Название | Peng, der Penguin |
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Автор произведения | Helmut Ziegler |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871643 |
So ein edles Restaurant hatte Robert noch nie gesehen. Der Raum schien hoch wie eine Kirche und es war auch fast so still. Auf allen Tischen lagen weiße Decken, standen riesige silberne Kerzenleuchter. Links und rechts neben den Tellern fanden sich verschiedene Gläser und so viel Besteck, dass es für eine ganze Familie gereicht hätte.
Von einem Kellner mit einer knöchellangen Schürze wurden sie zu einem Tisch geleitet, an dem ein Mann saß. Sein Kopf war fast kahl rasiert. Eine Brille saß fest auf diesem Schädel, als wäre sie angeklebt. Eine spitze Nase stach hervor. Der Mann stand auf, er war riesig und erinnerte Robert ein bisschen an einen Königspinguin. Das musste Mister Glitz sein, der ehemalige Chef seiner Mutter. Der Werbeboss.
Irgendwann einmal, Robert war acht oder neun, war er durch das Treppenhaus gelaufen und hatte lauthals »Geiz ist geil« gerufen. Seine Mutter hatte gelacht und gesagt: »Jetzt hast du meinen Job verstanden.«
Er hatte sie verständnislos angeschaut.
»Das ist ein Werbespruch«, erklärte sie. »Von einer Firma, die Radios, Fernseher, Computer und Kaffeemaschinen verkauft. Angeblich so billig, dass die Leute, die da einkaufen, geizig sind. Weil sie so wenig bezahlen.«
Robert hatte immer noch nichts kapiert. »Hä?«, sagte er.
»Also, es gibt Firmen, die stellen Computer her. Oder Jogurt oder Turnschuhe oder Zeitschriften oder Shampoo. Diese Sachen wollen sie an die Leute verkaufen, die hier im Haus leben, in dieser Straße, im ganzen Land. Sie wollen das Geld all dieser Leute haben. Deshalb gehen sie zu Experten, die diesen Leuten sagen, mit Plakaten, im Fernsehen, im Radio, im Comic, auf Konzerten oder auf den Trikots von Fußballspielern, dass diese Computer ganz großartig sind. Das ist Werbung. Und je besser die Werbung ist, desto mehr Computer, Jogurts oder Shampoos werden verkauft. Darum geht es am Ende: Wie viel wird verkauft? Und wenn sich ein Spruch wie ›Geiz ist geil‹ im Kopf so festsetzt wie in deinem, ist das schon mal sehr gut.«
»Wieso?«, fragte Robert.
»Weil Werbung überall ist. Auf der Milchtüte oder der Cornflakespackung am Frühstückstisch. Du gehst auf die Straße, ins Fußballstadion, ins Kino, und sofort siehst du ein Plakat oder einen kurzen Film. Alles das sagt dir morgens, mittags, abends: Hallo, ich hätt’ gern deine Aufmerksamkeit. Ich bin nämlich ein toller Computer. Das merkst du ja an den bunten Bildern. Den netten Menschen, die mich schon benutzen. Und an der lauten Musik. Also: Kauf mich. Das passiert ungefähr zweitausendmal am Tag. Aber wenn du so etwas zweitausendmal am Tag hörst, hörst du irgendwann gar nicht mehr zu. Wenn ich dir sage ›Räum dein Zimmer auf‹, hörst du ja auch nicht mehr zu. Bei ›Geiz ist geil‹ aber hast du zugehört. Sonst würdest du den Spruch hier nicht so rumkrähen.«
Aha, hatte Robert gedacht, das also ist Werbung. Wenn ihn jemand anbrüllt und veralbert, damit er sein Taschengeld rausrückt.
Mister Glitz brüllte nicht. Er verbeugte sich feixend vor ihnen und kniff Robert in die linke Wange. »Na«, fragte er, »solltest du nicht in der Schule sein?«
»Ferien«, antwortete Roberts Mutter knapp.
»Gut, gut«, sagte Mister Glitz und setzte sich. »Du siehst etwas heruntergekommen aus, meine Liebe. Deine Jacke ist ziemlich verranzt.«
»Eine Elster hat mich aus der Luft angegriffen«, erklärte Roberts Mutter.
»Aha«, sagte Mister Glitz. Für Robert sah es nicht so aus, als würde es ihn interessieren. »Gut, gut. Zeit ist Geld. Kommen wir zur Sache. Also, deine Idee bitte!?«
»Wenn ich richtig informiert bin«, begann seine Mutter, »sollt ihr die Werbung für Frostis Fischstäbchen übernehmen. Ausgerechnet jetzt, wo immer weniger Eltern Fischstäbchen kaufen.«
»Ist eine schwierige Zeit. Hat sich herumgesprochen, dass zu viel Seelachs gefischt, zu viel schlechte Ware verarbeitet wurde.« Mister Glitz breitete seine Arme aus, die Handflächen nach oben. »Unser Kunde aber liefert genau diese la-Qualität.«
»Wissen die Eltern das?«, fragte seine Mutter.
»Wir müssen sie eben von Frostis Vorteilen überzeugen«, fauchte Mister Glitz ohne den Hauch eines Zweifels.
»Wie das?«, hakte seine Mutter nach.
»Wir denken darüber nach«, sagte Mister Glitz schnippisch.
Das klang fast so, als wäre er sauer über die Frage. Robert vermutete, dass es für die Antwort zwei Übersetzungen gab. Entweder: Das werde ich dir doch nicht auf die Nase binden. Oder: Uns ist noch nichts eingefallen. Seine Mutter hatte immer gesagt, nimm nie etwas zu wörtlich.
»Dabei würd ich euch gern zur Seite stehen«, sagte Roberts Mutter gelassen.
»Was hast du denn zu bieten?«, fragte Mister Glitz. Das Wort »du« betonte er stark.
»Ihr braucht erstens eine gute Idee für die Fischstäbchen. Ihr braucht zweitens jemand, der sie lobt und dabei so sympathisch wie überzeugend wirkt. Ich habe beides. Aber ich habe keinen Job.«
»Ach was?«, sagte Mister Glitz. Seine Stimme klang höhnisch, gemein, fand Robert. »Tja, so etwas hab’ ich mir schon gedacht.« Nachdenklich zeichnete er mit den Zinken der Gabel Linien in die weiche Tischdecke. »Gut, gut«, sagte er nach einigem Zögern. »Wenn du mich und Frostis überzeugst, mache ich dich zur Verantwortlichen für die komplette Werbung.«
»Bekomme ich das schriftlich?«
»Jetzt?«
»Jetzt.«
»Gut, gut.« Mister Glitz griff in sein Jackett und holte einen Stift hervor. Anschließend kritzelte er einige Zeilen auf seine Stoffserviette. Er las sie noch einmal durch, unterschrieb schwungvoll und überreichte die Serviette. »Zufrieden, Anne?«
Roberts Mutter las in aller Ruhe. Dann faltete sie die Serviette zusammen und verstaute sie lächelnd in der Innentasche ihrer Jacke. »Also«, fragte sie, »was liegt Eltern für ihre Kinder am meisten am Herzen?«
Mister Glitz überlegte einen Moment. »Dass sie glücklich sind«, sagte er. »Und gesund vermutlich.«
»Vermutlich. Was wollen Kinder am liebsten?«
»Keine Ahnung. Spielen? Sich amüsieren?«
»Auch richtig. Jetzt verbinde beides.«
»Ich verstehe nicht«, sagte Mister Glitz ungeduldig.
Robert verstand auch nichts.
Seine Mutter blickte in das ratlose Gesicht ihres Sohnes. »Eltern wollen, dass sich ihre Kinder gesund ernähren«, erklärte sie. »Damit es ihnen gut geht, sie ordentlich wachsen und möglichst selten krank werden. Deshalb brauchen Fischstäbchen etwas, das signalisiert, dass sie gesunde Nahrung sind.«
Robert nickte.
»Kinder dagegen«, fuhr sie fort, »wollen immer spielen, auch beim Essen. Deshalb müssen die Fischstäbchen irgendwie an Spielzeug erinnern.«
»So wie Bio-Fischstäbchen in Schlumpf-Form?«, fragte Robert.
»Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen.« Seine Mutter blickte ihn stolz an. »Obwohl, Schlümpfe sind blau, oder? Blau ist keine gute Farbe für Lebensmittel. Wirkt zu künstlich. Weil es außer Blaubeeren kaum Lebensmittel in dieser Farbe gibt. Viele Menschen denken bei Blau auch an Schimmel. Aber die Richtung stimmt: eine grüne Kruste mit Spinat, eine rote mit Tomatensoße. Und dann in verschiedenen Formen, als Auto vielleicht, als Pirat oder Prinzessin.«
»Als Son Goku«, sagte Robert.
»Als was?«, fragte seine Mutter.
»Son Goku. Der Held in Dragonball. Mann, Mama, du kennst auch gar nichts.«
»Das ist ein Manga, oder?«, fragte seine Mutter. Überflüssigerweise, wie Robert fand.
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