Название | Peng, der Penguin |
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Автор произведения | Helmut Ziegler |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871643 |
»Ich will hier weg«, sagte er. Eigentlich mehr zu sich selbst, aber Robert hatte es gehört.
Er hob die Plastiktüte hoch und schwenkte sie in der Euft. »Ich habe dir was mitgebracht, kleiner Pinguin.«
»Peng. Mein Name ist Peng.«
Peng? Der Pinguin hatte sogar einen Namen? Robert holte den Hering hervor und warf ihn in das Gehege, direkt vor Pengs Füße. Der Pinguin schaute kurz hinunter.
»Danke. Aber ich habe keinen Hunger mehr.«
»Wieso heißt du Peng?«
Der Pinguin antwortete nicht.
Roberts Mutter kam zurück, einen Pappbecher und eine kleine Flasche Apfelsaft in der Hand.
»Na«, sagte sie wieder entspannt und nippte an ihrem dampfenden Kaffee, »unser bunter Vogel hier schaut aber etwas bedröppelt aus.«
»Ich glaube, er ist traurig, Mama.«
»Wieso denn das?«
»Ich habe ihm gesagt, dass seine Federn rot geworden sind.«
Roberts Mutter öffnete ihren Mund. »Äh«, sagte sie. Und nach einer Pause noch einmal: »Äh.« Dann machte sie ihren Mund wieder zu.
»Durfte ich ihm das etwa nicht verraten?«
Seine Mutter fuhr ihm übers Haar. »Rübe, noch mal für deine alte Mutter zum Mitschreiben: Seine Federn wurden rot. Das hast du ihm gesagt. Daraufhin wurde er traurig. Soweit richtig?«
»Genau. Und er hat gesagt, dass er hier weg will.«
»Du heißt Robert Zander, nicht Doktor Dolittle. Dieser Pinguin da ...«
»Peng«, sagte Robert. »Er heißt Peng.«
»Von mir aus heißt er Peng«, erwiderte seine Mutter schroff. »Oder Piff. Oder Paff. Das heißt aber nicht, dass du mit ihm sprechen kannst.«
»Aber wenn es doch so ist ...« Robert war enttäuscht. Und beleidigt. Auf seiner Stirn bildete sich eine steile Falte. Zornig blickte er auf seine Mutter: Wie sie da stand, in ihrer schwarzen Hose, der verwaschenen Jeans-Jacke, die langen dunklen Haare hochgesteckt, kam sie ihm vor wie eine Polizistin, die ihn anpfiff, weil er bei Rot über die Straße gegangen war, obwohl nirgendwo ein Auto kam.
Peng straffte seinen Rücken. »Erwachsene«, sagte er zu Robert. «Pah. Glauben immer, sie wissen alles besser. Wir werden ihr das Gegenteil beweisen.« Er öffnete seinen Schnabel: »Hoijank, hoijank.«
Wie auf Kommando kam Pica angeflattert. Leise unterhielten sie sich.
»Wir machen Folgendes«, schlug Peng schließlich vor, »du wirst deiner ungläubigen Mutter sagen, dass diese Elster, sie heißt übrigens Pica, also dass Pica gleich losfliegen und sich auf ihrer Jacke entleeren wird – auf ihrer rechten Schulter.«
»Entleeren?«, fragte Robert.
»Mein Gott«, antwortete Peng. »Pica wird ihr auf die Schulter kacken. Weißt du nun, was ich meine?«
»Aber …«, wandte Robert ein.
»Mach es«, befahl Peng.
Also machte Robert es. Seine Mutter sah ihn an, als wäre bei ihm eine Schraube locker. In derselben Sekunde breitete die Elster ihre Flügel aus, hob vom Boden ab und flog auf Roberts Mutter zu. Pica liebte solche Auftritte. Als sie wie in Zeitlupe genau über der Frau schwebte, erklang leise, aber für alle hörbar ein Geräusch: »Pflatsch.«
Auf der rechten Schulter breitete sich ein weiß-grauer Fleck aus. Instinktiv wischte Roberts Mutter mit der linken
Hand darüber. »Brrrks«, sagte sie, als die Flüssigkeit an ihren Fingern klebte. Mit der anderen Hand wühlte sie in der Hose nach einem Taschentuch. Angewidert wischte sie damit mehrfach über ihre Finger und roch an ihnen. »Was geben die den Tieren hier zu fressen?«, fragte sie.
Robert und Peng blickten sie an. Und warteten.
»Das glaub’ ich nicht«, sagte sie.
»Frag sie«, sagte Peng, »ob sie noch einen Beweis braucht. Auf ihrer anderen Schulter ist noch Platz.«
Robert übersetzte den Satz, Wort für Wort.
Seine Mutter schaute ihn fassungslos an. Sie schüttelte den Kopf. »Nein danke, ich bin überzeugt.« Sie roch noch einmal an ihren Fingern und verzog das Gesicht. »Hatte ich wohl nicht besser verdient.« Sie warf einen Blick auf ihre Schulter, wo immer noch ein heller Fleck schimmerte.
Dann schnippte sie mit den Fingern und grinste.
»Wenn das klappt …«, murmelte sie. Sie holte ihr Handy aus der Jackentasche und tippte eine Nummer. »Hallo, Mister Glitz, Anne hier … Welche Anne? Anne Zander. Ich habe da vielleicht was für euch …«
Mehr verstand Robert nicht, weil seine Mutter in einiger Entfernung auf- und abwanderte, das Telefon am Ohr. Aber er befürchtete das Schlimmste. Wenn seine Mutter ihren ehemaligen Boss anrief – der sie gefeuert hatte und über den sie nur geschimpft hatte und der sie so traurig machte –, dann hatte sie ja wohl den Verstand verloren.
Riesenradkotzer hatte sie ihn genannt. Schwachstruller. Beckenrandschwimmer. Und das waren noch die harmlosen Ausdrücke. Den rief sie jetzt an?
Peng blickte neugierig zu Robert. Der zuckte mit den Schultern.
»Gut, dann bis gleich«, sagte seine Mutter beim Näherkommen und beendete das Gespräch.
»Okay, Jungs«, sie hockte sich neben Robert, sodass sie ihm direkt in die Augen sehen konnte. Das machte sie immer so, wenn sie etwas Wichtiges sagen wollte. »Ich fasse zusammen. Dieser kleine Pingu …«, sie unterbrach sich, »… also Ping kann die Farbe seiner Federn verändern, wie und warum auch immer.«
»Peng«, sagte Peng. »Ich heiße Peng. Nicht Ping. Peng.« Seine Stimme hallte in Roberts Kopf.
»Er heißt Peng«, sagte Robert. Dann nickte er.
»Okay, okay, Peng. Und Peng und du, ihr könnt miteinander reden. Richtig?«
Robert nickte erneut.
»Wie funktioniert das?«
Robert starrte Peng fragend an.
»Woher soll ich das wissen?«, antwortete Peng.
»Woher sollen wir das wissen?«, sagte Robert. »Ich höre seine Stimme einfach in meinem Kopf.«
»Hmm«, sagte seine Mutter. »Ist ja auch egal. Und Peng will weg hier?«
»Hat er gesagt, ja«. Robert lächelte voller Stolz.
»Dann richte ihm doch bitte aus, dass ich eine Idee habe, die sein Leben um einiges angenehmer machen könnte. Unseres übrigens auch«.
»Das brauchst du nicht zu wiederholen«, sagte Peng. »Ich bin ja nicht taub. Sag ihr, ich wäre dabei. An manchen Tagen langweile ich mich hier, das sind die guten. An den schlechten werde ich gepiekt, beschimpft oder ausgelacht. Etwas besseres als das hier finde ich allemal.«
Robert übersetzte es seiner Mutter, Wort für Wort.
»Cool«, sagte sie und blickte auf die Uhr. »Gut, dann verschwinden wir jetzt. Wir haben eine wichtige Verabredung, wir zwei.« Sie winkte Peng zum Abschied zu. »Aber wir kommen wieder, keine Frage.«
Auch Robert winkte. Er war ziemlich erleichtert.
Auf dem Weg zum Parkplatz sang seine Mutter fröhlich vor sich hin. »Bis neun bist du okay, bei zehn erst k. o. …«
Und Robert fragte sich: Was, um Himmels Willen, geht denn hier ab?