Название | Peng, der Penguin |
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Автор произведения | Helmut Ziegler |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871643 |
»Federn, Mama, Federn. Pinguine sind Vögel.«
»Wie auch immer«, murmelte sie unter der Decke.
Robert dachte aber nicht daran, sie schlafen zu lassen. Er erzählte ihr von seinem Plan: Sie würden noch einmal in den Vogelpark fahren, dann könnte er es beweisen.
»Och nö, Rübe«, sagte sie.
»Doch«, sagte er und fing an, sie zu kitzeln. Er zog ihr die Decke weg. Als auch das nicht half, begann er zu quengeln. So lange, bis seine Mutter nachgab.
»Na, gut«, seufzte sie schließlich und stand auf.
Aus der Küche, unter das Geblubber der Kaffeemaschine gemischt, hörte Robert einen Satz, der nicht gerade begeistert klang. »Fahren wir halt noch einmal in diesen Vogelpark. Ich bin ja arbeitslos, ich hab ja Zeit.«
Robert hielt es für klüger, auf diesen Satz nicht zu reagieren. Er blieb im Bett liegen und blätterte in einem japanischen Comic. Mangas liebte er über alles.
Vor knapp einem halben Jahr war seine Mutter entlassen worden. Die Werbeagentur, für die sie arbeitete, bekam nicht mehr genügend Aufträge. Deshalb hatte sich die Firma von einigen Mitarbeitern getrennt. Auch von ihr.
Das brachte Vorteile. Im Gegensatz zu früher, als sie in der ganzen Welt unterwegs war oder oft bis in die Nacht vor dem Computer hockte, hatte seine Mutter nun mehr Zeit für ihn.
Das brachte aber auch Nachteile. Immer wieder saß sie geistesabwesend am Tisch, den Kopf in die Hände gestützt und blickte ins Nichts. So, als denke sie darüber nach, was sie nun tun soll. Oder, schlimmer noch, als wisse sie nicht mehr, was sie noch tun soll. Ab und zu fuhr sie sich mit der rechten Hand durch die dunklen langen Haare und stöhnte. Ein paar Mal hörte Robert sie sogar seufzen, während sie unter der Dusche stand. Früher hatte sie dort immer gesungen. Nicht besonders schön, zugegeben, aber doch so fröhliche Lieder wie »Wir finden schon nach Hause, so oder so, bis neun bist du okay, bei zehn erst k. o.«
Jetzt sagte sie immer häufiger, alles sei zu teuer. Die Jeans, die schon jeder zweite in seiner Klasse hatte. Ein Handy. Sammelkarten zum Tauschen auf dem Schulhof. Selbst Kaugummi gab es nicht mehr jeden Tag.
Aber immerhin hatte er sie überredet, noch einmal in den Vogelpark zu fahren. Und weil Montags der Eintritt nur die Hälfte kostete, kauften sie vorher sogar in einem Fischladen einen frischen Hering.
Wie es ihre Art war, blickte sich Pica immer wieder kurz um, während sie die Körner aufpickte. »Geht früh los heute«, sagte die Elster nach einer Weile zu Peng.
»Was?«
»Menschen.«
Peng blickte auf. Am Zaun standen Robert, eine Plastiktüte in der Hand, und seine Mutter. Beide starrten ihn durchdringend und neugierig an.
Roberts Mutter bückte sich und hob einen großen Stein auf. Sie wog ihn in der Hand, warf ihn mehrmals aus dem Handgelenk hoch in die Luft und fing ihn wieder auf. Dann kniff sie die Augen zusammen und zielte.
Die wirft nach mir, dachte Peng.
Blitzschnell hob Roberts Mutter ihren Arm und ließ ihn nach vorn schnellen, genau in Pengs Richtung.
»Oh, Mist.« Pica schlug mit den Flügeln und machte sich aus dem Staub.
Peng quiekte ängstlich: »Iiieehjuk.«
Ha, Robert hatte Recht gehabt. Jetzt musste auch seine Mutter den weißen Schimmer gesehen haben, der nur ganz kurz, für ein oder zwei Sekunden, über das schwarze Gefieder des Pinguins lief.
»Du meine Güte«, sagte seine Mutter heiser. »Es stimmt. Der Pinguin ver …« Mitten im Satz verstummte sie.
Robert staunte. Seiner sonst so wortgewaltigen, nie um eine Antwort verlegenen Mutter fehlten die Worte. Sie brachte und brachte ihren Satz nicht zu Ende. Und der Stein, den sie natürlich nicht auf den Pinguin geworfen hatte, sie hatte ja bloß so getan als ob, der Stein fiel aus ihrer kraftlos wirkenden Hand. Er blickte zu seiner Mutter hoch. Die starrte noch immer entgeistert den Pinguin an. Dann ihren Sohn. Dann wieder den Pinguin.
»Wie kann das sein?«, fragte sie mehr sich selbst als Robert.
»Keine Ahnung«, antwortete er.
»Das ist …«, sie zögerte, »… das ist unglaublich.«
Robert war ziemlich stolz auf sich. Sein Plan hatte funktioniert.
»Vielleicht solltest du dem Pinguin den Hering geben«, sagte seine Mutter. »Er hat sich ziemlich erschrocken. Ich brauche jetzt einen Kaffee. Möchtest du auch was?«
»Apfelsaft«, sagte Robert geistesabwesend. Er konzentrierte sich auf den Pinguin, dessen Gefieder inzwischen wieder aussah, als sei nichts geschehen. Während seine Mutter in Richtung Kiosk verschwand, trat er ganz dicht an den Zaun heran.
»Hallo«, flüsterte er. Seine Stimme klang fast schüchtern. Es war ihm ein bisschen peinlich, einen Pinguin anzusprechen. Aber wenn er die Wahrheit herausfinden wollte ... Robert räusperte sich und wiederholte sein »Hallo« etwas kräftiger.
»Was sollte denn der Mist?«
Die Stimme, die – von wo auch immer sie kam – in seinem Kopf nachhallte, klang wütend.
Funktionierte es wirklich? Hatte der Pinguin eben geantwortet? Zumindest stand er unmittelbar vor Robert, nur durch den Zaun von ihm getrennt, und schaute zu ihm hoch. Sein Schnabel war geschlossen.
»Entschuldige«, sagte Robert und blickte sich um, ob ihn jemand beobachtete. Aber eigentlich war ihm das jetzt auch egal. »Entschuldige, aber ich musste es wissen.«
»Was?«
»Ob ich mich getäuscht habe. Oder ob sich deine Federn wirklich verfärben.«
»Warum sollten sich meine Federn verfärben? Ich bin ein Pinguin. Keine Ampel, die mal rot, mal gelb, mal grün leuchtet.«
»Doch!«
»Ich bin eine Ampel?«
»Nein, natürlich nicht.« Robert lachte. »Aber als du dich eben erschreckt hast, bist du ganz blass geworden. Siehst du, jetzt wirst du sogar rot.«
In der Tat, wieder wechselte das Gefieder für kurze Zeit die Farbe. Robert schien es, als schäme sich der Pinguin.
»Magst du es nicht, wenn deine Federn bunt sind? Ich find das ziemlich schön.«
Peng schwieg, er war zu verdattert. Nach einer Schrecksekunde watschelte er zum Wasserbecken, um dort sein Spiegelbild zu betrachten. Wenn sich die Farbe seines Gefieders wirklich veränderte, dann würden sich die anderen Pinguine, die Tierpfleger und die Besucher noch mehr über ihn lustig machen.
»Das muss dir doch nicht peinlich sein«, rief Robert ihm nach. »Ich werde auch ab und zu rot.«
Peng antwortete nicht. Er schaute auf die Wasseroberfläche. Auf ihr sah er den blauen Himmel. Die gelbe Sonne. Die grünen Blätter eines Baumes. All das schimmerte, von kleinen Wellen leicht verzerrt, vor seinen Augen. Und dann war da noch dieser Pinguin zu sehen. Dieser kleine Pinguin mit dem verängstigten Gesicht. Auf dessen Federn eine rosafarbene Schicht zu liegen schien, die langsam blasser wurde. Wie die Garnelen in meinem Traum, dachte Peng. Immerhin, dachte er weiter, ich bin nicht rot-gelb-grün gestreift, nicht türkis-oliv geblümt oder so was. Aber rosa, das war schon schlimm genug.
Mit gebeugtem Kopf watschelte er zu Robert zurück, langsam und schaukelnd wie ein Kreisel, kurz bevor er zum Stillstand kam. Ich bin eine Lachnummer, dachte er. Eine Witzfigur. Der Zoodepp. Genau, der Zoodepp, das war er hier.
Er sah im Geiste Scharen von Kindern vor sich, die Steine nach ihm schmeißen, damit er sich erschreckt.