und schlummern im C? Ist das C konservativ oder progressiv oder liberal? Ist alles nur noch Mitte? Und was ist die Mitte? Was kann sie sein? Was muss sie sein? Reicht es, wenn die C-Parteien seit der Wahl 2005 gesellschaftliche Debatten lediglich in möglichst unverbindliche Kompromissmuster münden lassen? Zwingt der Anspruch, eine Volkspartei bleiben zu wollen, gar zu einer profillosen Kompromissverliebtheit? Ist das, was etwa in der Familienpolitik seit einigen Jahren propagiert wird, C-gerecht, fair und human? Kann es – um ein wahrlich umstrittenes Feld des Lebens anzusprechen – im Lebensrecht Kompromisse auf Kosten des Lebensrechtes geben? Embryonale Stammzellen, Patientenverfügung, Sterbehilfe – was haben, was hätten die Unionsparteien hier mehr anzubieten als andere? Was wäre und ist wirklich modern? Wo könnten sich mehr Humanität, mehr Freiheit und mehr Lebensqualität abzeichnen? Ist das C nur ein Kreuz oder ist es vielleicht eine Chance?
C-Politiker geben hier unterschiedliche, nachdenkliche Antworten, fragt man sie nach der persönlichen Bedeutung des C für sie. Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, antwortet auf die Frage „Was mir das C für mein politisches Engagement bedeutet“: „Christ zu sein, bedeutet für mich, frei zu sein – frei von Ängsten und Furcht zu sein und stattdessen voller Hoffnung und Zuversicht leben zu können. Sich in der Kirche, in der Gemeinde geborgen zu fühlen. Mein christlicher Glaube dient mir daher als innerer Kompass. Für mich bedeutet das konkret, dass ich mir politische Entscheidungen nicht leicht mache, dass ich abwäge, prüfe und darüber nachdenke, wo die ethischen Grenzen unseres Handelns liegen. Der Mensch darf nicht alles tun, wozu er technisch fähig ist. Das gilt beispielsweise für das Thema Spätabtreibung oder die Humangenetik mit dem wichtigen Bereich der Stammzellforschung. Wir dürfen den Lebensschutz nicht den anderen überlassen, sondern müssen als Union ein eindeutiges Profil zeigen.“
Mehr als schöne Formeln?
Der junge Bundestagsabgeordnete hätte sich deshalb „auch eine andere Position der CDU bei der Stammzelldiskussion gewünscht“. Die beschlossene Verschiebung des Stichtags hält er „für falsch“ und bekennt: „Wir müssen das Leben von Anfang bis Ende schützen, es in seiner Fülle annehmen. Das ist für mich ein Ergebnis meines christlichen Glaubens, der zwar häufig in der Politik auf die Probe gestellt wird, der sich aber nicht verändert hat durch mein politisches Engagement.“ Der Politiker ist gar davon überzeugt, dass die Union mit ihren „christlichen Prinzipien und der Orientierung an Werten wie Würde, Nächstenliebe und Rücksichtnahme“ sich unterscheide „von allen anderen politischen Richtungen“. Und den Kritikern seiner Partei gibt er gleich einen Rat mit auf den Weg. Sie sollten sich „einbringen und für die christlichen Werte auch politisch einstehen“. Es sei, so Mißfelder, „möglich, das ,C‘ in der Politik hochzuhalten“, zumal dies „in der heutigen Zeit wichtiger denn je“ sei.
Horst Seehofer, der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident, bekennt auf Nachfrage Ähnliches und erklärt zunächst einmal, dass das „C“ im Namen der CSU ein Bekenntnis zum christlich-abendländischen Menschen- und Weltbild sei. Daraus ergebe sich für die CSU „der Auftrag, jeden Tag und jede Stunde dafür zu arbeiten, dass es den Menschen in unserem Land besser geht“. Sein Leitmotiv des politischen Handelns: Politik als Dienst am Menschen. Und dann kommen Formulierungen, die schön klingen, aber eben im konkreten Alltag stets einer Überprüfung unterzogen werden müssen: „Das christliche Menschenbild geht vom Einzelnen aus – von dem Menschen in seiner Würde und Freiheit. In der Schöpfungsgeschichte schenkte Gott dem Menschen einen freien Willen und gab ihm die Fähigkeit, Gutes und Böses zu erkennen und entsprechend zu handeln. Der Mensch ist zur Freiheit und Selbstbestimmung berufen. Dieses Menschenbild erlaubt Unterschiede zwischen den Menschen – es gilt, jeden mit seinen besonderen Stärken zu akzeptieren, ihm freie Entfaltung zu lassen und ihn zu fördern, aber auch Eigenverantwortung einzufordern. (...) Wer alle gleich machen will, wer an den Staat glaubt und nicht an die Kraft des Einzelnen, wer vorgibt, wie die Menschen zu leben haben, beraubt die Menschen der Freiheit.“
Der bayerische CSU-Löwe spricht vom „Rang der Freiheit des Individuums“, erwähnt die „Verantwortung für den anderen, so wie in der katholischen Soziallehre und der evangelischen Sozialethik die Prinzipien der Personalität, Solidarität und Subsidiarität miteinander verknüpft sind“, lobt die Vorzüge der Sozialen Marktwirtschaft und die aus den christlichen Werten erwachsende Verpflichtung „auch zur Verantwortung gegenüber künftigen Generationen“, nennt die Bewahrung der Schöpfung und reklamiert den Schutz von Ehe und Familie. Den Kindern wolle man in den Schulen Werte vermitteln, weil unsere Gesellschaft diese Werte brauche. Auch wenn es „uns als Menschen nicht jederzeit vergönnt“ sei, diese Werte „vollständig selbst zu erfüllen“, seien sie doch als Richtschnur unerlässlich. Für Seehofer heißt das C „nicht Unfehlbarkeit. Es gibt Licht und Schatten. Den Schatten auszublenden, wäre falsch. Regeln sind keine Belastung, sondern eine Hilfe. Aber selbst wenn man sie nicht einhalten kann, bleiben sie eine wichtige Orientierung im Leben“, schreibt Seehofer.
Lippenbekenntnisse? Schöner Schein? Oder vielleicht doch realistischer Einblick in die lebbare Wirklichkeit? Nur theoretisches Programm oder Ansatz zur Realpolitik? Über all das ist zu reden. Darüber soll auch gestritten werden. Dieses Buch soll und will ein Diskussionsbeitrag dazu sein. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.
Offene Fragen Wofür steht die UnionWie viel Profil will sie sich leistenLassen ihre Führungskräfte eine ehrliche Kritik zu? |
Feigheit vor dem Freund
Das C und sein Wert
Der Blick nach Berlin lohnt immer. Nicht nur, weil dort seit einigen Jahren eine bemerkenswerte Frau das Land regiert. Nicht nur, weil Berlin eine faszinierende Stadt ist. Nicht nur, weil zwischen Reichstag und den Parlamentsgebäuden rund um ihn eine bedeutungsschwangere Atmosphäre der Wichtigkeit bei manchem Besucher aus der sogenannten Provinz das respektvolle Staunen möglich macht. Nicht nur, weil dort eine Wirklichkeit des Raumschiffs entstanden ist, gegen die ähnliche Entwicklungen im beschaulichen Bonn nichts als kaum wahrnehmbare Zuckungen waren. Nein, es ist die Symphonie aus Vergangenheit und Zukunft, die dieser Hauptstadt eine ganz eigene, eine unvergleichliche Wirklichkeit verleiht.
Nicht zuletzt ist es – zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer – auch eine neue Generation von Politikern, die der deutschen Demokratie für die medial wahrgenommene Wirklichkeit ein anderes Gesicht verleihen, als dies zu Bonner Zeiten der Fall war. Bonn, die Stadt des Grundgesetzes und der erfolgreichsten Demokratiezeit auf deutschem Boden, liegt am Rhein, ist Teil eines über zwei Jahrtausende gewachsenen Charakters, der wesentliche Züge des Christlichen trägt. In Bonn spielte und spielt Kirche eine selbstverständliche Rolle. Auch wenn sich in Bonn, das sich seit dem Verlust des Hauptstadttitels tapfer Bundesstadt nennt, vieles ändert und anno 2009 nicht mehr verglichen